Michael Mitterhofer (Präsident)
©BeigestelltDer Südtiroler Unternehmer Michael Mitterhofer spricht über den zweiten Börsengang innerhalb eines Jahres, den Aufbau eines internationalen Hotel-Sales-Tech-Stacks und die Idee, mit KI-gestützten Tools Agenturen und Hoteliers schneller, effizienter und profitabler zu machen.
Herr Mitterhofer, Ende 2024 sind Sie mit ReGuest als erstes Südtiroler Unternehmen an die Börse gegangen. Wie war dieses erste Jahr an der Börse für Sie?
Das erste Jahr war ausgesprochen spannend. Wir waren ja nicht nur das erste Südtiroler Unternehmen, das den Schritt an die Börse gewagt hat, sondern auch das erste aus dem Hospitality-Tech-Bereich im gesamten DACH-Raum. Entsprechend groß war unsere Überraschung, wie gut die Aktie angenommen wurde. Bereits im Jänner hatten wir eine richtige Kursrallye: Von knapp drei Euro sind wir auf über zehn Euro gestiegen, mittlerweile hat sich der Kurs bei rund neun bis zehn Euro eingependelt.
Vor diesem Hintergrund war es besonders interessant zu sehen, wie sich unser ursprünglicher Plan entwickelt hat. Wir konnten sehr schnell unsere Buy-and-Build-Strategie aufsetzen – etwas, das ohne Börsengang in dieser Form nicht möglich gewesen wäre. Wir wachsen also nicht mehr nur organisch über das operative Geschäft von ReGuest, sondern verstärkt durch gezielte Zukäufe in dem Bereich, den wir „ComOS“ nennen – also einem Hotel-Sales-Tech-Stack, der jene Software umfasst, die Hotels für ihren kommerziellen Erfolg benötigen. Unser Ziel ist es, die besten Anbieter am Markt unter einem Dach zu vereinen und unseren Kunden damit eine Lösung aus einer Hand zu bieten, die alle entscheidenden Tools abdeckt.
Jetzt folgt mit der Zeppelin Hotel Tech Ihr zweites Listing. Warum haben Sie sich für diesen Schritt entschieden und was versprechen Sie sich davon?
Wenn ich kurz ausholen darf: Für uns schließt sich hier ein Kreis. Die Geschichte hat ja vor 26 Jahren mit Zeppelin begonnen. 1999 als Agentur für Internetmarketing gegründet, wollten wir schon Anfang der 2000er an die Mailänder Börse – dann ist allerdings die Dotcom-Blase geplatzt. Dieses Ziel hatten wir also schon einmal vor Augen.
Im Laufe der Zeit hat sich dann ReGuest als Softwareprodukt etabliert und ist vor einem Jahr erfolgreich an die Börse gegangen. Die Agentur selbst hat jedoch ein Geschäftsmodell, das naturgemäß nicht skalierbar ist – Handwerk und Kreativität lassen sich eben nicht unbegrenzt multiplizieren. Nach dem Erfolg mit ReGuest als SaaS-Unternehmen haben wir uns gefragt, ob wir das Prinzip nicht auch auf Zeppelin übertragen können.
Nach längerer Überlegung sind wir zum Schluss gekommen: Das kann funktionieren. Wir haben beschlossen, die erste echte SaaS-Agentur zu entwickeln – unterstützt durch Software und KI, um Website-Erstellung, Wartung, Kampagnen und Kampagnenmanagement deutlich effizienter zu machen.


Stehend: Denis Pellegrini (CSO & Vorstand), Marion Gurndin (Head of Customer Service), Stefan Plattner (CTO & Vorstand) v.l.n.r.
Sitzend: Christian Schölnhammer (CEO), Michael Mitterhofer (Präsident) v.l.n.r.
© BeigestelltWorin unterscheiden sich eigentlich Zeppelin und ReGuest?
Wir bauen unseren Hotel-Sales-Tech-Stack – unser Commercial Operating System – entlang der gesamten Guest Journey auf. Und da lässt sich der Unterschied gut verorten: Zeppelin sitzt am Anfang dieser Reise. Dort geht es um die Awareness-Phase, also darum, neue Gäste über Kampagnen anzusprechen, sie auf die Website oder eine Landingpage zu bringen und sie schließlich in Richtung Online-Buchung zu führen.
ReGuest hingegen befindet sich als CRM eher am anderen Ende der Guest Journey. Hier geht es um Wiederkehr, Loyalität und Kundenbindung. Gleichzeitig deckt ReGuest natürlich auch die gesamte Gäste-Kommunikation ab – die Plattform begleitet also die komplette Journey. Wenn man sich das wie einen Verkaufstrichter, als einen Funnel, vorstellt, ist Zeppelin ganz oben angesiedelt, ReGuest unten. Und dazwischen gibt es eine Reihe weiterer Softwarelösungen, die sich sauber entlang dieser Journey einordnen lassen.
Mit diesem neuen Modell ergibt auch der Schritt an die Börse Sinn. Zeppelin, ursprünglich die Mutter von ReGuest, ist mittlerweile eine Tochter: ReGuest hat das Unternehmen im Sommer übernommen, in eine AG umgewandelt und wir führen es jetzt direkt an die Börse. Dadurch entsteht zusätzlicher Wert – nicht nur für Zeppelin selbst, sondern auch indirekt für ReGuest. Und es eröffnet unseren Kunden und Partnern die Möglichkeit, am Erfolg dieses Modells teilzuhaben.
Wir wollen unseren Kunden helfen, wesentlich profitabler zu werden
Wie bereits mit ReGuest setzen Sie auch für Zeppelin auf die Wiener Börse und die Rosinger Group, die den Börsengang betreut. Dieses Paket scheint sich also bewährt zu haben?
Ja, das kann man so sagen – wir sind sozusagen ein Winning-Team. Wir scherzen intern schon darüber, welche Firma wir nächstes Jahr an die Börse bringen könnten. Aber im Ernst: Die Rosinger Group bringt nicht nur profundes Know-how im Börsengeschäft mit, sie unterstützt auch bei der Weiterentwicklung des Geschäftsmodells und des Businessplans.
Gregor Rosinger versteht sehr schnell, wie ein Geschäftsmodell funktioniert, und bringt sich dann mit großem Engagement ein. Die Zusammenarbeit ist ausgesprochen angenehm, weil wir gemeinsam konstruktiv am Modell arbeiten und es wirklich nach vorne bringen. Bisher hat alles hervorragend funktioniert – zeitnah, präzise und bis zum Schluss reibungslos.
Welche Erwartungen an Wachstum und Rendite entstehen durch den Börsengang?
Wir haben einen Businessplan, der auch auf unserer Website hinterlegt ist. Grundsätzlich sind wir überzeugt, dass Zeppelin mit dem neuen Modell ein erhebliches Potenzial hat – vermutlich sogar größer, als es im Businessplan aktuell abgebildet ist.
Der Börsengang unterstützt uns dabei, uns von einer regional verankerten Agentur zu einer SaaS-Company zu entwickeln, ähnlich wie wir es bereits mit ReGuest getan haben. Das eröffnet uns internationale Anknüpfungspunkte, nicht nur im Alpen- oder DACH-Raum, sondern weit darüber hinaus.
Hinzu kommt, dass Zeppelin nun Teil des größeren ReGuest-Tech-Stacks ist. In diesem Verbund können wir uns international deutlich breiter aufstellen und die verschiedenen Softwarelösungen des gesamten Stacks gemeinsam in den Vertrieb bringen. Das schafft Wachstumschancen in einer Dimension, die als klassische Agentur gar nicht möglich gewesen wäre.
Heißt international, dass Sie auf lange Sicht auch über den DACH-Raum und sogar den europäischen Raum hinausblicken?
Im ersten Schritt konzentrieren wir uns klar auf den DACH-Raum. Danach folgen jene Märkte, in denen ReGuest bereits präsent ist – das Vereinigte Königreich sowie die Benelux-Staaten, in denen wir schon seit einiger Zeit aktiv sind. Und ich gehe davon aus, dass im kommenden Jahr definitiv auch der Middle East dazukommen wird, wo wir uns ebenfalls stärker engagieren möchten.
Welche Vorteile erwarten Sie durch die Börsennotierung – reines Wachstumskapital, internationale Expansion oder mehr Marktpräsenz gegenüber Wettbewerbern?
Im Kern sehe ich zwei große Vorteile. Zum einen die gestiegene Sichtbarkeit. Das haben wir bereits bei ReGuest erlebt: Durch die Börsennotierung sind eine ganze Reihe positiver Effekte eingetreten, die wir in ähnlicher Form nun auch für Zeppelin erwarten.
Zum anderen spielt natürlich der Börsenwert eine Rolle – sowohl für Zeppelin selbst als auch im gesamten Verbund. Innerhalb der ReGuest-Gruppe stärkt das unsere Position als Player im Markt und hilft uns, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Unser Ziel ist es, ReGuest in den nächsten Jahren klar zum Marktführer im DACH-Raum zu entwickeln, und die Börsennotierung von Zeppelin zahlt unmittelbar auf dieses Ziel ein.
Wie stabil sehen Sie den Hotel- und Tourismusmarkt angesichts globaler Risiken – Inflation, Energiepreise, geopolitische Spannungen – und wie wirkt sich das auf Ihr Geschäftsmodell aus?
Grundsätzlich entwickelt sich der Tourismusmarkt seit Jahren positiv, wenn man die Corona-Zeit ausklammert. Weltweit sehen wir kontinuierliche Wachstumsraten, auch wenn einzelne Märkte aufgrund von Krisen immer wieder ausscheren. Genau deshalb wollen wir uns international breiter aufstellen – um widerstandsfähiger zu werden.
Wir beobachten außerdem, dass viele Player im Markt sehr solide Wachstumsraten aufweisen. Im Hospitality-Tech-Bereich ist aktuell und auf absehbare Zeit noch viel Wachstumspotenzial vorhanden. Während andere Branchen bereits stagnieren, lässt sich hier vergleichsweise leicht expandieren. Gleichzeitig steigt aber auch der Wettbewerbsdruck: Immer mehr internationale Anbieter drängen in den Markt. Eine Konsolidierung wird auch in Europa kommen. Mono-Produkt-Anbieter werden es künftig schwer haben – viele werden verschwinden oder sich größeren Strukturen anschließen müssen. Wir haben uns entschieden, selbst zu jenen zu gehören, die etwas Größeres schaffen und diesen Markt aktiv mitgestalten.
Wie wichtig ist in dem Zusammenhang als Unternehmen das Thema Geschwindigkeit – sprich immer einen Schritt voraus zu sein?
Das ist natürlich unser Anspruch: schnell zu sein und idealerweise immer einen Schritt voraus. Gleichzeitig muss man sagen, dass reine Geschwindigkeit – dieses auf Druck getriebene Wachstum, wie man es oft bei venturefinanzierten Unternehmen sieht – allein nicht ausreicht. Am Ende zählt die Beständigkeit.
Wir haben von Anfang an ein Modell gewählt, bei dem Wachstum und Profitabilität gleichermaßen wichtig sind. Es gibt ja diese sogenannte 40er-Regel*, wonach die Summe aus Wachstum und Gewinn idealerweise über 40 liegen sollte. Wir bewegen uns im Durchschnitt eher bei 60 oder 70. Profitabilität ist also klar gegeben. Wir wollen Geld verdienen und nicht ausschließlich auf Wachstum setzen.
Man sieht es ja an anderen Playern, die in den vergangenen Jahren große Finanzierungsrunden bekommen haben: Viele verbrennen enorme Summen. Irgendwann muss jedoch der Turnaround gelingen – und je länger man sich ans Geldverbrennen gewöhnt, desto schwieriger wird dieser Schritt.
Bei ReGuest haben wir rund zehn Jahre gebraucht, um auf einen Umsatz von vier bis fünf Millionen Euro zu kommen. Jetzt, durch die neuen Strukturen und Perspektiven, ergeben sich ganz andere Wachstumsmöglichkeiten – nicht nur 20 oder 30 Prozent, sondern teils dreistellige Wachstumsraten, und das bei anhaltender Profitabilität. Organisch wäre so etwas nur mit einem reinen Venture-Modell möglich, aber dann eben ohne Gewinne.
Im Hospitality-Tech-Bereich ist aktuell und auf absehbare Zeit noch viel Wachstumspotenzial vorhanden
Sie versprechen Ihren Kunden eine Website, die in 30 Tagen online ist, Onlinemarketingkampagnen, die in zwei Tagen startklar sind, und eine Plattform, in der alle Fäden zusammenlaufen. Welche Infrastruktur im Hintergrund ist notwendig, damit Sie das auch umsetzen können?
Wir haben mehrere Programmierteams, die sich seit über einem Jahr ausschließlich damit beschäftigen, diese Software zu entwickeln und laufend weiterzubringen. Im Kern ist Zeppelin eine technologische Plattform, die alle Bausteine zusammenführt – unterstützt von KI-Agenten. Diese Agenten können entweder direkt über die Software gesteuert werden oder über ein Sprachinterface, das wie ein intelligenter Assistent funktioniert.
Man kann dem System zum Beispiel sagen: „Wie sieht die Auslastung in den kommenden Monaten aus? Gibt es Lücken im Vergleich zum Vorjahr?“ Der Agent analysiert die Daten, gibt Handlungsempfehlungen und kann bestimmte Maßnahmen sogar direkt umsetzen. Diese Kombination aus Plattform und KI ist letztlich das Rückgrat, das unsere Geschwindigkeit möglich macht.
Wie reagieren kleinere und mittlere Hotels auf Ihre Lösungen? Sehen Sie dort bereits starke Nachfrage nach KI-gestütztem Marketing oder eher Skepsis gegenüber dieser Technologie?
Man muss zunächst einmal sagen: KI ist ein großes Wort, und wir müssen uns anschauen, was tatsächlich passiert. Auf der einen Seite gibt es die einfachen Anwendungen – etwa Texte schreiben oder übersetzen direkt in der Software. Damit ist die Software schon KI-basiert und erleichtert die Arbeit enorm. Statt selbst Inhalte in ChatGPT zu erstellen und zu kopieren, läuft das direkt über die Plattform.
Dann gibt es KI-gestützte Chatbots, die seit einigen Jahren eingesetzt werden. Sie sparen Hotels viel Zeit, indem sie wiederkehrende Fragen sofort beantworten – ein klarer Vorteil. Darüber hinaus kommen nun die sogenannten Agenten, die nicht nur antworten, sondern auch aktiv Aufgaben ausführen können. Das reicht von Buchungen und Tischreservierungen bis hin zu internen Aufgaben, wie automatisierte Preissetzung oder das Schreiben von E-Mails.
Skepsis ist natürlich da. Manche Mitarbeiter fürchten, ersetzt zu werden. Unsere Erfahrung zeigt aber: Wer versteht, dass diese KI im Grunde ein virtueller Mitarbeiter ist, der repetitive Aufgaben übernimmt, kann sich auf wertschöpfendere Tätigkeiten konzentrieren – etwa den Gast. Wer denkt, er werde ersetzt, läuft Gefahr, dass es genau so kommt; wer es aber als Hilfsmittel annimmt, kann effizienter arbeiten und sein eigenes Potenzial besser nutzen.
Zum Abschluss noch einen Blick in die Zukunft: Was ist Ihre Vision für Zeppelin Hotel Tech in fünf bis zehn Jahren?
Die Zeppelin Hotel Tech fokussiert sich ja auf den Upper Funnel, also die Awareness-Phase. In fünf bis zehn Jahren erwarten wir, dass wir international etabliert sind und als Referenz am Markt gelten – sowohl für KI-basierte Software zur Unterstützung von Agenturen als auch für Hotels, wenn es um Websites und Kampagnen geht.
Von der Marketingagentur zum SaaS-Tech-Unternehmen
Gründung: 1999 von Michael Mitterhofer, Denis Pellegrini und Stefan Plattner. Die drei Gründer haben in Wien Wirtschaftsinformatik bzw. Informatik studiert.Gründung: 1999 von Michael Mitterhofer, Denis Pellegrini und Stefan Plattner. Die drei Gründer haben in Wien Wirtschaftsinformatik bzw. Informatik studiert.
Frühe Ausrichtung: Ursprünglich als Webmarketingagentur mit Fokus auf Technologie und Marketing gestartet – eine Kombination, die damals einzigartig war.
Spezialisierung auf Hospitality: Ab 2005/2006 begann der Fokus auf Hotels.
Innovation ReGuest: Idee ab 2010/2011, Umsetzung ab 2012, Markteintritt 2014. ReGuest wurde später eigenständig und ist vor einem Jahr an die Börse gegangen.
Transformation: Vom Tech-Unternehmen über Marketingagentur zur Hospitality-Softwarefirma. Entwicklung von Produkten auf Basis realer Kundenprobleme, insbesondere um Hoteliers den Umgang mit komplexer Software zu erleichtern.
Zeppelin heute: Plattform mit KI-Agenten, die Hotels und Agenturen helfen, Websites und Kampagnen effizient zu erstellen und zu verwalten. Zielgruppe sind zunehmend Agenturen, die damit profitabler arbeiten und ihre Kunden besser bedienen können.
Strategie: Aus Wettstreitern werden Partner – gebündeltes 26-jähriges Know-how fließt in die Software, um Hotels und Agenturen international zu unterstützen.
*Erklärung:
Die 40er-Regel (Rule of 40) ist eine Faustregel für Software- (SaaS-) Unternehmen: Die Summe aus jährlichem Umsatzwachstum (%) und Gewinnmarge (%) sollte idealerweise 40 % oder mehr betragen, um ein gesundes, nachhaltiges Wachstum zu signalisieren.





