"Elefantenrunde": Über
Fehler, Koalitionen & Klima

Bei der ORF-"Elefantenrunde" sprachen die Spitzenkandidaten der jeweiligen Parteien über große Fehler, mögliche Koalitionen und Klima.

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Am Donnerstagabend haben sich die Spitzenkandidaten der sechs aussichtsreichen Parteien ein letztes Mal in großer Runde getroffen: Die ORF-"Elefantenrunde" bildete den Abschluss des langen TV-Debattenreigens vor der Nationalratswahl am Sonntag. Hauptthema der über lange Strecken recht sachlich ausgetragenen Debatte waren neben dem Klimaschutz die möglichen Koalitionen nach der Wahl.

Die Moderatoren der siebenten "Elefantenrunde" dieses Wahlkampfs, Claudia Reiterer und Armin Wolf, versuchten in der knapp zweistündigen Runde, die Kandidaten mit teils ungewohnten Konzepten aus der Reserve zu locken. Neben kurzen Ja/Nein-Antworten ließen sie die Spitzenrepräsentanten auch in eineinhalbminütigen Kurz-Duellen unkommentiert gegeneinander antreten, auch durften diese einem anfangs zugelosten Gegenüber jeweils eine selbst gewählte Frage stellen.

Rendi-Wagner: "Einfach man selbst"

Gleich zu Beginn wurden die Kandidaten nach deren "größten politischem Fehler" befragt. ÖVP-Chef Sebastian Kurz verortete diesen zu Beginn seiner Zeit als Staatssekretär: Er habe damals zu sehr unter der negativen Medienberichterstattung und negativen Rückmeldungen gelitten, sagte der Ex-Kanzler. SPÖ-Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner erklärte, sie habe sich am Anfang ihrer politischen Zeit zu sehr darauf fokussiert, "Politikerin zu sein" - ein Fehler, denn man müsse vielmehr "einfach man selbst" sein. Ähnlich äußerte sich FPÖ-Obmann Norbert Hofer: Aus einem Fehler in seiner politischen Anfangszeit habe er gelernt, dass man stets das Menschliche in den Vordergrund stellen müsse.

Wer mit wem? - Die Koalitionsfrage

Einen konkreten politischen Fehler benannte NEOS-Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger: "Für die ÖVP zu arbeiten war der wirklich größte politische Fehler." JETZT-Spitzenkandidat Peter Pilz bedauerte es, dass er nicht schon früher versucht habe, eine "ökologische Volkspartei" als Alternative zu den Grünen anzudenken und Grünen-Spitzenkandidat Werner Kogler nahm das Rausfliegen der Grünen mit auf seine Kappe.

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Zur Koalitionsfrage merkte Kurz an, man solle nicht so tun, als wäre die Wahl schon entschieden und warnte einmal mehr vor einer - laut Umfragedaten unwahrscheinlichen - Mehrheit von SPÖ, Grünen und NEOS gegen die ÖVP. Die von ihm immer wieder in den Raum gestellte Minderheitsregierung sei "kein Ziel, aber eine Option", sollte es zu keiner stabilen Regierung kommen. Auf die Frage an Rendi-Wagner, ob sie bereit wäre, neben Kurz die Vizekanzlerin zu geben, sagte die SPÖ-Chefin, sie glaube, das Fernsehstudio sei "kein geeigneter Ort, um eine vorgezogene Koalitionsverhandlungen zu führen". Als eine ihrer Koalitionsbedingungen nannte sie Änderungen beim 12-Stunden-Tag. Meinl-Reisinger bezeichnete das Verhindern einer türkis-blauen Neuauflage als eines ihrer Ziele. Die seitens der NEOS geäußerte scharfe Kritik an Kurz wollte sie dabei nicht als Hemmschuh einer möglichen pinken Regierungsbeteiligung sehen.

»Bin keiner, der sanft vorgeht«

Hofer beteuerte, dass die FPÖ unter seiner Obmannschaft für stabilere Verhältnisse sorgen würde als bei bisherigen blauen Regierungsbeteiligungen. Bezüglich der Spesen-Affäre von Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache verwies der FPÖ-Chef auf die bereits angekündigte Prüfung der Vorwürfe nach der Wahl. "Und ich bin keiner, der sehr sanft vorgeht, wenn etwas vorliegt" deutete er hartes Handeln an.

»Sehr, sehr knapp«

Pilz räumte ein, dass es laut Umfragen "sehr, sehr knapp" werde mit dem Einzug. Gefragt nach einem Grund, seine Liste dennoch zu wählen, deutete er auf Hofer und Kurz. JETZT sei die einzige "nicht käufliche und hoch professionelle Opposition", sagte er zur Empörung von Meinl-Reisinger. Und für Grünen-Chef Kogler wäre es für eine eventuelle Zusammenarbeit mit der ÖVP erst einmal notwendig, "dass die ein paar Bibelstellen hervorkramt", denn diese habe ihre "christliche Wurzeln verloren".

Wahlkampfthema Klima

Beim großen Wahlkampfthema Klima appellierte Kogler an die Industrie, sich nicht vor den Grünen zu fürchten. Man müsse die Chancen im Klimaschutz sehen, "gerade für Gewerbe und Industrie", etwa bei den Themen der Fotovoltaik, der Gebäudedämmung oder abgasfreien Autos. Daneben bewarb er erneut sein Modell einer ökosozialen Steuerreform.

Hofer ärgerte sich erneut über den im Parlament gegen die FPÖ-Stimmen ausgerufenen "Klimanotstand" und sprach sich gegen eine "Klimahysterie" aus. Das gehe alles zu weit, irgendwann habe man dann eine "Zöpferl-Dikatur", spielte er wenig charmant auf die Frisur von Klimaaktivistin Greta Thunberg an. Das brachte vor allem Pilz und Kogler auf die Palme: Gerade wegen Politikern wie Hofer würden junge "Menschen zu Millionen" auf die Straßen gehen, "die übernehmen Verantwortung für uns alle und sind keine Klimahysteriker", sagte Pilz. Und Kogler bat Hofer, den Ausdruck zurückzunehmen: "Ich frage mich schon, wie sie dazu kommen, derart daneben zu greifen und solche Begriffe zu verwenden."

Rendi-Wagner sprach sich zwar gegen Verbote (etwa für Kurzflüge) aus, plädierte aber für Maßnahmen wie eine Kerosin-Steuer oder Verbesserungen im Bahn-Netz. Auf ihr Modell eines CO2-Preises statt des Zertifikat-Handels verwies Meinl-Reisinger. Kurz wiederum wollte sich die Umweltpolitik seiner Regierung nicht schlechtreden lassen und warnte davor, etwa durch eine CO2-Steuer die Industrie aus Österreich zu vertreiben.

Angeschnitten wurde auch das Thema Migration, bei dem die Spitzenkandidaten ihre bekannten Standpunkte vertraten. Und beim Thema Bundesheer war vor allem die Frage der künftigen Luftraumüberwachung Thema, wobei hier alle für eine preisgünstige Lösung plädierten.

Mit den TV-Konfrontationen ist es nun vorerst vorbei. Erst am Wahlabend treffen die Spitzenrepräsentanten dann vor laufender Kamera wieder aufeinander. Dann werden die Spitzenkandidaten mit allergrößter Wahrscheinlichkeit schon wissen, ob sich ihr TV-Marathon ausgezahlt hat.

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