Martin Kocher: Arbeitsminister und Wirtschaftsminister ohne Partei

Mit Martin Kocher übernahm ein parteiloser Wirtschaftsexperte die Nachfolge der davor zurückgetretenen Arbeitsministerin Christine Aschbacher. Seit dem Rücktritt von Margarete Schramböck 2022 fungiert er auch als Wirtschaftsminister. Der gebürtige Salzburger gehört keiner Partei an, ist aber auf ÖVP-Ticket in der Regierung. Kocher sorgt derzeit für eine Debatte über Arbeitszeit.

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Porträt - Martin Kocher: Arbeitsminister und Wirtschaftsminister ohne Partei

Steckbrief Martin Kocher

  • Name: Martin Kocher
  • Geboren: 13. September 1973 in Salzburg
  • Position: Arbeitsminister, Wirtschaftsminister
  • Ausbildung: Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Innsbruck
  • Partei: ohne Partei, auf ÖVP-Ticket als Wirtschaftsminister und Arbeitsminister im Einsatz
  • Familie: verheiratet mit Natalie Kocher (seit 2003)
  • Kinder: keine

Martin Kocher ist zwar kein ÖVP-Partei-Mitglied, die ÖVP bediente sich aber auch vor seinem Einsatz als Minister mehrfach seiner Expertise. Auch auf Regierungsklausuren trat er vor seiner Ernennung als Arbeitsminister und Wirtschaftsminister bereits auf. Seine Wurzeln hat Martin Kocher in Altenmarkt im Salzburger Pongau.

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Martin Kocher, Arbeitstier

Martin Kocher kann wohl als Arbeitstier beschrieben werden. Vor seinem Einstieg in Österreichs Spitzenpolitik brachte er drei Jobs unter einen Hut. Neben der Leitung des IHS und des Fiskalrates, womit er quasi Wächter über Österreichs Staatsschulden war, lehrte der Verhaltensökonom auch an der Universität Wien. In seiner Forschung beschäftigte sich Kocher mit zahlreichen Themen aus dem Gebiet der experimentellen Verhaltensökonomie, die sich mit den psychologischen Grundlagen des ökonomischen Verhaltens befasst. Dazu hat er auch zahlreiche Bücher und Artikel verfasst. Er galt als einer der aktivsten Forscher auf dem Gebiet der experimentellen Wirtschaftsforschung in Deutschland. So veröffentlichte er beispielsweise Arbeiten zum Einfluss von Zeitdruck auf individuelle Entscheidungen oder die Entwicklung von Präferenzen bei Kindern und Heranwachsenden. Auf dem Gebiet der Sportökonomik zeigte Kocher beispielsweise mit seinem Koautor Matthias Sutter, dass Schiedsrichter häufig zugunsten der Heimmannschaft urteilen, wenn diese zurückliegt.

»Hermann Maier war in der Schule eine Klasse über mir, Michael Walchhofer zwei Klassen unter mir«

Martin Kocher: Begeisterter Sportler und Skifahrer

Der am 13. September 1973 in der Stadt Salzburg geborene Kocher hat seine Wurzeln in Altenmarkt im Pongau, wo er seine Kindheit und Jugend verbracht hat und wohin es ihn regelmäßig zurückzieht. Der begeisterte Sportler läuft nicht nur gern Marathon, es zieht ihn auch immer wieder auf die Berge, im Sommer zum Bergwandern, im Winter zum Skifahren. Seine Eltern waren beide als Skilehrer tätig und so stand er schon mit drei Jahren erstmals auf Skiern, später auch im örtlichen Skikader. Es habe sich jedoch bald gezeigt, dass es für eine Karriere als Skifahrer nicht reichte, erzählte Kocher den "Salzburger Nachrichten". Zudem gab es harte Konkurrenz, "Hermann Maier war in der Schule eine Klasse über mir, Michael Walchhofer zwei Klassen unter mir".

Vom Journalismus in die Wirtschaft

Nachdem er in der Schule eine vorwissenschaftliche Arbeit über Adam Smith geschrieben hatte, war sein Weg zur Ökonomie vorgezeichnet. Nach journalistischen Versuchen bei den "Pongauer Nachrichten" zog es den heutigen Arbeitsminister Kocher nach Innsbruck zum Studium der Volkswirtschaftslehre. Dort lernte er auch seine Ehefrau Natalie Kocher kennen, mit der seit 2003 verheiratet ist.

Martin Kocher: Uni-Professor, IHS

Seine Karriere führte Kocher über die Uni Innsbruck für zwei Jahre nach Amsterdam und 2010 ins englische Norwich an die University of East Anglia, bevor er dem Ruf der renommierten Ludwig-Maximilians-Universität in München folgte. Dort lehrte er als Professor für Verhaltensökonomik und experimentelle Wirtschaftsforschung, daneben war er Gastprofessor in Göteborg und an der University of Queensland im australischen Brisbane. 2016 ging Kocher ans IHS nach Wien. Seit 2017 unterrichtete er zudem an der Universität Wien, weil ihm die Verbindung zur Wissenschaft und die Betreuung von Doktoranden wichtig war.

»Wenn Menschen freiwillig weniger arbeiten, dann gibt es weniger Grund, Sozialleistungen zu zahlen.«

Martin Kocher als Minister: Aufregung um Teilzeit-Forderungen

Im Februar 2023 sorgte ein Vorschlag Kochers für breite Kritik: Der Arbeitsminister schlug Kürzungen bei Sozialleistungen bei Teilzeitarbeit vor, um Vollzeitjobs zu stärken. In einem Interview mit dem "Kurier" sagte er: "Wir brauchen weitere Schritte, um Vollzeitbeschäftigung attraktiver zu machen, wie eine geringere Abgabenbelastung und noch treffsichereren Einsatz von Sozialleistungen. In Österreich wird bei Sozial- und Familienleistungen wenig unterschieden, ob jemand 20 oder 38 Stunden arbeitet. Wenn Menschen freiwillig weniger arbeiten, dann gibt es weniger Grund, Sozialleistungen zu zahlen." Diese Forderung brachte Kocher umgehend enorme Kritik ein. Nicht nur die Opposition, auch der Regierungspartner erteilte den Forderungen umgehend eine Absage. Für Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) stünden Kürzungen bestehender Sozialleistungen nicht zur Diskussion, wie der Minister in einem Statement gegenüber der APA festhielt. "Mit Sozialleistungen unterstützen wir als Gesellschaft jene Menschen, die unsere Hilfe wirklich brauchen. Sie treffsicher zu gestalten, ist eine wichtige Aufgabe der Politik. Maßgeblich ist der Bedarf an Unterstützung - nicht das Ausmaß der Beschäftigung". Kurz nach Erscheinen des Interviews hatte Kocher seine Aussagen bereits präzisiert. Es gehe nicht um Kürzungen von Sozialleistungen, sondern darum, bei neuen Maßnahmen, Änderungen und Reformen den Teilzeit-Aspekt stärker zu berücksichtigen. Auch Kanzler Karl Nehammer meldete sich zu Wort und stellte klar, dass Menschen mit Betreuungspflichten nicht betroffen sein dürften.

Martin Kocher privat: Fernbeziehung ohne Kinder

Wegen der häufigen Ortswechsel, die die akademische Karriere mit sich brachte und seiner fixen Tätigkeit seit der Politik in Wien, leben Martin Kocher und seine Ehefrau Natalie Kocher, die nach dem Studium nach München ging, "eine sehr gut funktionierende Fernbeziehung, das ist aber kein Lebensmodell für eine Familie". Daher habe sich die Frage nach Kindern nicht gestellt und das Paar blieb ohne Kinder. Natalie Kocher ist beim Lastwagenkonzern MAN Vizepräsidentin für den technischen Einkauf.

Familien- und Heimatverbunden

In seiner spärlichen Freizeit frönt Kocher dem Laufsport. Und so oft es geht, zieht es ihn nach Hause, oft nur für ein Wochenende, aber immer wieder für ein paar Tage Urlaub im Winter zum Skifahren und Langlaufen, im Sommer zum Bergsteigen. In Altenmarkt trifft er gerne seine Familie, darunter seine Eltern, aber auch seine drei Jahre jüngere Schwester. Die klinische Psychologin und Psychotherapeutin lebt mit ihrer Familie in Eben.