Österreichs Bundespräsident: Staatsoberhaupt mit repräsentativen Aufgaben

Nach außen übernimmt der Bundespräsident in Österreich vor allem repräsentative Aufgaben. Nach innen tritt er oftmals dann in Erscheinung, wenn etwas im Staate nicht ganz rund läuft. Auch eine "Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung" hat Österreich schon hinter sich.

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Präsidentschaftskanzlei in der Hofburg - das Amt des österreichischen Bundespräsidenten © Bild: Elke Mayr

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Van der Bellen: Langer, kurioser Weg ins Amt

Seit 26. Jänner 2017 ist Alexander van der Bellen Bundespräsident der Republik Österreich. Der ehemalige Grünen-Politiker folgte auf Bundespräsident Heinz Fischer, der das Amt von 2004 bis 2016 zwei Amtsperioden lang innehatte. Zur kommenden Bundespräsidentenwahl 2022 am 9. Oktober will auch van der Bellen für eine zweite Amtszeit kandidieren.

© Ricardo Herrgott News Der amtierende Bundespräsident Alexander Van der Bellen

Der Weg für van der Bellen ins Amt des Bundespräsidenten war allerdings ein langer - und kurioser. Nachdem sein Konkurrent Norbert Hofer (FPÖ) im ersten Wahlgang vom 25. April 2016 mit 35,05 Prozent als Sieger hervorging (van der Bellen kam auf 21,34 Prozent), kam es am 22. Mai zur Stichwahl. Diese konnte van der Bellen denkbar knapp mit 50,35 Prozent, also nur knapp 31.000 Stimmen Vorsprung für sich entscheiden. Die FPÖ legte daraufhin Beschwerde vorm Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein - und bekam Recht. Dem Urteil des VfGH zu Folge wurden in 14 Wahlbezirken Vorschriften bei der Auszählung der Briefwahlstimmen verletzt. Betroffen waren etwa 77.000 Stimmen. Der Urteilsspruch des VfGH war der erste, den dieser jemals vor TV-Kameras verkündete.

Die Stichwahl sollte daraufhin am 2. Oktober wiederholt werden. Auch diese Stichwahl musste jedoch verschoben werden, da sich beim Ausliefern mancher Briefwahlkarten offenbar der Klebstoff löste und diese sich von selbst öffneten. In einem tatsächlich finalen Wahlgang am 4. Dezember 2016 - acht Monate nach der ersten Wahl - setzte sich Alexander van der Bellen mit 53,8 Prozent der Stimmen durch. Das Wort "Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung" wurde in Österreich zum Wort des Jahres 2016 gekürt.

Wie wird der Bundespräsident in Österreich gewählt?

Im Unterschied zum Bundeskanzler wird der Bundespräsident in Österreich direkt gewählt. Erhält ein:e Kandidat:in im ersten Durchgang nicht die nötige Mehrheit von mehr als 50 Prozent der Stimmen, entscheidet die Stichwahl. Eine Amtszeit beginnt mit der Angelobung und dem Amtsantritt. Wahlberechtigt sind alle Personen, die auch bei der Nationalratswahl abstimmen dürfen, also Personen, die die österreichische Staatsbürger:innenschaft besitzen, zum Wahltag mindestens 16 Jahre alt sind und denen ihr Wahlrecht nicht entzogen wurde. Seit 2004 besteht für die Wahl des Bundespräsidenten in keinem Bundesland mehr Wahlpflicht.

Um sich als Kandidat:in aufstellen zu lassen, müssen diese Personen im Vorfeld mindestens 6.000 Unterstützungserklärungen sammeln. Als Beitrag zu den Kosten des Wahlverfahrens sind 3.600 Euro zu bezahlen. Als Kandidat:in zur Wahl zugelassen sind alle österreichischen Staatsbürger:innen, die auch bei einer Nationalratswahl wahlberechtigt sind und spätestens am Wahltag das 35. Lebensjahr vollendet haben.

Wie lange dauert eine Amtsperiode?

Ein:e Bundespräsident:in wird für sechs Jahre ins Amt gewählt. Mit der Novellierung des Bundesverfassungsgesetzes (B-VG) im Jahr 1929 wurde die Amtsperiode von vier auf sechs Jahre ausgedehnt. Seither wird der Bundespräsident auch direkt vom Volk gewählt, nicht wie in den Jahren zuvor von der Bundesversammlung (Nationalrat und Bundesrat).

Ein:e Bundespräsident:in kann einmal wiedergewählt werden, insgesamt also maximal 12 Jahre im Amt sein. Ein:e Bundespräsident:in darf neben dem Amt keinen anderen Beruf ausüben oder Mitglied des National- oder Bundesrats bzw. eines Landtags sein. Der Bundespräsident sitzt im Leopoldinischen Trakt der Hofburg in Wien, in Sichtweite des Bundeskanzleramts.

Präsidentschaftskanzlei in der Hofburg - das Amt des österreichischen Bundespräsidenten
© Elke Mayr

Aufgaben, Rechte und Pflichten des Bundespräsidenten

Österreich gilt als sogenannte parlamentarische Semipräsidialrepublik. Das bedeutet, Österreichs politisches System vereint Elemente eines parlamentarischen und eines präsidentiellen Regierungssystems. Einfacher formuliert: Die Regierung braucht für ihr Handeln das Vertrauen des Parlaments und des Präsidenten.

Der Bundespräsident gilt in Österreich als Staatsoberhaupt und eines der obersten Vollzugsorgane (wie auch Minister:innen oder Staatssekretär:innen). Der Amtsinhaber erfüllt als solcher vor allem repräsentative Aufgaben, darunter fällt vor allem die Vertretung der Republik nach außen. Öffentlich in Erscheinung tritt der Bundespräsident vor allem bei der Angelobung des Bundeskanzlers und den weiteren Regierungsmitgliedern sowie den Landeshauptleuten. Aber auch in innenpolitisch instabilen Zeiten übernimmt das Staatsoberhaupt eine wichtige Rolle. Der Bundespräsident kann auf Vorschlag der Regierung den Nationalrat auflösen, den Kanzler oder die Regierung entlassen.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei einer seiner vielen Angelobungen.
© IMAGO/SEPA.Media Alexander van der Bellen hat als Bundespräsident schon zahlreiche Angelobungen durchgeführt.

Außerdem ist der Bundespräsident zum Abschluss von Staatsverträgen befähigt, ernennt die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes. Zudem fungiert der Bundespräsident als Oberbefehlshaber des Bundesheers.

Insgesamt geben Verfassung und Gesetze nur den Rahmen des tatsächlichen politischen Handelns eines Bundespräsidenten vor. Die realpolitische Ausgestaltung der Amtsgeschäfte, ob eher aktiv oder eher passiv, unterscheidet sich von Amtsträger zu Amtsträger und der jeweiligen innenpolitischen Situation.

Österreichs Bundespräsidenten im Überblick

Alexander van der Bellen ist der 11. Bundespräsident Österreichs. Der parteilose Jurist und Privatgelehrte Michael Hainisch wurde am 9. Dezember 1920 als erster Bundespräsident Österreichs angelobt. Zuvor, von 1918 bis 1920, übernahm bereits der SPÖ-Politiker Karl Seitz eine ähnliche Rolle. Er fungierte als Staatsoberhaupt als Präsident des Staatsratsdirektoriums.

Nach dem sogenannten "Anschluss" Österreichs an Nazi-Deutschland trat der damalige Bundespräsident Wilhelm Miklas auf Druck der Nationalsozialisten zurück. Erst nach Ende der Nazi-Diktatur 1945 wurde in Österreich wieder ein Bundespräsident demokratisch gewählt. Erster Bundespräsident nach 1945 war Karl Renner (SPÖ). Der erste direkt vom Volk gewählte Bundespräsident in der Zweiten Republik war der General und SPÖ-Politiker Theodor Körner. Er setzt sich am 27. Mai 1951 mit 52,1 Prozent gegen Heinrich Gleißner (ÖVP) durch.

Bisher wurde das Bundespräsidentenamt ausschließlich von Männern besetzt.

  • Alexander van der Bellen 26.01.2017 - bis heute
  • Heinz Fischer 08.07.2004 - 08.07.2016
  • Thomas Klestil 08.07.1992 - 06.07.2004
  • Kurt Waldheim 08.07.1986 - 08.07.1992
  • Rudolf Kirchschläger 08.07.1974 - 08.07.1986
  • Franz Jonas 09.06.1965 - 24.04.1974
  • Adolf Schärf 22.05.1957 - 28.02.1965
  • Theodor Körner 21.06.1951 - 04.01.1957
  • Karl Renner 20.12.1945 - 31.12.1950
  • Wilhelm Miklas 10.12.1928 - 12.03.1938
  • Michael Hainisch 09.12.1920 - 10.12.1928