Greenwashing: Was ist die grüne Lüge?

Nicht immer ist ein Produkt so umweltfreundlich, wie es die Verpackung verspricht. Was „Greenwashing“ bedeutet und was dagegen hilft.

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Greenwashing © Bild: Elke Mayr

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist Greenwashing?
  2. Was ist problematisch an Greenwashing?
  3. Wie funktioniert das "Grünwaschen"?
  4. Wer betreibt Greenwashing?
  5. Ist es strafbar?
  6. Wie kann man eine grüne Lüge erkennen?
  7. Was kann man als Konsument:in dagegen tun?

Was ist Greenwashing?

Immer mehr Produkte und Dienstleistungen sind mit Labels wie „klimafreundlich“, „klimaneutral“ oder „nachhaltig“ versehen. In Zeiten, in denen Umwelt- und Klimaschutz in aller Munde sind, ist die Umweltverträglichkeit eines Produkts für viele Konsument:innen ein wichtiger Faktor für ihre Kaufentscheidung. Doch nicht immer sind die Produkte so nachhaltig, wie die Labels auf den ersten Blick vermuten lassen.

Bei „Greenwashing“ handelt es sich um eine Marketing- und Werbestrategie, bei welcher Produkte oder Dienstleistung bewusst als „grün“ (also umwelt- und klimafreundlich) beworben werden, ohne dass sie das tatsächlich sind. Es handelt sich also um irreführende Werbung. „Greenwashing“ bedeutet übersetzt in etwa „grünwaschen“ bzw. im übertragenen Sinne „sich ein grünes Mäntelchen umhängen“. Im Zusammenhang mit Umweltschutz kann Greenwashing also als „Grünfärberei“ übersetzt werden.

Was ist problematisch an Greenwashing?

Problematisch ist Greenwashing in mehrerlei Hinsicht. Zum einen werden Konsument:innen getäuscht, zum anderen verschaffen sich Unternehmen dadurch einen unlauteren Vorteil gegenüber Konkurrenzunternehmen. Gesamtheitlich betrachtet schadet Greenwashing dem Klima und der Umwelt: Wenn Menschen – in dem Glauben, der Kauf eines bestimmten „grünen“ Produkts schade der Umwelt wenig bis gar nicht – weiter konsumieren wie gewohnt, fügt das Umwelt und Klima nur noch mehr Schaden zu. Das heißt, Greenwashing verleitet Menschen dazu, weiter an ihren umweltschädlichen Konsummustern festzuhalten.

Literaturtipps:

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Wie funktioniert das "Grünwaschen"?

Greenwashing wird auf vielerlei Arten betrieben und zeichnet sich auch dadurch aus, dass immer neue Formen auftauchen. Die häufigsten Arten von Greenwashing sind:

  • Irrelevante Aussagen: Ein Produkt wird mit einer nichtssagenden Information beworben, die für Konsument:innen keinerlei Mehrwert hat, aber dem Produkt ein grünes Image verleihen soll. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Produkt mit „FCKW-frei“ beworben wird – was letztlich nur bedeutet, dass geltendes Recht eingehalten wird, denn Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) sind bereits seit Jahrzehnten verboten, da sie das Ozon in der Erdatmosphäre zerstören können.
  • Irreführende Aussagen: Ein Produkt wird mit einer umweltfreundlichen, aber vernachlässigbaren Aussage beworben, zum Beispiel mit „plastikfrei“. Der Großteil des Produkts, der CO2-Ausstoß der Produktion und des Transports, ist jedoch alles andere als umweltfreundlich, wird aber auf der Verpackung nicht thematisiert.
  • Falsche Relation: Ein Produkt wird als kleineres Übel beworben, im Vergleich zu einem Produkt, das noch umweltschädlicher ist. So warb die Billigfluglinie Wizz Air einst mit dem Slogan: „Europas Airline mit dem kleinsten CO2-Fußabdruck“.
  • Irreführende Labels: Vermeintlich vertrauenserweckende Labels sollen den Eindruck erwecken, ein Produkt sei klima- bzw. umweltfreundlich. In Wahrheit hat sich das betreffende Unternehmen das Label aber einfach selbst verliehen oder mit dem Label wird schlicht die Unwahrheit behauptet.

Wer betreibt Greenwashing?

Zentrale Akteur:innen im Bereich Greenwashing sind Unternehmen, die ihre Produkte tatsachenwidrig als „umweltfreundlich“ bewerben; PR- und Marketing-Agenturen, die entsprechende Strategien und Designs entwerfen; Lobbyisten und Lobbyistinnen, die versuchen Einfluss auf die Politik zu nehmen, indem sie beispielsweise strengere Regelungen verhindern; Politiker:innen, die Greenwashing (aus politischem, ideologischen oder wirtschaftlichen Eigeninteresse) aktiv befördern.

Greenwashing findet im kleinen und im großen Stil statt, aber ist besonders für jene Unternehmen attraktiv, deren Produkte besonders umweltschädlich sind bzw. deren Geschäftsmodell derzeit besonders in Bedrängnis gerät. Dazu zählen allen voran große Mineralölhersteller bzw. Öl- und Gaskonzerne wie Shell, British Petroleum (BP) oder Total, die in den vergangenen Jahrzehnten in Sachen Greenwashing „Pionierarbeit“ leisteten.

Aber auch die österreichische OMV, an der die Republik Anteile von rund einem Drittel hält, verspricht beispielsweise, die „gesamte Geschäftstätigkeit soll bis spätestens 2050 klimaneutral sein“. Mit der „gesamten Geschäftstätigkeit“, kritisiert die Umweltschutzorganisation Greenpeace, sind jedoch nur die eigenen Anlagen und die Energieproduzenten gemeint. Emissionen, die beim Verbrauch von Öl und Gas anfallen, so Greenpeace, würden nicht mitgerechnet. Letztere machten jedoch 92 Prozent der Unternehmensemissionen aus.

Greenwashing beschränkt sich jedoch nicht nur auf die fossile Industrie. Auch Recycling- oder Tierschutz-Labels, zertifiziertes Holz und vieles mehr steht seit Jahren immer wieder in der Kritik.

Auch Politiker:innen haben Greenwashing längst für sich entdeckt. Denn nicht nur Produkte von Unternehmen, sondern auch politische Inhalte lassen sich grün anmalen und als „umweltfreundlich“ an die eigene Wähler:innenschaft verkaufen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Erdgas als „klimafreundliche Alternative“ zu Erdöl präsentiert wird, oder Politiker:innen E-Fuels als ökologische Alternative zur Verbrennungsmotoren verkaufen. Auch hier kommen regelmäßig „irrelevante Aussagen“ zum Einsatz: Beispielsweise wenn die Eröffnung von ein paar Kilometern Radweg groß inszeniert wird, sich insgesamt am Verkehrssystem einer Stadt aber wenig bis gar nichts ändert.

Ist es strafbar?

Ein Kernproblem ist, dass viele Begriffe, mit denen Produkte beworben werden, zum Beispiel „naturnah“, „umweltschonend“ oder „nachhaltig“, rechtlich nicht geschützt sind. Sie können also von jedem Unternehmen verwendet werden. Ein zweites Problem ist, dass die Mechanismen und Instrumente, mit denen Greenwashing betrieben wird, oftmals sehr komplex und undurchsichtig sind. Tatsächlich (gerichtlich) zu beweisen, dass ein Produkt grüngefärbt wurde, fällt oftmals schwer.

Im Juni 2022 einigten sich die EU-Staaten auf Regeln gegen Greenwashing. Ab dem Jahr 2024 müssen Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter:innen und einem Umsatz von 40 Millionen Euro jährlich Risiken und Chancen im Bereich Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) sowie die Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf die Umwelt und die Menschen offenlegen. Diese Angaben werden von einer unabhängigen Stelle geprüft und zertifiziert.

Wie kann man eine grüne Lüge erkennen?

Greenwashing zu erkennen, ist nicht immer leicht. Hinter den meisten Produkten sitzt ein ganzes Team an Marketingstrateg:innen, Psycholog:innen, Soziolog:innen und Neurowissenschafter:innern und bemüht sich um ein möglichst ausgeklügeltes Marketingkonzept. Oftmals sind die Mechanismen komplex, die Methoden intransparent und der tatsächliche Nutzen kaum nachvollziehbar – das zu durchschauen, ist für den oder die einzelne:n Konsument:in schwierig bis unmöglich.

Wichtige Hilfestellungen liefern unter anderem:

Was kann man als Konsument:in dagegen tun?

Für Konsument:innen gibt es einige praktische Tipps, um sich gegen Greenwashing zu wehren:

  • Vor dem Kauf zwei Mal überlegen. Gerade bei offensichtlich umweltschädlichen Produkten sollten die Alarmglocken läuten. Kann Erdgas wirklich klimafreundlich sein?
  • Wie vertrauenswürdig ist ein Label? Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat eine umfangreiche Broschüre zu den „Zeichen-Tricks“ veröffentlicht und aktualisiert diese regelmäßig
  • Sie haben ein Produkt gefunden, das Ihnen zweifelhaft vorkommt? Dann können Sie dieses beim VKI-Greenwashing-Check melden.
  • Last but not least ist das umweltfreundlichste aller Produkte immer noch das, das gar nicht konsumiert wird. Nichts hilft der Umwelt mehr, als ein Produkt einfach gar nicht erst zu kaufen.