Grasser: "Bin aus
allen Wolken gefallen"

Im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ging es in den 52. Verhandlungstag.

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Prozess-Tag 52 - Grasser: "Bin aus
allen Wolken gefallen"

Im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser rund um die Buwog-Privatisierung hat heute der angeklagte Schweizer Vermögensverwalter Norbert Wicki seine Sicht der Finanztransaktionen rund um zwei Briefkastengesellschaften - Mandarin und Catherine Participation - abgegeben. Wicki sieht sich als Opfer von Walter Meischberger und Grasser und sagte, er sei "stinksauer".

Wicki weist alle Vorwürfe von sich

Wicki ist wegen Geldwäsche und Beweismittelfälschung angeklagt, er weist die Anklagevorwürfe zurück. Auf die Frage von Richterin Marion Hohenecker, ob er Meischberger als Ausgangspunkt allen Übels sehe, das ihn getroffen habe, bejahte er. Kurz darauf ergänzte er, schuld sei auch Grasser, denn dieser habe ihm schließlich Meischberger vorgestellt.

Auf dem Konto der Briefkastengesellschaft Mandarin bei der Raiffeisen Bank Liechtenstein liefen zahlreiche Transaktionen ab: Geld von einem der Liechtenstein-Konten, auf denen die Buwog-Provision lag, wurde überwiesen, das "Schwiegermuttergeld" Grassers wurde von der Meinl Bank auf das Mandarin-Konto transferiert, und es gab Bareinzahlungen von rund 950.000 Euro. Weiters wurden Wertpapiere gekauft, darunter Meinl International Power-Aktien. Als Wirtschaftlich Berechtigte des Kontos gegenüber der Bank war Wickis betagte Mutter angegeben, die ein größeres Erbe erwartete - das aber nie eintraf.

Ex-Vermögensverwalter von Grasser-Schwiegermutter

Wicki war der langjährige Vermögensverwalter von Grassers Schwiegermutter, Marina Giori-Lhota, und seiner Ehefrau Fiona aus der Swarovski-Familie. Grasser habe ihm Meischberger avisiert, dieser habe dann mit ihm einen Kreditvertrag und einen Securities Lending Vertrag vereinbart. 500.000 Euro aus der Buwog-Provision flossen von einem Buwog-Liechtenstein-Konto auf das Mandarin-Konto in Liechtenstein, dort wurden nach einigen Monaten mit dem Geld MIP-Aktien gekauft. Meischberger habe dann das Stimmrecht zugunsten seines Freundes Grasser ausüben wollen, ein eigens dafür aufgesetzter Securities Lending Vertrag sei aber nicht umgesetzt worden, sagte Wicki. Grasser habe von all dem nichts gewusst, sagten Meischberger und Wicki heute.

Grasser "aus allen Wolken gefallen"

Auch Grasser gab an, er sei "aus allen Wolken gefallen", als er im Herbst 2009 zunächst von Meischberger und dann von Wicki erfahren habe, dass am Mandarin-Konto er selber die Schwiegermutter-Geld-Überweisung, Wicki Bargeldeinzahlungen und Meischberger Aktienkäufe getätigt hatten. Als er erfahren habe, dass das Mandarin-Konto nicht für 20, 30 Kunden treuhändisch genutzt wurde, sondern nur für Meischberger, Wicki und ihn, sei er "das dritte Mal aus allen Wolken gefallen".

Laut dem beim früheren Meischberger-Anwalt Gerald Toifl beschlagnahmten Leistungsverzeichnis gab es im Herbst 2009, als die Causa um die Buwog-Millionenprovision erstmals öffentlich wurde, mehrere Telefonate mit Wicki und Grasser. Bei einem Treffen mit Grasser am 3. Dezember 2009 sei er empört gewesen, da er wegen Meischberger und Grasser eine hohe Steuerzahlung erwartete, sagte Wicki, obwohl er seine Einkünfte bereits in der Schweiz korrekt versteuert habe. Das Mandarin-Konto sei bis heute gesperrt, empörte sich der Vermögensverwalter.

Richterin fand neue Ungereimtheiten

Im Laufe der heutigen Verhandlung zeigte sich wieder die genaue Aktenkenntnis von Richterin Marion Hohenecker, die etwa in einem mutmaßlichen Schreiben Meischbergers an Wicki auf eine Schweizer Schreibweise hinwies - ohne scharfes S . Daraufhin zeigte Meischberger ihr ein zweites Schreiben an Wicki, in dem er ebenfalls "Grüsse" - also ohne scharfes S - geschrieben hatte. Die Richterin fand in dem Schreiben prompt neue Ungereimtheiten: So gab Meischberger damals an, er habe Wicki durch seinen Bankberater kennengelernt - während Wicki selber sagte, es sei über Grasser gewesen.

Der Prozess wird morgen, Donnerstag, fortgesetzt.

Der Prozessverlauf im Überblick

1. Verhandlungstag: Rundumschlag der Verteidiger
2. Verhandlungstag: Republik will 9,8 Millionen Euro zurück
3. Verhandlungstag: Plädoyer von Grasser-Anwalt Wess
4. Verhandlungstag: Hochegger belastet Grasser massiv
5. Verhandlungstag: Grasser äußert sich zu Hocheggers Teilgeständnis
6. Verhandlungstag: Hochegger: "War Teil dieses Systems"
7. Verhandlungstag: Hochegger-"Scheinrechnungen" & "Briefkastenfirmen"
8. Verhandlungstag: "Ohne Karl-Heinz hätten wir das nicht geschafft"
9. Verhandlungstag: "Peter, wir gewinnen das"
10. Verhandlungstag: Die Freimaurer-Spur
11. Verhandlungstag: Petrikovics entlastet Grasser
12. Verhandlungstag: "Geheimagent" Hochegger
14. Verhandlungstag: Petrikovics verteidigt Geheimhaltung der Provision
15. Verhandlungstag: "Die Kärntner Wohnungen wollte keiner"
16. Verhandlungstag: Starzer: "Das ist alles erlogen"
17. Verhandlungstag: "Das darf man nicht mal im Kino"
18. Verhandlungstag: Thornton: "Ich war schlicht ein Bote"
19. Verhandlungstag: "Enttäuscht und belogen"
20. Verhandlungstag: Thornton scheidet aus Verfahren aus
21. Verhandlungstag: Zahlung an Meischberger auf Weisung
22. Verhandlungstag: Meischbergers Leistung im Fokus
23. Verhandlungstag: Kurzer Verhandlungstag zu Bestechungsverdacht
24. Verhandlungstag: 200.000 € waren "kein Schmiergeld"
25. Verhandlungstag: Die Schöffen werden immer weniger
26. Verhandlungstag: Vom "Lustsog" zur Übersiedlung ins Linzer Hochhaus
27. Verhandlungstag: Befragung um Rechnung dreht sich im Kreis
28. Verhandlungstag: Erkrankter Makler Plech rückt in den Fokus
29. Verhandlungstag: Zweitangeklagter Meischberger teilt aus
30. Verhandlungstag: Meischberger: Haider auf Grasser "eifersüchtig"
31. Verhandlungstag: Meischberger auf den Spuren der Logik
32. Verhandlungstag: Meischberger: Geld reiste rund um den Globus
34. Verhandlungstag: Meischberger rätselt über Liechtenstein-Konten
35. Verhandlungstag: Meischberger: Grasser drehte durch
36. Verhandlungstag: Meischberger beschreibt Zerwürfnis mit Grasser
37. Verhandlungstag: Lauschangriff der Justiz verärgert Meischberger
38. Verhandlungstag: "Fest den Schüssel schützen"
39. Verhandlungstag: Meischberger am 10. Tag in Folge am Wort
40. Verhandlungstag: Meischberger ungewohnt schweigsam
41. Verhandlungstag: Liebeserklärung im Gerichtsprozess
42. Verhandlungstag: Grassers erste Einvernahme
43. Verhandlungstag: Grasser steht weiter Rede und Antwort
44. Verhandlungstag: Drei (Schwieger-) Mütter und viele Konten
45. Verhandlungstag: Ex-Minister zeigt Grüne und Journalistin an
46. Verhandlungstag: Grasser: "Für mich war es eine Katastrophe"
47. Verhandlungstag: Grasser: "Beruf ist Beruf, privat ist privat"
48. Verhandlungstag: Das "Comeback" des Karl-Heinz Grasser
49. Verhandlungstag: "Science Fiction"
50. Verhandlungstag: Grasser hüllt sich in Schweigen
51. Verhandlungstag: Grasser-Befragung geht in die Endrunde

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