Der nette Blaue von nebenan:
Wer ist eigentlich Norbert Hofer?

Er folgte nach Ibiza auf Strache, trat aber nach zwei Jahren als Parteichef zurück

Die FPÖ steht nach zwei Jahren wieder ohne Parteichef da. Norbert Hofer, der nach dem Ibiza-bedingten Aus von Heinz-Christian Strache die am Boden liegende Partei übernommen hatte, schmiss nach einem offen ausgetragenen Konflikt mit Klubobmann Herbert Kickl hin. Ob der als "verbindliche Blaue" geltende Hofer damit auch seine wiederholt geäußerten Ambitionen auf eine neuerliche Bundespräsidentschaftskandidatur begräbt, ist offen. Dritter Nationalratspräsident will er bleiben.

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Porträt - Der nette Blaue von nebenan:
Wer ist eigentlich Norbert Hofer?
  • Name: Norbert Hofer
  • Geboren: 2. März 1971 in Vorau
  • Größe: 1,80 Meter
  • Wohnhaft in: Pinkafeld
  • Familienstand: in zweiter Ehe verheiratet mit Verena Hofer
  • Kinder: Anna-Sophie (aus zweiter Ehe), Vivien, Yanik und Jeremine (aus erster Ehe)
  • Ausbildung: gelernter Flugzeugtechniker

Hofer, der sich auch gerne selbst als "das freundliche Gesicht der FPÖ" bezeichnete, galt stets als loyaler Parteiarbeiter, der seinen Platz dort fand, wo ihm die Partei diesen zuwies. So fügte sich der gelernte Flugzeugtechniker auch dem Wunsch Straches, 2016 als Spitzenkandidat in die Bundespräsidentschaftswahl zu gehen, bei der er zu Überraschung vieler die größten blauen Stimmengewinne aller Zeiten einfuhr. Nach klarem Sieg in Runde eins folgte das epische Stichwahl-Duell gegen Alexander Van der Bellen, der ihm im dritten Anlauf doch noch den Weg in die Präsidentschaftskanzlei versperrte.

Freundlicher Stil

Um den freundlichen Stil bemühte sich Hofer auch stets in seiner Rolle als Dritter Nationalratspräsident - was ihm Anerkennung auch über die Parteigrenzen hinweg einbrachte, obwohl der Fan des umstrittenen Malers Odin Wiesinger einer der Chefideologen der FPÖ und keinesfalls deren liberalerem Lager zuzuordnen ist. Auch pflegt Hofer Verbindungen zu konservativen Kreisen wie dem elitären St. Georgs-Orden, bei dem er Ehrenritter ist. Bei der Schülerverbindung Marko-Germania zu Pinkafeld ist er Ehrenmitglied.

Logischer Nachfolger Straches

Nach dem Ibiza-bedingten Aus Straches war das Hofer als "seriöses Gesicht der FPÖ" der logische Nachfolger. Er selbst bezeichnet sich oft gerne als jener Mann, der in der FPÖ dann zum Einsatz kommt, "wenn es schwierig wird". Zwei Tage nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos und einen Tag nach dem Rücktritt Straches wurde Hofer vom Parteipräsidium am 19. Mai 2019 als neuer Parteichef designiert. Beim seiner dann im September erfolgten offizielle Wahl am Parteitag in Graz erreicht Hofer satte 98,25 Prozent der Delegiertenstimmen.

Lange freundlich im Konflikt mit Kickl

Freundlich blieb Hofer auch lange, was den Konflikt mit Herbert Kickl betraf. Zwar gab es auch bereits unmittelbar nach Straches Aus bereits Gerüchte, dass neben Hofer auch andere - darunter der nunmehrige Klubobmann - Interesse am Obmann-Job haben könnten. Nach Hofers Designierung und der folgenden Konsolidierung der Partei nach dem Ibiza-Desaster wurde es dann aber um die Führungsfrage ruhiger, auch wenn bei Wahlkampfauftritten oft klar wurde, dass Kickl und nicht Hofers rhetorisches Talent die Parteigänger fesseln konnte.

Das Fass lief über

Dass Kickl dann ausgerechnet während eines Rehabilitations-Aufenthalts seines Parteichefs weiter an dessen Stuhl sägte - und das auch noch öffentlich - brachte das Fass für Hofer wohl zum Überlaufen. Erstmals hatte der blaue Klubobmann schon im Februar die Obmannschaft als "reizvolle Überlegung" bezeichnet. Mitte Mai erklärte er dann, er würde als FPÖ-Spitzenkandidat bei einer Nationalratswahl zur Verfügung stehen, um Hofer nur kurz darauf auszurichten, dass dieser bei einer etwaigen Anklage im Zuge der Asfinag-Causa als Dritter Nationalratspräsident zurücktreten müsste. Auch inhaltlich ging der Zweikampf weiter, Hofer lehnte eine von Kickl ins Spiel gebrachte Zusammenarbeit mit SPÖ, Grünen und NEOS gegen die ÖVP dezidiert ab.

Schlussendlich kam es Ende Mai dann auch zum verbalen Showdown: "Wenn die Katze aus dem Haus ist, feiern die Mäuse Kirtag", meinte Hofer zu Kickls Ambitionen. "Mir fällt dann immer Tom& Jerry ein - und das ist für die Katze wenig schmeichelhaft", konterte Kickl. Hofers Abgang kam dennoch überraschend.

Jahr Funktion
1995 Stadtparteiobmann von Eisenstadt
1996 Landesparteisekretär im Burgenland
1997 Gemeinderat in Eisenstadt
2005 stellvertretender Bundesparteiobmann
2006 - 2017 Nationalratsabgeordneter und FPÖ-Behindertensprecher
2013 - 2017 Dritter Nationalratspräsident
2017 - 2019 Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
seit 2019 designierter Bundesparteiobmann


Rücktritt als Parteichef

Am 1. Juni 2021 verkündete er schließlich, das Amt als Bundesparteiobmann niederzulegen. „Die Zeit nach Ibiza war nicht einfach. Es war eine schwierige Aufgabe, die Partei nach dem plötzlichen Ende der erfolgreichen schwarz-blauen Koalition wieder aufzubauen. In den letzten Monaten ist es gelungen, die Partei wieder zu stabilisieren. Damit habe ich die Partei soweit aufgestellt, damit sie auch in den nächsten Jahren Erfolg haben kann. Meine eigene Reise an der Spitze der FPÖ ist aber mit dem heutigen Tag zu Ende. Ich wünsche meiner Nachfolgerin/meinem Nachfolger in dieser Funktion viel Erfolg für die Zukunft", so Hofer zum Abschied.

Schwerer Verlust in jungen Jahren

Norbert Hofer wurde am 2. März 1971 in der kleinen steirischen Marktgemeinde Vorau geboren. Aufgewachsen ist er zusammen mit seinen drei Geschwistern im burgenländischen Pinkafeld. Schon in jungen Jahren musste Hofer einen schweren Schlag hinnehmen: Im Alter von 16 Jahren verstarb seine Schwester an Krebs. Hofer selbst fröhnte dem Sport des Paragleitens. Hier kam es 2003 zu jeinem Unfall, der ihn an den Rollstuhl zu fesseln drohte. In Stubengerg am See stürzte Hofer aus mehreren Metern Höhe ab. In einer mehrmonatigen Rehabilitation kämpfte er gegen erfolgreich gegen die unfallbedingten Lähmungserscheinungen an. Seitdem ist er auf einen Gehstock angewiesen.

Das politische Engagement scheint Norbert Hofer in die Wiege gelegt worden zu sein. Vater Gerwald Julius, Direktor der Pinkafelder E-Werke, war lange Zeit für die ÖVP aktiv. Später kandidierte er als Parteifreier für die FPÖ, ehe er die Funktion des FPÖ-Gemeinderats übernahm. In die Fußstapfen des Vaters trat der spätere FPÖ-Minister aber nicht nur in politischer Hinsicht. Nach seiner Matura an der Höheren Technischen Lehranstalt Eisenstadt in der Fachabteilung Flugtechnik arbeitete er vorerst als Einrichtungsberater und technischer Zeichner bei den Pinkafelder E-Werken.

Von der Flugzeugtechnik in die Politik

Von 1991 bis 1994 war Hofer als Flugtechniker und Vertragsverhandler bei Lauda Air tätig, bis er schließlich einen neuen Berufsweg einschlug: 1999 absolverte er eine Ausbildung zum Komunikations- und Verhaltenstrainer. Ein Jahr später legte er die Dienstprüfung für den Höheren Rechnungs- und Verwaltungsdienst für Beamte ab. Bereits 1994 war Hofer Mitglied des FPÖ-Landesparteivorstandes. Als sich im Jahr 2005 das BZÖ von der FPÖ abspaltete, blieb Hofer seiner Partei treu. Noch im selben Jahr wurde er einer der Stellvertreter des neuen Bundesparteiobmanns Heinz-Christian Strache.

2006 zog Hofer in den Nationalrat ein. 2013 löste er den Burschenschafter Martin Graf als freiheitlichen Nationalratspräsidenten ab. 2017 wurde er erneut zum Dritten Nationalratspräsidenten gewählt. Diesmal ging er als stimmstärkster Kandidat hervor. Nicht ganz so viel Erfolg wurde ihm bei der Bundespräsidentenwahl im Dezember 2016 zuteil. Dabei wollte er ursprünglich gar nicht antreten. Vielmehr wurde er von seinen Parteifreunden zur Kandidatur genötigt, bei der er plötzlich eine Seite, die man vormals an ihm nicht kannte, zeigte: In den TV-Duellen zeigte sich der sonst so sanftmütige Politiker ausgesprochen angrifflustig. Für Irritation sorgte er mit der Aussage: "Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist!".

Hofers unbekannte raue Seite

Seinen Kampfgeist demonstrierte der Präsidentschaftskandidat auch, als er aus der Stichwahl als Verlierer hervorging. Die Wahl wurde angefochten. Wegen formaler Mängel bei der Auszählung der Briefwahlstimmen. Doch ohne Erfolg. Auch bei der Wahlwiederholung musste sich Hofer gegen seinen Kontrahenten Alexander Van der Bellen geschlagen geben. Ein anderer Weg sollte vorerst für ihn bestimmt sein. So trat er im Dezember 2017 das Amt des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie in der Bundesregierung Sebastian Kurz an.

Als Infrastrukturminister machte Hofer mit seinem Plan, Tempo 140 auf zwei Drittel der österreichischen Autobahnen einzuführen, einem vom Verkehrsministerium beauftragten Expertengremium, das sich für die Absenkung der Höchsggeschwindigkaut auf 100 km/h aussprach, einen Strich durch die Rechnung. Auch sein Pilotprojekt "Rechtsabbiegen bei Rot" stieß nicht allerorts auf Zuspruch. Nachdem die Freiheitlichen nach der Entlassung von Innenminister Herbert Kickl - Stichwort "Ibiza-Video" - geschlossen ihre Regierungsämter zurücklegten, war auch Hofer nicht mehr länger Infrastrukturminister. Dafür trat er als FPÖ-Chef in Straches Fußstapfen.

FPÖ-Chefideologe und Familienvater

Inhaltlich galt Hofer laut APA als einer der Chefideologen der FPÖ. Die Neuerstellung des Parteiprogramms 2011 passierte unter seiner Verantwortung. Hofer gilt als EU-Skeptiker und vertritt in der Flüchtlingspolitik einen äußerst restriktiven Kurs. Er umgibt sich mit schlagenden Burschenschaften, ist Ehrenmitglied der umstrittenen Schülerverbindung Marko-Germania Pinkafeld, betont selbst jedoch stets, kein Sympathisant rechtsextremer Ideologie zu sein.

Privates

Norbert Hofer ist mit Verena Hofer verheiratet. Er ist Vater von einem Sohn und drei Töchtern, deren jüngste, Anna-Sophie, aus seiner zweiten Ehe hervorging. Zusammen mit Frau Verena und Tochter Anna-Sophie lebt der Politiker und Familienvater in einem Haus in seiner Heimatgemeinde Pinkafeld im Burgenland.

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