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Kollektivvertrag Österreich: Was im KV geregelt wird [Definition]

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Kollektivvertrag

©Elke Mayr
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Der Kollektivvertrag ist eine österreichische Besonderheit. Man hört immer wieder von den Gehaltsverhandlungen, die jedes Jahr stattfinden. Aber warum gibt es ihn eigentlich und ist er heute noch zeitgemäß?

Was ist ein Kollektivvertrag?

Der Kollektivvertrag ist eine schriftliche Vereinbarung, die die Sozialpartner für Unternehmen und Mitarbeiter:innen einer bestimmten Branche abschließen. Die Sozialpartner sind meist die Interessensvertretungen der Arbeitgeber:innen auf der einen Seite (also z. B. die Wirtschaftskammer) und den Interessenvertretungen der Arbeitnehmer:innen auf der anderen Seite (Gewerkschaften). Sie sind ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitsrechts. Es handelt sich dabei um eine österreichische Besonderheit, in anderen Ländern sind solche Vereinbarungen eher unbekannt.

Was wird im Kollektivvertrag geregelt?

Klassisch werden im Kollektivvertrag der Mindestlohn und die Grundgehälter geregelt. Auch die Sonderzahlungen – auch bekannt als Urlaubs- und Weihnachtsgeld – werden im KV festgelegt, ebenso wie Arbeitszeiten, Kündigungsfristen und -termine. Diese Punkte führen meist zu deutlich besseren Regelungen für Arbeitnehmer:innen als im Arbeitsverfassungsgesetz festgelegt ist.

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Was bedeutet er für Arbeitnehmer:innen?

Der Vorteil für alle Beteiligten ist, dass mit dem Kollektivvertrag vollkommen klar ist, welche Regelungen für ein Arbeitsverhältnis zu gelten haben. Dadurch steht ein:e einzelne:r Arbeitnehmer:in z.B. einem Großunternehmen nicht allein bei Gehaltsverhandlungen gegenüber. Niemand muss also seine Gehaltsverhandlungen selbst führen – was man natürlich trotzdem machen kann, denn der Kollektivvertrag ist ja nur die Grenze nach unten. Durch die Sozialpartner ist es in den letzten Jahrzehnten gelungen, den sozialen Ausgleich zwischen den Parteien gut zu regeln. Nicht immer ohne Probleme, doch im Wesentlichen lösungsorientiert. Oder können Sie sich an den letzten größeren Streik hierzulande erinnern? Zwar wird oft damit gedroht, manchmal auch mit Betriebsversammlungen ein Zeichen gesetzt, aber zu größeren Arbeitskämpfen kommt es selten. (Der letzte große Streik mit 200.000 Beschäftigten war 1962 jener der Metaller).

Welcher KV gilt für mich?

Die gute Nachricht vorweg – vermutlich einer der über 800. Denn 98 Prozent der österreichischen Arbeitnehmer:innen fallen unter einen Kollektivvertrag. Es gibt sie für so gut wie alle Branchen, von dem/der Arzthelfer:in bis zu dem/der Zahntechniker:in. Wichtig ist hierbei die Zugehörigkeit des Unternehmens zu einem Arbeitnehmerverband. Entscheidend ist also, welche Tätigkeit ein Unternehmen ausübt. Welcher Kollektivvertrag gilt, muss öffentlich einsehbar sein und dem/der Mitarbeiter:in auch mitgeteilt werden. Für den/die Arbeitnehmer:in ist es nicht notwendig, Gewerkschaftsmitglied zu sein, die Kollektivverträge gelten für alle. Im Arbeitsvertrag sollte ebenfalls festgehalten werden, welcher gilt, sodass man leicht nachsehen kann.

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 © Elke Mayr

Wo kann ich mich über den Inhalt informieren?

Am schnellsten wahrscheinlich im Internet. Die Gewerkschaften und das Sozialministerium betreiben in Kooperation die Website www.kollektivvertrag.at. Hier kann man nach Branchen oder Berufen suchen und findet den gesamten Kollektivvertrag, der auch die Lohntafeln enthält. Aus diesen sind die Mindestlöhne des jeweiligen Vertrages ersichtlich. Die Arbeiterkammer und der Gewerkschaftsbund helfen auch bei Problemen weiter.

Was ist, wenn kein KV gilt?

Das kann passieren – aber nicht sehr oft, da ja 98 Prozent der Arbeitnehmer:innen unter einen Kollektivvertrag fallen. Nicht so geregelte Branchen sind z. B. Freizeit- oder Vergnügungsbetriebe. Natürlich spielt sich ein Arbeitsverhältnis auch hier nicht im rechtsfreien Raum ab, denn es gibt ein Arbeitsverfassungsgesetz, das Mindeststandards für alle definiert. Was darin nicht geregelt ist, ist aber z. B. die Lohnhöhe. Diese muss man sich mit dem/der Arbeitgeber:in selbst ausmachen, und unbedingt im Arbeitsvertrag schriftlich festhalten, damit es keine bösen Überraschungen gibt. Das gilt übrigens auch für Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld). Diese sind nur in den Kollektivverträgen festgehalten!

Kollektivvertrag – Betriebsvereinbarung – Dienstvertrag: Was gilt?

Die Antwort ist in diesem Fall einfach: es gilt der Stufenbau der Rechtsordnung. An erster Stelle stehen die Gesetze – sie haben für alle in Österreich lebenden Menschen Gültigkeit. Dann folgt der Kollektivvertrag (immer für die richtige Branche). Danach kommen Betriebsvereinbarungen. Das sind schriftliche Vereinbarungen, die von einem (im Unterschied zum Kollektivvertrag) Unternehmen und seinem Betriebsrat geschlossen werden. Das bedingt auch: ohne Betriebsrat keine Betriebsvereinbarung.

In Betriebsvereinbarungen können Firmen und Beschäftigte allgemeine Regelungen treffen z. B. zum Rauchen oder zum Alkoholkonsum, zu Geschwindigkeitsbegrenzung am Betriebsgelände. Aber auch Dauer und Lage von Arbeitspausen oder die Verteilung von Arbeitszeit auf einzelne Wochentage. Die letzte Sprosse auf der Gesetzesleiter ist dann der Dienstvertrag. Sollte also ein Dienstvertrag oder eine Betriebsvereinbarung Punkte enthalten, die Kollektivvertrag oder Gesetz widersprechen oder den Arbeitnehmer schlechter stellen, sind diese ungültig.

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Wie entsteht ein Kollektivvertrag?

Für einen Kollektivvertrag braucht man zwei Partner, die Interessensvertretungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Bei den Arbeitnehmern, z.B. beim Österreichischen Gewerkschaftsbund, werden sogenannte Verhandlungsgremien gebildet. Diese setzen sich aus Betriebsrats-, Körperschafts-, Berufsgruppen- und Gewerkschaftsvertretern zusammen. Sie bereiten die Verhandlungen inhaltlich, zeitlich und organisatorisch vor. Dann stellt die jeweilige Fachgewerkschaft einen Antrag auf Aufnahme der Kollektivvertragsverhandlungen bei der Lohnunterkommission. Diese entscheidet dann, ob Verhandlungen aufgenommen werden können.

Die Aufgabe der Lohnunterkommission besteht darin, durch Steuerung der Freigabe von Verhandlungen die Laufzeit der Kollektivverträge zu beeinflussen und so für eine gleichmäßigere Lohnpolitik zu sorgen. Wenn die Gehaltserhöhungen Preiserhöhungen verursachen würden, wird auch noch die Paritätische Kommission eingeschaltet. Diese ist ein zentrales Instrument der österreichischen Sozialpartnerschaft und wurde 1957 gegründet. Es ist ein informelles Gremium, in dem wieder Vertreter von Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen, aber auch der Politik sitzen. Sie kann nur beratend tätig werden. Die Beschlüsse müssen allerdings einstimmig fallen, was ein großes Maß an Kompromissfähigkeit voraussetzt. So wird sie – obwohl sie keine rechtliche Handhabe besitzt – doch zum ausgleichenden Faktor.

Gleichzeitig mit der Anrufung der Lohnunterkommission wird dieser und der Arbeitgeberseite ein Forderungskatalog überreicht. Und dann geht es ans Verhandeln. Je nachdem wie weit die Vorstellungen der beiden Parteien auseinander liegen, dauern diese mal länger, mal kürzer und werden teilweise von heftigem öffentlichen Streit begleitet. Trotzdem gelingt es immer, einen Kompromiss zu finden und schlussendlich einen für beide Seiten akzeptablen Kollektivvertrag abzuschließen. Dieser Abschluss wird dann der Lohnunterkommission zur Begutachtung vorgelegt. Danach werden die Kollektivverträge bei der Hinterlegungsstelle des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz eingereicht, mit einer Register- und Katasterzahl versehen, archiviert und zum Zwecke der Kundmachung an die "Wiener Zeitung" in Kurzfassung weitergeleitet.

Die Kollektivverträge haben sich seit der Nachkriegszeit als ein funktionierendes Instrument herausgestellt, um den sozialen Frieden in Österreich sicherzustellen. Sowohl Arbeitgeber:innen als auch Arbeitnehmer:innen profitieren davon, denn für alle gelten die gleichen Vorschriften. Auch wenn es in den letzten Jahren den Versuch gegeben hat, die Sozialpartner zu schwächen, ist dies nicht gelungen. Abseits von politischen Auseinandersetzungen haben die Kollektivverträge sich einfach als so vorteilhaft erwiesen, dass keine Seite darauf verzichten wollte.

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