Nina Tomaselli, die "grüne Kampfmaschine" aus Vorarlberg

Als Tochter eines Schreinermeisters bahnte sich die Vorarlbergerin Nina Tomaselli innerhalb weniger Jahre den Weg an die Parteispitze der Grünen. Gegenüber dem Koalitionspartner ÖVP nimmt sie selten ein Blatt vor den Mund, sie gilt als eine der schärfsten Kritikerinnen der Volkspartei.

von  Nina Tomaselli © Bild: Ricardo Herrgott/News

Steckbrief Nina Tomaselli

  • Name: Nina Tomaselli
  • Geboren am: 16. April 1985 in Feldkirch, Vorarlberg
  • Beruf: Politikerin
  • Partei: Die Grünen
  • Funktion: Abgeordnete zum österreichischen Nationalrat, Mitglied des Bundesvorstandes der Grünen
  • Ausbildung: Studium der Volkswirtschaftslehre, Geschichte und Wirtschaftspädagogik an der Universität Innsbruck
  • Familienstand: ledig
Nina Tomaselli
© Ricardo Herrgott/News Nina Tomaselli gilt als einer der schärfsten Kritikerinnen der ÖVP

Nina Tomaselli, das "grüne Energiebündel"

Nina Tomaselli sitzt seit 2019 für die Grünen im Österreichischen Nationalrat. Dort ist sie Sprecherin für Finanzen, Kontrolle, Wohnen und Bauen. Von 2014 bis 2019 war Tomaselli Abgeordnete im Vorarlberger Landtag und von 2019 bis 2022 stv. Bundessprecherin der Grünen. Einen Namen machte sich das "grüne Energiebündel" (Salzburger Nachrichten) bzw. die "grüne Kampfmaschine" (Falter) durch ihre Arbeit im Untersuchungsausschuss zur Ibiza-Affäre.

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Gescheiterte Austronautinnen-Karriere

Tomaselli wurde am 16. April 1985 in Feldkirch (Vorarlberg) geboren. In der laut Tomaselli "schönsten Stadt der Welt" hat sie bis heute ihren Lebensmittelpunkt. Von 1991 bis 1995 besucht Tomaselli die Volksschule in Frastanz (Bezirk Feldkirch) – mit der festen Überzeugung, nach der Schule Astronautin zu werden, wie sie einst dem Falter erzählte. Von der Volksschule in Frastanz wechselt sie aufs Gymnasium in Feldkirch (Unterstufe). Ihre Matura absolviert die Feldkirchnerin 2004 in der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe Rankweil (Bezirk Feldkirch). Während sich der Astronautinnen-Traum in Luft auflöste, sagten Klassenkamerad:innen der meinungsstarken Schülerin und zeitweiligen Klassensprecherin schon damals nach, sie habe das Zeug zur Politikerin.

Von Vorarlberg wechselt die Politikerin in spe zum Studium nach Innsbruck und studiert dort Volkswirtschaftslehre, Geschichte, Wirtschaftspädagogik und Politikwissenschaften. Das Studium der Volkswirtschaftslehre schließt sie 2011 ab. Ihr Diplomarbeitsthema wird ihr wohl später in ihrer Arbeit bei den Grünen das ein oder andere Mal wiederbegegnet sein: "Besteuerung von Kraftstoffen und die Problematik des 'Tanktourismus' in der Europäischen Union". 2014 beginnt die Volkswirtin das PhD Programm Economics an den Universitäten Innsbruck und Linz.

Tomasellis Arbeit in der väterlichen Tischlerei

Während des Studiums verdient sich Tomaselli als Kellnerin in Hotels und auf Zeltfesten etwas dazu, von 2008 bis 2011 arbeitet sie als Mitarbeiterin am Institut für Wirtschaftstheorie, -politik und -geschichte der Universität Innsbruck. Nach ihrem Abschluss nahm die Vorarlbergerin eine Stelle im Vertriebscontrolling an, ehe sie 2013 als Kaufmännische Angestellte in die Tischlerei ihres Vaters Michael Tomaselli wechselt.

Zunächst zögerlich, dann mit Schwung

Laut eigenen Angaben sei ihr Einstieg in die Politik relativ unspektakulär, relativ ereignislos abgelaufen. Weniger aus parteipolitischen Ambitionen, sondern über Freund:innenschaften gründete sie 2010 die Gemeindegruppe "Grüne und Parteifreie Frastanz" mit, die bei den ersten Gemeinderatswahlen aus dem Stand fast 12 Prozent schafft. Ihr ehemaliger Schulkollege hatte Tomaselli zuvor um Unterstützung gebeten. Auch ihr Vater, jahrelanger ÖVP-Wähler, begeistert sich fortan für die Grünen. Erst zwei Jahre nach ihrem Wahlerfolg tritt Tomaselli den Grünen bei, dann aber mit Schwung: Schon 2014 wird sie in den Landesvorstand der Vorarlberger Grünen und im selben Jahr als jüngste weibliche Abgeordnete in den Landtag gewählt. Dort fungierte sie in einer Koalition mit der ÖVP als stellvertretende Klubobfrau.

Nach ihrem Landtagsmandat findet Tomaselli ihren Weg in die Bundespolitik. Sie gilt damals als Teil einer neuen Generation von Grünen-Politiker:innen. Bereits 2017, nach einer krachenden Niederlage der Grünen bei den Nationalratswahlen, gründete sie gemeinsam mit weiteren Nachwuchshoffnungen wie Stefan Kaineder, Peter Kraus und Lara Köck das "Next Generation Lab", um die Grünen wieder auf die Erfolgsspur zu bringen. 2018 wird die Feldkirchnerin zur stellvertretenden Parteichefin gewählt und kandidiert 2019 Spitzenkandidatin der Vorarlberger Grünen für den Einzug in den Nationalrat – mit Erfolg.

Im Nationalrat ist sie, wiederum in einer Koalition mit der Volkspartei, Sprecherin für Finanzen, Kontrolle, Wohnen und Bauen. Einen Namen machte sich Tomaselli auch als (lautstarke und wortgewaltige) Kritikerin der ÖVP im Ibiza-U-Ausschuss sowie im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss. Ihre Funktion als Vizeparteichefin übergab Tomaselli im Juni 2022 an Klimaschutzministerin Leonore Gewessler – laut Parteichef Werner Kogler, um sich besser auf die Arbeit im U-Ausschuss konzentrieren zu können.

Unbequem und hartnäckig

Schon während ihrer Zeit im Vorarlberger Landtag genoss sie in den Reihen des schwarzen Koalitionspartners nicht unbedingt die größten Sympathien. Daran hat sich auch mit ihrem Eintritt in die Bundespolitik wenig geändert. Geht es darum, der ÖVP auf die Finger zu schauen, kennt Tomaselli keine Parteiräson und nimmt selten ein Blatt vor den Mund. Darauf angesprochen antwortete sie einst in einem News-Interview: "Die ÖVP wusste, wen sie sich in die Regierung holt. Und wir werden den Teufel tun und auch nur eine Sekunde wegschauen, wenn es Korruptionsvorwürfe gegen den Koalitionspartner gibt." Von anderen Parteien, auch von der FPÖ, erntet Tomaselli für ihre Arbeit im U-Ausschuss regelmäßig Lob. Innerhalb der Grünen wird ihre Hartnäckigkeit von weniger wohlwollenden Parteikolleg:innen auch gerne mal als mangelnde Teamfähigkeit oder Verbissenheit ausgelegt.

Politische Schwerpunkte der Grünen-Politikerin sind laut eigenen Angaben Korruptionsbekämpfung, leistbares Wohnen und der Erhalt von Grünzonen. Als zentrale Herausforderungen der Gegenwart betrachtet Tomaselli die Klimakrise, horrende Wohnkosten und die Digitalisierung. Als politisches Vorbild gilt ihr die 2019 verstorbene Grünen-Politikerin Gabriela Moser, die den Buwog-Skandal und die Telekom-Affäre enthüllte.

Nina Tomasellis bekehrter Vater

Nina Tomaselli ist ledig und hat keine Kinder. Ihr Vater Michael betreibt neben dem Wohnhaus eine Tischlerei, ihre Mutter arbeitet als Hausfrau. Schon als Kind half Nina Tomaselli in der Schreinerei ihres Vaters aus, baute eigene Möbel und restauriert bis heute alte Sessel. Ihr Urgroßvater war als Bauarbeiter von Trentino nach Vorarlberg gekommen und war in der Wildbachverbauung tätig. Schon ihr Großvater war ÖVP-Anhänger, über lange Jahre auch ihr Vater – bis dieser von seiner Tochter "bekehrt" wurde und zeitweise selbst für die "Grünen und Parteifreien Frastanz" im Gemeinderat saß. Politik, erzählte Tomaselli einst der Presse, sei schon immer Thema gewesen in der Familie.

Zu ihren Hobbies zählen laut eigenen Angaben Reisen, Wandern und Lesen.