Was sind Kohlenhydrate und wie gesund sind sie?

Waren sie vor Jahren noch Hauptbestandteil der Ernährungspyramide, sind Kohlenhydrate heute – so hat man den Eindruck – in Verruf geraten. Immer häufiger werden Low Carb Diäten mit reduzierter Kohlenhydratzufuhr propagiert. Für wen diese geeignet sind, erklärt Ernährungswissenschaftlerin Karin Pauer.

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Lebensmittel, die reich an Kohlenhydraten sind © Bild: Elke Mayr

Inhaltsverzeichnis

Was sind Kohlehydrate und welche Arten gibt es?

Ohne Kohlenhydrate geht gar nichts: Sie gehören zu unseren Energielieferanten und sind einer der drei sogenannten Makronährstoffen, die die Grundbausteine unserer Ernährung darstellen. Proteine, also Eiweiß, und Fett zählen ebenfalls dazu. Jeder von ihnen erfüllt in unserem Körper eine spezielle Funktion. Grundsätzlich sorgt die Kombination aus ihnen dafür, dass unser Körper funktioniert: Atmen, Herzschlag, Denken, Bewegen …

Kohlenhydrate sind organische Verbindungen. Sie bestehen aus aus Sauerstoff, Kohlenstoff und Wasserstoff. Chemiker unterteilen sie nach ihrem Molekülaufbau:

  • Es gibt sogenannte Einfachzucker oder Monosaccharide. Sie bestehen aus nur einem Zuckermolekül, wie etwa Traubenzucker (Glukose) und Fruchtzucker (Fruktose).
  • Die Doppelzucker oder Disaccharide bestehen, wie der Name schon sagt, aus zwei einfachen Zuckermolekülen. Zu ihnen zählen Rohr- und Rübenzucker sowie unser Haushaltszucker (Saccharose), Malzzucker (Maltose, die in Getreide vorkommt) und Milchzucker (Laktose).
  • Vielfachzucker oder Polysaccharide bestehen aus einer Vielzahl an einfachen Zuckermolekülen. Stärke und die unverdauliche Zellulose gehören dieser Gruppe an.

Wofür sind Kohlenhydrate im Körper zuständig?

Kohlenhydrate sind dafür zuständig, uns mit rasch verfügbarer Energie zu versorgen. Kohlenhydrate sind in unseren Muskeln und in der Leber in Form von Glykogen gespeichert. Somit sind sie auf Abruf da, wenn man sie braucht. Ist die Menge an Kohlenhydraten, die wir über das Essen zu uns nehmen, zu groß, so verwandeln sie sich in Fett. Da auch irgendwann die Speichermöglichkeiten voll sind, baut das Fett Zellen, in denen es gebunkert wird. Mit anderen Worten: Wir nehmen zu.

Proteine wiederum können kaum gespeichert werden. Sie müssen laufend über die Nahrung zugeführt werden, um die Neubildung von Zellen und Gewebe zu gewährleisten.

Was passiert mit den Kohlenhydraten im Magen?

Grundsätzlich werden kohlenhydratreiche Lebensmittel, sobald sie mit Magensäften versehen als Brei im Dünndarm angelangt sind, in ihre Bestandteile zerlegt. Ein wesentlicher davon ist Zucker. Über die Darmwand gelangen die Zuckermoleküle ins Blut. Danach kommt Insulin ins Spiel: Dieses Hormon sorgt dafür, dass der Zucker in die Körperzellen gelangt, also gespeichert wird, und dort zur Verfügung steht.

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Wer braucht wie viele Kohlenhydrate?

"Kohlenhydrate sind natürlich nicht per se ungesund. Und sie sind auch nicht alleinig für die Gewichtszunahme verantwortlich. Wir brauchen von jedem der drei Makronährstoffe etwas. Aber – und das ist wesentlich – die Menge muss an den Lebensstil angepasst werden", erklärt Karin Pauer, Ernährungswissenschafterin und Personaltrainerin.

Grundsätzlich gilt: Wer einen inaktiven Lebensstil führt, sollte sich eher kohlenhydratreduziert ernähren. Wer sich dagegen viel bewegt und viel Sport treibt, bei dem wird sich eine kohlenhydratreiche Ernährung nicht so schnell bemerkbar machen. Trotz eines höheren Konsums an Brot, Nudeln und zuckerhaltigen Nahrungsmitteln, wird eine körperlich aktive Person nicht so schnell zunehmen.

"Wenn man zum Beispiel zwei Stunden intensiv Tennis spielt, wird man ohne schnell verfügbare Kohlehydrate rasch ermüden. Wenn man hingegen den ganzen Tag vor dem Computer sitzt, werden die laufend zugeführten Kohlehydrate zu Fett umgewandelt, da sie ja – bildlich gesprochen – nicht aus den Speichern geholt und verbrannt werden", schildert die Expertin. Wer Sport treibt und abnehmen möchte, sollte die zugeführte Nahrungsenergie und die Zufuhr von Makronährstoffen (Fett, Eiweiß und Kohlenhydrate) an die Trainingsintensität anpassen.

Für wen ist eine Low Carb Diät geeignet?

Grundsätzlich ist die Reduktion von kohlenhydratreichen Lebensmitteln für Menschen, die sich nicht intensiv bewegen, hilfreich, um schlank zu bleiben. "Auf keinen Fall irgendwie extrem", mahnt Pauer zu einer moderaten und ausgewogenen Ernährung. "Ich halte es für besonders wichtig, sich nach dem Prinzip 'Clean Eating' zu ernähren und ständige Insulinausschüttung durch zu viele Kohlenhydrate zu vermeiden. Also selbst kochen, wenig Verarbeitetes, wenig Junk-Food", so die Ernährungsexpertin.

Pauer empfiehlt, eher kleine Portionen an kohlenhydratreichen Lebensmitteln wie Reis, Nudeln und Erdäpfeln zu essen. "Die Hauptbeilage soll Gemüse sein – am besten saisonal und regional. Wir essen alle viel zu wenig davon. Dabei ist es so vielfältig und variantenreich. Es enthält nicht nur alle für uns wichtigen Vitamine und Mineralstoffe, mittels Ballaststoffen unterstützt es auch unsere Verdauung." Abgesehen davon hat Gemüse – mit Ausnahme einiger weniger Sorten (siehe Tabelle) – einen geringen Kohlenhydratanteil.

Pauer setzt in ihren Beratungen häufig auf Hülsenfrüchte: "Sie sind eine gesunde Kohlenhydratquelle, die sättigt und einen hohen Eiweiß- und Ballaststoffanteil hat." Wichtig aber seien immer die Bekömmlichkeit und Verträglichkeit. Haferflocken zum Beispiel in Kombination mit Leinsamen oder Fohlsamenschalen versorgen den Körper mit komplexen Kohlenhydraten und Ballaststoffen und halten lange satt.

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Wie funktioniert die Ernährungsumstellung?

Bei Ernährungsumstellungen geht es immer darum, langfristig am Ball zu bleiben. Kohlenhydrate hin oder her – Karin Pauer ist davon überzeugt, dass man sehr individuell vorgehen und jeder Mensch im Laufe des Lebens die für ihn am besten passende Ernährungsform finden muss. "Es ist typabhängig und es geht auch immer um die Bereitschaft. Wie viel will ich tatsächlich tun? Worauf kann ich verzichten? Welchen Lebensstil habe ich? Denn alles, was nur kurz hält, bringt nichts."

Extrem kohlenhydratreduzierte Diäten wie Keto oder Paleo seien zwar für manche Menschen in puncto Gewichtsverlust hilfreich, werden auf Dauer aber nur selten durchgehalten. "Ich würde Menschen, die sehr im Stress und hohem Druck ausgesetzt sind, keine Ernährungsform empfehlen, die kompliziert ist. Das kann nicht funktionieren", betont die Expertin und merkt an, dass das Stresshormon Cortisol zu verringertem Fettabbau führt.

Welche Kohlenhydrate sind ungesund?

Kohlenhydrate mit kurzen Molekülketten, wie sie etwa in Süßigkeiten und Zucker enthalten sind, sind besonders ungesund, da sie sofort und schnell verarbeitet werden und man bald wieder Hunger verspürt.

Welche Kohlenhydrate sind gesund?

Für Kohlenhydrate mit langkettigen Molekülen, wie sie in Vollkornprodukten vorkommen, braucht der Körper mehr Zeit. Sie halten auch länger satt. In diesem Fall kann man von gesunden Kohlenhydraten sprechen.

Lebensmittel mit vielen Kohlenhydraten?

Lebensmittel Gramm Kohlenhydrate pro 100 g
Zucker 100
Popcorn, süß 88
Cornflakes 84
Süßigkeiten 80
Honig 79
Reiscracker 79
Weißer Reis 74
Weißmehl 72
Kekse 71
Couscous 70
Nudeln 69
Zwieback 66
Salzgebäck 65
Taco 61
Bulgur 60
Cracker 60
Marmelade 60
Schokoladencreme 58
Kuchen 52
Chips 52
Milchschokolade 52
Popcorn, salzig 49
Weißbrot 48
Mischbrot 43

Lebensmittel mit wenigen Kohlenhydraten?

Lebensmittel Gramm Kohlenhydrate pro 100 g
Oliven, grün 0
Bio Kokosöl 0
Hart- & Halbhartkäse, vollfett 0
Weichkäse 0
Schmelzkäse, vollfett 0
Reibkäse 0
Schweinefleisch, gegart 0
Rindfleisch, gegart 0
Lammfleisch, gegart 0
Geflügelfleisch, gegart 0
Wild, gegart 0
Fisch, gegart 0
Blauschimmelkäse 0,2
Pfifferlinge 0,2
Steinpilze 0,5
Mayonnaise 0,5
Chicorée 0,7
Tofu 0,7
Essig 0,7
Spinat 0,8
Avocado 0,8
Soja-Drink, natur 0,8
Krustentiere, roh 1
Rhabarber 1
Zitrone 2,9
Rote Johannisbeere 5