Susanne Kraus-Winkler: Lobbyistin und Staatssekretärin

Die Unternehmerin Susanne Kraus-Winkler ist die neue Tourismus-Staatssekretärin der Regierung von ÖVP und Grünen. Jetzt muss sie allerdings die gesamte Branche vertreten und nicht nur wie bisher die Hotellerie. Eine Herausforderung.

von Susanne Kraus-Winkler © Bild: IMAGO/SEPA.Media

Steckbrief Susanne Kraus-Winkler

  • Name: Susanne Kraus-Winkler
  • Geboren am: 26. April 1955, Wien
  • Ausbildung: Betriebswirtschaftsstudium, Gesellschafterin und Mitgründerin der Loisium Gruppe, von 2018 bis 2022 Obfrau der Hotellerie-Fachgruppe in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), seit Mai 2022 Staatssekretärin für Tourismus
  • Beruf: Unternehmerin und Politikerin
  • Familienstand: verheiratet mit Michael Kraus, Mutter zweier Kinder


In Tourismuskreisen ist Susanne Kraus-Winkler ein fixe Größe, für die breitere Öffentlichkeit hingegen ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Noch - denn das dürfte sich künftig gründlich ändern: Als neue Staatssekretärin für den volkswirtschaftlich sehr wichtigen Wirtschaftszweig wird sie nicht nur bei vielen Branchenevents im Mittelpunkt stehen, sondern auch dann, wenn es darum geht, für die seit der Coronapandemie krisengebeutelten Tourismusbetriebe auf politischer Ebene Hilfen und bessere Rahmenbedingungen auszuverhandeln.

Das wird keine leichte Übung, obwohl Kraus-Winkler schon bisher als Kämpferin für Touristikanliegen bekannt war - wenngleich vor allem für jene der Hotellerie, die sie unter anderem als Fachverbandsobfrau in der Wirtschaftskammer zuletzt repräsentierte. Sie kennt sich in der Materie aus, was sie auch beim Start der österreichischen Tourismustage diese Woche in Wien auf eloquente Art und Weise bewies. Eine Vorgeschichte, die ihr jetzt zwar Vorschusslorbeeren etwa vom ÖHV-Präsidenten Walter Veit, von WKO-Tourismusobmann Robert Seeber oder Wolfgang Ecker, Chef des niederösterreichischen Wirtschaftsbunds, aber auch Kritik eingebracht hat.

Interessen von Kammer und Großen

Der Tourismussprecher der FPÖ, Gerald Hauser, bezeichnet Kraus-Winkler etwa als "beinharte Vertreterin der Interessen der Wirtschaftskammer und Großbetriebe". So habe sie eine Erhöhung der Bettenanzahl für Privatvermieter mit der Argumentation, die Kammer würde dadurch Beiträge verlieren, immer dezidiert abgelehnt, moniert Hauser: "Ich habe bei ihr keine Anzeichen gesehen, dass sie sich jenseits ihrer eingefahrenen Interessenvertretung für die Hotellerie auch für den österreichischen Tourismus als Ganzes eingesetzt hätte." Sollte sie das nicht ändern, werde sie bald als Staatssekretärin scheitern, so der FPÖler.

Berend Tusch, Fachbereichsvorsitzender in der Gewerkschaft Vida, wiederum erwartet sich von ihr, dass "Tourismuspolitik nicht nur aus der Dimension der Arbeitgeberseite betrachtet werden" dürfe: "Es müssen in Zukunft auch die Sicht und Bedürfnisse der Arbeitnehmer stärker miteinbezogen werden." Den Mitarbeitern müssen "ein attraktiveres Arbeitsumfeld" und "jene Wertschätzung, die sie verdienen", geboten werden, so Tusch. Dazu müsse Kraus-Winkler aber "den nicht einfachen Grat von der Arbeitgebervertreterin hin zur Politikerin schaffen."

Eine Challenge, auf die selbst Obmann Seeber bei den Tourismustagen, wo er mit ihr auf dem Podium stand, anspielte: Kraus-Winkler stehe nun "auf der anderen Seite", er erwarte sich aber "gute Synergien" für die Branche.

Auch wenn sie die Kritik Hausers "nicht nachvollziehen" könne und erklärt, "aufgrund jahrzehntelanger KV-Verhandlungen mit der Vida eine enge Zusammenarbeit" zu pflegen, ist sich die Politikerin selbst des notwendigen Rollenwechsels bewusst - aber überzeugt, diesen als " Profi" zu schaffen: Auch in der Hotrec (dem europäischen Hotelier-und Gastroverband, den sie unter anderem vier Jahre als Präsidentin leitete) habe sie lernen müssen, alle europäischen Betriebe zu vertreten.

Anruf vom Bundeskanzler

"Bei mir ist vieles ungeplant passiert und ich musste öfter die Rolle wechseln." Wenn sie sich auf etwas Neues eingelassen habe, sei es ihr auch gelungen, die neuen Herausforderungen zu bewältigen: "Jetzt kommt eben die politische Dimension dazu." Ungeplant sei auch ihr jetziger Jobwechsel erfolgt, erzählt sie im Gespräch mit News: Vergangenen Montag habe sie um 18 Uhr auf dem Pariser Flughafen einen Anruf erhalten mit der Frage, ob sie sich die Aufgabe vorstellen könne. Sie erbat sich etwas Bedenkzeit, weil sie noch mit ihrem Mann Rücksprache halten wollte. Nach ihrer Rückkehr in Wien rief dann um 23 Uhr Kanzler Karl Nehammer persönlich an, dem sie dann zusagte. Mit dem Zuspruch in der Branche und der Aussicht, für diese etwas bewegen zu können, habe sie nicht Nein sagen können. "Und am Mittwoch war ich auch schon angelobt", so Kraus-Winkler, die betont, kein Parteimitglied zu sein: "Mitglied bin ich nur beim Wirtschaftsbund und der ÖVP-Parteitag vergangenen Samstag war die erste derartige Veranstaltung, die ich besucht habe."

In der Parteipolitik muss sich die Neo-Staatssekretärin vielleicht noch zurechtfinden, in der Wirtschaft ist sie jedenfalls erstklassig vernetzt -seit ihrer Zeit in der Hotrec auch in der europäischen. Den Umgang mit Topfirmen aus der Branche und großen Unternehmen ist die Nachfolgerin von Ministerin Elisabeth Köstinger ohnehin seit Langem gewohnt. Sie ist mit den Anliegen der Branche und deren Höhen und Tiefen gewissermaßen groß geworden. Ihr Vater betrieb das Hotel am Sachsengang in Groß-Enzersdorf bei Wien, das seinerzeit eines der ersten Seminarhotels und ein Leitbetrieb war. Und weil der Vater partout nicht übergeben wollte, engagierte sie sich bei der City-Club-Pyramide neben der Shopping City Süd im Süden Wiens. Mit ihrem Mann, dem Ex-SCS-Manager und Investor Michael Kraus, wälzte sie sogar Pläne zur Übernahme der Pyramide. Diese zerschlugen sich und stattdessen rief sie mit Tourismusberater Manfred Kohl die Wiener Niederlassung von Kohl & Partner ins Leben.

Erfolg als Unternehmerin

Einige Jahre danach war sie an der Gründung der mittlerweile weithin bekannten Loisium-Gruppe beteiligt: Das Wein-und Spa-Resort in Langenlois ist nicht nur architektonisch bemerkenswert, seit der Eröffnung 2005 ist es auch ein Paradebetrieb über die Region hinaus. Kraus-Winkler hält daran über ihre Merimee Holding GmbH, an der auch ihr Mann beteiligt ist, zehn Prozent (siehe Grafik unten). Ihre 25 Prozent an einem zweiten Loisium im steirischen Ehrenhausen hat sie vor drei Jahren verkauft. Den Erlös investierte sie in ein drittes Loisium-Resort in Frankreich, das gerade im Weinort Mutigny errichtet wird. Das Investitionsvolumen beträgt 25 Millionen Euro -zum Großteil kreditfinanziert, sagt Kraus-Winkler, die mit einem französischen Bauunternehmen als Partner 51 Prozent (je 50 zu 50) am Projekt hält. Die restlichen 49 Prozent gehören einer halbstaatlichen Beteiligungsgesellschaft.

»Es ist ein offenes Haus für Freunde, wir produzieren dort eigenen Wein und Olivenöl«

In der Toskana, nördlich von Florenz, haben Kraus-Winkler und ihr Mann übrigens das Anwesen von Hugo Portisch und dessen Frau samt Grund und 900 Olivenbäumen übernommen und es zu einem "offenen Haus für Freude" gemacht. Kraus-Winkler: "Wir produzieren dort eigenen Wein und Olivenöl, das in den beiden Loisium-Hotels verkauft wird."

Beteiligt ist die Neo-Staatssekretärin auch an der Harry's-Home-Kette in Österreich, Deutschland und der Schweiz - aktuell neun städtische Budgethotels, die auf kurz-und längerfristige Aufenthalte spezialisiert sind. Vier weitere sind geplant. Harry's Home ist eine Betreibergesellschaft, nur der Linzer Betrieb gehört der Firma. Haupteigentümer ist die Familie des Tiroler Hoteliers Harald Ultsch. Klar, dass auch die Beteiligungsunternehmen von Kraus-Winkler die Coronapandemie wirtschaftlich zu spüren bekamen und um staatliche Covid-Hilfen angesucht haben.

Millionen für Beteiligungsfirmen

Neben Kurzarbeit - "die hatten wir nicht sehr lange" - flossen auch Zuschüsse und Darlehen in beträchtlichem Ausmaß. Laut EU-Datenbank erhielt das Loisium Langenlois 2020 und 2021 knapp 1,23 Millionen Euro an Zuschüssen. Die Harry's Home Holding bekam 2021 einen Zuschuss in Höhe von 204.000 sowie eine Darlehensbürgschaft über 500.000 Euro. Und die verschiedenen HH-Hotel-Gesellschaften wurden im Vorjahr mit Zuschüssen im Ausmaß von fast 2,7 Millionen Euro unterstützt. In Summe also rund 4,1 Millionen Euro an Zuschüssen und eine Bürgschaft über eine halbe Million Euro. Kraus-Winkler: "Das Loisium ist ein Ganzjahresbetrieb, der während der Pandemie zeitweise auch im Stand-by-Modus war, und Harry's Home hatte es als Stadthotel besonders schwer."

Um Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, hat die Staatssekretärin nun alle ihre bisherigen operativen Jobs aufgegeben -unter anderem die Geschäftsführung der Langenlois Betriebs GmbH und den Aussichtsratsvorsitz in der Harry's Home Holding AG, ebenso ein Mandat in der Tourismus-Beratungsfirma MRP der Loisium-Holding-Gesellschafter und -Geschäftsführer Martin Schaffer und Mustafa Özdemir.

Dass ihr Mann Michael Kraus - von 2002 bis 2008 Großmeister der Freimaurerloge von Österreich - als Eigentümer der Donau-Finanz Treuhand-und Finanzierungs GmbH selbst ein erfolgreicher Investor ist, sieht die Staatssekretärin indes nicht als Problem: "Wir haben beide immer schon unsere eigenen Projekte verfolgt -und abgesehen von Merimee gibt es da auch keine Berührungspunkte."

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 22/2022 erschienen.