David Egger: Landtags-Qual-Kampf

Auf die Verluste in Kärnten könnte eine weitere Niederlage folgen: Salzburgs SPÖ-Spitzenkandidat David Egger ringt vor den Landtagswahlen am 23. April mit multiplen Problemen. Besonders viele Stimmen dürften ihn die KPÖ und ihr charismatischer Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl kosten.

von David Egger SPÖ Salzburg © Bild: IMAGO images/Manfred Siebinger

Vielleicht liegt es daran, dass eh schon alles egal ist. Oder daran, dass im schlimmsten Fall die anderen schuld sind. Möglicherweise hat es auch mit dem Sportsgeist zu tun, den David Egger gerne vor sich herträgt: Der Spitzenkandidat der Salzburger SPÖ wirkt an diesem Samstag, wenige Wochen vor der Landtagswahl, bemerkenswert entspannt.

Er unterstützt SPÖ-Funktionäre beim Wahlkampf vor dem Europark, Salzburgs größtem Einkaufszentrum. Wer von dem riesigen Parkplatz zum Eingang geht, bekommt von Egger und seinen Mitstreitern Ostereier und Flugblätter in die Hand gedrückt. Gleich neben der SPÖ haben Grüne und Neos ihre Stände aufgebaut. Man hat gar nicht so viele Hände, wie einem Wahlkampf-Werbung in die Hand gedrückt wird.

Egger plaudert mit Vorbeigehenden, lässt sich in roter SPÖ-Jacke mit seinem Team fotografieren. Vier Themen sollen in den letzten Wochen des Intensivwahlkampfs mit Mittelpunkt stehen, sagt er: Kinderbetreuung, Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, Mindestlohn für Landesbedienstete und die Anstellung pflegender Angehöriger. Letzteres zwei Maßnahmen, die Burgenlands absolut regierender Landeshauptmann Hans Peter Doskozil in seinem Bundesland bereits durchgesetzt hat.

Egger möchte in Salzburg zweierlei erreichen. Erstens, ein besseres Wahlergebnis als 2018, als sein Vorgänger Walter Steidl nur 20 Prozent machte, das historisch schlechteste Ergebnis der ehemaligen Landeshauptfraupartei. Und er will zurück in die Landesregierung. Das ist die eine, die offizielle Version der Geschichte, die auch gut zum freundlichen Frühlingswetter passt, das sich heute gnadenhalber zwischen die Nieselregenfronten geschoben hat. Vollgas bis zur Wahl am 23. April! Alles ist möglich!

Die ungeschönte Version lautet: Gut sieht es für David Eggers SPÖ kurz vor der Salzburger Landtagwahl nicht aus. Die wenigen Umfragen, die es gibt, weisen eine hohe Schwankungsbreite auf und unterscheiden sich teils deutlich voneinander, gemeinsam ist ihnen aber, dass sie die SPÖ im Abwärtstrend sehen. Möglich, dass Egger sein Wahlziel nicht erreicht und unter 20 Prozent bleibt. Gut möglich, dass er Platz zwei an die FPÖ verliert.

Führungsstreit

Die naheliegende Erklärung für die Schwäche der SPÖ in Salzburg ist der lange schwelende Führungsstreit in der Bundespartei, der nach der Kärntner Landtagswahl am 5. März endgültig in die Luft flog. Drei Persönlichkeiten erheben den Anspruch, die Sozialdemokraten in die Zukunft zu führen: Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, Hans-Peter Doskozil und Andreas Babler, Bürgermeister von Traiskirchen. Die Mitgliederbefragung startet am 24. April, gleich nach der Wahl in Salzburg. Egger muss damit leben, dass sein Wahlkampf von den Querelen auf Bundesebene überlagert wird, keine angenehme Situation. Dennoch: Er begrüße es, dass in seiner Partei endlich inhaltliche Debatten geführt werden, sagt er. In der SPÖ habe es bei wichtigen Fragen, wie etwa beim Thema Migration, in den letzten Jahren keine gerade Linie gegeben. "Ich bin sehr für innere Meinungsvielfalt, aber nach außen muss eine Meinung kommuniziert werden. Das braucht es jetzt. Eine gerade Linie und einen klaren Zeitplan." Egger wird, es überrascht nicht, dem Lager des in Migrationsfragen restriktiven burgenländischen Landeshauptmanns Doskozil zugerechnet. Auch wenn er sich mit offenherzigen Empfehlungen zurückhalten will. Zumindest bis zur Landtagswahl.

Hausgemachte Probleme

Eggers Probleme wurzeln aber nicht nur in den öffentlichlichkeitswirksam ausgetragenen Machtkämpfen der Bundespartei. Sie sind zu einem beträchtlichen Teil auch hausgemacht. Als der heute 36-Jährige vor drei Jahren in die Politik wechselte, galt er als unbeschriebenes Blatt. Parteigranden betrachten den früheren Gemeindepolitiker und Red-Bull-Mitarbeiter bis heute als politisches Leichtgewicht.

Wie schwer es ihm fällt, einen einheitlichen Kurs zu fahren, zeigt sich im laufenden Wahlkampf: Bei einer Wahlkampfdebatte sprach sich Egger für die Rückzahlung von Corona-Strafen aus, ganz in Einklang mit der niederösterreichischen FPÖ, von der er sich sonst distanziert. Und in deutlichem -manche sagen: unnötigem - Widerspruch zu der Position des Salzburger Landeshauptmanns Wilfried Haslauer (ÖVP), mit dem die SPÖ doch eigentlich zusammenarbeiten möchte.

Egger habe gute Persönlichkeitswerte, analysiert der Meinungsforscher Peter Hajek, Autor einer der Umfragen zur Salzburger Landtagswahl, aber zwei Probleme. Rechts überholt ihn die FPÖ mit Spitzenkandidatin Marlene Svazek, die "das Thema Teuerung besser besetzt hat", wie Hajek analysiert. Und von links macht die KPÖ Plus Druck. "Mit klassischen Sozialthemen, die sehr glaubwürdig vorgebracht werden, inklusive einem Schuss Populismus."

Konkurrenz von links

Ein hübsches Gründerzeithaus in der Elisabeth-Vorstadt, dem Salzburger Bahnhofsviertel, das vor einigen Jahren zu einem Mikro-Hotel umgewandelt wurde. Wo früher Salzburgerinnen und Salzburger wegen der Richtwertmiete im Altbau günstig leben konnten, steigen heute Touristen ab und profitieren von der guten Lage. Ein Problem, auf das die KPÖ Plus mit einer Pressekonferenz aufmerksam machen möchte. Sie findet in einem der Hotelzimmer statt, 16 Quadratmeter, Mini-Bad, Mini-Küche und kaum Platz zum Umdrehen. Über dem Doppelbett hängen Plakate, die den Spitzenkandidaten Kay-Michael Dankl zeigen. "Einer, der sich kümmert", steht da. Und: "Einer fürs Wohnen".

Die hohen Wohnkosten in Salzburg sind das Hauptthema der Partei, die 2019 den Einzug in den Salzburger Gemeinderat schaffte, und nun auch in den Landtag einziehen könnte. Ähnlich wie die erfolgreiche KPÖ in Graz spricht Dankl damit nicht nur tatsächliche Verlierer der Salzburger Wohnpolitik an, sondern auch linke Protestwähler und Bürgerliche, die christlich-soziale Werte in der Politik vermissen.

Der Salzburger Politikwissenschaftler Reinhard K. Heinisch - der Dankl schon aus dessen Studienzeiten kennt - sagt über die Konkurrenz zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten in Salzburg: "Jedes Prozent, das Dankl abholt, fehlt der SPÖ, die dadurch wahrscheinlich an die dritte Stelle fällt."

Dankl zeige aber auch auf, was mit einer anderen Strategie möglich sei. Er schaffe es trotz seiner studentischen Herkunft über öffentliche Omnipräsenz und persönlichen Einsatz, vor allem in den Vierteln der Ausländer und Ärmeren, auf Missstände aufmerksam zu machen. Und scheue dabei auch nicht vor linkspopulistischen Forderungen zurück. "Doch in der Regel tritt er sachlich und gemäßigt, jedoch mit etwas Augenzwinkern auf und wirkt anders als typische Politiker. Die SPÖ hat zahlreiche hausgemachte Probleme, hatte bisher Personalprobleme und tut sich als Oppositionspartei schwer."

Die Strategie der KPÖ zu kopieren, das sei für die SPÖ aber auch keine Lösung, meint Heinisch: "Die KPÖ Plus braucht sich nur intensiv auf gewisse ,vergessene Gruppen' zu konzentrieren und könnte damit an die sechs Prozent bekommen und in den Landtag einziehen. Die SPÖ muss einen viel breiteren Personenkreis ansprechen, allerdings tut sie das nicht optimal."

"One-Man-Show"

Egger selbst nennt seine linke Konkurrenz eine "One-Man-Show". Die Kommunisten würden den Landtagswahlkampf nur als Testlauf für die nächste Gemeinderatswahl 2024 nützen und seien am Land gar nicht interessiert. Lieber SPÖ wählen, als durch eine Stimme für die KPÖ Schwarz-Blau wahrscheinlicher machen, so versucht man Dankl-Sympathisanten bei der Stange zu halten. Aber ob das reicht?

Eines fällt auf beim Wahlkampf im Salzburger Europark: Vor dem Eingang, der hauptsächlich vom Parkplatz aus zu erreichen ist, stehen die Wahlkampfhelfer von SPÖ, Grünen und Neos. Ein paar Rote haben sich bis zu den Bushaltestellen verirrt. Aber ganz am Rand, da, wo die einfachen Leute mit der S-Bahn ankommen, da stehen nur die Kommunisten.

Der Beitrag erschien ursprünglich im News-Magazin Nr. 15/2023.