Apoplex: So erkennt man einen Schlaganfall

Jeder sechste bis siebte Mensch erleidet in seinem Leben einen Schlaganfall, in der Fachsprache Apoplex genannt. Vergeht zu viel Zeit bis zur Behandlung, besteht die Gefahr schwerster bleibender Hirnschädigungen bis hin zum Tod. Umso wichtiger ist es zu wissen, wie man einen Schlaganfall erkennt und was im Notfall zu tun ist.

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Illustration zum Thema Schlaganfall © Bild: iStockphoto.com/John Kevin

Inhaltsverzeichnis

Wie erkenne ich einen Schlaganfall?

Besteht der Verdacht auf einen Schlaganfall, ist der sogenannte FAST-Test anzuwenden. Der aus dem Englischen abgeleitete Name verrät bereits, worum es hier geht: Face, Arms, Speech und Time, also Gesicht, Arme, Sprache und Zeit. Bitten Sie den Betreffenden nacheinander zu lächeln, beide Arme mit nach oben gedrehten Handflächen gerade vor seinem Körper auszustrecken und eine einfache Frage, wie etwa die nach dem eigenen Geburtsdatum, zu beantworten. Wenn einer der beiden Mundwinkel beim Lächeln herabhängt, einer der beiden Arme absinkt, die Sprache unverständlich klingt oder der Patient die Frage möglicherweise nicht beantworten kann, deutet dies auf einen Schlaganfall hin.

Was tun im Notfall?

Fällt der FAST-Test positiv aus, ist schnellst mögliches Handeln angesagt. Stichwort "Time". Rufen Sie sofort die Rettung (144) bzw. den Euronotruf (112), wenn Sie sich gerade sich im europäischen Ausland befinden. "Der Patient muss so rasch als möglich auf die Neurologie transferiert werden", betont Prof. Wolfgang Serles, Leiter der Schlaganfallambulanz an der Universitätsklinik für Neurologie an der MedUni Wien.

Um bleibende Schäden zu vermeiden, muss die Behandlung - je nach Art des Eingriffs - innerhalb von viereinhalb, maximal sechs Stunden stattfinden. Das Zeitfenster für die Möglichkeit zur medikamentösen Auflösung des Blutgerinnsels, im Fachjargon Thrombolyse genannt, beträgt bis zu viereinhalb Stunden. Für die Entfernung des Blutgerinnsels bei einem schweren Schlaganfall mittels Katheter stehen sechs Stunden zur Verfügung. Unter bestimmten Umständen kann diese Therapie allerdings auch innerhalb von 24 Stunden nach Eintreten der Symptome angewandt werden. Daher sollte - auch dann, wenn schon mehr als ein paar Stunden verstrichen sind - auf jeden Fall die Rettung gerufen werden.

Abgesehen vom Verständigen medizinischer Hilfe kann man als Ersthelfer bei einem Schlaganfall relativ wenig ausrichten. Dem Patienten bringt es oft aber schon sehr viel, wenn man ihn beruhigt und ihm versichert, dass Hilfe unterwegs ist.

Was, wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird?

"Time is brain", veranschaulicht Serles die Notwendigkeit, so schnell wie möglich zu reagieren. "Je schneller die Entfernung des Blutgerinnsels, desto besser das Ergebnis." Je früher die Behandlung demnach erfolgt, desto besser können sich das Gehirn im Speziellen und der Patient im Allgemeinen wieder erholen. Werden die genannten Zeitfenster überschritten, ist die Möglichkeit einer kausalen Therapie unter Umständen nicht mehr gegeben. Soll heißen: Der Auslöser des Schlaganfalls kann nicht mehr beseitigt werden. In dem Fall besteht die Gefahr schwerster bleibender Hirnschädigungen bis hin zum Tod.

Kündigt sich ein Schlaganfall im Vorfeld an?

Ein Schlaganfall tritt plötzlich auf. Es ist allerdings möglich, dass sich bereits im Vorfeld erste Symptome zeigen. Wie diese aussehen, hängt ganz davon ab, welches Hirnareal betroffen ist. Möglich sind etwa Gefühlsstörungen im Arm oder Bein ebenso wie Sehstörungen. Die Rede ist hier von der transitorischen ischämischen Attacke, kurz TIA. Ausgelöst wird sie durch ein kleines Blutgerinnsel, das ein Blutgefäß blockiert. Sobald sich das Gerinnsel aufgelöst hat, verschwinden auch die Symptome wieder. Dies geschieht meist binnen weniger Minuten, maximal nach 24 Stunden. Da die Symptome ein Vorbote eines Schlaganfalls sein können, muss ihre Ursache durch einen Facharzt abgeklärt werden.

Kann ein Schlaganfall auch unbemerkt bleiben?

Tritt der Infarkt in einem Bereich des Gehirns auf, der nicht primär fürs Sprechen, Fühlen, Sehen oder Bewegen zuständig ist, kann er auch unbemerkt bleiben. In diesem Zusammenhang spricht man vom sogenannten stummen Infarkt. Die für einen Schlaganfall typischen Symptome bleiben dabei aus oder lassen sich, wie etwa kurzer Schwindel oder Benommenheit, nicht eindeutig zuordnen. Meist wird nur wenig Hirnsubstanz zerstört. Harmlos ist der stumme Infarkt dennoch nicht. Zum einen kann er einen schwereren Schlaganfall ankündigen, zum anderen begünstigt er, tritt er wiederholt auf, die Entwicklung von Demenz.

Welche Symptome zeigen sich?

Ein Schlaganfall wird meist von plötzlichem starken Kopfschmerz begleitet. Ebenso auftreten können Bewusstseins- und/oder Empfindungsstörungen, plötzliche Sehstörungen und plötzlicher heftiger Schwindel mit Gangunsicherheit. Es kann zu einer teilweisen oder halbseitigen Lähmung kommen. Übermäßig häufig ist auch das Sprachzentrum betroffen, sodass der Betroffene eine unverständliche Aussprache aufweist oder sich im Extremfall gar nicht artikulieren kann. Auch Schluckbeschwerden sind möglich.

Wie kommt es zu einem Schlaganfall?

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen dem ischämischen und dem hämorrhagischen Schlaganfall. Dem ischämischen Schlaganfall liegt ein Verschluss einer Arterie, die das Blut zum Hirn führt, zugrunde. Zu einem solchen kann es aufgrund von Arterienverkalkung, Herzrhythmusstörungen - hier vor allem Vorhofflimmern -, einer Störung der Blutgerinnung, Entzündungen der Blutgefäße oder einer unfallbedingten Verletzung der Arterien kommen. Mit einem Anteil von rund 90 Prozent tritt der ischämische Schlaganfall deutlich häufiger auf als der hämorrhagische, welcher in den allermeisten Fällen durch Bluthochdruck bedingt ist.

Um welche der beiden Formen es sich handelt, wird mittels Computertomographie eruiert. Während das Ziel der Behandlung des ischämischen Schlaganfalls die Auflösung des Blutgerinnsels ist, versucht man beim hämorrhagischen Schlaganfall die Blutung zu stoppen, indem man die Gerinnung optimiert.

Welche Faktoren begünstigen einen Schlaganfall?

Wie eine im Jahr 2018 veröffentlichte Studie zeigt, sind zehn Risikofaktoren für 90 Prozent aller Schlaganfälle verantwortlich. Dabei handelt es sich um

  • Bluthochdruck
  • Bewegungsmangel
  • ungünstige Blutfettwerte
  • ungesunde Ernährung
  • Übergewicht
  • Rauchen
  • psychosoziale Faktoren
  • Alkohol
  • Herzerkrankungen
  • Diabetes

79 Prozent der Patienten hatten der Studie zufolge zu hohen Blutdruck, 54 Prozent zu hohe Blutfettwerte, 26 Prozent Vorhofflimmern und 18 Prozent waren Raucher. Passiv-Rauch-Belastung erhöht das Schlaganfallrisiko laut Julia Ferrari, Neurologin am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, auf das Doppelte.

Welche geschlechtsspezifischen Unterschiede gibt es?

Frauen haben ein höheres Risiko als Männer, einen Schlaganfall zu erleiden. Das liegt in erster Linie daran, dass sie eine höhere Lebenserwartung haben und das Schlaganfallrisiko mit zunehmendem Alter steigt. Hinzu kommt, dass Schlaganfälle bei ihnen meist schwerer verlaufen und die Symptome mitunter von den typischen abweichen, was wiederum die Diagnose erschwert. Neben den klassischen Anzeichen zeigen sich bei weiblichen Patienten oft Kopf- oder Gliederschmerzen, Übelkeit oder Verwirrtheit. Auch Harninkontinenz und Schluckbeschwerden können bei Frauen auf einen Schlaganfall hindeuten.

Frauen mit Vorhofflimmern haben ein doppelt so hohes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, als Männer mit Vorhofflimmern. Auch der Risikofaktor Diabetes wirkt sich bei Frauen deutlich nachteiliger aus. Darüber hinaus sorgt die Einnahme von Hormonen, etwa zur Verhütung oder zur Linderung der Wechseljahrsbeschwerden, für ein höheres Schlaganfallrisiko. Vor allem dann, wenn die Betreffende zusätzlich übergewichtig ist, an einer Fettstoffwechselstörung leidet oder raucht. Ein enormes Risiko stellt auch schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck dar. Die Gefahr, im Laufe des Lebens einen Schlaganfall zu erleiden, ist bei Schwangeren mit Bluthochdruck fünf Mal so hoch wie bei Schwangeren ohne Bluthochdruck.

Wie kann ich einem Schlaganfall vorbeugen?

"Gesund leben", betont der Experte von der MedUni Wien. Auf Zigaretten sollte verzichtet werden, ebenso wie auf übermäßigen Alkoholkonsum. Bewegung und gesunde, vorzugsweise mediterrane Kost sollten auf der Tagesordnung stehen, übergewichtige Personen sollten abnehmen. Zudem rät der Facharzt, den Blutdruck regelmäßig zu kontrollieren. "Oft merkt man nicht, wenn er erhöht ist." Bluthochdruck gilt es, ebenso wie einen zu hohen Cholesterinspiegel oder Vorhofflimmern, medizinisch zu behandeln.

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