EU-Taxonomie: Was die Verordnung für nachhaltiges Wirtschaften regelt

Die EU Taxonomie schafft eine gemeinsame Sprache für klimafreundliche Wirtschaftsaktivitäten. Mit ihr sollen Greenwashing verhindert und Investitionen in nachhaltige Unternehmen gefördert werden. Aber nicht alle Akteure und Akteurinnen sind von dem ambitionierten Projekt überzeugt. Bis das Instrument voll zur Anwendung kommen kann, ist es noch ein langer Weg.

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EU-Taxonomie © Bild: iStockphoto.com

Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter EU-Taxonomie?

Um die Klimaziele der Europäischen Union zu erreichen, ist es notwendig, Investitionen in ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten umzulenken. Was als "nachhaltig" verstanden wird, war bislang allerdings nicht definiert. Die EU-Taxonomie, auch "Grüne Taxonomie" genannt, soll das ändern. Sie ist eine von der Europäischen Union verabschiedete Verordnung zur Schaffung eines einheitlichen Definitionsrahmens für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten.

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Die Taxonomie ist eine Aufzählung verschiedener Wirtschaftsaktivitäten und gibt an, welche ökologischen Schwellenwerte unterschritten werden müssen, um als nachhaltig zu gelten. Das soll vor allem Investoren und Investorinnen, aber auch Politiker:innen und Unternehmer:innen helfen, sich ökologischer ausrichten zu können.

Was wird in der Taxonomie-Verordnung geregelt?

Die Taxonomie beinhaltet sechs zentrale Ziele:

  1. Klimaschutz
  2. Klimawandelanpassung
  3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
  6. Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme

Diese Ziele werden in der Taxonomie klar definiert. Gleichzeitig werden Schwellenwerte festgelegt, die nicht überschritten werden dürfen. Diese Schwellenwerte werden von der Technischen Expertengruppe für nachhaltige Finanzwirtschaft definiert. Eine wirtschaftliche Aktivität wird dann als nachhaltig eingestuft, wenn sie einen positiven Beitrag zur Erreichung eines dieser Ziele leistet, ohne einem anderen Ziel zu schaden. Zudem müssen taxonomiekonforme Wirtschaftsaktivitäten ein Mindestmaß an Sicherheits- sowie Menschenrechtsstandards erfüllen.

Die Taxonomie erteilt der EU-Kommission zudem die Befugnis, delegierte Rechtsakte im Zusammenhang mit der Regulation nachhaltiger Investitionen zu erlassen. Mit diesen delegierten Rechtsakten kann die Kommission die technischen Evaluationskriterien für die Nachhaltigkeit bestimmter Wirtschaftsaktivitäten adaptieren. Darüber hinaus hat die Kommission die Möglichkeit, neue Wirtschaftszweige in die Taxonomie aufzunehmen.

Wann tritt die Verordnung in Kraft?

Formal gilt die EU-Taxonomie seit 12. Juli 2020. Es fehlen allerdings noch wichtige Punkte für deren tatsächliche Umsetzung. So hat die Technische Expertengruppe, die dafür zuständig ist, die Bemessungskriterien einer wirtschaftlichen Tätigkeit festzulegen, erst für zwei der sechs Ziele Evaluationskriterien veröffentlicht, nämlich Klimaschutz und Klimawandelanpassung. Die Veröffentlichung der Schwellenwerte für die übrigen vier Ziele waren bereits für Ende 2021 geplant, sind aber bis dato nicht erschienen. Bis die Taxonomie also ihre volle Wirkung entfaltet, könnten noch Monate oder gar Jahre vergehen.

Umweltziele Veröffentlichung durch die EU Anwendung der Umweltziele
Klimaschutz April 2021 Jan. 2022
Anpassung an den Klimawandel April 2021 Jan. 2022
Nachhaltiger Einsatz und Gebrauch von Wasser oder Meeresressourcen Dez. 2021 Jan. 2023
Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft Dez. 2021 Jan. 2023
Vorbeugung oder Kontrolle von Umweltverschmutzung Dez. 2021 Jan. 2023
Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen Dez. 2021 Jan. 2023

Quelle: eu-taxonomy.info

Warum ist die EU-Taxonomie wichtig?

Die EU-Taxonomie gilt als wissenschaftsbasiertes Klassifikationssystem, mit dem Wirtschaftsaktivitäten wie mit einer Checkliste überprüft werden können. Anstatt also nach der Nachhaltigkeit eines ganzen Unternehmens zu fragen, können mit ihrer Hilfe die einzelnen Firmenaktivitäten und Produktionsprozesse eingestuft werden. Dies soll der Finanzwirtschaft helfen, ohne großen Aufwand in grüne Wirtschaftszweige zu investieren.

Die Taxonomie ist der erste Versuch, den Begriff der nachhaltigen Wirtschaftsweise flächendeckend zu definieren. Um der Klimakrise und ihren Folgen begegnen zu können, ist ein solches Vokabular notwendig. Auf diese Weise können klare Regeln für nachhaltiges Wirtschaften beschlossen und Gesetze verabschiedet werden, die gewisse Aktivitäten einschränken und andere begünstigen.

Was sind die wichtigsten Ziele?

Die EU hat sich sehr ambitionierte Klimaziele gesetzt. Im Rahmen des European Green Deals von 2019 soll der gesamte Wirtschaftsraum bis 2050 CO2-neutral sein und das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppelt werden. Um diese Ziele zu erreichen, ist die Taxonomie-Verordnung ein wichtiger Meilenstein. Denn sie macht eine nachhaltigere Wirtschaftsweise überhaupt erst möglich. In Zukunft sollen europäische Gelder zunehmend in taxonomiekonforme Wirtschaftstätigkeiten fließen. Unternehmen, die der Taxonomie entsprechend nachhaltig wirtschaften, sollen von der EU durch sogenannte "Green Bonds" unterstützt werden, also Kredite zu besseren Konditionen erhalten.

Ein weiteres Ziel der Taxonomie ist es, Greenwashing zu reduzieren. Durch das einheitliche Klassifikationssystem soll es für Unternehmen schwieriger werden, Aktivitäten als nachhaltig auszuweisen, obwohl diese nicht taxonomiekonform sind. Das soll Finanzmarktakteuren und -akteurinnen helfen, in wirklich nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten zu investieren.

Ist sie EU-Taxonomie verpflichtend?

Nein, die Taxonomie ist nicht Pflicht. Es kann weiterhin in nicht-nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten investiert werden. Wie oben beschrieben, könnte es aber für Unternehmen, die nicht der Taxonomie entsprechend arbeiten, schwieriger werden, Gelder zu bekommen. In Zusammenhang mit der Taxonomie wurde aber auch eine Offenlegungspflicht beschlossen, wonach größere Unternehmen mit über 500 Mitarbeiter:innen ausweisen müssen, in welchem Maße ihre Wirtschaftstätigkeiten taxonomiekonform sind. Darüber hinaus könnte die EU-Kommission künftig weitere Regeln schaffen, wonach nur mehr nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten gefördert werden. Das würde taxonomiekonformen Unternehmen einen klaren Wettbewerbsvorteil verschaffen und andere Akteure in Zugzwang bringen.


Für wen gilt die Verordnung?

Die Taxonomie gilt für alle Staaten der EU sowie alle börsennotierte Unternehmen und Finanzmarktakteure, die der nicht-finanziellen Berichterstattung (non-financial reporting directive) unterliegen. Das sind etwa 40 Prozent aller börsennotierten Unternehmen. Die Wirtschaftstätigkeiten, die in der Taxonomie erfasst sind, umfassen etwa 80 Prozent aller Treibhausgasemissionen der Europäischen Union. Aufgrund der Möglichkeit der delegierten Rechtsakte kann die EU-Kommission dies in Zukunft aber ausweiten, so wie es etwa bei Gas- und Atomenergie geschehen ist (siehe dazu Absatz "Kritik an der Verordnung").

Die wichtigsten Punkte der EU-Taxonomie

  • Die EU-Taxonomie übersetzt politische Nachhaltigkeitsziele in wissenschaftliche Evaluationskriterien.
  • Sie definiert sechs zentrale ökologische Ziele.
  • Die Taxonomie legt Schwellenwerte fest, unter denen eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne dieser Ziele nachhaltig ist.
  • Gemeinsam mit der Offenlegungs-Verordnung führt sie zu mehr Transparenz am Finanzmarkt und begünstigt "grüne" Investitionen.

Gibt es Kritik an der Verordnung?

Ein zentraler Streitpunkt bei der EU-Taxonomie war die Frage, ob Gas und Atomenergie in die Taxonomie aufgenommen werden sollen. Auf Ansuchen mehrerer EU-Mitgliedsstaaten entschied sich die EU letztlich dafür. Klimaschützer:innen und NGOs wie das "Forum Nachhaltige Geldanlagen" kritisieren diesen Schritt scharf, weil sie befürchten, dass die Taxonomie dadurch an Glaubwürdigkeit verliert.

Auch die österreichische Regierung kritisierte die Aufnahme von Gas und Atomenergie in die Taxonomie. Hierbei ging es aber vor allem um die mangelnde Mitsprache angesichts der delegierten Rechtsakte, mit denen die EU-Kommission Entscheidungen ohne Einbezug der nationalen Parlamente durchsetzen kann.

Wie geht es weiter?

Die EU-Taxonomie ist noch nicht vollständig. Es fehlen noch wichtige Evaluationskriterien für vier der sechs zentralen ökologischen Ziele sowie weitere Details in Bezug auf Gas und Atomenergie.

Da die Taxonomie auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert, muss sie auch laufend erneuert werden. Gerade die kritischen Schwellenwerte, die festlegen, ab wann eine bestimmte Tätigkeit als klimaschädlich gilt, werden kontinuierlich adaptiert werden müssen, um an die klimatischen Veränderungen, aber auch an den technologischen Fortschritt angepasst zu werden.