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ÖVP: Wofür die Österreichische Volkspartei steht und wie sie funktioniert

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ÖVP Parteizentrale

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Die Österreichische Volkspartei, kurz ÖVP, wurde im Jahr 1945 gegründet. Sie wurde von Partei-Granden wie Leopold Figl, Alois Mock oder Wolfgang Schüssel geprägt und von Sebastian Kurz umgefärbt. Hier finden Sie einen Überblick über die vergangenen Jahrzehnte und Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wofür steht die Österreichische Volkspartei, kurz ÖVP?

Die Abkürzung ÖVP steht für "Österreichische Volkspartei". Seit 2017 wird häufiger der Begriff "Die neue Volkspartei" verwendet. Sie ist eine der traditionellen Großparteien Österreichs. Sie vertritt das bürgerliche, konservative Spektrum des Landes und steht der Wirtschaft, den Bauern sowie der römisch-katholischen Kirche nahe.

Wo ist die ÖVP einzuordnen?

Die ÖVP ist aus ihrer Tradition heraus konservativ und rechts der Mitte zu verorten. Durch ihre neun Landesorganisationen und sechs Teilorganisationen (Bauernbund, ÖAAB, Wirtschaftsbund, Junge ÖVP, Seniorenbund und ÖVP Frauen) ergeben sich unterschiedliche Interessensgruppen mit teils widersprüchlichen Ansprüchen.

Passend dazu: Links, rechts, mitte-rechts: Politische Begriffe kurz erklärt

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 © Elke Mayr

Was fordert die ÖVP?

Das Grundsatzprogramm der ÖVP basiert auf dem christlich-humanistischen Menschenbild. Auf der Homepage der Volkspartei werden ihre 5 Grundsätze und 7 Kernwerte angeführt.

Die 5 Grundsätze der ÖVP

  1. Der Staat ist für die Bürgerinnen und Bürger da. Und nicht umgekehrt.

  2. Wir schreiben den Menschen nicht vor, wie sie zu leben haben. Wir bieten Orientierung.

  3. Wir sehen für jeden Menschen eine Aufgabe in unserer Gesellschaft. Und erwarten Respekt für unsere Gesellschaft und ihre Werte.

  4. Wir sind die Partei der Ökosozialen Marktwirtschaft. Weil es ohne unternehmerisches Denken und Leistung weder nachhaltigen Wohlstand noch soziale Sicherheit gibt.

  5. Wir denken und handeln als Österreichische Volkspartei europäisch. Weil ein besseres Europa besser für Österreich ist.

Die 7 Kernwerte der ÖVP

  1. Freiheit

  2. Verantwortung

  3. Nachhaltigkeit

  4. Leistung

  5. Solidarität

  6. Subsidiarität

  7. Gerechtigkeit

Das Selbstverständnis der ÖVP

Die ÖVP versteht sich als "moderne christdemokratisch geprägte Volkspartei". "Wir haben christlich-soziale, konservative und liberale Wurzeln. Aus ihrer ideengeschichtlichen Relevanz und Vielfalt leiten wir den Anspruch ab, erfolgreiche Politik für eine pluralistische Gesellschaft entwickeln und gestalten zu können", heißt es in ihrem Grundsatzprogramm aus dem Jahr 2015.

Wir sind und ergreifen Partei für Bürgerinnen und Bürger

"Wir sind und ergreifen Partei für Bürgerinnen und Bürger", heißt es weiter. "Wir verstehen Politik als Dienstleistung, die bestmögliche Rahmenbedingungen für Entwicklungschancen, Wahlfreiheit und Verwirklichung von Lebensentwürfen schaffen soll. Staat und Politik müssen für die Menschen da sein - und nicht umgekehrt. Als Partei, die in Österreichs Gemeinden stark verankert ist, arbeiten wir seit jeher nah am Bürger. Wir leben Bürgernähe auf allen Ebenen."

Die Details zum Grundsatzprogramm der ÖVP finden Sie hier.
Das komplette Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen finden Sie hier.

Wann wurde die ÖVP gegründet?

Die ÖVP wurde am 17. April 1945 im Wiener Schottenstift gegründet. Die Gründungsmitglieder waren Leopold Kunschak (Obmann), Hans Pernter (geschäftsführender Parteiobmann), Lois Weinberger, Leopold Figl, Julius Raab und Felix Hurdes.

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1955: Leopold Figl und Julius Raab bei einem Treffen anlässlich der Unterzeichnung des Staatsvertrags

 © imago images/ZUMA/Keystone

Die Vorläuferin der ÖVP

Als Vorläuferin der ÖVP gilt die Christlichsoziale Partei Österreichs (CS oder CSP), die sich ebenfalls als "schwarze" Partei bezeichnete. Es handelte sich dabei um eine katholisch-konservative Partei während der Monarchie und der Ersten Republik. Sie wurde in den frühen 1890er-Jahren gegründet und 1933 zugunsten der "Väterländischen Front" aufgelöst. Zu ihrem Parteiobmännern gehörten neben dem späteren ÖVP-Gründungsmitglied Leopold Kunschak unter anderem Karl Lueger, Johann Nepomuk Hauser oder Ignaz Seipel.

Seit 1945 war die ÖVP in 32 Bundesregierungen vertreten und stellte in 15 davon den Bundeskanzler.

Die Obmänner der ÖVP

  • Leopold Kunschak (1945)

  • Leopold Figl (1945 - 1952)

  • Julius Raab (1952 - 1960)

  • Alfons Gorbach (1960 - 1963)

  • Josef Klaus (1963 - 1970)

  • Hermann Withalm (1970 - 1971)

  • Karl Schleinzer (1971 - 1975)

  • Josef Taus (1975 - 1979)

  • Alois Mock (1979 - 1989)

  • Josef Riegler (1989 - 1991)

  • Erhard Busek (1991 - 1995)

  • Wolfgang Schüssel (1995 - 2007)

  • Wilhelm Molterer (2007 - 2008)

  • Josef Pröll (2008 - 2011)

  • Michael Spindelegger (2011 - 2014)

  • Reinhold Mitterlehner (2014 - 2017)

  • Sebastian Kurz (2017 - 2021)

  • Karl Nehammer (seit 2021)

Die Bundeskanzler der ÖVP

  • Leopold Figl (1945 - 1953)

  • Julius Raab (1953 - 1961)

  • Alfons Gorbach (1961 - 1964)

  • Josef Klaus (1964 - 1970)

  • Wolfgang Schüssel (2000 - 2007)

  • Sebastian Kurz (2017 - 2019 / 2020 - 2021)

  • Alexander Schallenberg (2021)

  • Karl Nehammer (seit 2021)

Wie ist die Österreichische Volkspartei aufgebaut?

Die ÖVP ist in zahlreiche Teilorganisationen aufgeteilt.

Neben den genannten Teilorganisationen spielen auch die Länder - und damit die Landeshauptleute - innerhalb der ÖVP eine zentrale Rolle. Derzeit sind 6 der insgesamt 9 Landeshauptleute ÖVP-Politiker.

ÖVP - Linkbox:

Wer sind die wichtigsten Politiker:innen der ÖVP?

Leopold Kunschak

Leopold Kunschak (1871 - 1953) war der erste ÖVP-Obmann. Der Sohn eines Fuhrwerksunternehmers gründete 1892 den "Christlichsozialen Arbeiterverein", durfte diesem selbst aber erst 1895 beitreten, als er seinen 24. Geburtstag feierte und damit großjährig geworden war. Er übernahm sogleich die Obmannschaft. Ab 1. Jänner 1896 erschien die von Kunschak gegründete "Christlich-sociale Arbeiter-Zeitung".

Kunschak war aufgrund seiner demokratischen Einstellung ein Gegner der Heimwehr von Engelbert Dollfuß. 1933 schied er aus der Parteileitung aus. Zusammen mit Johann Staud war er ein wichtiges Mitglied des "Freiheitsbundes". Nach dem "Anschluss Österreichs" an den NS-Staat im März 1983 wurde Kunschak seiner Ämter enthoben und inhaftiert.

Nach dem 2. Weltkrieg unterzeichnete Leopold Kunschak am 27. April 1945 gemeinsam mit Karl Renner, Adolf Schärf und Johann Koplenig die Österreichische Unabhängigkeitserklärung. Kunschak, den eine enge Freundschaft mit Karl Lueger verband, trat mehrmals als Antisemit in Erscheinung. 1945 war er nicht nur an der Gründung der ÖVP, sondern auch an jener des ÖAAB beteiligt. Von 1945 bis 1953 war er Nationalratspräsident; er starb fünf Tage vor Ablauf seiner Amtsperiode.

Leopold Figl

Leopold Figl (1902 - 1965) gehörte bereits zu den Mitbegründern der ÖVP und folgte Kunschak als deren Obmann nach. Er gründete am 14. April 1945 den Bauernbund und wurde dessen Direktor. Am 27. April 1945 wurde er provisorischer Landeshauptmann von Niederösterreich und Staatssekretär ohne Portefeuille in der provisorischen Staatsregierung Renner. Nach den ersten Nationalratswahlen wurde er am 20. Dezember 1945 von Karl Renner, der seinerseits zum Bundespräsidenten gewählt wurde, zum 1. Bundeskanzler der Zweiten Republik ernannt.

Österreich ist frei

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Leopold Figl im Jahr 1955

 © imago images/United Archives International

Im April 1953 wurde Figl nach interner Kritik an seiner zu großen Kompromissbereitschaft gegenüber der SPÖ von Julius Raab als Bundeskanzler abgelöst. Figl wurde im November 1953 Außenminister und hatte als solcher einen großen Anteil am Abschluss des Staatsvertrags. Am 15. Mai 1955 sprach er die berühmten Worte: "Österreich ist frei!"

Figl blieb bis 1959 Außenminister, danach war er bis 1962 Nationalratspräsident und von 1962 bis 1956 Landeshauptmann von Niederösterreich. Während seiner Amtszeit erkrankte er an Nierenkrebs. Die ÖVP wollte ihn 1965 als Bundespräsidentschaftskandidaten aufstellen, er lehnte jedoch ab und starb zweieinhalb Monate später.

Julius Raab

Julius Raab (1891 - 1964) saß in der Zwischenkriegszeit für die Christlichsoziale Partei im Nationalrat. Im letzten Kabinett Kurt Schuschniggs vor dem "Anschluss" war er Handelsminister. 1945 war er Mitbegründer der Österreichischen Volkspartei und Gründer der Wirtschaftskammer, deren Präsidentschaft er 1947 übernahm. Im April 1953 löste er Leopold Figl als Bundeskanzler ab und blieb es in insgesamt vier Regierungen bis April 1961.

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Julius Raab im Jahr 1963

 © imago images/Belga

1957 erlitt Raab einen leichten Schlaganfall, von dem er sich nie ganz erholte. Im April 1963 trat er trotz Krankheit aus Pflichtbewusstsein für die ÖVP bei der Bundespräsidentschaftswahl gegen Amtsinhaber Adolf Schärf an, unterlag diesem aber. Acht Monate später starb Julius Raab.

Josef Klaus

Josef Klaus (1910 - 2001) war von 1949 bis 1961 Landeshauptmann von Salzburg. Zwischen 1961 und 1963 war er Finanzminister unter Kanzler Alfons Gorbach. 1964 wurde er selbst Kanzler und hatte das Amt bis ins Jahr 1970 inne. Klaus gilt als einer der jungen "Reformer" der ÖVP. Bei der Nationalratswahl 1966 gewann die ÖVP erstmals seit 1945 wieder die absolute Mehrheit, Klaus bildete eine Alleinregierung.

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Royaler Besuch im Mai 1969: Bundeskanzler Josef Klaus (ganz links), Queen Elizabeth, Margarete Jonas, Prinz Philip und Bundespräsident Franz Jonas

 © imago images/United Archives

Josef Klaus' Wunsch, seine Politik der Sachlichkeit nachhaltig zu etablieren, ging nicht in Erfüllung. Im neuen Medienzeitalter, in dem TV-Auftritte wichtig wurden, galt er als zu geradlinig, spröde und wenig eloquent. Bei der Nationalratswahl im Jahr 1970 unterlag er Bruno Kreisky. Nach seinem Rücktritt aus der Politik lebte Klaus mit seiner Frau lange Zeit in Italien, 1995 übersiedelte das Ehepaar in ein Pensionistenheim im Wien-Döbling. Erna Klaus starb Anfang 2001, Josef Klaus nur wenige Monate später im Juli 2001.

Kurt Waldheim

Kurt Waldheim (1918 - 2007) begann seine berufliche Laufbahn als Diplomat, während der NS-Zeit war er Offizier der Wehrmacht. Von 1968 bis 1970 war er Außenminister unter Kanzler Klaus, 1972 wurde er zum Generalsekretär der Vereinten Nationen gewählt, er übte das Amt zwei fünfjährige Amtsperioden lang bis 1981 aus. Waldheim verfolgte eine "stille, präventive Diplomatie", wie es in seiner Biografie heißt, und unternahm als UN-Generalsekretär zahlreiche Reisen.

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Kurt Waldheim mit seiner Frau auf einem Wahlplakat im Jahr 1986

 © imago images/WEREK

1985 wurde Kurt Waldheim als Kandidat der ÖVP zum Bundespräsidenten nominiert. Schon vor seinem Amtsantritt wurden immer mehr Details über seine NS-Vergangenheit bekannt. Waldheim gewann die Wahl und war von 1986 bis 1992 Bundespräsident. Infolge der "Waldheim-Affäre", in der ihm Beteiligung an Kriegsverbrechen bzw. das Wissen über solche vorgeworfen wurde, geriet er zunehmend in internationale Isolation. Er verzichtete auf eine weitere Kandidatur.

Kurt Waldheim starb im Juni 2007 im Alter von 88 Jahren aufgrund eines Herz-Kreislauf-Versagens. Der amtierende Bundespräsident Heinz Fischer meinte im Zuge seiner Trauerrede im Stephansdom: "Kurt Waldheim hat es verdient, dass man sein Lebenswerk in seiner Gesamtheit würdigt und dass man außer Streit stellt, was nicht bestritten werden kann. […] Kurt Waldheim wurde zu einer Projektionsfläche für schlechtes Gewissen im Zusammenhang mit unserem Umgang mit der NS-Zeit und mit Versäumnissen in der Nachkriegsgeschichte." Waldheim selbst hatte kurz vor seinem Tod nochmals Fehler im Umgang mit Vorwürfen eingestanden und seine Kritiker um Versöhnung gebeten.

Alois Mock

Alois Mock (1934 - 2017) war Sekretär und Kabinettschef von Bundeskanzler Josef Klaus und von 1969 bis 1970 jüngster Unterrichtsminister. Während der Regierung Kreisky war er Nationalratsabgeordneter und kurzzeitig Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Euratsfeld. Von 1971 bis 1979 war er Bundesobmann des ÖAAB. Von 1979 bis 1989 war er ÖVP-Bundesparteiobmann, 1995 wurde er zum Ehrenparteiobmann gekürt.

Von 1987 bis 1995 war Mock in der SPÖ-ÖVP-Koalition unter Kanzler Franz Vranitzky Außenminister. Er führte die EU-Beitrittsverhandlungen Österreichs und gilt als "Vater des EU-Beitritts". Im Juni 1989 durchschnitt er zusammen mit seinem ungarischen Amtskollegen Gyula Horn bei Sopron symbolisch den Eisernen Vorhang.

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1989: Alois Mock durchschneidet mit Gyula Horn den Eisernen Vorhang

 © imago images / CTK Photo

Nach seiner Zeit als Außenminister war er von 1995 bis 1999 neuerlich Nationalratsabgeordneter. Bereits seit den 80er-Jahren fielen Mocks unkontrollierte Bewegungen auf, die erst 1995 richtigerweise als Parkinson-Krankheit diagnostiziert wurden. Alois Mock starb 2017 kurz vor seinem 83. Geburtstag.

Thomas Klestil

Thomas Klestil (1932 - 2004) begann 1957 als Diplomat im Bundeskanzleramt. Von 1959 bis 1962 war der Mitglied der österreichischen Delegation bei der OECD in Paris, von 1962 bis 1966 war er in der österreichischen Botschaft in Washington für die wirtschaftlichen Agenden zuständig. 1966 wurde er Sekretär bei Kanzler Josef Klaus und arbeitete dort mit anderen jungen ÖVP-Politikern, darunter Alois Mock, zusammen. Von 1969 bis 1974 baute er das Generalkonsulat in Los Angeles auf.

Unter Kanzler Kreisky hatte Klestil die Aufgabe, UN-Organisationen dazu zu bewegen, sich in der damals neuen Wiener UNO-City anzusiedeln. 1989 kehrte er nach Österreich zurück und wurde unter Alois Mock Generalsekretär des Außenministeriums. 1992 kandidierte er auf Vorschlag des damaligen ÖVP-Parteichefs Erhard Busek als Bundespräsident und gewann die Stichwahl gegen den SPÖ-Kandidaten Rudolf Streicher.

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2003: Thomas Klestil mit seiner 2. Ehefrau Margot Klestil-Löffler am Opernball

 © imago images/SKATA

Sein Wahlkampf-Slogan "Macht braucht Kontrolle" implizierte, dass Klestil vor hatte, sich deutlich aktiver ins politische Tagesgeschehen einzumischen als sein Vorgänger Waldheim. Während seiner 2. Amtszeit zeigte sich diese Einstellung bei der Koalitionsbildung ziwschen ÖVP und FPÖ. Klestil zeigte seinen Unmut darüber deutlich und lehnte zwei FPÖ-Kandidaten für MInisterämter ab. Auch Jörg Haider wollte er nicht in der Regierung sehen.

Privat sorgte Klestil mit seiner außerehelichen Affäre mit der Wahlkampfleiterin Margot Löffler für Schlagzeilen. Er ließ sich für sie von seiner langjährigen Ehefrau Edith scheiden und nahm sie zur 2. Ehefrau. Ab 1996 hatte Thomas Klestil mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, nach einer Lungenembolie war er mehrere Wochen nicht amtsfähig. Am 5. Juli 2004 erlitt er - drei Tage vor Ende seiner Amtszeit - einen Herzstillstand. Einen Tag später verstarb er.

Wolfgang Schüssel

Wolfgang Schüssel (*1945) war von 1979 bis 1989 Nationalratsabgeordneter. 1989 wurde er Wirtschaftsminister unter Bundeskanzler Franz Vranitzky. Im April 1995 löste er Erhard Busek als ÖVP-Parteiobmann ab und übernahm von ihm auch das Amt des Vizekanzlers. Zugleich wechselte er ins Außenministerium, wo er Alois Mock ablöste. Die Funktion des Außenministers übte Schüssel unter mehreren großen Koalitionen bis 2000 aus.

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2005: Wolfgang Schüssel während seiner Zeit als Bundeskanzler

 © imago images/SKATA

Bei der Nationalratswahl 1999 wurde die ÖVP hinter der SPÖ und der FPÖ nur drittstärkste Partei, dennoch bildete Schüssel eine Regierung mit der FPÖ und übernahm die Kanzlerschaft. Dies sorgte nicht nur innerhalb Österreichs für Unmut (Stichwort "Donnerstagsdemonstrationen"), sondern führte auch zu Sanktionen der übrigen EU-Mitgliedsländer gegen Österreich, die aber bald aufgehoben wurden.

Von 2000 bis 2007 war Schüssel Bundeskanzler, zunächst in Koalition mit der FPÖ und später mit dem BZÖ. Nachdem die ÖVP nach der Nationalratswahl wieder hinter die SPÖ zurückfiel und Alfred Gusenbauer mit der Regierungsbildung beauftragt wurde, trat Schüssel als ÖVP-Obmann zurück und übergab die Amtsgeschäfte an Wilhelm Molterer.

Erwin Pröll

Erwin Pröll (*1946) war ab 1980 als ÖVP-Landespolitiker in Niederösterreich tätig. Zunächst als Landesrat, später als Landeshauptmann-Stellvertreter unter Siegfried Ludwig und schließlich von 1992 bis 2017 als Landeshauptmann. In diesen 25 Jahren galt Pröll als einer der einflussreichsten Politiker der Volkspartei. Über die Parteigrenzen hinweg pflegte der stets ein gutes Verhältnis zum langjährigen Wiener Bürgermeister Michael Häupl.

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2011: Johanna Mikl-Leitner mit Sissy und Erwin Pröll

 © imago images/SKATA

Erwin Pröll wurde immer wieder als Anwärter für das Amt des Bundespräsidenten gehandelt, er stellte jedoch wiederholt klar, dass dies nicht in seiner Lebensplanung vorgesehen sei.

Johanna Mikl-Leitner

Johanna Mikl-Leitner (*1964) folgte Erwin Pröll im Jahr 2017 als niederösterreichische Landeshauptfrau. Ein Jahr zuvor war sie aus der Regierung zurück nach Niederösterreich gekehrt. Es kam damals zu einem Ämtertausch mit Wolfgang Sobotka. Dieser folgte ihr als Innenminister, Mikl-Leitner hatte das Amt unter Kanzler Werner Faymann von April 2011 bis April 2016 inne.

Die verheiratete Mutter zweier Töchter gilt als mächtigste Frau innerhalb der ÖVP. Als Landeshauptfrau des gewichtigsten ÖVP-geführten Bundeslandes hat sie auch bundespolitisch einigen Einfluss.

Sebastian Kurz

Sebastian Kurz (*1986) war von Mai 2017 bis Dezember 2021 Parteiobmann der ÖVP. Seine Karriere als Politiker startete er bei der Jungen ÖVP, im Jahr 2011 wurde als 24-Jähriger Staatssekretär für Integration und 2013 bis dato jüngster Außenminister. Es folgten zwei Perioden als jüngster Bundeskanzler. Ab 2017 war er 17 Monate lang in einer Koalition mit der FPÖ, gesprengt von der Ibizia-Affäre. Ab Anfang 2020 regierte er ein weiteres Mal, 21 Monate lang in einer Koalition mit den Grünen.

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2013: Sebastian Kurz als Staatssekretär für Integration

 © imago images/Eibner

Unter der Führung von Sebastian Kurz erstarkte die ÖVP deutlich und wurde wieder zur stärksten politischen Kraft Österreichs. Zu Beginn seiner Ära wurde die strikte Kontrolle der Kommunikation von Regierung und Ministerien, genannt Message Control, installiert. Im Oktober 2021 gab Kurz aufgrund von gegen ihn erhobenen Korruptionsvorwürfen seinen Rücktritt als Kanzler bekannt. Er blieb zunächst jedoch ÖVP-Klubobmann, bis er schließlich im Dezember 2021 seinen vollständigen Rücktritt aus der Politik bekanntgab. Jungvater Kurz ist seit 2022 als "Global Strategist" bei Thiel Capital in den USA tätig.

Karl Nehammer

Welche Rolle Karl Nehammer (*1972) innerhalb der Geschichte der ÖVP einnimmt, wird erst die Zeit zeigen. Seit 6. Dezember 2021 ist er nach einer zweijährigen Amtszeit als Innenminister Bundeskanzler. Er folgte auf Alexander Schallenberg, der nach Kurz' Rücktritt für einige Wochen das Amt innehatte, schließlich aber wieder ins Außenministerium zurückkehren wollte.

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Karl Nehammer amtiert seit Dezember 2021 als Bundeskanzler

 © imago images/SEPA.Media

Karl Nehammer kommt aus dem ÖAAB und wurde im Jahr 2018 ÖVP-Generalsekretär. In der Regierung Kurz II bekleidete er das Amt des Innenministers. Nehammer ist verheiratet und Vater zweier Kinder.

Von Schwarz zu Türkis

Am 10. Mai 2017 trat Reinhold Mitterlehner mit sofortiger Wirkung als ÖVP-Obmann und Vizekanzler zurück. Sein designierter Nachfolger wurde der bisherige Außenminister Sebastian Kurz. Dieser forderte jedoch, die Partei müsse sich völlig auf ihn zuschneiden. Zu seinen Forderungen gehörte das alleinige Recht des Generalsekretärs sowie der Minister der Partei, ein Vetorecht für die Kandidatenlisten der Bundesländer und der Aufnahme dieser Neuerungen in das Parteistatut. Die Parteifarbe wurde von Schwarz auf Türkis geändert. Bei der Nationalratswahl im Herbst 2017 trug die ÖVP den Titel "Liste Sebastian Kurz - Die neue Volkspartei (ÖVP)".

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 © Elke Mayr

Mit dem Rücktritt von Sebastian Kurz ging eine neuerliche Änderung der Machtverhältnisse innerhalb der ÖVP einher. Die schwarzen Landeshauptleute haben ihre Macht wiedergewonnen, es gibt innerhalb der ÖVP nun "Schwarze" und "Türkise", auch wenn man bemüht ist, nach außen hin als homogene Einheit aufzutreten.

Die Skandale der ÖVP

In den letzten Jahren war die Österreichische Volkspartei mit etlichen Skandalen konfrontiert. Die ÖVP-Korruptionsaffäre führte letztlich zum Rücktritt von Bundeskanzler Kurz. Die Kurzfassung: ÖVP-Mitglieder rund um den damaligen Außenminister sollen beginnend ab dem Jahr 2016 rechtswidrig budgetäre Mittel des Finanzministeriums genutzt haben, um gefälschte Meinungsumfragen erstellen zu lassen. In diesem Zusammenhang wird auch gegen die Mediengruppe Österreich sowie die Meinungsforscherin Sabine Beinschab, die als Kronzeugin auftreten könnte, ermittelt.

In den Medien werden auch die Begriffe Umfragenaffäre oder Inseratenaffäre verwendet. Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sind noch am Laufen (Stand Februar 2022). Ans Licht kamen die Vorgänge durch Chatnachrichten des ehemaligen ÖBAG-Chefs Thomas Schmid. Als Beschuldige geführt werden auch die Kurz-Vertrauten Stefan Steiner, Gerald Fleischmann, Johannes Frischmann, Sophie Karmasin und Johannes Pasquali sowie die Brüder Helmuth und Wolfgang Fellner.

Gegen Thomas Schmid wird auch in der Casinos-Affäre ermittelt. Es handelt sich dabei um mutmaßliche Absprachen zwischen Politikern der damaligen Regierungsparteien ÖVP und FPÖ sowie dem Glücksspielkonzern Novomatic.

Am 9. Dezember 2021 wurde vom Parlament der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss eingesetzt.

Letzte Umfragewerte

In jüngsten Umfrageergebnissen (Stand Jänner 2022) liegt die ÖVP meist ungefähr gleichauf mit der SPÖ. Während eine Market-Umfrage für den Standard (3.1.) die SPÖ mit 26 Prozent um zwei Prozentpunkte vor der ÖVP sieht, liegen bei Unique Research für das Profil (14.1.) beide Parteien mit jeweils 25 Prozent gleichauf. Die FPÖ liegt in den beiden Umfragen bei 21 bzw. 20 Prozent.

Weitere Porträts österreichischer Parteien:
• SPÖ
• FPÖ
• Grüne
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• MFG Österreich
• Bierpartei

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