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Arbeitsrecht: Die wichtigsten Gesetze und was es regelt

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Arbeitsrecht

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Das Arbeitsrecht regelt vom Urlaub über die Kündigung bis zum Streik so ziemlich alles, was mit Arbeit in Verbindung steht. Auch in Österreich fielen die Rechte für Lohnabhängige nicht vom Himmel, sondern sind Ergebnis oftmals heftiger politischer Auseinandersetzungen. Geregelt ist das Arbeitsrecht in etwa 50 verschiedenen Gesetzen.

Wozu dient das Arbeitsrecht?

Das Arbeitsrecht regelt die Beziehungen zwischen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen. Das Arbeitsrecht umfasst sämtliche Angelegenheiten eines Arbeitsverhältnisses, von der Entlohnung, der Arbeitszeit über Urlaubsanspruch, Homeoffice oder Kurzarbeit. Auch Streiks, Aussperrungen oder Boykotte sind im Arbeitsrecht geregelt.

Dem Arbeitsrecht liegt die Idee zugrunde, Lohnabhängige vor Ausbeutung zu schützen. Auch wenn oft vom „freien Markt“ und „freien Arbeiter:innen“ die Rede ist, braucht es in der Praxis umfassende Regelungen, um Lohnabhängigen zu garantieren, dass sie für ihre Arbeit angemessen entlohnt und am Arbeitsplatz anständig behandelt werden. Das Arbeitsrecht soll faire Löhne und Arbeitszeiten genau so wie Sicherheit am Arbeitsplatz und eine gerechte Pensionsvorsorge garantieren.

In den Worten „fair“, „anständig“ und „gerecht“ verbirgt sich auch die Krux des Arbeitsrechts: Auch wenn es oft abstrakt und verklausuliert daherkommt, ist es seit seiner Einführung und bis heute stark umkämpftes Recht. Was das Gesetz als „fair“ und „gerecht“ anerkennt, ist Ergebnis politischer Auseinandersetzungen, wobei Unternehmer:innen und Lohnabhängige oft eine sehr unterschiedliche Vorstellung von „Fairness“ und „Gerechtigkeit“ haben.

In welchen Gesetzen ist das Arbeitsrecht geregelt?

Da vom Arbeitsrecht eine ganze Reihe von Personen, Institutionen und politische Ebenen betroffen sind bzw. die Verhältnisse zwischen ihnen regelt, ist das Arbeitsrecht in vielerlei Rechtsordnungen enthalten. Dabei gilt der sogenannte „Stufenbau der Rechtsordnung“: Gesetze und Verordnungen müssen den höherwertigen Normen (EU-Recht, nationale Verfassung und Gesetzen) entsprechen. Seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union dient das Europäische Gemeinschaftsrecht als rechtlicher Rahmen für die nationale Arbeitsgesetzgebung. Das heißt, Arbeitsgesetze, die in Österreich verabschiedet werden, dürfen nicht gegen EU-Recht verstoßen.

Auf nationaler Ebene ist das Arbeitsrecht in der Verfassung, in Gesetzen und darauf beruhenden Verordnungen festgeschrieben. Insgesamt umfasst der Korpus des Arbeitsrechts 50 Gesetze. Diese reichen vom Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) über das Journalistengesetz (JournG)- und das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz (KA-AZG) bis hin zum Vertragsbedienstetengesetz (VBG). Bis auf wenige Ausnahmen, zum Beispiel das Landarbeiterrecht, ist Arbeitsrecht Bundessache.

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Kollektivvertrag

Eine weitere wichtige Rechtsebene sind die Kollektivverträge. Sie regeln die Arbeitsverhältnisse in den verschiedenen Branchen und Berufszweigen. Das heißt Kollektivverträge befinden sich auf der Ebene zwischen nationaler Gesetzgebung und Betriebsvereinbarungen bzw. Arbeitsverträgen. Hintergrund ist die Idee, dass nationale Gesetzgebung womöglich zu wenig und zu unflexibel auf die einzelnen Herausforderungen in den jeweiligen Branchen reagieren kann, eine je individuelle Betriebsgesetzgebung jedoch in einem unüberblickbaren Wirrwarr an Tausenden von Gesetzen und Regelungen enden würde.

Ein Kollektivvertrag auf Branchenebene soll beides vereinen: Flexible gesetzliche Regelungen für die einzelnen Branchen, ohne dabei zum juristischen Flickenteppich zu werden. Rund 98 Prozent der Arbeitsverhältnisse in Österreich sind kollektivvertraglich geregelt (so viel wie in keinem anderen europäischen Land). In den Kollektivverträgen sind Löhne und Gehälter festgeschrieben sowie unter anderem Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder Modelle zur Arbeitszeitverkürzung. Insgesamt gibt es in Österreich rund 800 Kollektivverträge, etwa 450 davon werden jährlich neu verhandelt. Entsprechend dem „Stufenbau der Rechtsordnung“ dürfen kollektivvertragliche Regelungen weder EU-Recht noch österreichischem Recht widersprechen.

Betriebsvereinbarung

Auf der untersten Rechtsebene ist schließlich noch die Betriebsvereinbarung und der individuelle Arbeitsvertrag zu nennen. In der Betriebsvereinbarung sind allgemeine Regelungen im Betrieb vereinbart, die nicht im Kollektivertrag enthalten sind, zum Beispiel Rauchpausen, Homeoffice-Regelungen oder Maßnahmen zur Frauenförderung.

Arbeitsvertrag/Dienstvertrag

Am untersten Ende des Stufenbaus der Rechtsordnung befindet sich der Arbeitsvertrag (auch Dienstvertrag genannt). Dieser regelt die Beziehung der oder des einzelnen Arbeitnehmer:in zur oder zum Arbeitgeber:in, unter anderem Lohn bzw. Gehalt, Probezeit oder Urlaubsanspruch

Die wichtigsten Punkte im Arbeitsrecht

Auch wenn man mit diesen Gesetzen selten „in Berührung“ kommt liefert das EU-Recht und das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) den groben Rahmen für die Ausgestaltungen der einzelnen Gesetze. Von vielen der Regelungen, die im Arbeitsrecht festgehalten sind, werden die meisten Laufe ihres Erwerbsarbeitsleben nie betroffen sein bzw. bekommen wir davon nichts mit. Anderen hingegen betreffen uns beinahe täglich. Neben dem Kollektivvertrag zählen zu den wichtigsten bzw. in der Praxis relevantesten Bereichen des Arbeitsrechts:

Arbeitszeit

Im Arbeitszeitgesetz (AZG) sind die Regelarbeitszeiten von in Österreich beschäftigten Lohnabhängigen festgeschrieben. Außerdem regelt das AZG unter anderem Überstunden, die Höchstarbeitszeit, Ruhepausen und Dienstreisen. Auch wenn die Normalarbeitszeit auf 40 Wochenstunden festgelegt ist, arbeiten Österreichs Vollzeitbeschäftigte (Stand 2021) im Schnitt 41,8 Stunden. Nur in Griechenland wird mit 43,2 Stunden im EU-Schnitt noch länger gearbeitet. Am kürzesten arbeiten mit 37,8 Stunden Menschen in Finnland.

Betriebsrat

Betriebsrät:innen sollen die Interessen der Lohnabhängigen im Betrieb gegenüber der Chefetage vertreten. Durch den Betriebsrat können die Beschäftigten in einem Betrieb Einfluss auf betriebliche Abläufe, Arbeitszeit, Qualität der Arbeit, Überwachungsmaßnahmen und beim Gesundheitsschutz ausüben. Der Betriebsrat sorgt für die Einhaltung der im Kollektivvertrag vereinbarten Löhne bzw. Gehälter und Regeln. Bei verschlechternden Versetzungen, Kündigungen oder Entlassungen kann der Betriebsrat intervenieren und eine solche Maßnahme bekämpfen oder „sozial abfedern“. Bei Versetzungen, Kündigungen oder Entlassungen ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat miteinzubinden. Das Recht auf einen Betriebsrat ist im Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) verankert, die Details sind in der Betriebsrats-Geschäftsordnung (BRGO) geregelt. In Österreich gibt es rund 70.000 Betriebsrät:innen.

Urlaub

Selbstredend ist im Urlaubsgesetz (UrlaubsG) geregelt, wie oft und wie viel Lohnabhängige Anspruch auf eine Erholungspause haben. Im UrlaubsG geregelt sind allerdings auch Detailfragen, zum Beispiel, was passiert wenn ich im Urlaub krank werde, ob ich im Urlaub erreichbar sein muss oder ob mich meine:n Chef:in auch auf „Zwangsurlaub“ schicken kann.

Mutterschutz

Im Mutterschutzgesetz (MSchG) sind die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für werdende Mütter festgeschrieben. Zentral ist hierbei das „absolute Beschäftigungsverbot“ bzw. die darin enthaltene Schutzfrist: In den acht Wochen vor der Entbindung dürfen Arbeitnehmerinnen nicht mehr beschäftigt werden, auch wenn sie es selbst wünschen. Seit 2019 haben auch Männer ein Anrecht auf eine vierwöchige Auszeit, den sogenannten „Papamonat“. Dieser ist im „Väter-Karenzgesetz“ (VKG) geregelt.

Arbeitsvertrag/Dienstvertrag

Im Arbeitsvertrag sind die Rahmenbedingungen eines Beschäftigungsverhältnisses geregelt. Allen voran Lohn bzw. Gehalt, aber auch Urlaubsanspruch und die Vergütung von Überstunden. Detaillierte Arbeitsverträge regeln auch Rauchpausen und Weihnachtsfeiern. Ein Arbeitsvertrag kann auch mündlich geschlossen werden.

Gleichbehandlung - Verbot von Diskriminierung

Im Gleichbehandlungsgesetz (GIBG) ist das sogenannte Gleichbehandlungsgebot festgeschrieben. Das Gesetz verbietet jegliche Diskriminierung bezüglich

  • Geschlecht

  • ethnische Zuschreibung

  • sexuelle Orientierung

  • Alter

  • Religion oder

  • Weltanschauung.

Im Behindertengleichstellungsgesetz (BEinstG) ist das Verbot der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung verankert.

Angestellte - Arbeiter

Das Angestelltengesetz (AnG) regelt den Unterschied zwischen Angestellten und Arbeiter:innen.

Als Angestellte gelten nach Art. 1 § 2 AnG die Dienstverhältnisse „von Personen, die vorwiegend zur Leistungen kaufmännischer oder höherer, nicht kaufmännischer Dienste oder zu Kanzleiarbeiten im Geschäftsbetrieb von Unternehmungen, Anstalten“ oder vergleichbaren Dienstgeber:innen angestellt sind.

Als Arbeiter:innen zählen nicht-selbständig Erwerbstätige, die vom Begriff des Angestellten nicht umfasst sind. Regelungen zur Kündigung und Entlassung sowie Kündigungs- und Entlassungsgründe sind für Angestellte im AnG geregelt, für Arbeiter:innen in der Gewerbeordnung (GewO).

Arbeitnehmer:innen-Schutz

Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) ist die Grundlage für den „technischen und hygienischen Arbeitnehmerschutz“ in Österreich. Das ASchG regelt Umgang und Bestimmungen zu Arbeitsmitteln, Arbeitsvorgängen und der Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz bzw. an Arbeitsstätten. Mit dem EU-Beitritt Österreichs 1995 wurde das ASchG umfassend überarbeitet, indem es EU-rechtlichen Standards angepasst wurde.

Kämpfe für mehr Rechte von Arbeitnehmer:innen

Arbeitsrecht ist – auch in Österreich – nicht vom Himmel gefallen. Faire Entlohnung, Anspruch auf Urlaub und umfangreiche Garantien für Sicherheit am Arbeitsplatz sind Ergebnisse langer, oftmals blutiger Kämpfe von Arbeiter:innen und Gewerkschaften.
Ein bedeutender Teil der Kämpfe der Arbeiter:innen ist der Kampf um den Achtstundentag. Am 1. Mai 1886 hatte die nordamerikanische Arbeiter:innenbewegung zu diesem Zweck zum Generalstreik aufgerufen. Der Streik, an dem sich rund 400.000 Arbeiter:innen in mehreren Städten beteiligten, wurde blutig niedergeschlagen. Der 1. Mai gilt seither als internationaler „Tag der Arbeit“.

In Deutschland und Österreich wurde der Achtstundentag erst nach Ende des Ersten Weltkriegs eingeführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Abschaffung der Samstagsarbeit Ziel der Arbeiter:innenbewegung, das heißt die Reduktion von der 48- auf die 40-Stunden-Woche. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) plakatierte: „Am Samstag gehört Papi mir!“.

In Österreich wurde im November 1959 die gesetzliche 45-Stunden-Arbeitswoche eingeführt. Zur Einführung der 40-Stunden-Woche kam es letztlich Anfang der 1970er. Zwar konnte seither in einigen Kollektivverträgen eine 38,5-Stunden-Woche festgeschrieben werden, flächendeckend ist eine solche jedoch nicht gesetzlich verankert. Forderungen nach einer branchenübergreifenden 35-Stunden-Woche, wie etwa Anfang 2020 in der Sozial- und Pflegebranche, blieben bisher erfolglos. Jedoch setzen immer mehr Betriebe mit verschiedenen Modellen eigenhändig auf eine Arbeitszeitverkürzung, zum Beispiel durch die Einführung einer Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich. Bis dato bleiben sie jedoch eine Ausnahme und sind fast ausschließlich Lohnabhängigen in einzelnen ausgewählten Branchen vorbehalten.

Versuche, Arbeitsrecht zu umgehen

Es kommt auch immer wieder zu Versuchen, das Arbeitsrecht zu umgehen.

Flexibilisierung

Eine Gegentendenz zur Reduktion der Arbeitszeit sind die Schlagworte „Flexibilisierung“ und „Prekarisierung“. Auch wenn die Arbeitszeit in Österreich insgesamt zurückgeht (von 33,4 Stunden 2011 auf 30,5 Stunden 2020) und Rufe nach kürzeren Arbeitszeiten (spätestens seit Corona) unüberhörbar lauter wurden, sind auch anderweitige Trends zu beobachten. So umfassen „flexible“ Arbeitszeiten oft auch „flexible“ Erreichbarkeit, Telefonate und Mails wollen dann auch am Wochenende und spät abends beantwortet werden. Die Grenzen zwischen Beruf und „Freizeit“ verschwimmen dadurch. Diese Tendenz schlägt sich auch im Arbeitsrecht nieder: 2018 verabschiedeten ÖVP und FPÖ gegen den Widerstand von Opposition und Gewerkschaften ein Gesetz, das die temporäre Ausweitung des Arbeitstags auf 12 Stunden, der Wochenarbeitszeit auf 60 Stunden ermöglicht.

Prekarisierung

Neben der Flexibilisierung nimmt auch die sogenannte Prekarisierung von Beschäftigungsverhältnissen zu. Hierunter fallen typischerweise Branchen wie die Zustellbranche. Paket- und Essenszusteller:innen sind oftmals nicht im klassischen Sinne angestellt, sondern arbeiten als „Selbständige“ oder „Freie Dienstnehmer:innen“. Das heißt, sie werden nicht pro Stunde, sondern pro Auftrag bezahlt, müssen für ihre Sozialversicherungsbeiträge alleine aufkommen und erhalten im Urlaub oder bei Krankheit kein Geld.

Außerdem bekommen sie weder 13. noch 14. Gehalt und unterliegen kaum einem Kündigungsschutz. Soziolog:innen und Arbeitsrechtsexpert:innen sprechen in solchen Fällen von „Scheinselbständigkeit“, weil die Personen oftmals sämtliche Kriterien eines Angestelltenverhältnisses erfüllen, ihnen jedoch entsprechende Rechte vorenthalten werden. Für Unternehmer:innen entfallen damit die Kosten für Sozialversicherungen und sie können das unternehmerische Risiko auf ihre „selbständigen“ Angestellt abwälzen. Ist eine:r von ihnen zum Beispiel krank, muss ein Unternehmen sie oder ihn an diesem Tag nicht bezahlen.

Von prekären Beschäftigungsverhältnissen sind jedoch nicht nur sogenannte niedrig qualifizierte Berufe betroffen, sondern auch die Kreativbranche oder hochqualifizierte Arbeiten. Kulturschaffende, wissenschaftliches Personal oder Journalist:innen klagen in jüngster Vergangenheit zusehends über prekäre Arbeitsbedingungen.

Globalisierung

Im Zuge der Globalisierung begannen Konzerne zudem, Arbeits- und Fertigungsschritte in Länder des Globalen Südens auszulagern, zum Beispiel nach Südostasien. In diesen Ländern sind die Löhne oft extrem niedrig und Arbeitnehmer:innenrechte kaum vorhanden bzw. werden diese nicht ausreichend kontrolliert. Sozialwissenschafter:innen sprechen in solchen Fällen von „Regime Shopping“: Multinationale Konzerne lassen ihre Waren bevorzugt dort produzieren, wo Arbeitsrecht, Löhne, gewerkschaftlicher Organisationsgrad und Steuern für sie am günstigsten, das heißt für Lohnabhängige am schlechtesten, sind.

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