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Fatale Attacke auf die Pressefreiheit

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Medien & Menschen - Fatale Attacke auf die Pressefreiheit
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Die ÖVP lässt ihre staatstragende Grundhaltung rasch sausen, wenn klientelpolitische Interessen überwiegen. Darunter leidet schon länger die Justiz. Das bekommen nun auch die Medien zu spüren. Ein Zitierverbot aus Akten soll Aufdeckung erschweren

Während das Medienministerium die Reparatur des ORF-Gesetzes verzögert, machen andere Teile der Regierung Medienpolitik. Denn der Verfassungsgerichtshof hat nicht nur den Besetzungsmodus des öffentlich-rechtlichen Stiftungsrats gekippt, sondern auch die Sonderstellung von Redaktionen beim Datenschutz. Zu dieser Änderungsaufgabe des Justizressorts kommt noch aus dem Verfassungsministerium der Wunsch nach einem Zitierverbot aus Polizeiprotokollen und Gerichtsakten. Beide Vorhaben gefährden die Medienfreiheit, obwohl das erste genau umgekehrt genannt wird.

Wörter schaffen Wirklichkeiten. Doch sie dienen mitunter nicht der Wahrheit. Deshalb ist die Bezeichnung „Medienprivileg“ ein Problem. Sie gaukelt etwas vor, das es nicht gibt. Denn dahinter verbirgt sich eine Ausnahme von der Datenschutzgrundverordnung. Sie kollidiert mit dem Redaktionsgeheimnis. Dabei geht es vor allem um den Quellenschutz. Informanten dürfen nicht preisgegeben werden. Dem Verfassungsgerichtshof geht dieser pauschale Vorrang der Pressefreiheit gegenüber dem Datenschutz aber zu weit. Die Regierung muss die Abwägung zwischen diesen beiden Menschenrechten bis Jahresmitte reparieren. Ab dann ist die bisherige Bestimmung aufgehoben.

Der im Justizministerium entwickelte erste Entwurf dazu ist aber „hochproblematisch“ (Martin Thür), entspringt „Bosheit oder Unfähigkeit oder Ignoranz“ (Anna Thalhammer) und „bedroht die Informationsfreiheit der Bürger“ (Florian Klenk). Spätestens diese Einigkeit der Exponenten von „ZiB 2“, „profil“ und „Falter“, stellvertretend für ein selten so breites Journalisten-Spektrum, hätte die Gesetzesplaner an den Start zurückschicken sollen. Doch sie wurden vollkommen ignoriert wie die negativen Stellungnahmen zahlreicher Medien(haus)juristen. Die Einsprüche zeigten erst Wirkung, als sich die Medienministerin anschloss: Susanne Raab ließ auf Nachfrage der APA antworten: „Es braucht hier strukturelle Überarbeitungen, um einen vernünftigen Ausgleich zwischen Datenschutz und Redaktionsgeheimnis zu gewährleisten.“

Erst angesichts dieser kollegialen Einmischung raffte sich Justizministerin Alma Zadić zur Verbreitung einer Entwarnung auf: „Daten, die dem Redaktionsgeheimnis unterliegen, müssen niemals offengelegt werden. Wenn es hier noch konkrete Punkte gibt, bei denen weitere Verbesserungen möglich sind, steht die Bundesregierung dem selbstverständlich offen gegenüber.“ Das Justizministerium warte „derzeit noch auf die rechtliche Einschätzung“ des Verfassungsdienstes beim Bundeskanzleramt. Die Ironie dazu: Raab ist Ministerin für Frauen, Familie, Jugend, Integration und Medien im … Bundeskanzleramt. Hinter dem innerkoalitionären Schlagabtausch zwischen der eigensinnigen grünen und der linientreuen türkisen Exponentin lauert aber eine weitere Volkspartei-Ressortchefin. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler wittert die Chance, das von der ÖVP ersehnte Zitierverbot doch noch durchzubringen. Es ist ein klarer Anschlag auf die Pressefreiheit. Damit sollen das Aufdecken von Missständen und kritischer Journalismus eingeschränkt werden. Denn erst Zitate sichern die authentische Darstellung politischer Sittenbilder, wie sie Österreich seit Jahren erschüttern. Wohl auch deshalb sagte Georg Kodek, der neue Präsident des Obersten Gerichtshofs, zu Armin Wolf in der „ZiB 2“: „Ich vermisse so ein Verbot nicht.“ Anders als die notwendige Neuabwägung von Datenschutz und Pressefreiheit zu einem redaktionell gangbaren Weg wäre ein Zitierverbot offenbar bloß ein Selbstschutzwunsch der ÖVP.

Dazu passt der Verdacht, die Volkspartei stimme der Reparatur des Medienprivilegs nur zu, wenn die Grünen die Kröte Zitierverbot schlucken. Falls sie sich nicht erpressen lassen und im Gegenzug eine türkise Blockade zur Neuregelung der Datenschutzausnahme für Journalismus folgt, droht ein gesetzloser Zustand, der bis zu Razzien in Redaktionen führen kann. ÖVP-Klubchef August Wöginger ließ ich aber auch durch mehrmaliges Nachfragen von Katja Arthofer im Mittagsjournal von Ö1 nicht bewegen, ein Junktim von Medienprivileg-Reparatur mit Zitierverbot-Zustimmung zu dementieren.

Der Fall ist typisch für eine Fehlentwicklung der Volkspartei. Ihre einst staatstragende Grundhaltung hat zunehmend Pause, sobald Vorteile für ihre Klientel winken. Sie beschädigt sogar festgeschriebene wie faktische Staatsgewalten, um „ihre Leut‘“ vor Investigation und Transparenz zu schützen. Das geschieht durch massive Kritik an der Justiz, sobald sie nicht in türkisem Sinne handelt. Das gilt auch für das Verhältnis zu Medien, wo neben der Ausnahme vom Datenschutz auch die Bestellung des ORF-Stiftungsrats verfassungskonform repariert werden muss. Ein Zitierverbot hingegen behindert die Kontrollfunktion von Journalismus. Eine solche Absicht hintertreibt die angebliche Hinwendung der ÖVP zur Mitte. Denn solche Attacken waren bisher nur von einer Partei zu erwarten: der FPÖ.

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