Jahres-Rückblick: Das war 2022

Das Jahr 2022 ist mit heute Mitternacht zu Ende. Geprägt war es vor allem vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine - und den gravierenden Folgen dieser größten Invasion, die der Kontinent seit dem Zweiten Weltkrieg gesehen hat: Gasmangel, massiv gestiegene Energiepreise und in Folge eine seit 70 Jahren nicht mehr erlebte Inflation verdrängen 2022 die Coronapandemie in den Hintergrund. Innenpolitisch prägten etwa der Wahlkampf um das Präsidentenamt sowie die Ermittlungen rund um die ÖVP das Jahr. Ein Rückblick auf 2022 plus die meistgegoogelten Begriffe des Jahres.

von Selenskyi © Bild: IMAGO/ZUMA Wire

RUSSLAND/UKRAINE

Der Angriffskrieg gegen die Ukraine beginnt in der Nacht auf den 24. Februar. Nachdem es bereits im Spätherbst 2021 zu einem bedrohlichen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine gekommen war, gibt es zunächst bis Mitte Februar 2022 noch Verhandlungen zwischen Russland und den USA: Russland fordert ultimativ und vergeblich, einen sehr hypothetischen NATO-Beitritt der Ukraine für alle Zeiten auszuschließen. Gleichzeitig bestreiten Vertreter des Kremls kategorisch, dass Russland in der Ukraine einmarschieren könnte, und werfen dem Westen das Schüren von Hysterie vor. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spielt in den ersten Wochen des Jahres die Gefahr einer großen russischen Invasion noch herunter. Doch dann kündigt Präsident Wladimir Putin am 24. in einer bizarren Rede einen "militärischen Spezialeinsatz" zur "Entnazifizierung" der Ukraine und zum Schutz der dortigen russischsprachigen Bewohner an.

Der Krieg selbst sorgt in Folge für einige Überraschungen. Der ukrainische Widerstand erweist sich als deutlich stärker als erwartet. Nach anfänglichen russischen Gebietsgewinnen im Süden und Osten wird klar, dass Russlands Kapazitäten für die Eroberung von noch größeren Teilen des Landes nicht reichen. Auch zeichnet sich die russische Armee durch schlechte Organisation aus, was die zunehmend vom Westen auch mit schweren Waffen belieferte Ukraine nutzen kann: Die Ukrainer gewinnen im April die Schlacht um Kiew, vertreiben russische Truppen im September im Nordosten aus der Region Charkiw und befreien im November mit Cherson die einzige Regionalhauptstadt, die Russland seit dem 24. Februar hatte einnehmen können.

Gebiete der ukrainischen Regionen von Cherson und Saporischschja auf der linken Seite des Dnjepr sowie der seit 2014 teils de facto russisch kontrollierten Regionen Donezk und Luhansk - für Putin historisch russisches Gebiet - bleiben indes weiterhin von russischen Truppen besetzt. Ohne dass dies international anerkannt würde, werden diese vier Regionen nach fragwürdigen Referenden von Russland mit 5. Oktober offiziell annektiert. Vor allem Kämpfe und Raketeneinschläge rund um das Kernkraftwerk Saporischschja, das größte AKW Europas, sorgen auch weltweit für Entsetzen - ebenso wie Drohungen Putins, dass die annektierten Gebiete "mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigt" würden, was als Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen interpretiert wird.

INFLATION

Bereits im Jänner steigt die Inflation auf 5 Prozent. Der höchste Wert seit 1984 scheint zu diesem Zeitpunkt extrem hoch. Da weiß man noch nicht, dass es monatlich weitere Anstiege geben wird und sich die Teuerung bis Jahresende noch einmal mehr als verdoppelt, auf zuletzt 11 Prozent im Oktober. Während die USA im Oktober erstmals wieder einen Rückgang der Teuerungsrate, auf 7,4 Prozent, vermelden, ist die Trendumkehr in der Eurozone vorerst nicht in Sicht. Eine Rückkehr zu "normalen" Inflationsraten um die zwei Prozent erwartet selbst die optimistische EZB erst in zwei Jahren.

GASKRISE/ENERGIEKRISE

Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar wird die Abhängigkeit Westeuropas von Russland bei Öl und Gas sichtbar und zum Problem. Einerseits weil die EU-Länder nun sehr schnell unabhängig werden und Russland keine Einnahmen aus dem Export mehr zukommen lassen wollen. Andererseits, weil Russland Gas bewusst verknappt und damit den Preis in die Höhe treibt. Das scheint eine längerfristige Strategie gewesen zu sein, denn nun wird allgemein bewusst, dass die Gasspeicher nur spärlich gefüllt sind und Russland stellt schrittweise die Lieferungen über einzelne Pipelines bzw. an einzelne Länder ein. Das gilt insbesondere für Nord Stream 1, wo technische Mängel geltend gemacht werden, bis schließlich Ende September heftige Explosionen die Leitung unbenutzbar machen. Noch wird nach dem Verursacher geforscht. Die parallel geführte und fertig gebaute Leitung Nord Stream 2 erhält hingegen von Deutschland keine Genehmigung und kann nicht in Betrieb gehen. Österreich erhält den Großteil des Jahres nur einen Teil der von Russland bestellten und vertraglich zugesicherten Gasmengen.

Österreich beschließt trotz exorbitant hoher Gaspreise - zeitweise kostet der Energieträger zehn Mal so viel wie im langjährigen Durchschnitt vor der Krise - Ankauf und Einlagerung einer "strategischen Gasreserve" im Ausmaß von 20 Prozent des Jahresbedarfs. Außerdem sieht ein neues Gesetz vor, dass alle Gasspeicher genutzt werden müssen - die von der Gazprom nicht befüllten Speicher können so von anderen verwendet werden. Das ist mit ein Grund dafür, dass inzwischen die Gasspeicher zu mehr als 95 Prozent befüllt sind und allgemein davon ausgegangen wird, dass es im Winter 2022/23 keine Gasmangellage geben wird - dafür drohen im nächsten Winter Probleme, falls die Speicher 2023 nicht wieder aufgefüllt werden können.

STROMPREISE UND UNTERSTÜTZUNGEN

Der hohe Gaspreis führt über ein seit langem genutztes Preisbildungsverfahren (Merit Order) dazu, dass Strompreise ebenfalls in die Höhe schnellen - auch in Österreich, wo Strom großteils unabhängig von Gas erzeugt wird. Das Prinzip soll nun ausgehebelt werden, strittig ist noch wie.

Die hohen Energiekosten, vor allem die Stromkosten, führen zu umfangreichen Staatshilfen: Jede und jeder in Österreich gemeldete Erwachsene erhält einmalig 500 Euro "Klimabonus", Kinder die Hälfte. Das kostet in Summe 4 Mrd. Euro. Über die Strompreisbremse ("Stromkostendeckel") subventioniert der Staat von Dezember bis Juni 2023 allen Haushalten bis zu einem üblichen Jahresverbrauch den Strom mit bis zu 40 Cent pro kWh.

Auch Unternehmen erhalten einen Energiekostenzuschuss. Mitte November hatten sich dazu rund 30.000 Unternehmen angemeldet. Damit werden energieintensive Unternehmen mit einer Förderung in der Höhe von 30 Prozent ihrer Mehrkosten für Strom, Erdgas und Treibstoffe unterstützt. Dafür sind 1,3 Mrd. Euro vorgesehen. Inzwischen fordern Handel, Gewerbe und sogar Gemeinden, die nach der Definition nicht energieintensiv sind, die Einbeziehung in den Energiekostenzuschuss.

Die Krise bringt auch ein neues Wort in die Diskussion: "Übergewinne", also aus der Krise stammende zusätzliche Gewinne von Energieunternehmen, sollen abgeschöpft und für die Unterstützung von Haushalten und unter den Energiepreisen leidenden Firmen verwendet werden. Dafür, diese "Zufallsgewinne" abzuschöpfen, hatte sich auch die EU-Kommission ausgesprochen. Von Brüssel vorgegeben ist eine Abschöpfung spätestens ab dem 1. Dezember 2022.

BUNDESPRÄSIDENTEN-WAHL

Eine Rekordzahl an Kandidaten bewirbt sich um das Amt des Bundespräsidenten. Dennoch setzt sich Amtsinhaber Alexander Van der Bellen schon im ersten Wahlgang mit 56,7 Prozent der abgegebenen Stimmen durch (9.10.). Auf Platz zwei folgt der Kandidat der Freiheitlichen, Volksanwalt Walter Rosenkranz. Von den fünf übrigen Bewerbern erreicht keiner die Zweistelligkeit. Musiker und Mediziner Dominik Wlazny, auch als Gründer der Bierpartei bekannt, überrascht mit Platz drei noch vor Anwalt Tassilo Wallentin, der sich unter anderem der finanziellen Unterstützung von Unternehmer Frank Stronach erfreuen durfte.

CORONAVIRUS-PANDEMIE

Die Coronavirus-Pandemie erreicht am 15. März mit österreichweit mehr als 63.000 Neuinfektionen ihren Höhepunkt an täglich gemeldeten Fällen seit dem Beginn der Gesundheitskrise. Die Gesamtzahl der Toten steigt bis Ende November auf mehr als 21.000 Opfer hierzulande und über 6,6 Millionen weltweit. Insgesamt verliert die Pandemie aber in ihrem dritten Jahr vor allem durch milder gewordene Varianten des Virus SARS-CoV-2 an Schrecken. Ab 1. August müssen Infizierte nicht mehr in Quarantäne. Erste Impfstoffe werden im Lauf des Jahres in der EU auch für Babys ab sechs Monaten zugelassen und an die Virus-Mutationen angepasste Vakzine geliefert. Auch ein Totimpfstoff des österreichisch-französischen Herstellers Valneva kommt auf den Markt, die Nachfrage bleibt aber gering und die Produktion wird wieder eingestellt.

Die oberösterreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, die ein Monat zuvor wegen Morddrohungen von Impfgegnern ihre Praxis geschlossen hatte, wird tot in ihrer Ordination im Bezirk Vöcklabruck gefunden (29.7.). Eine Obduktion bestätigt einen Suizid der Medizinerin, ihr Tod löst in Österreich und Deutschland viel Anteilnahme aus. Ermittlungen wegen der Drohungen gibt es u.a. gegen Beschuldigte in Berlin und in Bayern.

AFFENPOCKEN

In England wird ein Fall von Affenpocken registriert. Das Virus breitet sich zeitgleich in vielen Ländern Europas aus, aber auch in den USA gibt es zahlreiche Fälle. Der erste Fall in Österreich wird am 22. Mai gemeldet. Von dem ungewöhnlich großen Ausbruch außerhalb Afrikas sind fast ausschließlich Männer betroffen, die gleichgeschlechtliche, wechselnde Sexualpartner haben. Generell kann sich mit Affenpocken aber jeder bei engem Körperkontakt anstecken. Hauptsymptome sind hohes Fieber und Windpocken-ähnliche Pusteln auf der Haut. Die WHO zählt bis Anfang November mehr als 77.000 Fälle in 109 Ländern, von denen 36 tödlich verlaufen. Die Fallzahlen gehen allerdings in der zweiten Jahreshälfte zurück.

ÖVP-AFFÄREN

Die Volkspartei hat ein turbulentes Jahr hinter sich. Ein nach ihr benannter Untersuchungsausschuss sowie brisante Aussagen des ehemaligen Generalsekretärs des Finanzministeriums Thomas Schmid vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft lassen der ÖVP kaum Zeit zum Luft schnappen. Schmid beschuldigt Altkanzler Kurz u.a. in der Umfragen-Affäre, was dieser mit einem geheim aufgenommenen Telefonat zu widerlegen versucht. Wie die Ermittlungen der WKStA enden, ist vorerst ebenso unklar wie die Frage, ob sie Schmids Wunsch nach Kronzeugenstatus nachkommen wird.

Juristisch vorgegangen wird auch gegen aktive ÖVP-Politiker, etwa gegen Klubobmann August Wöginger wegen einer vermeintlichen Intervention für einen Parteifreund sowie gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka wegen einer angeblichen Einflussnahme auf eine Postenbesetzung in seiner Zeit als Innenminister. Ein Novum ist, dass der Rechnungshof wegen einer Reihe von Verstößen gegen das Parteiengesetz Prüfer in die ÖVP schickt. Als Reaktion auf die Skandale der jüngeren Zeit wird im Juli das Parteiengesetz verschärft.

BEINSCHAB-TOOL


Die Umfragen-Affäre bringt die ehemalige Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) für einige Wochen hinter Gitter (2.3.-28.3.). Hintergrund sind Vorwürfe, wonach sie gemeinsam mit ihrer ehemaligen Kollegin Susanne Beinschab ein PR-Tool mitgestaltet haben soll, über das Ex-Kanzler Kurz und die ÖVP mittels vom Steuerzahler finanzierten Umfragen profitiert haben sollen. Beinschab wird nach ihrem Geständnis (25.2.) und weiteren Aussagen Kronzeugenstatus zugestanden (3.8.).

REGIERUNGSUMBILDUNG

Zwei Mal kommt es im heurigen Jahr zu einer Regierungsumbildung. Einmal betrifft es doppelt die ÖVP, einmal den kleinen Koalitionspartner. Die Grünen müssen sich einen neuen Sozial- und Gesundheitsminister suchen, nachdem Wolfgang Mückstein zermürbt von Drohungen auch gegen seine Familie sein Amt zurücklegt (3.3.). Ihm folgt der Vorarlberger Landesrat Johannes Rauch (4.3.), dessen Amt in der Landesregierung wiederum Daniel Zadra übernimmt.

In der ÖVP zieht sich Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger in die Privatwirtschaft zurück. Ihr folgt am selben Tag Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (9.5.). Um den Agrarbereich kümmert sich nun der frühere Bauernbund-Direktor Norbert Totschnig. Die Wirtschaft erhält Arbeitsminister Martin Kocher dazu. So wird zwar ein Ministeramt eingespart, doch kommen mit Florian Tursky für Digitalisierung und Susanne Kraus-Winkler für Tourismus zwei neue Staatssekretariate hinzu.

FLÜCHTLINGE

Der Angriff Russlands auf die Ukraine löst eine starke Fluchtbewegung aus, die auch Österreich trifft. Den ukrainischen Vertriebenen wird dabei der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht, außerdem brauchen sie keinen Asylantrag. Dennoch kommt es heuer zu einer großen Anzahl von Asylansuchen, ausgelöst vor allem durch Inder und Nordafrikaner, die meist andere Zielländer hatten. Österreich reagiert mit der Bestellung eines Flüchtlingskoordinators, eine Rolle, die nach dem Aufstieg von Michael Takacs zum Bundespolizeidirektor der Leiter der Bundesbetreuungsagentur, Andreas Achrainer, übernimmt. Da die Bundesländer außer Wien und dem Burgenland ihren Verpflichtungen zur Unterbringung von Flüchtlingen nicht ausreichend nachkommen, stellt das Innenministerium im Herbst in mehreren Bundesländern Zelte auf, die lokal zu starkem Widerstand führen.

Ein Nachspiel hat 2022 die medial und politisch umstrittene Außerlandesbringung einer georgischen Schülerin. Das Bundesverwaltungsgericht erklärt die Abschiebung für rechtswidrig (21.3.). Das Mädchen ist mittlerweile über ein Schülervisum wieder in Österreich.

IRAN

Zwei Drittel des Jahres sind - zumindest für die internationale Staatengemeinschaft - geprägt von Versuchen, das Atomabkommen mit dem Iran von 2015 zu retten. Verhandlungen, Verhandlungspausen, Vorschläge und Gegenvorschläge führen letztlich aber zu keiner Einigung, Teheran schraubt seine Urananreicherung immer weiter hoch und ist nach Einschätzung der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA bereits im Besitz einer ausreichenden Menge zur Herstellung einer Atombombe - eine Absicht, die der selbst ernannte Gottesstaat aber beharrlich dementiert.

Seit dem 16. September hat man im Iran allerdings andere Sorgen: Als die 22-jährige Mahsa Amini von der gefürchteten Sittenpolizei wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Kleiderordnung des Mullah-Staates festgenommen wird und in der Haft unter ungeklärten Umständen stirbt, beginnt eine Welle des Protestes das Land zu überziehen, wie sie der Iran lange nicht erlebt hat. Obwohl das Regime mit aller Härte zurückschlägt, tausende Demonstranten verhaftet werden und bei den oft blutigen Unruhen bereits hunderte Menschen zu Tode gekommen sind - darunter auch Frauen und Kinder, lassen sich die Menschen nicht mehr einschüchtern und setzen das Regime, das auch von den USA und der EU mit weiteren Sanktionen belegt wird, immer mehr unter Druck.

Im Ukraine-Krieg bezieht man eindeutig Position: Im ewigen Kampf gegen den "großen Satan" USA und einem von diesem unterstützten wachsenden Block arabischer Staaten, die zum Teil Beziehungen zu Teherans Erzfeind Israel aufgenommen haben, will der Iran die strategischen Beziehungen zu Russland ausbauen und beliefert Moskau mit Kampfdrohnen, die in der Ukraine eingesetzt werden.

EU

Zu Jahresbeginn sorgt die EU-Kommission bei Umweltschützern und Atomkraftgegnern für Entsetzen. Sie will Investitionen in Gas-und Atomkraftwerke unter Bedingungen als klimafreundlich einstufen. Österreich protestiert gegen diese sogenannte "Taxonomie", findet dafür aber nicht ausreichend Verbündete. Im Juli stimmt auch das EU-Parlament dem Plan zu. Im Oktober reicht Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Klage gegen die Taxonomie-Verordnung ein.

Russische Gaslieferstopps und Explosionen an den Gaspipelines Nord Stream stürzen die Europäische Union in ihre bisher schwerste Energiekrise. Die steigenden Energiepreise heizen europaweit die Teuerung an und lassen das Wachstum einbrechen. Nach zähen Verhandlungen vereinbaren die EU-Regierungen erste Schritte zu gemeinsamen Gaseinkäufen und einem flexiblen Gaspreisdeckel, um extreme Preisausschläge im Großhandel einzudämmen. Für 2022 gelingt es der EU großteils, fehlendes russisches Gas zu ersetzen, für 2023 besteht jedoch weiterhin ein Risiko für Versorgungsengpässe.

Seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine hat die Europäische Union in Abstimmung mit internationalen Partnern acht Sanktionspakete gegen Russland verabschiedet. Die Strafmaßnahmen reichen von umfassenden Wirtschaftssanktionen bis zu Restriktionen gegen Banken, Unternehmen und Einzelpersonen. Die Ukraine wird von der EU massiv unterstützt: Kiew bekommt 2023 Darlehen in Höhe von 18 Milliarden Euro, die Militärhilfe der EU übersteigt 3 Milliarden Euro. Im November startet die EU eine Ausbildungsmission (EUMAM) für 15.000 ukrainische Soldaten.

ARBEITSMARKT/PERSONALMANGEL

Allen Krisen zum Trotz wächst die Wirtschaft heuer noch deutlich und die Arbeitslosigkeit fällt. Das große Thema ist der Arbeitskräftemangel, der nicht nur Facharbeiter betrifft. Die Zahl der offenen Stellen steigt auf den Rekordwert (seit Beginn der Erhebung 2009) von 218.000 Posten - 60 Prozent davon im Dienstleistungsbereich. Dem stehen im Oktober nur 319.000 Arbeitslose gegenüber. Die Arbeitslosenquote ist die niedrigste seit 14 Jahren, also seit der Finanzkrise von 2008.

KV-VERHANDLUNGEN UND STREIKS

Angesichts der hohen Inflation verlangen die Gewerkschaften Lohnsteigerungen die teilweise über 10 Prozent liegen. Einmalzahlungen lehnt die Gewerkschaft durchwegs ab. Die Metaller bekommen im Herbst 7,4 Prozent mehr Lohn, nachdem die Gewerkschaft 10,6 verlangt, die Arbeitgeber 4,1 geboten hatten. Bei den Eisenbahnern kommt es nach fünf ergebnislosen Verhandlungsrunden Ende November zu einem Warnstreik, bei den Brauereien ebenso und auch der Handel droht mit Streik. Die Gewerkschaft hat auch versucht, KV-Verhandlungen, die erst im Frühjahr 2023 fällig sind, auf den Herbst 2022 vorzuziehen.

KLIMAWANDEL UND ANKÜNDIGUNGSPOLITIK

Der Klimawandel hat sich neben den akuten Problemen trotzdem als wichtiges Thema etabliert. Das Jahr 2022 war dabei voller Ankündigungen. So haben die EU-Institutionen heuer beschlossen, dass ab 2035 nur mehr Neuwagen auf die Straße kommen, die im Betrieb kein CO2 ausstoßen. Das würde ein Aus für Verbrenner-Motoren bedeuten, außer es gibt Schlupflöcher mit E-Fuels.

Die Bundesregierung hat einen Vorschlag zum Erneuerbaren-Wärme-Gesetz (EWG) vorgelegt. Dieses sieht den Ausstieg aus Gasheizungen bis 2040 und aus Ölheizungen bis 2035 vor - muss aber erst mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat beschlossen werden.

Die Energie- und Klimaminister der G7 versprechen in Berlin konkrete Schritte für ein Aus der Kohle-Verstromung - ohne ein Datum zu nennen. Zudem müsse der gesamte Energiesektor bis 2035 überwiegend CO2-frei sein, was auch Gas- oder Ölkraftwerke verbietet. Bis 2030 soll demnach der Verkehr weitgehend ohne fossile Kraftstoffe auskommen.

FUSSBALL-WM IN KATAR

Sie war höchst umstritten, die heurige Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Der Gastgeber Katar wurde und wird immer wieder wegen Verstößen gegen die Menschenrechte sowie furchtbare Arbeitsbedingungen etwa beim Bau der Stadien kritisiert. Dennoch fand die WM von 21. November bis 18. Dezember statt. Gewonnen hat Argentinien mit Superstar Lionel Messi in einem spannenden Finale gegen Frankreich. Nach einem Endstand von 3:3 kam es zum Elfmeterschießen, das Argentinien mit 4:2 für sich entschied.

DIETRICH MATESCHITZ-TOD

Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz stirbt. Seine 49 Prozent an der Firma gehen an seinen Sohn Mark Mateschitz, die operative Führung des Konzerns bleibt beim dreiköpfigen Management. Dennoch muss sich erst zeigen, ob der thailändische Mehrheitseigentümer alle Aktivitäten im Bereich Sport, vor allem aber im Bereich Medien, weiterführt.

TOD VON QUEEN ELIZABETH II - CHARLES WIRD KÖNIG

Im September geht mit dem Tod von Königin Elizabeth II. eine Ära zu Ende: Die Monarchin stirbt am 8. September im Alter von 96 Jahren auf Schloss Balmoral in Schottland. Die Queen blickte auf die längste Regentschaft des Vereinigten Königreichs zurück: Ihr 70. Thronjubiläum war erst im Juni mit mehrtägigen Festivitäten feierlich begangen worden. Elizabeth II. war nicht nur britisches Staatsoberhaupt, sondern auch Regentin über mehr als ein Dutzend weitere Commonwealth-Mitglieder wie Australien, Kanada und Neuseeland sowie Oberhaupt des Staatenbundes selbst. Mit ihrem Tod wird ihr ältester Sohn als Charles III. König. Die Krönung des 74-Jährigen ist für den 6. Mai 2023 geplant.

ELON MUSK KAUFT TWITTER

Im April beschließt der Milliardär Elon Musk, auch als Chef von Tesla und SpaceX bekannt, den Kurznachrichtendienst Twitter um gut 40 Mrd. Dollar zu kaufen. Mitte Mai will er nicht mehr. Im Oktober beschließt er dann aber doch den Kauf durchzuziehen - wohl vor allem deshalb, weil er im ersten Überschwang eine Verpflichtung unterschrieben hatte, aus der er nicht mehr herauskam. Seit dem Vollzug des Kaufs Ende Oktober hat Musk zahlreiche große Werbekunden vergrault und damit die Einnahmen einbrechen lassen, das System bestätigter Nutzer untergraben und damit Jux-Nutzer auf den Plan gerufen, die Hälfte des Personals gekündigt und damit die Aufsichtsbehörden gegen sich aufgebracht und auch offenherzig darauf hingewiesen, dass Twitter pleitegehen könnte.

URLAUBER-CHAOS AUF FLUGHÄFEN

Die Reisebranche erlebt nach dem Abflauen der Corona-Ängste eine rege Nachfrage. Allerdings kann vor allem die Luftfahrt diesen Aufschwung nur teilweise nutzen, da die abgebauten Arbeitskräfte nicht mehr zurückkommen. Durch den Personalmangel bei Fluglinien, aber noch mehr bei Flughäfen, müssen zahlreiche Flüge gestrichen werden, es kommt im Sommer teils zu chaotischen Szenen und so manchem enttäuschten Passagier. Der Flughafen Wien war dank Corona-Kurzarbeit von diesem Personalmangel ebenso wenig betroffen wie die AUA.

PHYSIK-NOBELPREIS FÜR ANTON ZEILINGER

Der Nobelpreis für Physik geht an den Österreicher Anton Zeilinger (4.10.). Der Quantenphysiker wird gemeinsam mit dem Franzosen Alain Aspect und dem US-Amerikaner John F. Clauser für Experimente mit verschränkten Photonen geehrt. Die Auszeichnung geht an diese unter anderem für Pionierarbeiten in der Quanteninformation. Den Medizin-Nobelpreis erhält der schwedische Evolutionsforscher Svante Pääbo, und die Auszeichnung für Chemie wird den beiden US-Forschern Carolyn R. Bertozzi und Barry Sharpless sowie ihrem dänischen Kollegen Morten Meldal für die Entwicklung der sogenannten "Click-Chemie" zugesprochen.


Google-Rückblick 2022: Die Top-Suchbegriffe

2022 dominierte der Ukraine-Krieg die Google-Suchen von Userinnen und Usern aus Österreich. "Die Pandemie ist nach wie vor ein wichtiges Thema und war nach 'Ukraine' weiterhin das am stärksten gefragte Thema. Auch die WM in Katar hat es noch aufs Stockerl geschafft, nicht zuletzt, weil sie sehr kontrovers diskutiert wird", sagte Wolfgang Fasching-Kapfenberger, Pressesprecher von Google Austria, bei der Präsentation des heimischen Google-Jahresrückblicks.

Die Top 10 Suchbegriffe des Jahres in Österreich lauteten:

  1. Ukraine
  2. Corona-Impfung in meiner Nähe
  3. WM
  4. Olympia
  5. Dominic Thiem
  6. Bundespräsidentenwahl
  7. Affenpocken
  8. Vladimir Putin
  9. Russland
  10. Klimawandel

Gesuchte Promis

Auf dem zweiten Stockerlplatz hinter Tennisstar Thiem unter den viel gesuchten heimischen Prominenten landete Snowboard-Olympiasiegerin Anna Gasser.

Klima-Trend

Ein Trend waren Anfragen zu Klima, Umwelt und Energie, die häufigsten Suchen hier betrafen:

Corona

Covid-19 blieb ein wichtiges Thema, im Unterschied zu 2021 führte aber nicht mehr der Begriff "Corona" die Liste an, vielmehr wurde nach der Impfung gesucht. Auf den ersten fünf Plätzen finden sich:

  1. Corona-Impfung in meiner Nähe
  2. Impfpflicht
  3. Valneva Aktie
  4. Grüner Pass
  5. Omikron Symptome

Nachrichten

Unter den Nachrichten verzeichnete die Bundespräsidentenwahl den stärksten Anstieg in den Suchanfragen, berichtete der Google Austria-Sprecher. Neben der "Kalten Progression" und "Ragweed" schaffte es noch "Volksbegehren" auf einen Spitzenplatz.

Internationale Persönlichkeiten

Die Top 10 der internationalen Personen waren 2022 eine bunte Mischung an Persönlichkeiten aus Politik, Sport und Kultur. An der Spitze steht der russische Präsident Wladimir Putin, gefolgt von Tennis-As Novak Djokovic und dem Hollywood-Ex-Paar Johnny Depp und Amber Heard. Die Skandal-Ohrfeige bei der Oscar-Nacht ist mit Suchen nach Will Smith und Chris Rock vertreten.

"Wie-Fragen" und "Was-Fragen"

Eine eigene Kategorie sind "Wie-Fragen", hier dominierte

  1. "Wie lange gilt ein PCR-Test?"
  2. "Wie alt ist Putin?"
  3. "Wie lange gilt genesen?"

Auch bei den "Was-Fragen" stand Corona ganz oben:

  1. Corona positiv - was tun?
  2. Was ist die NATO?
  3. Klimabonus (vor allem weil User ihn noch nicht erhalten hatten)

Best of

Aus allen als Fragen formulierten Suchen wurde ein "Best of" präsentiert, darunter das in der Früh gern gestellte "Warum bin ich so müde?". Weiters wollten viele Menschen wissen, wo der schiefe Turm von Pisa steht und warum sie denn kein Corona bekommen. Auch ins Ranking schaffte es "Warum wurden Fake Lashes erfunden?"

Google erstellt die Jahrestrends "Year in Search" auf Basis von mehr als einer Billion Suchanfragen, die jedes Jahr verarbeitet werden. Alle vorgestellten Kategorien beinhalten die "most trending searches" Österreichs, also jene Suchbegriffe, die im Vergleich zum Vorjahr am stärksten angestiegen sind.