Wer ist Michael Ludwig?

"Ungerechte Lebensumstände" waren die Initialzündung für Michael Ludwig um politisch aktiv zu werden.

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Michael Ludwig © Bild: APA/GEORG HOCHMUTH

Steckbrief

  • Name: Michael Ludwig
  • Geboren: 3. April 1961 in Wien
  • Wohnort: Wien Floridsdorf
  • Ausbildung: Abgeschlossenes Doktoratsstudium der Politikwissenschaft und Geschichte an der Universität Wien
  • Aktuelle Position: seit 24. Mai 2018 Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien
  • Familienstand: verheiratet
  • Hobbys: Lesen, Kunst und Kultur, Laufen

Michael Ludwig folgte 2018 auf Langzeit-Bürgermeister und Namensvetter Michael Häupl. Die Corona-Pandemie und der Streit um den Lobautunnel haben es Ludwig in den vergangenen Jahren nicht leicht gemacht. Auch wenn er die Wien-Wahl im Oktober 2020 klar für sich verbuchen konnte: Die "SPÖ - Bürgermeister Dr. Michael Ludwig" schaffte es auf insgesamt 41,62 Prozent (46 Mandate im Gemeinderat).

© Matt Observe

Keine Angst vor Kritik

Dass seine Entscheidungen nicht immer auf Gegenliebe stoßen - so legte er sich mit der Coronapolitik der Bundesregierung an und will in Sachen Lobautunnel hart bleiben -, stört den Wiener Bürgermeister dabei nicht wirklich.

»Meiner Meinung nach ist es besser, wenn man die Bevölkerung durchgehend an strengere Maßnahmen gewöhnt«

In einem Interview mit News vom September 2021 sagte er zur Corona-Situation: "Ich habe schon vor der Sommerpause darauf hingewiesen, dass der Herbst schwierig wird und wir in Wien bei einer sicheren Linie bleiben. Das war leider österreichweit nicht möglich, weil die Bundesregierung das anders eingeschätzt hat. Meiner Meinung nach ist es besser, wenn man die Bevölkerung durchgehend an strengere Maßnahmen gewöhnt, damit nicht im Herbst schwerwiegende Eingriffe nötig sind".

Und auch Kritikern des Lobautunnels und der Stadtstraße tritt er klar entgegen: Die Aktion von Klimaschützern, die zwei Baustellen besetzt haben, hält er für eine "romantische oder nostalgische Erinnerung an die Gründungsphase der Grünen", die heute keine inhaltliche Begründung mehr habe. Die Stadtstraße sei notwendig, um Tausende zusätzliche Wohnungen zu bauen. "Ich kenne viele junge Menschen, die eine Wohnung für den Start in einen neuen Lebensabschnitt suchen. Die Alternative wäre, dass die Wohnungen und Arbeitsplätze im Umfeld von Wien entstehen würden, mit sicherlich größeren CO2-Emissionen und mehr versiegelten Grünflächen", teilte Ludwig mit.

Seine Karriere

Dass Michael Ludwig ganz oben auf der kommunalen Karriereleiter steht, hat vor allem mit der Entscheidung der Delegierten am SPÖ-Sonderparteitag 2018 zu tun. Der damalige Wohnbaustadtrat wurde zum Häupl-Nachfolger gekürt. Er konnte sich relativ klar gegen seinen Kontrahenten Andreas Schieder durchsetzen. Ambitionen auf den Chefposten waren ihm schon länger nachgesagt worden. Und er war auch der erste, der seine Kandidatur öffentlich kundtat.

In die Stadtregierung kam er im Jänner 2007. Der am 3. April 1961 geborene Wiener übernahm damals den Stadtratsposten für Wohnen und Stadterneuerung vom späteren Kanzler Werner Faymann, der als Infrastrukturminister in den Bund ging. Im März 2009 stieg er zudem zum Vizebürgermeister auf. Die Freude darüber währte jedoch nicht lange: Ludwig musste den Titel bei der Erstauflage von Rot-Grün im Jahr 2010 an Neo-Stadträtin Maria Vassilakou (Grüne) abtreten.

Der stets freundlich und konziliant wirkende Ressortchef propagierte Smart-Wohnungen - die kleiner und anders aufgeteilt sind als "normale" Wohnungen - und setzte unter anderem auf Law-and-Order: Die Hausordnung wurde in den städtischen Wohneinheiten flächendeckend affichiert. 2015 wurde auch der Zugang zum städtisch subventionierten Wohnbau von ihm verschärft. Seither gilt: Je länger man in Wien hauptgemeldet ist, desto weiter rückt man auf der Warteliste nach vorne.

© APA/HARALD SCHNEIDER

Diese Regelung war ein weiterer Mosaikstein in jenem Ludwig-Bild, das Kritiker - auch aus der eigenen Partei - gerne verbreiteten. Welches da lautet: Der Stadtrat wolle, so sagen sie, jenes Klientel bedienen, das sich auch für Parolen der FPÖ erwärmen könne. Dementsprechend galt er zumindest lange Zeit als Proponent des eher rechten Flügels in der Partei.

Gesprächsbasis mit den Blauen

Dass die Gesprächsbasis mit den Blauen gut war, zeigte sich auch an der großen Zustimmung bei der Stadtrats-Wahl nach dem Urnengang 2015. Er erhielt bei der konstituierenden Sitzung des Gemeinderats deutlich mehr als alle anderen Ressortchefs. Konkret waren es 81 von 98 gültigen Stimmen. Ludwig wurde also auch von FPÖ-Mandataren unterstützt. Die Zuneigung, so sie jemals bestanden hat, ist aber längst Geschichte: Die türkis-blaue Koalition im Bund mutierte zum Lieblingsfeind der Stadtregierung, beide Seiten schenkten sich wenig. Zudem hat Ludwig eine Regierungszusammenarbeit mit den Freiheitlichen wiederholt ausgeschlossen.

In Porträts des Ressortchefs, der auch Bezirksparteiobmann in Floridsdorf ist, fehlt ein Begriff quasi nie: Flächenbezirke. Dort, so heißt es, sitzen seine wichtigsten Unterstützer. Beim Auseinanderdriften der Lager in der Wiener SPÖ galt Ludwig als Schlüsselfigur. Er mutierte zum Gegenspieler und Kontrahenten von Bürgermeister Häupl, ohne diesen je direkt zum Abdanken aufzufordern. Dafür waren andere zuständig: Der ehemalige Wiener SPÖ-Landesparteisekretär und nunmehrige SP-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch - ein enger Vertrauter nicht nur von Ludwig, sondern auch von Ex-Kanzler Faymann - war einer der ersten, der Häupl nahelegte, doch beizeiten seine Nachfolge zu regeln.

Schwerpunkte vorrangig im Kulturbereich

Vor seinem Stadtratsamt setzte Ludwig seine Schwerpunkte vorrangig im Kulturbereich, wobei seine politische Laufbahn relativ spät begann. 1994 wurde er zum Bezirksrat in Floridsdorf gewählt, 1996 zog er in den Bundesrat ein, wo er drei Jahre blieb. Im Gemeinderat übernahm Ludwig den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden des Kulturausschusses.

© APA/GUENTER R. ARTINGER Michael Ludwig 2007

Für diese Aufgabe hatte er in seinem Hauptberuf Erfahrung sammeln können. Der studierte Politologe und Historiker ist Vorsitzender des Verbandes Wiener Volksbildung und damit Chef der traditionsreichen Volkshochschulen im Roten Wien. Ludwig war als Kurs- und Projektleiter in der Erwachsenenbildung tätig, bevor er 1986 zum pädagogischen Leiter einer Volkshochschule avancierte. Daneben war er von 1991 bis 2007 Landesstellenleiter in der politischen Akademie der SPÖ, dem Dr. Karl-Renner-Institut.

Nach seiner Kür zum Parteichef setzte er noch vor seiner Wahl zum Bürgermeister im Mai 2018 Akzente: Aufsehen erregte die Einführung eines Alkoholverbots am Praterstern. Die Verbannung der Trinker-Szene am "Stern" sorgte für einige Debatten und für Kritik von den Grünen. Aber auch ein Teil der eigenen Genossen fühlte sich ordentlich überrumpelt.

Aus dem Schatten von Michael Häupl

Inzwischen haben sich die Wogen aber geglättet. Sein großteils neues Stadtregierungs-Team wurde auch in der Partei mit Wohlwollen aufgenommen. Kritik am Chef ist so gut wie nicht zu vernehmen. Wobei Ausnahmen die Regel bestätigen: Als Ludwig im Herbst 2018 der damals designierten Bundesparteichefin der SPÖ, Pamela Rendi-Wagner, nahelegte, zum Parteivorsitz nicht auch noch den Klubsitz zu übernehmen, da dies eine "starke persönliche Belastung" darstelle, war er mit teils erbosten Reaktionen konfrontiert.

Michael Ludwig ist relativ rasch aus dem Schatten seines Vorgänger getreten. Dass der neue Mann an der Spitze trotzdem gelegentlich als "Bürgermeister Michael Häupl" begrüßt wird, liegt wohl auch am gemeinsamen Vornamen.

Als politisches Vorbild nennt er Bruno Kreisky, musikalisch ist er Fan vom Ostbahn-Kurti und den Wiener Symphonikern. Auch beim Lieblingsgetränk zeigt er sich lokalpatriotisch: Wiener Wasser.

Privates Glück und eine Ehe auf Augenhöhe

Michael Ludwig und Irmtraud Rossgatterer
© APA/CHRISTIAN JOBST Am 31. August 2018 gaben sich Michael Ludwig und Irmtraud Rossgatterer das Jawort.

Nicht nur beruflich läuft es für Ludwig rund, auch privat hat er sein Glück gefunden: Am 31. August 2018 heiratete er im Roten Salon des Rathauses seine langjährige Lebensgefährtin Irmtraud Rossgatterer. Seine Frau ist studierte Betriebswirtin und in Oberösterreich geboren. Laut ihren Angaben führen die beiden eine moderne Beziehung auf Augenhöhe, wie sie 2020 in einem Interview mit dem Magazin "Trend" verriet. Darum lässt auch ihr Nachname nicht darauf schließen, dass sie die Frau des Bürgermeisters ist: "Für mich ist der Geburtsname eines Menschen auch Ausdruck der Individualität und Identität", sagte sie.

Entscheidungen würden sie gemeinsam treffen. Kennengelernt hat sich das Ehepaar auf einem Flug. Weil ihm seine zukünftige Frau so imponiert hat, schenkte er ihr das Buch "Mehr Mut als Kleider im Gepäck". Eine Geschichte über mutige und einzigartige Frauen Ende des 19. Jahrhunderts, die auf Entdeckungsreise um die Welt gingen. Im Buch beigelegt war ein handgeschriebener Brief. "Ich habe mich sehr wertgeschätzt und geehrt gefühlt", erzählte Rossgatterer.

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