Atombombe: Das richtige Verhalten bei einem Atomangriff

Wie funktioniert eine Atombombe? Welche Auswirkungen hat die Explosion? Plus: Das richtige Verhalten bei einem Atomangriff und was Jod-Tabletten bringen.

von Atombomben-Test, Bikini-Atoll © Bild: imago/United Archives International

Inhaltsverzeichnis:

Wie funktioniert eine Atombombe? Was passiert bei der Explosion?

Eine Atombombe - auch Kernwaffe und Nuklearwaffe genannt - basiert auf einer Kernspaltung oder Kernfusion. Im Unterschied zu anderen Waffen entsteht die Explosionsenergie nicht durch chemische, sondern kernphysikalische Reaktionen. Energie wird bei der Explosion einer Atombombe in Form von Wärme, einer Druckwelle und radioaktiver Strahlung freigesetzt.

Das passiert bei einer Kernspaltung im Detail: Ein Neutron (ein Baustein des Atoms, das keine elektrische Ladung trägt) trifft auf ein spaltbares Nuklid (Atomsorten) wie etwa das Isotop Uran-235. Ein Isotop ist ein Nuklid mit gleicher Anzahl von Protonen und Elektronen, aber einer unterschiedlichen Anzahl an Neutronen. Ein Uran-235-Kern besteht aus 92 Protonen und 143 Neutronen und ist zunächst stabil. Wenn aber ein weiteres Neutron auf den Kern trifft, spaltet sich das Uran in zwei leichtere Kerne, nämlich in Barium und Krypton auf. Bei dieser Reaktion werden ebenfalls zwei bis drei Neutronen frei, die wiederum neue Urankerne spalten können. Jede Spaltung setzt eine Energie von bis zu 200 Mega-Elektronenvolt (MeV) frei.

Wer hat die Atombombe erfunden?

Als Vater der Atombombe gilt der US-amerikanische Physiker Julius Robert Oppenheimer. Er leitete während des Zweiten Weltkriegs das geheime Manhattan-Projekt der USA. Ziel war es, die ersten Kernwaffen zu entwickeln.

Julius Robert Oppenheimer
© imago images/UIG Julius Robert Oppenheimer

Am 16. Juli 1945 fand der erste Kernwaffentest unter dem Codenamen "Trinity" statt. Am 6. und 9. August 1945 wurden Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki abgeworfen. Die Folgen waren verheerend. hunderttausende Menschen sind ums Leben gekommen. Nach dieser Tragödie verurteilte Oppenheimer den weiteren Einsatz von Nuklearwaffen.

Welche Auswirkungen hat die Strahlung nach der Explosion einer Atombombe?

Nagasaki, Atombomben-Abwurf
© imago images/United Archives Atombombenabwurf auf Nagasaki am 9. August 1945

Lediglich ein kleiner Teil der Energie einer Atombombe wird in Form von radioaktiver Strahlung freigesetzt (15 Prozent), mit rund 85 Prozent der Energie werden laut einer Greenpeace-Studie zur "Auswirkungen einer Atombombe auf Deutschland" eine Druckwelle und Hitzestrahlung erzeugt.

Freigesetzte Energie einer Atombombe
© News.at QUELLE: Studie von Greenpeace: "Auswirkungen einer Atombombe auf Deutschland" (August 2020)

Die Sofortstrahlung besteht hauptsächlich aus Gammastrahlung und wirkt bis zu rund einer Minute - also so lange wie die Kernspaltung stattfindet. Sie nimmt mit zunehmender Entfernung von der Explosion schnell ab. Fallout-Strahlung (Strahlung von radioaktivem Niederschlag) bezeichnet jene Strahlung, die von radioaktiven Partikeln ausgeht, die bei der Explosion einer Kernwaffe auf die Erde fallen. Das sind zum Beispiel Waffenreste, aber auch durch Wind verstreute leichte radioaktive Partikel, die sich später am Boden ablagern. Von der Fallout-Strahlung geht auch lange nach der Explosion noch ein Strahlungsrisiko aus.

Eine Strahlenbelastung der Menschen erfolgt durch:

  • eine externe Strahlenexposition: eine radioaktive Wolke (Atompilz) und radioaktive Partikel, die sich auf dem Boden ablagern
  • eine interne Strahlenexposition: das Einatmen der radioaktiven Stoffe in der Luft und der Verzehr von radioaktiv belasteten Lebensmitteln

Prinzipiell unterscheidet man zwischen Alpha-, Beta- und Gammastrahlung, die in dieser Reihenfolge immer durchdringender werden. Alphastrahlung kann bereits durch Papier abgeschirmt werden, Betastrahlung etwa durch einige Milimeter Glas, Aluminium oder Kunststoff. Gammastrahlung kann teilweise durch Stahl abgehalten werden und durchdringt selbst Granit.

Alle drei Strahlenformen können Zellen verändern und beschädigen - das gilt auch für die in der Zelle enthaltende DNA, in der unser Erbgut enthält. Die gesundheitlichen Folgen der freigesetzten radioaktiven Strahlung sind:

  • akute Strahlenfolgen (deterministische Strahlenschäden): Appetitlosigkeit, Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen, Haarausfall und letztlich Gewichtsverlust
  • Langzeitfolgen (stochastischen Strahlenschäden): Veränderung der Erbanlagen, Erbschäden und Krebserkrankungen

Laut Strahlenschutzratgeber des Innenministeriums ist die Strahlenbelastung bei einer Detonationsstärke von 20 Kilotonnen (entspricht etwa der Hiroshimabombe) in 20 Kilometern Entfernung für Personen, die sich ungeschützt im Freien aufhalten, tödlich. Bei einer Wasserstoffbombe mit 1 Megatonne sind noch in 120 km Entfernung ohne Abschirmung Letaldosiswerte möglich.

Wirkung ionisierender Strahlen bei Kurzzeiteinwirkung (einige Stunden)
mehr als 7 Sv* absolut tödliche Dosis
4,5 Sv 50 % Todesfälle (auch bei Behandlung)
1 - 2 Sv schwere Blutbildveränderung, vereinzelt Todesfälle
500 - 1.000 mSv** merkbare Änderungen im Blutbild, Erholung nach einigen Monaten
200 - 300 mSv kurzzeitige Veränderungen des Blutbildes
*Die Strahlendosis wird meist in Sievert (Sv) angegeben. Die Einheit ist das Maß für die biologischen Wirkungen der radioaktiven Strahlung auf Menschen, Tiere und Pflanzen
** 1.000 mSv (Millisievert) entspricht 1 Sv (Sievert)

QUELLE: Bundesministerium für Inneres, Strahlenschutzratgeber (Stand: April 2007)

Zum Vergleich liegt die durchschnittliche Strahlenexposition der österreichischen Bevölkerung bei rund 4,5 mSv effektive Dosis pro Person und Jahr.

Was ist der Unterschied zu einer Wasserstoffbombe?

Die Wasserstoffbombe, auch H-Bombe, genannt ist eine Weiterentwicklung der Kernwaffentechnik und zählt zu den Nuklearwaffen. Wasserstoffbomben haben eine um ein Vielfaches größere Sprengkraft als Atombomben. Sie funktionieren im Gegensatz zu Atombomben - welche die Kernspaltung nutzen - nach dem Kernfusionsprinzip: Dabei wird Energie durch die Kernverschmelzung der Wasserstoff-Isotope Deuterium und Tritium zu Helium frei.

Wasserstoffbombe
© imago/Sven Ellger Eine Wasserstoffbombe im Militärmuseum Dresden, 2016

Die Fusion kann allerdings nur unter sehr großem Druck und hoher Temperatur (mehr als 100 Millionen Grad) erfolgen. Daher wird bei einer Wasserstoffbombe zuerst eine Atombombe gezündet, die dann die Kernverschmelzung auslöst.

Entwickelt wurde die erste Wasserstoffbombe unter Leitung des ungarisch-amerikanischen Atomphysikers Edward Teller in den USA. Im Jahr 1952 wurde auf einem Atoll im Pazifik die erste Wasserstoffbombe gezündet, wobei ihre Sprengkraft rund 800 Mal so groß war wie die der ersten Atombombe.

Wie groß ist der Radius der Druckwelle bei der Explosion einer Atombombe?

Die Druckwelle und ihr Radius sind abhängig von der Sprengkraft der Atombombe. Laut der Greenpeace-Studie zur "Auswirkungen einer Atombombe" wird rund die Hälfte der Energie einer Atomexplosion als Druckwelle freigesetzt.

Eine tödliche Auswirkung hat eine Druckwelle bei einem Überdruck von 35 Kilo-Pascal. Dieser besteht beispielsweise bei einer Explosion einer 1-Kilotonnen-Atombombe bis zu einem Radius von 700 Metern, bei einer 1-Megatonnen-Atombombe bis zu einem Radius von rund 5 Kilometern. Oft ist eine Druckwelle indirekt Ursache von Todesfällen, wenn etwa Gebäude einstürzen oder Trümmer durch die Luft geschleudert werden.

Atomangriff - was tun? Wie verhält man sich zum Schutz?

Die österreichischen Behörden treffen je nach Ausmaß des radiologischen Notfalls Schutzmaßnahmen - auch im Fall eines Atomangriffes. Generell wird die Bevölkerung über diverse Informationskanäle wie Fernsehen, Teletext, Radio, Printmedien und der Website des Bundesministeriums darüber informiert, wie man sich im Notfall verhalten soll.

Gewarnt werden kann in ganz Österreich im Katastrophenfall auch über Sirenensignale:

Warn- und Alarmsignale im Katastrophenfall:

3 Minuten - gleich bleibender Dauerton: Warnung - Herannahende Gefahr! Schalten Sie ihr Radio- oder Fernsehgerät ein und informieren Sie sich über die weiteren Verhaltensmaßnahmen.

1 Minute - auf- und abschwellender Heulton: Alarm - Gefahr! Suchen Sie schützende Bereiche oder Räumlichkeiten auf. Informieren Sie sich über Radio oder TV, welche Schutzmaßnahmen Sie ergreifen sollen.

1 Minute - gleich bleibender Dauerton: Entwarnung - Ende der Gefahr! Beachten Sie weiterhin die Durchsagen im Radio oder TV, da es vorübergehend bestimmte Einschränkungen im täglichen Lebensablauf geben kann.

Typische Schutzmaßnahmen bei radioaktiven Gefahren sind:

  • Aufenthalt in Gebäuden/Schutzräumen: Der Aufenthalt in Gebäuden schirmt Personen vor allem vor externer Strahlung beim Durchzug der radioaktiven Luftmassen und der am Boden abgelagerten radioaktiven Teilchen effektiv ab. Bei einem direkten Atomangriff empfiehlt das Innenminsterium unbedingt den Aufenthalt in einem Schutzraum, auch zur Abschirmung der Gammastrahlung.
  • Behördliche Maßnahmen: permanente Überwachung Österreichs durch das Strahlenfrühwarnsystem, ein laborgestütztes Messnetz, Einsatz der Strahlenspürer, Ausgabe von Kaliumiodidtabletten, laufende Strahlenüberwachung von Lebensmitteln, Maßnahmen in der Landwirtschaft zum Schutz der Lebensmittel, etc.
  • Persönliche Maßnahmen: Genügend Vorräte (zum Beispiel Lebensmittel und Getränke), Hygienemaßnahmen (Hände, Gesicht und Haare waschen) zur Vermeidung von radioaktiver Kontamination

Wie schützt man sich vor radioaktivem Niederschlag?

Experten empfehlen generell, sich bei Detonationen möglichst in der Mitte eines Gebäudes aufzuhalten, weg von Fenstern, Türen oder beweglichen Gegenständen wie Armaturen oder Fliesen. So kann vermieden werden, dass man von herumfliegenden Bruchstücken oder Trümmern getroffen wird, durch die Explosion geblendet wird oder thermische Verbrennungen erleidet.

Im Idealfall steht ein Schutzraum oder ein Keller zur Verfügung - denn Erde und Beton helfen dabei, die nach der Explosion auftretende radioaktive Strahlung zu blockieren.
In Österreich sind nach einer Schätzung des Innenministeriums aus dem Jahr 2015 rund 2 Millionen Schutzraumplätze vorhanden, viele davon in Privathäusern. Wobei ein Großteil der ausgewiesenen Schutzraumplätze nicht voll funktionsfähig beziehungsweise fertig ausgebaut sind.

Schutzraum in Prag, Fallout
© IMAGO / CTK Photo Ein Fallout-Schutzraum in Prag. Er wurde in der kommunistischen Ära in den 1970er Jahren erbaut und wird heute kommerziell bzw. für Kultur-Events genutzt

Ein Auto bietet keinen ausreichenden Schutz vor der Explosion oder radioaktiver Strahlung. Wenn ein Raketenalarm ertönt, während man unterwegs ist, sucht man demnach am besten im nächstgelegenen Gebäude, Schutzraum oder Keller Schutz. Ein entsprechender Unterschlupf kann die Strahlenbelastung um ein Vielfaches senken.

Um eine radioaktive Kontamination zu vermeiden, sind auch Hygienemaßnahmen wichtig. Wer einem Fallout ausgesetzt war, sollte:

  • seine Kleidung ausziehen
  • sich gut die Hände, das Gesicht und Gesichtshaare waschen oder mit einem feuchten Tuch abwischen - wenn möglich sollte man duschen; eventuell die Augen ausspülen oder die Haare waschen
  • sich die Nase putzen, um eingeatmeten Fallout loszuwerden

Auch nach dem Durchzug der radioaktiv kontaminierten Luftmassen sind adäquate Hygienemaßnahmen wie das regelmäßige Duschen und die gründliche Wäsche von Händen, Haaren und Gesichtsbehaarung.

Beim Verzehr von Lebensmitteln ist darauf zu achten, dass kein Obst oder Gemüse aus dem Freien beziehungsweise Garten konsumiert sind. Abgepackte Lebensmittel, Trinkwasserflaschen und Fertiggerichte sind zu bevorzugen, um eine Kontamination zu verhindern.

Die Behörden informieren laufend über Radio, Fernsehen, Printmedien, Anschläge oder Lautsprecherdurchsagen. Die behördlichen Anordnungen, Verhaltensmaßnahmen und Ratschläge sollten in jedem Fall beachtet werden.

Was bringen Jod-Tabletten?

Kaliumjodid-Tabletten können im Fall eines schweren Kernkraftwerksunfall oder bei einem Angriff mit Atomwaffen zum Einsatz kommen. Allerdings sind sie kein Allheilmittel zum Schutz gegen radioaktive Strahlung.

Die Jod-Tabletten helfen dabei, den Jodspeicher in der Schilddrüse mit unverstrahltem Jod aufzufüllen. Gelangt verstrahltes Jod in den Körper, kann das zu schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen wie etwa einer Krebserkrankung führen. Die Tabletten schützen also vor strahlenbedingtem Schilddrüsenkrebs und bieten keinen umfassenden Schrahlenschutz.

Laut Gesundheitsministerium sollten Personen über 40 Jahre die Kaliumjodid-Tabletten nicht mehr einnehmen, weil ihr Risiko an strahlenbedingtem Schilddrüsenkrebs zu erkranken sehr gering. Das Risiko von schweren Nebenwirkungen durch die Jod-Zufuhr ist hingegen hoch. Unter 18-Jährige, Schwangere und Stillende stellen die wichtigste Zielgruppe dar.

Die Einnahme der Jod-Tabletten sollte nur nach ausdrücklicher Aufforderung durch die Gesundheitsbehörden erfolgen. Selbst im Fall eines schweren grenznahen Reaktorunfall ist die Notwendigkeit der Einnahmen nicht immer unbedingt gegeben, wie das Gesundheitsministerium mitteilt. Die Behörden geben im Notfall bekannt, welche Personen Kaliumiodid-Tabletten erhalten sollen und in welchen Regionen eine Einnahme notwendig ist.

Wie viele Atombomben gibt es?

Nach Angaben des schwedischen Friedensforschungsinstituts "Sipri" (Stand Jänner 2020) gibt es weltweit 13.400 Atomwaffen - verteilt auf diese 9 Staaten: USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea. Insgesamt sind 3.720 der Atomwaffen einsatzbereit.

Welches Land hat die meisten Atomwaffen?

Russland verfügt über 6.375 Sprengköpfe, die USA über 5.800 - beide Staaten zusammen besitzen somit über 90 Prozent der weltweiten Atomwaffen.

Atomwaffen weltweit, Jänner 2020
Staaten Jahr 2020 Jahr 2019
USA 5800 6185
Russland 6375 6500
UK* 215 200
Frankreich 290 300
China 320 290
Indien 150 130–140
Pakistan 160 150–160
Israel 90 80–90
Nordkorea (30–40) (20–30)
Summe 13400 13865
* Die britische Regierung hat 2020 erklärt, dass der Prozess zur Reduzierung des Vorrats auf 180 Sprengköpfe im Gange sei.

Quelle: Sipri (Stockholm International Peace Research Institute) 2020

Atombombe in Hiroshima

Traurige Berühmtheit erlangten die Atombombenabwürfe der USA auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki am 6. August und 9. August 1945 während des Zweiten Weltkrieges. Es waren bisher die einzigen Einsätze von Atomwaffen in einem Krieg.

Der Angriff auf Hiroshima erfolgte in den Morgenstunden des 6. Augusts 1945. Damals warf der B-29 Bomber Enola Gay die Atombombe "Little Boy" ab. Die Sprengkraft der Bombe betrug rund 12.500 Tonnen, die Explosion erfolgte in circa 600 Metern Höhe. Über 70.000 Häuser der Stadt wurden zerstört oder schwer getroffen, 70.000 bis 80.000 Menschen sind sofort ums Leben gekommen. Bis 1946 sind Schätzungen zufolge zwischen 90.000 bis 166.000 Menschen an den Spätfolgen gestorben.

Die gesundheitlichen Langzeitfolgen der radioaktiven Strahlung - etwa in Form von Krebserkrankungen - waren auch Jahrzehnte nach dem Abwurf noch zu spüren.