Das Match der Medienfrauen

Susanne Raab schweigt und entscheidet. Eva Blimlinger spricht und hat nichts zu sagen. Wenn die kommunikativen Leuchtraketen der grünen Parlamentarierin als inhaltliche Rohrkrepierer enden, beschädigt das ihre ohnehin ramponierte Partei

von Medien & Menschen - Das Match der Medienfrauen © Bild: Gleissfoto

Fachwissen ist Nebensache für eine politische Leitungsfunktion. Wichtiger sind Führungsfähigkeiten. Dieses Management-Mantra beherrscht seit jeher die Besetzung von Ministerposten. Es verdeckt, dass hinter der Personalwahl eher innerparteilicher Machtausgleich als wahre Kompetenz steckt. Erst wenn ein Mann Frauenminister wird, wie einst Herbert Haupt (FPÖ), oder ein Zivildiener das Verteidigungsressort übernimmt, wie später Norbert Darabos (SPÖ), werden Zweifel an der sachlichen Basis-Qualifikation laut. Doch sie gelten offenbar eher dem persönlichen Erfahrungsschatz. Deshalb wurde Susanne Raab (ÖVP) nicht von vornherein als Medienministerin prinzipiell infrage gestellt.

Ein solch grundsätzlicher Angriff wäre auch schwierig angesichts der personellen Konkurrenz. Denn schon bei den Bereichssprechern im Nationalrat wirkt die Themenzuordnung eher zufällig als sachlich begründet. Für Medien ist das bei der ÖVP Kurt Egger, der aber im Schatten der Ministerin sogar zu diesem einzigen Thema wenig sagen kann. Sein spezifisches SPÖ-Gegenüber Jörg Leichtfried kümmert sich zudem um Verfassung und EU. Im FPÖ-Klub ist Christian Hafenecker auch für Verkehr zuständig. Er hat Erfahrung als Journalist und Pressesprecher. So wie Henrike Brandstötter von den NEOS, die auch Frauen, Start-ups, EPU, Auslandsösterreicher und Entwicklungszusammenarbeit abdeckt. Eine Multisprecherin wie die Grüne Eva Blimlinger, bei der überdies Kunst, Kultur, Wissenschaft, Forschung, öffentlicher Dienst, Gedenkpolitik, Antisemitismus und Rechtsextremismus verankert sind. Deshalb wirkt sie aktuell omnipräsent - nicht nur, weil wieder einmal die "Uni brennt". Das ist ihr fachlicher Kernbereich. Dass das wenig zu sagen hat, zeigt aber ÖVP-Minister Martin Polaschek - wie Blimlinger einst Rektor. "Dem einen fehlt die Eignung, der anderen das Amt", steht über die beiden im "profil".

Die öffentliche Auftrittswirkung der Grünen steht in krassem Gegensatz zu ihrer Machtlosigkeit. Denn sie vertritt fast durchwegs Themen auf der parlamentarischen Ebene, für die der Juniorpartner in der Regierung unzuständig ist. In Sachen Medien wirkt Blimlinger bei der umstrittenen Gesetzesvorlage zur "Wiener Zeitung" wie ein Hardliner der Koalitionsräson und schwenkt beim ORF gar zur von der FPÖ seit je bevorzugten Budgetfinanzierung. Sie scheut keine unpopulären Aussagen, ist schmerzbefreit gegenüber Angriffen und stilisiert sich wie eine Alternative zur Ministerin. Doch Raab schweigt und entscheidet, Blimlinger spricht und hat nichts zu sagen. Sie wäre zwar ein Testfall für die Antwort des einstigen deutschen Kanzlers Helmut Schmidt zur Forderung nach Experten für Ministerien: "Mit etwas überdurchschnittlicher Intelligenz kann man das." Doch ihr fehlt die Position, es zu beweisen.

Das gilt auch für die pinke Mediensprecherin Brandstötter. Sie hat sich per Attacke auf den ORF profiliert. Doch bei ihr ist klar: Sie ist Opposition. Ihre Beiträge stehen bloß zur Diskussion. Spricht Blimlinger hingegen von der Budgetfinanzierung des ORF, kommt das von einer Regierungspartei. Wenn solche kommunikative Leuchtraketen als inhaltliche Rohrkrepierer enden, beschädigt das die ohnehin ramponierten Grünen. Wer geglaubt hatte, sie wären so alternativ, um Medienpolitik eher inhaltlich als für parteilichen Machtgewinn zu betreiben, wurde bereits durch ihre Packelei zur ORF-Führung eines Schlechteren belehrt. Der grüne Ethik-Lack ist ab. Und das, obwohl die SPÖ es ihren Rivalen in diesem Bereich besonders leicht macht. Die Funktion von Leichtfried als Mediensprecher ist angesichts seiner vielfältigen Aufgaben als stellvertretender Klubobmann kaum zu bemerken.

Doch es liegen bereits weitere Gesetze zur Begutachtung vor. Dabei geht es um Journalismus- und Presseförderung sowie Regierungsinserate. Es sind zum Teil lausige Entwürfe. Aber anders als beim Retro-Protest zur "Wiener Zeitung" ist es um die viel komplizierteren, demokratiepolitisch langfristig wesentlich wichtigeren Vorhaben still. Zu still. Von allen Mediensprechern. Sie brauchen nicht vor allem Führungsfähigkeit, sind keine Minister und ohne Expertenapparat. Sie benötigen vor allem Sachkompetenz. Allerdings nur als Basis für Politik. Wenn das eine fehlt, wird das andere schwierig.