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Semmering: Warten auf den Erlöser

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Das Südbahnhotel

©APA-Images / Wolfgang Sos

Christian Zeller, das Südbahnhotel und der Golfplatz: Seit Jahren versprechen Politik und Wirtschaft die Wiederbelebung des mondänen Ortes. Doch bis heute herrscht Stillstand.

Anfang Dezember 2025, bei eiskalten Temperaturen rund um den Gefrierpunkt liegt der Semmering in ein monotones Grau getaucht. Eine warme Wirtshausstube zu finden, scheint da ein Ding der Unmöglichkeit.

Und doch braucht es nur eine Autostunde von Wien, um in eine völlig andere Welt zu gelangen – eine Welt, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Die große Blüte hat der Semmering längst hinter sich; vieles wirkt wie aus einer Saison, die niemand mehr richtig beendet hat.

Träume der Landespolitik

Trotzdem greift die niederösterreichische Landespolitik, allen voran die Landeshauptfrau, nach jedem rettenden Strohhalm, um eine baldige Wiederbelebung auszurufen. Mit allem, was dazugehört. Und so darf die Landespostille regelmäßig vermelden, der Semmering werde nun wirklich, diesmal aber ganz sicher, aus „seinem Dornröschenschlaf“ geweckt.

Hier und heute zeigt sich ein völlig anderes Bild. Ein Hauch von Morbidität liegt über allem, ein Ambiente, das eher an eine alte Sage erinnert als an einen traditionsreichen Kurort. Da kommt einem schon mal — wenn auch nicht ganz literarisch präzise, aber stimmungsmäßig durchaus passend — der Erlkönig in den Sinn. Es ist schlicht nasskalt, und der Jahreszeit geschuldet wird es um halb vier bereits finster. Eine Szenerie, in der man sich nicht wundern würde, wenn plötzlich eine Gestalt „durch Nacht und Wind“ auftauchte. Doch hier reitet niemand heroisch oder geisterhaft einher. Es ist einfach der Winter, der die Landschaft fest im Griff hat.

Nun schreitet man durch den Ort, vorbei an verschlossenen Pensionen und leeren Auslagen, und bleibt vor einem Hotel stehen – und steht vor dem Hotel: dem Südbahnhotel.

Grandhotel im Winterschlaf

Ein mächtiger Baukörper lehnt sich an den Hang, auf exakt tausend Meter Seehöhe, die unteren Geschoße aus grob gefügtem Naturstein, darüber helle Putzflächen, durchzogen von rotbraunen Fachwerkbändern. Türme und Erker staffeln sich nach oben, die grün gedeckten Dächer brechen in verschiedenen Winkeln aus der komplexen Dachlandschaft, dazwischen Zwiebeltürmchen, Kamine, ein hölzerner Wandelgang unter dem Dachfirst.

Als Grandhotel 1882 von der k.k. privilegierte Südbahn-Gesellschaft errichtet, war dieses Haus einst die erste Adresse am Pass, ein Palasthotel der feinen Wiener Gesellschaft auf Sommerfrische. Heute steht man davor in der nasskalten Dezemberdämmerung, und die große Fassade wirkt wie eine erstarrte Bühne, auf der der letzte Akt längst gespielt ist und doch wartet man unwillkürlich darauf, dass sich irgendwo wieder ein Vorhang hebt.

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Winterschlaf: Seit Jahren steht das Südbahnhotel am Semmering nahezu unverändert da.

 © APA-Images / APA / TOBIAS STEINMAURER

Christian Zeller, der Wiener Investor

Und ein Mann verspricht genau das zu tun: Christian Zeller. Ein eher unscheinbarer, rund 60-jähriger Immobilieninvestor, dessen geschäftlicher Fokus bislang vor allem auf Ertragsobjekten in bester Wiener Innenstadtlage lag.

Nun aber hat er sich ausgerechnet dieses monumentale Haus am Semmering vorgenommen. Gekauft hat er das Haus vor etwas mehr als vier Jahren: Im Oktober 2021 erwarb eine ihm nahestehende Gesellschaft das Südbahnhotel für 8,4 Millionen Euro laut dem News vorliegenden Kaufvertrag. Mit Bilanzstichtag 31.12.2021 war das Objekt in der Bilanz der Erwerbsgesellschaft mit 8,9 Millionen Euro angesetzt, dem gegenüber standen Verbindlichkeiten von 9,05 Millionen Euro.

Inzwischen weist die Gesellschaft in der Bilanz des Jahres 2024 ein Anlagevermögen von 11,3 Millionen Euro aus, bei Verbindlichkeiten von 8,6 Millionen Euro und einem Verlust von 1,4 Millionen Euro. Wie der Sprung auf der Aktivseite – von 8,9 auf 11,3 Millionen Euro – zustande kam, bleibt dabei offen.

Auch eine Recherche im Grundbuch fördert Interessantes zutage: Die Raiffeisenbank St. Pölten ließ sich zunächst ein Pfandrecht über 5 Millionen Euro eintragen; im Jahr 2023 wurde dieser Betrag dann auf 3,3 Millionen Euro herabgesetzt. Seit Juli 2025 besteht eine Vereinbarung zwischen Zeller und der Gemeinde Semmering: Im Gegenzug für die Umwidmung bestimmter Grünflächen und Widmung von Zubauten rund um das Hotel räumte Zeller der Gemeinde ein Vorkaufsrecht im Grundbuch ein.

Bemerkenswerte Finanzierung

Bloß: Um ein derart in die Jahre gekommenes Haus auf Fünf-Sterne-Niveau zu bringen, wären ganz andere Summen nötig. Von einem Gesamtinvestment von rund 120 Millionen Euro gehe er aus, verkündete Zeller noch im Frühjahr 2025 gegenüber dem Wirtschaftsmagazin Trend. Und dafür wandte sich Zeller – mit einer eigens gegründeten Südbahnhotel GmbH – an den Kapitalmarkt.

Er legte eine sogenannte Wandelanleihe mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einem jährlichen Zinssatz von sechs Prozent auf. Als nachrangige Anleihe an der Wiener Börse emittiert, birgt sie entsprechend hohe Risiken für Anleger und sollte gezielt institutionelle Investoren ansprechen. Der Einstieg ist erst ab 100.000 Euro möglich.

Ein kurioses Detail am Rande: Als Zahlstelle fungiert ein rumänischer Zahlungsdienstleister. Wie Recherchen von News nun zeigen, ist das Interesse bislang äußerst gering. Von den angestrebten 60 Millionen Euro ist man weit entfernt. Bereits im Sommer berichtete Die Presse, dass es für das Papier kein nennenswertes Interesse gegeben habe.

Baubeginn erst 2027

Christian Zeller teilt dazu auf News-Anfrage lediglich mit, die Anleihe sei „als kapitalmarkttaugliches Finanzierungsinstrument für einen zukünftigen Bedarf vorbereitet“ worden. Und er betont, „aus persönlicher Verbundenheit und Überzeugung mit privatem Risiko und privatem Vermögen“ dafür einzustehen, das Südbahnhotel wieder zur historischen Größe und Bedeutung der Region zurückzuführen.

Ganz generell, so Zeller, „arbeitet das Investorenservice des Landes Niederösterreich gut und effizient“, dennoch könne – unter Berücksichtigung der zwingenden Fristenläufe – erst im Herbst 2027 mit den Bescheiden und einem Baubeginn gerechnet werden. Also rund sechs Jahre nach der Übernahme.

Ein Golfplatz und offene Fragen

Auch ums Eck, beim ältesten Golfplatz Österreichs, steht die Zeit still. Nach einer gerichtlichen Versteigerung gehört er ebenfalls zur Zeller-Gruppe – nur soll, wie Insider berichten, die Überweisung des fünf Millionen Euro schweren Kaufpreises noch ausständig sein. Zeller teilt dazu mit, „der Zuschlag aus der Versteigerung ist rechtskräftig erteilt. Das Areal war zum Zeitpunkt der Versteigerung bereits zu ca. 50 Prozent im Eigentum der Christian-Zeller-Gruppe. Der daraus folgende Betrag ist sichergestellt und wird fristgerecht hinterlegt.“

Bis 23. Dezember soll dafür noch Zeit sein. Und die Suche nach risikofreudigen Investoren geht wohl weiter.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 50/2025 erschienen.

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