Volksanwaltschaft Österreich: Zuständigkeit, Kosten, Beschwerde einreichen

Die Volksanwaltschaft hilft Menschen in Österreich bei Problemen mit Behörden - und das kostenlos. Außerdem kontrolliert sie die Einhaltung der Menschenrechte. An die Volksanwaltschaft kann sich jede und jeder wenden, der oder die sich ungerecht behandelt fühlt. Die drei Volksanwälte werden im Nationalrat gewählt und agieren unabhängig. Derzeit sind Gaby Schwarz, Bernhard Achitz und Walter Rosenkranz im Amt.

von
THEMEN:
Volksanwaltschaft Wien © Bild: Elke Mayr

Inhaltsverzeichnis

Aufgaben: Wofür ist die Volksanwaltschaft zuständig?

Die Volksanwaltschaft Österreich hilft Menschen kostenlos bei Problemen mit Behörden, wenn diese sich ungerecht behandelt fühlen und auch alle Rechtsmittel ausgeschöpft haben. Die Volksanwaltschaft kontrolliert zudem auf Grundlage der Verfassung die öffentliche Verwaltung und ist so etwas wie der "parlamentarische Ombudsrat". Sie hat darauf zu achten, dass alle Menschen von der Verwaltung gerecht behandelt werden. Seit 2012 kontrolliert sie auch die Einhaltung der Menschenrechte in Österreich.

Die Volksanwaltschaft existiert seit 1977 und ist seit 1981 in der Verfassung verankert.

Wann kann man sich an die Volksanwaltschaft wenden?

Man kann sich als Bürger:in an die Volksanwaltschaft wenden, wenn man Probleme mit einer Behörde hat und sich von dieser ungerecht behandelt fühlt. Die Volksanwaltschaft geht diesen Beschwerden nach und prüft, ob tatsächlich Missstände in der Verwaltung vorliegen.

Nicht zuständig ist die Volksanwaltschaft hingegen, wenn es sich um Streitigkeiten zwischen Privatpersonen oder Probleme mit einem Unternehmen handelt. Sie überprüft auch keine Gerichtsurteile oder -beschlüsse.

Beschwerdeverfahren und Befugnisse

Eine eingegangene Beschwerde wird von der Volkanwaltschaft zunächst geprüft. Fällt die Beschwerde unter die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft, konfrontiert diese die betroffene Behörde mit den Vorwürfen und fordert sie zu einer Stellungnahme auf.

Die Volksanwaltschaft darf Einsicht in alle Akten nehmen. Weiters ist sie befugt, Zeugen einzuvernehmen und Sachverständige zu bestellen. Die Behörden sind dazu verpflichtet, die Volksanwaltschaft bei ihrer Arbeit unterstützen.

Wird nach eingehender Prüfung ein Missstand festgestellt, so gibt die Volksanwaltschaft eine Handlungsempfehlung an die betroffene Behörde ab, die daraufhin acht Wochen Zeit hat, diese Empfehlung umzusetzen - oder zu argumentieren, warum sie dies nicht tut. Wird der Missstand korrigiert, ist das Verfahren damit zu Ende.

Hat die Behörde laut Gesetz richtig gehandelt, wird die Beschwerde abgewiesen und die Volksanwaltschaft versucht, bestehende Missverständnisse zu beseitigen.

Werden Missstände festgestellt, sind diese öffentlich in den Berichten der Volksanwaltschaft an Nationalrat, Bundesrat bzw. die jeweiligen Landtage einzusehen.

Wie kann ich mich an die Volksanwaltschaft wenden?

Eine Beschwerde über eine Behörde kann formlos bei der Volksanwaltschaft eingereicht werden. Zu erreichen ist diese über folgende Möglichkeiten:

Wichtig ist es, eine Beschwerde so konkret wie möglich zu formulieren und sie muss folgende Angaben enthalten:

  • Wer beschwert sich? (mit genauen Angaben: Name, Telefon, Adresse)
  • Was ist passiert?
  • Um welche Behörde handelt es sich?
Volksanwaltschaft Wien
© Elke Mayr Die Volksanwaltschaft befindet sich in der Singerstraße im 15. Wiener Bezirk

Wer darf sich bei der Volksanwaltschaft beschweren?

Alle Menschen unabhängig ihres Alters, ihrer Nationalität oder Herkunft können sich an die Volksanwaltschaft in Österreich wenden. Ebenso Unternehmen, Unternehmer:innen oder Vereine. Auch im Namen anderer kann man mithilfe einer Vollmacht eine Beschwerde einreichen.

Wie viel kostet der Gang zur Volksanwaltschaft?

Die Volksanwaltschaft ist für Bürger:innen, die sich über eine Behörde beschweren wollen, kostenlos.

Über welche Behörden kann man sich beschweren?

Beschwerden über österreichische Behörden und die Verwaltung können sich beispielsweise beziehen auf:

  • Versicherungsträger (Kranken, Pension, Unfall)
  • das Arbeitsmarktservice
  • Finanzämter
  • Polizei
  • Justizverwaltung
  • Strafvollzug
  • Schulbehörden
  • Universitäten
  • Jugendamt
  • Gewerbebehörden

Wie heißen die drei österreichischen Volksanwälte?

Die drei Mitglieder der Volksanwaltschaft werden von den drei mandatsstärksten Parteien des Nationalrats vorgeschlagen und im Nationalrat gewählt. Sie werden für sechs Jahre gewählt und können für eine zweite Periode wiedergewählt werden. Der Vorsitz der Volksanwaltschaft wechselt jedes Jahr Ende Juni. Die Volksanwälte agieren unabhängig.

Volksanwälte und Volksanwältinnen können nicht abgewählt werden, aber nach einer Gesetzesübertretung beim Verfassungsgericht angeklagt und von diesem des Amtes enthoben werden.

Die drei Volksanwälte (Stand Jänner 2024) sind:

  • Gaby Schwarz (ÖVP): Zuständig für die Themen Strafvollzug, Steuern, Gebühren, Verfahrensdauer, Landesverteidigung
  • Bernhard Achitz (SPÖ): Zuständig für die Themen Soziales, Pflege und Gesundheit
  • Walter Rosenkranz (FPÖ): Zuständig für die Themen Prolizei-, Fremden- und Asylrecht, Land- und Forstwirtschaft, Natur- und Umweltschutz, Bildung, Verkehr
Die Volksanwälte Walter Rosenkranz, Bernd Achitz und Gaby Schwarz
© IMAGO/SEPA.Media Die drei amtierenden Volksanwälte Walter Rosenkranz, Bernd Achitz und Gaby Schwarz

Wie viel verdient ein Volksanwalt?

Ein Volksanwalt bzw. eine Volksanwältin verdient in Österreich 160 Prozent einer/eines Nationalratsabgeordneten (monatlich 9.376 Euro), also 15.001 Euro pro Monat (Stand 2023, Quelle: https://www.finanz.at/gehalt/politiker/).

Ehemalige Volksanwälte

Die Volksanwaltschaft gibt es seit 1977, seither gab es 20 Volksanwältinnen und Volksanwälte, die dieses Amt vor Gaby Schwarz, Bernd Achitz und Walter Rosenkranz inne hatten:

Volksanwalt von - bis
Franz Bauer 1977 - 1988
Robert Weisz 1977 - 1983
Gustav Zeillinger 1977 - 1983
Franziska Fast 1983 - 1989
Helmuth Josseck 1983 - 1989
Herbert Kohlmaier 1988 - 1995
Evelyn Messner 1989 - 1998
Horst Schender 1989 - 2001
Ingrid Korosec 1995 - 2001
Christa Krammer 1999 - 2001
Rosemarie Bauer 2001 - 2007
Ewald Stadler 2001 - 2006
Hilmar Kabas 2006 - 2007
Maria Theresia Fekter 2007 - 2008
Peter Kostelka 2001 - 2013
Terezija Stoisits 2007 - 2013
Günther Kräuter 2013 - 2019
Gertrude Brinek 2008 - 2019
Peter Fichtenbauer 2013 - 2019
Werner Amon 2019 - 2022

Volksanwaltschaft: Fälle

Eine laufend aktualisierte Übersicht über alle Fälle der Volksanwaltschaft, in denen Missstände festgestellt wurden, gibt es hier.

2023 gab die Volksanwaltschaft bekannt, im Jahr davor, 2022, mit 23.958 Beschwerden so viele wie noch nie zuvor seit Bestehen erhalten zu haben. Die meisten Beschwerden betrafen, der Aussendung des Parlaments zufolge, den Sozialbereich, vor allem "das Ausbleiben der Zustellung von Covid-19-Absonderungsbescheiden". Auch zur langen Bearbeitungsdauer bei Kostenerstattungen der Krankenkasse wurden oftmals Beschwerden eingereicht, ebenso wie zum Klimabonus und dem Energiekostenausgleich.

Ein aktueller Fall ist zum Beispiel eine festgestellte Verletzung der Menschenrechtskonvention und der UN-Behindertenrechtskonvention in Tirol, wo junge Erwachsene mit psychischen und psychiatrischen Beeinträchtigungen aufgrund von fehlenden Wohn- und Betreuungsangeboten ohne jeglichen Kontakt zu Gleichaltrigen in Alten- und Pflegeheimen untergebracht sind. Hier fordert die Volksanwaltschaft etwa einen Etappen- und Finanzierungsplan von Landeshauptmann Anton Mattle, um diesen Missstand zu beheben.

Volksanwaltschaft im ORF: "Bürgeranwalt"

Aktuelle Fälle der Volksanwaltschaft von besonderem öffentlichen Interesse werden jeden Samstag in der ORF-Sendung "Bürgeranwalt" von Peter Resetarits präsentiert.