News Logo
ABO

René Benko: Das brisante Signa-Geheimgutachten

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
6 min
Artikelbild

©Imago/Arnulf Hettrich

Unter dem internen Codenamen „Spring“ durchforsteten Spezialisten einer großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft monatelang die undurchsichtigen Strukturen der Signa Holding. Ihr Fazit: Bereits im November 2022 soll die Signa Holding faktisch zahlungsunfähig gewesen sein. News liegen alle Details dieser diskreten Operation vor.

Vor knapp zwei Jahren, kurz nach dem Zusammenbruch der Signa Holding, begann eine Phase intensiver Aufarbeitung. Der damals noch als Sanierungsverwalter eingesetzte Christof Stapf hatte inzwischen das sprichwörtliche Ruder übernommen und machte es sich zur Aufgabe, die Ursachen der wirtschaftlichen Schieflage der Signa Holding vollständig zu verstehen: Was ist wann passiert, und warum?

Hätte man die kritische Entwicklung nicht bereits wesentlich früher erkennen müssen – zumindest auf Ebene der Geschäftsführung sowie ihres „Beraters“ und laut der öffentlichkeitswirksamen Aussagen von Hans Peter Haselsteiner de facto auch Geschäftsführer René Benko?

Die Wirtschaftsermittler

Um diesen Fragen systematisch auf den Grund zu gehen, beauftragte Verwalter Christof Stapf bereits am 5. Dezember 2023 die Forensikspezialisten von Deloitte mit der Aufarbeitung. Der Untersuchungsauftrag umfasste unter anderem die Prüfung von 53 ausgewählten Transaktionen, die detaillierte Analyse der Zahlungsflüsse sowie die Durchleuchtung der internen Steuerungs- und Entscheidungsprozesse der Signa Holding für die Jahre 2022 und 2023. Ab Februar 2024 arbeitete ein mehrköpfiges Deloitte-Team mit Hochdruck an der Umsetzung. Innerhalb eines Monats kamen rasch mehrere hundert Arbeitsstunden zusammen.

In diesem Zeitraum wurden die kritischen Transaktionen im Detail aufgearbeitet, umfangreiche Zahlungsflussanalysen durchgeführt, Debitoren- und Kreditorenkonten geprüft und Ausschüttungen systematisch ausgewertet. Darüber hinaus bereitete das Team fundierte Berichte und Entscheidungsvorlagen auf und analysierte die wirtschaftliche Lage ausgewählter Tochtergesellschaften, um ein möglichst umfassendes Bild der finanziellen Gesamtsituation zu gewinnen.

Vertrauensmann Arthur A.

Unter strengster Vertraulichkeit nahmen die Forensiker von Deloitte auch Gespräche mit einer der Schlüsselpersonen im inneren Machtzirkel der Signa Holding auf: dem ehemaligen Chef-Controller Arthur A. In intensiven Sitzungen wurden mit ihm sämtliche aus Sicht der Wirtschaftsexperten relevanten Vorgänge durchgearbeitet. Ein interner Aktenvermerk von Deloitte vom 31. Mai 2024, der als vertraulich eingestuft ist, lässt keinen Zweifel daran, wie zentral die Rolle von Arthur A. für die Aufarbeitung war.

Kaum jemand kannte die finanziellen Strukturen der Holding so detailliert – nicht nur auf der transparenten Ebene, sondern auch dort, wo die Verflechtungen in weniger durchleuchtete Bereiche des Benko-Universums führten. Gleich zu Beginn der Aufzeichnungen wird deutlich, wer aus seiner Sicht bei Signa tatsächlich den Gesamtüberblick hatte. Wörtlich heißt es: „Nach seiner (Anm.: Arthur A.) Wahrnehmung hatte nur René Benko, der keine Organfunktionen in der SIHO innehatte, ein vollständiges Bild über sämtliche Sachverhalte in der SIHO.“

Manager auf Verteidigungskurs

Auch die beiden Geschäftsführer der Signa Holding rückten im Rahmen der Aufarbeitung ins Zentrum der Untersuchung. Insolvenzverwalter Christof Stapf zog sie zur Verantwortung – und ließ ihre Sicht der Dinge in ausführlichen Gesprächen dokumentieren. Wie aus News vorliegenden Protokollen hervorgeht, mussten sie den Experten von Deloitte Rede und Antwort stehen.

Wenig überraschend blieben die beiden Manager bei ihren Befragungen durch die Deloitte-Experten auf Verteidigungskurs. In den von News eingesehenen Gesprächsprotokollen betont Marcus Mühlberger zu Beginn seiner Ausführungen, dass es aus seiner Sicht zum Stichtag 30. November 2022 keinerlei Anhaltspunkte für eine drohende Insolvenz gegeben habe. Auch eine Verletzung seiner Pflichten als Geschäftsführer, etwa im Hinblick auf eine mögliche Insolvenzverschleppung, könne er nicht erkennen. Wirtschaftliche Schwierigkeiten der Signa Holding seien ihm zufolge überhaupt erst ab September oder Oktober 2023 deutlich geworden. Zu diesem Zeitpunkt habe man – so die Darstellung – umgehend externe Insolvenzberater hinzugezogen.

Blurred image background

Geheim-Protokoll: Ein Top-Manager aus dem Benko-Universum hat intensiv an der Aufarbeitung mitgewirkt.

 © NEWS Magazin

Gutachten als zentraler Baustein

Das im Jänner 2025 fertiggestellte 408-seitige Deloitte-Gutachten spielt längst nicht mehr nur in der zivilrechtlichen Aufarbeitung der Signa-Insolvenz eine Rolle. Auch im strafrechtlichen Verfahren hat es an Relevanz gewonnen: In den gerichtlichen Beschlüssen zur Verlängerung der Untersuchungshaft für den seit Jänner inhaftierten Signa-Mastermind René Benko wird ausdrücklich darauf verwiesen.

Und obwohl es sich dabei formell um ein Privatgutachten handelt, wird es ebenso in den Berichten der Soko Signa umfassend zitiert, die sich mit dem mutmaßlichen Geldkarussell innerhalb des Signa-Konzerns beschäftigt – jenem Kreislauf aus dubiosen Zahlungsflüssen, das durch Recherchen von News und Krone im Frühjahr 2024 erstmals öffentlich wurde. Das Gutachten gilt scheinbar als ein zentraler Baustein im wachsenden Puzzle der juristischen Aufarbeitung.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 47/2025 erschienen.

Causa René Benko

Über die Autoren

Logo
Monatsabo ab 20,63€
Ähnliche Artikel
2048ALMAITVEUNZZNSWI314112341311241241412414124141241TIER