Foodsharing: Damit Lebensmittel nicht im Müll landen

Die Verschwendung von Lebensmitteln beginnt oft schon auf dem Feld - wenn "unschönes" Gemüse einfach entsorgt wird - und setzt sich im Handel und bei den Konsumenten und Konsumentinnen fort. Österreichische Haushalte werfen jährlich rund 157.000 Tonnen an noch verzehrbaren Lebensmitteln in den Müll. Manchmal liegt es daran, dass man zu viel gekauft hat, oder es nicht schafft, zu kochen. In diesen Fällen kann Foodsharing zu mehr Nachhaltigkeit beitragen.

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Lebensmittel © Bild: Elke Mayr

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist Foodsharing?
  2. Wie funktioniert es?
  3. Welche Arten von Foodsharing gibt es?
  4. Für wen ist es geeignet?
  5. Wie wird das Teilen von Lebensmitteln finanziert?
  6. Welche Vor- und Nachteile gibt es?
  7. Wo und wie kann man mitmachen?
  8. Was ist Containern bzw. Dumpstern und wie riskant ist es?

Was ist Foodsharing?

Foodsharing ist ein englisches Wort, das es in den deutschen Sprachgebrauch geschafft hat. Es bedeutet wörtlich "Essen teilen". Und genau darum geht es. Es ist einfach eine Initiative, um das Wegwerfen von Lebensmitteln zu verhindern.

Auf die Idee, Lebensmittel, die man selbst nicht mehr braucht, zu teilen, kam man 2012 in Berlin. Es handelt sich dabei um eine gemeinschaftliche und nachhaltige Initiative gegen Verschwendung. Das ganze wird über eine Webplattform organisiert und hat mittlerweile in Deutschland, Österreich und der Schweiz über 360.000 Mitglieder. Bisher konnten so über 44.000 Tonnen Lebensmittel vor dem Wegwerfen bewahrt werden. Grundsätzlich tauschen hier Privatpersonen untereinander noch verzehrbare Lebensmittel aus. Es sind aber auch Unternehmen Teil des Netzwerks.

Wie funktioniert es?

Das Ganze funktioniert über zwei Varianten: Die erste Option ist, dass sogenannte Foodsaver (also Personen, die sich freiwillig dazu bereit erklären) Waren von Unternehmen abholen, die diese nicht mehr verkaufen können. Diese sind nicht mehr ganz frisch (aber in Ordnung) oder die Verpackung ist beschädigt. Diese Lebensmittel werden dann gerecht im Netzwerk verteilt. Wenn einmal mehr da ist, als selbst verbraucht werden kann, werden die Lebensmittel beispielsweise an Bedürftige, Familie oder Nachbarn und Nachbarinnen weitergegeben.

Die zweite Möglichkeit sind sogenannte Fairtaileröffentlich zugängliche Kühlschränke oder Lagerräume zum Teilen miteinander. Hier kann sich jeder Lebensmittel holen oder welche abgeben. Es ist keine Registrierung oder Mitgliedschaft notwendig. Diese Verteilpunkte werden von Freiwilligen betreut.

Auf www.foodsharing.at kann man mit Hilfe einer Karte leicht herausfinden, wo sich diese Punkte befinden. Manchmal geben Mitglieder auch bekannt, was sich gerade im Verteilpunkt befindet.

Welche Arten von Foodsharing gibt es?

Neben der Organisation über die Plattform und die Verteilung darüber gibt es auch noch Initiativen über Facebook - so zum Beispiel "Lebensmittelverteiler Wien" oder "Gratis Lebensmittel in Wien". Einige Initiativen präsentieren sich auch bei Veranstaltungen oder Events. Ihnen allen ist aber gemeinsam, dass es darum geht, Lebensmittel zu sichern und so die Umwelt zu schonen.

Für wen ist es geeignet?

Grundsätzlich für alle Menschen. Es erfordert allerdings auch Zeit und Engagement. Aber wenn man sich dafür einsetzen will, dass Lebensmittel nicht vernichtet werden, ist es sicher eine praktische Initiative. Man muss zudem ein großes Maß an Flexibilität mitbringen, denn planen, was es gibt, kann man nicht.

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Wie wird das Teilen von Lebensmitteln finanziert?

Foodsharing basiert zu fast 100 Prozent auf ehrenamtlichem und unentgeltlichem Engagement. Ziel ist es, mit möglichst vielen engagierten Menschen und nachhaltigen Betrieben gemeinsam die Idee des Foodsharing stetig weiter zu entwickeln, zu optimieren und auszubauen, ohne dabei Geld zu verwenden.

Hinter der österreichischen Plattform Foodsharing.at steht der Verein zur "Vermeidung von Lebensmittelabfällen Österreich". Es läuft alles komplett ehrenamtlich und unentgeltlich. Die Mitglieder der Foodsharing-Community bezahlen nichts für ihre Mitgliedschaft oder die geretteten Lebensmittel. Die Initiative Foodsharing ist unabhängig, kostenlos, werbefrei und nicht kommerziell. Aber wie fast überall im Leben funktioniert es nicht völlig ohne Geld. In diesen Fällen wird Geld gesammelt und auf Spenden zurückgegriffen. Hier hat man sich absolute Transparenz auf die Fahnen geschrieben.

Spenden können zum Beispiel auf der Vereinsseite von Foodsharing Österreich getätigt werden.

Welche Vor- und Nachteile gibt es?

Der wesentlichste Vorteil und die Triebkraft bei der ganzen Sache sind, die Umwelt zu schonen und Lebensmittel auch wirklich zu verbrauchen. Schließlich wurden für ihre Produktion Ressourcen aufgewendet, die die Umwelt immer belasten. Ein zweiter Vorteil ist natürlich auch, dass das Geldbörserl der Mitglieder geschont wird und auch bedürftige Menschen davon profitieren können (auch ohne Mitglied zu sein).

Nachteilig ist, dass es eben nur gibt, was gerade übrig bleibt. Da ist viel Flexibilität beim Speiseplan gefragt. Natürlich muss man auch Zeit investieren und Mobilität ist auch notwendig. Das erfordert schon ein gewisses Maß an Idealismus.

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Wo und wie kann man mitmachen?

Das ist einfach: Auf www.foodsharing.at - auch als Foodsharing-App im Google Play Store und im Apple App Store downloadbar - findet man nicht nur das gesamte Angebot des deutschsprachigen Raumes, sondern auch alle Möglichkeit, wie man mitmachen kann. Wer sich für diese Idee interessiert, muss sich auf der Plattform registrieren und ein kleines Quiz absolvieren (das ist übrigens keine Prüfung, sondern soll die Grundsätze und Verhaltensregeln des Foodsharings veranschaulichen).

Danach kann man direkt loslegen. Man wird mit seinem Enthusiasmus aber nicht allein gelassen. Der nächste Schritt ist nämlich, sich mit der Community zu vernetzen. Danach geht man einige Male mit erfahrenen Abholern mit zu Firmen – einfach um die Abläufe und Unternehmen kennenzulernen. Nach drei Einführungsabholungen bekommt man einen Foodsharing-Ausweis und kann loslegen. Natürlich nicht planlos, denn das System ist gut organisiert. Für die einzelnen Betriebe gibt es Teams, denen man beitreten kann und mit denen man sich organisiert, wer was wann macht. Das klingt komplizierter als es ist. Einfach ausprobieren und einmal bei einer Abholung dabei sein.

Was ist Containern bzw. Dumpstern und wie riskant ist es?

Containern oder Dumpstern setzt an einem anderen Punkt an. Es bedeutet nämlich, weggeworfene Waren aus Abfallcontainern zu holen. Meistens handelt es sich um Müllcontainer von Supermärkten oder Fabriken.

Gemäß österreichischem Recht bewegt man sich beim Containern in einer Grauzone, da Müll zwar als herrenlose Sache gilt, wenn er auf der Straße liegt, aber bei Müll in Containern oder Mülltonnen handelt es sich um Diebstahl, da das Behältnis und sein Inhalt (so er von Wert ist) im Eigentum des öffentlichen oder privaten Containerbetreibers steht. Die Grauzone beginnt damit also, ob das abgelaufene Lebensmittel einen Wert hat oder nicht. Derzeit gibt es über den legalen Status des Containerns geteilte Meinungen. Es gibt in diesem Fall kein OGH-Urteil, welches das Gesetz eindeutig auslegt. "Zivilrechtlich ist eine Besitzstörungsklage möglich, egal ob man sich mit dem Postschlüssel oder dem WEZ 2000 Zutritt verschafft", erklärt Alexander Kern von der Rechtsanwaltskanzlei "Mag. Martin Nemec" (Interview mit News 2018 ) .

Strafrechtlich sieht die Situation schon komplizierter aus, wobei juristisch laut Kern drei Punkte zu klären: Ist Müll eine fremde Sache? Besitzt die Sache einen Tauschwert und demnach einen Vermögenswert? Und handelt derjenige mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern? Punkt eins würde der Jurist tendenziell mit Ja beantworten, da der Müll im Container laut Wiener Abfallwirtschaftsgesetz (und auch in anderen Bundesländern) der Stadt Wien gehört, die ihn entsorgen soll. Fakt ist: Alle drei Fragen sind derzeit rechtlich umstritten. Sollte es zu einer strafrechtlichen Verhandlung kommen, entscheidet das Gericht im Einzelfall. In der Praxis würden die Ermittlungen in solchen Fällen allerdings meistens eingestellt, da es sich um kleinkriminelle Delikte handelt, wie Kern mitteilt.

Was spricht also für das Dumpstern? Dafür spricht, dass man damit die Verschwendung von Lebensmitteln vermeiden kann. Denn Supermärkte entsorgen oft Lebensmittel, die nur leicht beschädigt sind (etwa Obst oder Gemüse mit Druckstellen) oder knapp vor dem Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums sind (diese sind trotzdem in fast allen Fällen noch essbar). Manche Menschen containern aus dieser Überzeugung heraus, anderen fehlt schlicht das Geld. Gerade im Moment – wo sogar Sozialmärkte über mehr Kunden und weniger Waren klagen – dürfte dies für immer mehr Menschen zutreffen.

Und wie gefährlich ist das Containern? Es besteht immer die Gefahr, dass man wirklich verdorbene Lebensmittel erwischt, oder dass sie in Kontakt mit giftigen Substanzen gekommen sind (im Müllcontainer können eben auch kaputte Waschmittelflaschen sein). Muss man zum Containern einen Zaun überklettern kann man sich natürlich auch verletzen. Und wenn man erwischt wird, gibt es auf jeden Fall Unannehmlichkeiten (auch wenn bis jetzt in den meisten Fällen rechtliche Konsequenzen ausgeblieben sind).