Erdgas: Hat der fossile Energieträger Zukunft?

Worüber in den letzten Jahren kaum jemand nachgedacht hat, spricht nun jeder – Erdgas. Schuld daran ist der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit verbundenen Lieferunterbrechungen durch Russland. Und auch dem Klima zuliebe will man künftig auf fossile Energieträger verzichten. Wie Erdgas gewonnen wird, welche Vor- und Nachteile es gibt und welche Rolle es in Zukunft spielen wird.

von Ein aufgedrehter Gasherd © Bild: Elke Mayr

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist Erdgas?
  2. Wie und wo wird Erdgas gewonnen?
  3. Wie umweltfreundlich ist Erdgas?
  4. Welche Vor- und Nachteile gibt es?
  5. Wie lange reichen die Vorräte?
  6. Wie sieht die Situation in Österreich aus?
  7. Wie gestaltet sich der Gaspreis?
  8. Was ist der Unterschied zwischen Erdgas und Flüssiggas?
  9. Wo kann man damit tanken und wie funktioniert das?
  10. Wie sieht die Zukunft aus?

Was ist Erdgas?

Zuallererst ist Erdgas ein fossiler Energieträger. Es ist ein brennbares, natürlich entstandenes Gasgemisch, das in unterirdischen Lagerstätten vorkommt. Es tritt häufig zusammen mit Erdöl auf, da es auf ähnliche Weise entsteht. Erdgas besteht hauptsächlich aus dem energiereichen Methan, die genaue Zusammensetzung ist aber von der Lagerstätte abhängig.

Mitunter ist eine Aufbereitung des Rohgases nötig, um nicht erwünschte Bestandteile zu entfernen oder um es mit Methan anzureichern.

Erdgas wird in erster Linie zur Versorgung mit Wärme verwendet. Egal, ob in Haushalten oder der Industrie. Eine weitere Einsatzmöglichkeit sind Gaskraftwerke zur Stromerzeugung, die aber in Österreich nur mehr zur Abdeckung vom Verbrauch zu Spitzenzeiten genutzt werden. Abseits von der Stromerzeugung wird Erdgas auch noch in Fernwärmeheizkraftwerken eingesetzt.

Im Vergleich zu den anderen Einsatzbereichen ist die Verwendung als Kraftstoff für Autos und Busse eher jüngeren Datums. Erdgas kann hier vor allem in Ballungszentren eingesetzt werden, die über ein Gasleitungsnetz verfügen.

Wie und wo wird Erdgas gewonnen?

Die Geschichte des Erdgases in Europa hat eine lange Tradition und beginnt im Jahr 1844 in Österreich. Damals wurde erstmals im Gebiet des Wiener Ostbahnhofs Erdgas gefunden. 1892 folgten Funde bei Wels.

Erdgaslagerstätten muss man suchen. Am einfachsten und wirtschaftlichsten zu fördern sind jene Vorkommen, die sich leicht ausbeuten lassen – sprich, die unter einem natürlichen Druck stehen und das Gas quasi von alleine an die Oberfläche befördern. Dabei wird die Lagerstätte mittels einer Bohrung geöffnet und das Gas dringt nach oben. Oft findet man Erdgas zusammen mit Ölvorkommen. Allerdings gibt es auch reine Erdgasfelder. Nach der Förderung kann man das Gas einfach in einem Erdgasspeicher speichern beziehungsweise durch Leitungen transportieren.

Eine weitere Methode der Erdgasföderung ist das umstrittene Fracking - auch Hydraulic Fracturing genannt. Diese Methode kommt immer dann zum Einsatz, wenn das Erdgas nicht frei verfügbar, sondern im Gestein (z.B:: Schiefergestein) gebunden ist. Um das Erdgas aus dem Gestein lösen und es fördern zu können, wird beim Fracking eine horizontale Bohrung durchgeführt und mit großem Druck (bis zu 1000 bar) ein Gemisch aus Wasser, Quarzsand und verschiedenen Chemikalien in das Bohrloch gepresst. Dadurch entstehen feine Risse (Fracs) im Gestein und das Gas wird freigesetzt. Viele der verwendeten Chemikalien gelten als umweltgefährdend.

Fracking Grafik
© iStockphoto.com/medicalstocks

Der mit Abstand größte Erdgas-Produzent sind die USA und zwar mit 934,2 Mrd. Kubikmetern im Jahr (der Transport nach Europa ist allerdings schwierig). Den zweiten Platz belegt Russland mit 701,7 Mrd. Kubikmetern. Hier ist die Versorgung aufgrund des Ukraine-Krieges derzeit schwierig. Auf Platz 3 findet sich der Iran mit 256,7 Mrd. Kubikmetern. Abgesehen von der Entfernung zu Europa ergeben sich hier die gleichen Probleme wie mit Russland.

Wie umweltfreundlich ist Erdgas?

Durch die geringen Verunreinigungen verbrennt Erdgas generell gegenüber anderen fossilen Brennstoffen sauberer. Durch das höhere Wasserstoff/Kohlenstoff-Verhältnis wird beim Verbrennen von Erdgas um bis zu 25 % weniger Kohlendioxid erzeugt als bei Heizöl. Trotzdem tragen Förderung, Transport, Verarbeitung und Verbrennung von Erdgas zur Freisetzung der Treibhausgase Methan und CO2 bei.

Da in vielen Fällen Erdgas als Nebenprodukt der Ölförderung auftritt, wird es häufig genutzt, anstatt es wieder in die Erde zu pumpen oder ohne Nutzen in der Atmosphäre zu verbrennen.

Dennoch handelt es sich bei Erdgas um einen fossilen und somit klimaschädlichen Energieträger. Das Ziel von Umweltschützern und Klimaverantwortlichen ist es daher, künftig auch so weit wie möglich auf Erdgas zu verzichten. Daher konzentriert man sich zunehmend auf die Produktion von grünem Gas (Biogas/Biomethan), das CO2-neutral ist.

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Welche Vor- und Nachteile gibt es?

Ein Nachteil von Erdgas liegt auf der Hand: Als fossiler Energieträger ist es weder nachhaltig noch klimafreundlich. Welche Vor- und Nachteile die Energiequelle sonst noch aufweist:

Vorteile der Nutzung von Erdgas:

  • Es ist kein Lagerraum wie etwa bei Heizöl oder Holzpellets notwendig.
  • Die Versorgung mit Erdgas ist relativ sauber und bequem.
  • Moderne Installations- und Sicherheitstechnik garantieren ein hohes Sicherheitsniveau.
  • Erdgas ist ungiftig.
  • Erdgas erzeugt bei der Verbrennung weniger Kohlendioxid als etwa Ölheizungen. Daher sind mit Erdgas befeuerte Gasheizungen umweltfreundlicher.
  • Zudem verbrennt Erdgas ruß- und staubfrei.

Nachteile der Nutzung von Erdgas:

  • Erdgas ist ein fossiler und damit umweltschädliche Brennstoff.
  • Erdgas ist explosiv.
  • Gasleitungen und -installationen dürfen nur von Fachleuten verlegt beziehungsweise vorgenommen werden.
  • Erdgas kann nur genutzt werden, wenn ein Leitungsnetz zur Verfügung steht.
  • Die Gaspreise können aufgrund von Abhängigkeiten (Lieferanten, politische Lage etc.) starken Schwankungen unterliegen.
  • Die Erdgasversorgung ist stark abhängig von der weltpolitischen Lage.
  • Einseitige Abhängigkeiten von bestimmten Ländern können entstehen (z.B.: Russland).

Wie lange reichen die Vorräte?

Erdgas kommt als natürliche Ressource in Österreich und weltweit relativ häufig vor. Laut einer Studie des Öl- und Gaskonzerns BP gibt es weltweit 188.000 Milliarden Kubikmeter an bekannten und wirtschaftlich förderbaren Erdgasreserven. Österreich verbraucht pro Jahr circa 8,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas.

Die bisher erschlossenen Erdgasvorkommen reichen laut Experten mindestens noch für rund 60 Jahre. Manche Länder wie Russland, Iran oder Saudi-Arabien weisen dabei höhere Vorkommen auf als andere. Zudem gibt es noch jede Menge nicht erschlossener Erdgas-Lagerstätten.

Wie sieht die Situation in Österreich aus?

Der jährliche Erdgasverbrauch in Österreich liegt nach Angaben der Statistik Austria (2019) bei rund 89 TWh (Terawattstunde) und ist damit in etwa so hoch wie die heimische Speicherkapazität von Erdgas mit 95,5 TWh.

Laut der Website des Klimaschutzministeriums www.energie.gv.at - auf der zudem der aktuelle Füllstand der Gasspeicher abrufbar ist - lag der Anteil des russischen Gases am Gesamtimport jahrzehntelang bei rund 80 Prozent. Seit dem Ukraine-Krieg ist dieser Anteil signifikant gesunken. Im November 2022 lag der Anteil laut Berechnungen der E-Control bei 41 Prozent. Rund 10 TWh an benötigtem Erdgas werden durch inländische Produktion abgedeckt, wie die Österreichische Energieagentur angibt.

Die Erdgasvorkommen in Österreich sind gar nicht so gering. Im Wiener Becken finden sich etwa durchaus wirtschaftlich lohnende Vorkommen. Die jährliche Fördermenge der beiden in Österreich tätigen Firmen, der OMV und der RAG Austria AG, beträgt im Durchschnitt der letzten Jahre mehr als 1,5 Milliarden Kubikmeter, damit können rund 15 % des Eigenbedarfes mit heimischem Erdgas aus Feldern nördlich von Wien, im westlichen Oberösterreich und in Salzburg gedeckt werden.

Wie viel Erdgas in Österreich im Vergleich zu anderen Energieträgern verbraucht wird, zeigt der sogenannte Energiemix. Er gibt den Bruttoinlandsverbrauch nach Energieträgern an - und zwar für den gesamten Energieverbrauch, also Haushalte, Unternehmen, Verkehr. Spitzenreiter ist demnach laut Bericht des Klimaschutzministeriums (BMK) "Energie in Österreich" (2022) immer noch Öl mit 34,5 %, gefolgt von Erdgas mit 22,7 %. 17,4 % entfallen bereits auf Bioenergie und 9,8 % steuert die Wasserkraft bei. Der Rest entfällt auf Kohle, Windkraft, Photovoltaik, brennbare Abfälle, Umgebungswärme und Nettostromimporte.

Bruttoinlandsverbrauch nach Energieträgern
© News.at

Den größten Verbrauch an Erdgas hat anteilsweise laut E-Control die Großindustrie mit rund 63 Prozent (Stand 2021). Das Gas wird hier häufig für die Prozesswärme bei Produktionsprozessen benötigt beispielsweise in der Eisen- und Stahlerzeugung oder bei der Papierproduktion.

Ebenfalls einen guten Teil an Erdgas verbrauchen die Haushalte. Vor allem geheizt wird in Österreich noch oft mit Erdgas, das mit knapp 23 Prozent zu den meistgenutzten Energieträgern im Heizungsbereich zählt. Ansonsten findet Erdgas in den Bereichen Warmwasser und Kochen Verwendung.

Grafik: Primäres Heizsystem in Österreich nach überwiegend eingesetztem Energieträger (2019/2020)
© News.at
Einsatz von Erdgas nach Verwendungszwecken in Prozent 2019/2020
© News.at

Woher das Erdgas kommt, das man zuhause verwendet, kann man übrigens nicht feststellen. Das liegt daran, dass die Herkunft des Gases stark von den Einkaufsmöglichkeiten abhängt und die liefernden Länder oft wechseln können. Die österreichischen Energielieferanten spiegeln aber mehr oder weniger die Gesamtsituation wieder. Einige Lieferanten wie beispielsweise Wien Energie erzeugen aber auch eigenes Biogas.

Wie gestaltet sich der Gaspreis?

Der Gaspreis ist einerseits abhängig von Verhandlungen zwischen Kunden/Kundinnen und Anbietern und andererseits orientiert sich die Entwicklung des Gaspreises an internationalen Erdölindikatoren, da Erdgas laut E-Control als Substitut für Erdöl angesehen wird.

Für Endverbraucher:innen hängt der Gaspreis zudem von folgenden Faktoren ab: dem eigenen Verbrauch, dem Gaslieferanten, dem Wohnort.

Was kostet 1 Kilowattstunde (kWh) Gas?
Der Preis für 1 kWh Gas liegt laut E-Control österreichweit zwischen rund 5,4 Cent und bis zu knapp 30 Cent (Stand Februar 2023) . Die aktuellen Gaspreisänderungen kann man über den Preismonitor von E-Control verfolgen.

Was ist der Unterschied zwischen Erdgas und Flüssiggas?

Erdgas und Flüssiggas (Liquefied Natural Gas, LNG) unterscheiden sich im Aggregatzustand. Flüssiggas ist Erdgas, das bei Temperaturen von rund minus 162 °C verflüssigt gelagert wird. Beide Formen haben Vor- und Nachteile. Es ist vorweg einmal festzuhalten: Man kann sowohl Erdgas als auch Flüssiggas für die gleichen Zwecke einsetzen - egal, ob fürs Heizen, Kochen oder Autofahren. Sie haben sehr ähnliche Eigenschaften und können mit den gleichen Geräten verwendet werden, vor allem in Hinblick auf die Umweltbelastung.

Der Vorteil von Erdgas ist, dass es über Leitungen transportiert werden kann und so in großen Mengen für viele Menschen zur Verfügung steht. Flüssiggas ist hingegen überall einsetzbar, also selbst dort, wo es kein Gasnetz gibt - vom abgelegenen Bauernhof bis zur Almhütte. Entweder kann man einen Tank in den Garten stellen (oder eingraben), dann kommt der Tankwagen, oder man versorgt sich mit Flaschengas (die gute alte Gasflasche fürs Grillen). Beim Autofahren hat Flüssiggas die Nase leicht vorn, denn mit einer Tankfüllung kommt man wesentlich weiter als mit Erdgas (fast 1.000 gegen rund 400 km).

Wo kann man damit tanken und wie funktioniert das?

Beim Tanken mit Erdgas liest man oft die Bezeichnung CNG. Diese steht für komprimiertes Erdgas (englisch: Compressed Natural Gas). Daneben kann noch mit LNG (Liquefied Natural Gas), also verflüssigtem Erdgas, oder mit LPG (Liquefied Petroleum Gas) einem Flüssiggas, das hauptsächlich aus Butan und Propan besteht, getankt werden.

Und warum tankt man überhaupt mit Erdgas? Obwohl es ein fossiler Brennstoff ist, wird bei der Verbrennung von Erdgas deutlich weniger CO2 ausgestoßen, als bei Benzin oder Diesel.

Der Tankvorgang an sich ist einfach und dauert genauso lange wie bei einer Diesel- oder Benzin-Betankung, also etwa drei bis fünf Minuten. Anstelle einer herkömmlichen Zapfpistole ist die Erdgas-Zapfsäule mit einer Füllkupplung ausgestattet. Dabei ist die Tankkupplung so gestaltet, dass Gas nur abgegeben wird, wenn alles korrekt angeschlossen und verriegelt ist. Das macht den Tankvorgang, den man selbst durchführen kann, auch so sicher.

Erdgastankstellen in Österreich:
Hier findet man einen Überblick an Erdgastankstellen in Österreich, sortiert nach Bundesländern: www.erdgasautos.at

Wie sieht die Zukunft aus?

In Österreich kommt Gas abseits der Industrie insbesondere für Heizungen und Warmwasser zum Einsatz. Hierzulande - und in Europa - ist man daher noch weit von einem kompletten Verzicht auf Erdgas entfernt ist. Es gibt allerdings zunehmend Alternativen wie erneuerbare Energiequellen, die europaweit auf dem Vormarsch sind. Vor allem nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine versucht Europa, eine Abhängigkeit von Russland als Gaslieferant zu vermeiden.

Österreichs Regierung hat es sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden. Dazu zählt neben dem Ausbau von erneuerbaren Energien auch der schrittweise Ausstieg aus klimaschädlichen fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl oder Erdgas. Als Alternative zu Erdgas wird in der Studie "Erneuerbares Gas in Österreich 2040" im Auftrag des Klimaschutzministeriums beispielsweise das heimische Potential von erneuerbaren Gasen wie erneuerbarem Methan aus biogenen Rohstoffen odergrünem Wasserstoff ermittelt. Nach Angaben des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) soll der "Anteil von national produziertem erneuerbarem Gas am österreichischen Gasabsatz bis 2030 auf 5 TWh" erhöht werden.

Weitere notwendige Maßnahmen für eine weitestgehend erdgasfreie Zukunft sind laut der Analyse der Österreichischen Energieagentur zum Thema "Gasversorgung ohne Importe aus Russland":

  • Alternativen zu Gasheizungen in Form von erneuerbaren Energiequellen wie Wärmepumpen
  • Erdgas-Kraftwerke sollen durch den Ausbau von erneuerbaren Stromquellen obsolet werden
  • erneuerbare Energiequellen wie Solarenergie, Geothermie oder Windenergie sollen Erdgas einsparen helfen
  • Umstieg auf erneuerbare Energien in Industrie und Gewerbe und Reduktion von Erdgas
  • die heimische Produktion von erneuerbaren Gasen soll auf 14 TWh/Jahr ausgebaut werden

Bis der Übergang geschafft und das Energiesystem auch ohne Erdgas stabil ist, wird es noch einige Jahre dauern. Umweltorganisationen schätzen, dass Erdgas als Energieträger bis circa 2050 eine Rolle spielen wird, bevor man ohne diesen fossilen Brennstoff auskommen kann.