Korruption: Bestechlichkeit, Postenschacher und Co. in Politik und Wirtschaft

Sie ist in aller Munde, wird bekämpft und ist doch überall. Korruption ist aus dem Alltag einfach nicht wegzubekommen. Auch Österreich ist davor nicht gefeit, wie die ÖVP-Korruptionsaffäre zeigt. Doch was verbirgt sich hinter dem Begriff Korruption? Und was wird dagegen unternommen?

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Geld wird übergeben © Bild: Elke Mayr

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist Korruption?
  2. Wo fängt Korruption strafrechtlich gesehen an?
  3. Wann verjährt eine solche Straftat?
  4. Wo kommt sie überall vor und warum stirbt sie nicht aus?
  5. Gibt es Korruption in Österreich?
  6. Was können Gesetze dagegen bewirken?
  7. Wie und wo kann man korruptes Verhalten melden?
  8. Was macht die WKStA genau?
  9. Was unternimmt die Zivilgesellschaft?

Was ist Korruption?

Korruption ist, wenn eine Hand die andere wäscht, während Dritte durch die Röhre schauen - oder wie es die internationale Nichtregierungsorganisation (NGO) „Transparency International“ in ihrer Definition zur Korruption formuliert: „Korruption ist der Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“.

Korruptionsgefahr besteht somit immer dort, wo es Machtgefälle und Hierarchien gibt. Oft geht es um finanzielle Vorteile oder Postenschacher. Korruption ist zwar unerwünscht und strafbar, aber dennoch ein alltägliches Element unserer Gesellschaft.

Wo fängt Korruption strafrechtlich gesehen an?

„Im öffentlichen Bereich wird durch Korruption das Vertrauen in eine unabhängige und gesetzestreue Verwaltung geschädigt“, wie es auf der Homepage der österreichischen Wirtschaftskammer zum Thema Korruption heißt. Im privaten Sektor ist es für „Bedienstete oder Beauftragte eines Unternehmens“ im Rahmen des Geschäftsverkehrs strafbar, sich Vorteile zum Beispiel für die „Unterlassung einer Rechtshandlung“ gewähren zu lassen, oder solche Vorteile jemand anderem zu versprechen.

Ebenso ist es verboten, Amtsträger:innen im öffentlichen Dienst Vorteile zu versprechen, damit diese die Räder des Systems ein wenig schmieren. Umgekehrt gilt das genauso. Amtsträger:innen dürfen keine Vorteile annehmen. Es gibt zwar Ausnahmen – zum Beispiel wenn der „Wert“ des Vorteils unter 100 Euro liegt und somit geringfügig ist. Dann wird die Person, die den Vorteil angenommen hat, nicht bestraft. Das Anbieten eines solchen Vorteils ist jedoch strafbar. Grundsätzlich ist jede Form von Bestechung oder Bestechlichkeit verboten.

Die rechtliche Grundlage für eine strafrechtliche Verfolgung von Korruption bildet das Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK-G), das am 1. Jänner 2010 in Kraft getreten ist.

Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung ist laut Gesetz für folgende strafbare Handlungen zuständig:

  1. Missbrauch der Amtsgewalt (§ 302 des Strafgesetzbuches – StGB, BGBl. Nr. 60/1974),
  2. Bestechlichkeit (§ 304 StGB)
  3. Vorteilsannahme (§ 305 StGB)
  4. Vorteilsannahme zur Beeinflussung (§ 306 StGB)
  5. Bestechung (§ 307 StGB)
  6. Vorteilszuwendung (§ 307a StGB)
  7. Vorteilszuwendung zur Beeinflussung (§ 307b StGB)
  8. Verbotene Intervention (§ 308 StGB); 8a. Verletzung des Amtsgeheimnisses (§ 310 StGB); 8b. Verstöße gegen § 18 Informationsordnungsgesetz, BGBl. I Nr. 102/2014
  9. Untreue unter Ausnützung einer Amtsstellung oder unter Beteiligung eines Amtsträgers (§§ 153 Abs. 3, 313 oder in Verbindung mit § 74 Abs. 1 Z 4a StGB); 9a. Missbräuchliche Verwendung von Mitteln und Vermögenswerten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union (§ 168d StGB)
  10. Geschenkannahme durch Machthaber (§ 153a StGB)
  11. Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren (§ 168b StGB) und Schwerer Betrug (§ 147 StGB) sowie Gewerbsmäßiger Betrug (§ 148 StGB) auf Grund einer solchen Absprache
  12. Geschenkannahme und Bestechung von Bediensteten oder Beauftragten (§ 309 StGB)
  13. Geldwäscherei (§ 165 StGB), soweit die Vermögensbestandteile aus einem in Z 1 bis 8, Z 9, Z 9a, Z 11 zweiter und dritter Fall und Z 12 genannten Vergehen oder Verbrechen herrühren, Kriminelle Vereinigung oder Kriminelle Organisation (§§ 278 und 278a StGB), soweit die Vereinigung oder Organisation auf die Begehung der in Z 1 bis 9a und Z 11 zweiter und dritter Fall genannten Vergehen oder Verbrechen ausgerichtet ist
  14. strafbare Handlungen nach dem StGB sowie nach den strafrechtlichen Nebengesetzen, soweit diese mit Z 1 bis 13 in Zusammenhang stehen und soweit diese über schriftlichen Auftrag eines Gerichtes oder einer Staatsanwaltschaft vom Bundesamt zu verfolgen sind
  15. strafbare Handlungen nach dem StGB sowie nach den strafrechtlichen Nebengesetzen von öffentlich Bediensteten aus dem Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres, soweit diese über schriftlichen Auftrag eines Gerichtes oder einer Staatsanwaltschaft vom Bundesamt zu verfolgen sind

Wann verjährt eine solche Straftat?

Laut Paragraph 309 Strafgesetzbuch gibt es für eine Vorteilsannahme im Wert von über 3.000 Euro eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Übersteigt der Vorteil einen Wert von 50.000 Euro beträgt die Haftstrafe sechs Monate bis zu fünf Jahren.

Bei drohenden Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu einem Jahr gibt es eine so genannte „Verfolgungsverjährung“ von 3 Jahren. Bei einer drohenden Haftstrafe von einem bis zu fünf Jahren beträgt die „Verfolgungsverjährung“ 5 Jahre. Läuft diese Frist ab, darf eine Straftat nicht mehr gesetzlich verfolgt werden, so lange es sich nicht um ein „Dauerdelikt“ handelt, also die Straftat kontinuierlich weiter verübt wird.

Wo kommt sie überall vor und warum stirbt sie nicht aus?

Korruption ist laut der NGO „Transparency International“ nicht nur ein Phänomen von Politik und Wirtschaft, sondern kann in allen Gesellschaftsbereichen vorkommen - und in allen Ländern und unterschiedlichen Regierungsformen (egal ob in einer Diktatur oder einer Demokratie).

Der Korruption ist unter anderem deshalb so schwer beizukommen, weil sie als sogenanntes unsichtbares Phänomen gilt: Das bedeutet, es gibt nur Täter:innen, nämlich den Bestechenden/die Bestechende und den Bestochenen/die Bestochene - und beide haben kein Interesse daran, dass die Tat ans Licht kommt. Oftmals wird die Straftat verschleiert.

Transparenz bzw. Öffentlichkeit ist daher im Kampf gegen die Korruption das wichtigste Mittel, wie die „Transparency International“ auf ihrer Homepage mitteilt. Das sei vor allem dort wichtig, wo Strukturen oder Prozesse korruptes Verhalten erleichtern.

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Gibt es Korruption in Österreich?

Ja, auch in Österreich gibt es Korruption. Zumindest wird genau dies dem ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz und dessen Umfeld vorgeworfen. Unter anderem wird Kurz vorgeworfen, im Zuge der ÖVP-Korruptionsaffäre mittels Scheinrechnungen rechtswidrig Gelder im Finanzministerium lukriert zu haben, um gegen den damaligen Parteiobmann Reinhold Mitterlehner kampagnisieren zu können.

Diese Gelder sollen verwendet worden sein, um zum Beispiel gefälschte, für die ÖVP begünstigende Meinungsumfragen im Boulevardblatt „Österreich“ zu lancieren. Im Fokus der Ermittlungen stehen im Zusammenhang mit den mutmaßlich frisieren Umfragen auch Meinungsforscherin Sabine Beinschab und Ex-Ministerin Sophie Karmasin. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Das ist aber längst nicht der einzige Korruptionsvorwurf gegen Kurz und dessen Umfeld. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt zudem wegen dreimaliger Falschaussage im Untersuchungsausschuss zur Ibiza-Affäre gegen ihn.

Thomas Schmid ist inzwischen aus der ÖVP ausgeschlossen worden. Er soll gemeinsam mit Sabine Beinschab das Tool entwickelt haben, mit welchem die gefälschten Meinungsumfragen erstellt worden sein sollen. Als Dank für diese Tätigkeit soll er 2019 zum Vorstand der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) bestellt worden sein. Von diesem Posten musste er allerdings im Juni 2021 zurücktreten. Inzwischen tritt Schmid als Kronzeuge vor Gericht auf, und belastet unter anderem den Immobilientycoon René Benko schwer. Der soll ihm einen Job bei der Signa Holding angeboten haben, wenn er Benko dabei hilft, keine Steuern zahlen zu müssen.

Was können Gesetze dagegen bewirken?

Über die mögliche Ausweitung der bestehenden österreichischen Anti-Korruptionsgesetzgebung streitet die österreichische Parteienlandschaft bereits viele Jahre. Das Thema drängt, denn Österreich sinkt im von der NGO „Transparency International“ durchgeführten Korruptionsindex immer wieder ab. Je weiter vorne man bei dem Index rankt, desto besser beziehungsweise desto geringer die Korruption. 2020 erreichte Österreich den schlechten Platz 15, 2021 konnte sich die Republik auf Platz 13 leicht verbessern.

Die ersten 25 Plätze des Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index, CPI) 2021:

Rang Land / Gebiet CPI-Wert 2021 Änderung ggü. 2020 Änderung ggü. 2012
1 Dänemark 88 0 -2
1 Neuseeland 88 0 -2
1 Finnland 88 3 -2
4 Singapur 85 0 -2
4 Schweden 85 0 -3
4 Norwegen 85 1 0
7 Schweiz 84 -1 -2
8 Niederlande 82 0 -2
9 Luxemburg 81 1 1
10 Deutschland 80 0 1
11 Großbritannien 78 1 4
12 Hongkong 76 -1 -1
13 Kanada 74 -3 -10
13 Österreich 74 -2 5
13 Estland 74 -1 10
13 Island 74 -1 -8
13 Irland 74 2 5
18 Australien 73 -4 -12
18 Belgien 73 -3 -2
18 Japan 73 -1 -1
18 Uruguay 73 2 1
22 Frankreich 71 2 0
23 Seychellen 70 4 18
24 Vereinigte Arabische Emirate 69 -2 1
25 Bhutan 68 0 5

Quelle: „Transparency International“

Im Zuge der Anschuldigungen gegen Thomas Schmid legten deshalb Anfang November 2022 die Oppositionsparteien im Nationalrat Gesetzesinitiativen zur besseren Korruptionsbekämpfung vor. Dazu gehörte unter anderem der Entwurf für ein „Informationsfreiheitsgesetz“, mit welchem das Amtsgeheimnis und somit ein wesentlicher Faktor für korruptionsfördernde Intransparenz in Regierungskreisen de facto abgeschafft werden sollte. Doch ÖVP und Grüne lehnten dies ab, ebenso wie die Forderung nach höheren Strafen für Delikte wie Amtsmissbrauch oder Bestechlichkeit.

Mit der Korruptionsbekämpfung scheint es ähnlich zu sein wie mit den Weltklimakonferenzen. Es wird viel über das dringliche Problem geredet. Aber konkrete Schritte sind dünn gesät.

Wie und wo kann man korruptes Verhalten melden?

Eine Möglichkeit ist das Erstatten einer Meldung bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSta). Sie hat zu diesem Zweck ein anonymes Online-Meldesystem eingerichtet.

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Was macht die WKStA genau?

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSta) wurde 2009 gegründet. Rund 40 Staatsanwälte und Staatsanwältinnen sind bei ihr aktiv. Sie ist für unterschiedlichste Spielarten der Korruption zuständig, sei es Veruntreuung, organisierte Schwarzarbeit, Geschenkannahme durch Machthaber:innen oder bei Vorwürfen des Insiderhandels.

Mehr Informationen zur WKSta finden Sie hier:
WKStA: Welche Aufgaben und Funktionen sie erfüllt

In jüngster Vergangenheit ermittelte sie gegen zahlreiche Politiker:innen aus ÖVP und FPÖ, darunter Heinz-Christian Strache, Ex-FPÖ Klubobmann Johann Gudenus, Josef Pröll (ÖVP) und Gernot Blümel (ÖVP).

Was unternimmt die Zivilgesellschaft?

Über 307.000 Menschen haben ein „Rechtsstaaat und Antikorruptionsvolksbegehren“ unterschrieben. Zu dessen Proponent:innen gehörte unter anderem die ehemalige Präsidentin des obersten Gerichtshofes Irmgard Griss. „Nur der Rechtsstaat garantiert, dass wir in Freiheit und Sicherheit leben“, sagte sie in einem Testimonial für das Volksbegehren.

Insgesamt 72 Forderungen wurden im Rahmen des Volksbegehrens aufgestellt. Sie sind sehr umfassend, reichen von „öffentlichen Integrität- und Selbstverpflichtungserklärungen“ über einer stärkeren Transparenz bei der Parteienfinanzierung bis hin zu Maßnahmen zur Stärkung der Justiz und der Informationsfreiheit.

Seit Oktober befasst sich der Justizausschuss im Nationalrat mit dem Volksbegehren. Die Forderungen liegen somit bei jenen Politiker:innen, die seit Jahren Reformen auf dem Gebiet verschleppen. Hier wollen die Initiator:innen des Volksbegehrens aber Druck machen.