Peter Plaikner
©Bild: Matt ObserveOnly bad news are good news? Nachrichtenmedien können in eigener Sache viel Trauriges berichten. Wenn sie es überhaupt melden. Doch Schönfärberei in PR-Diktion und versuchte Geheimhaltung sind keine Option. Die mangelnde Transparenz führt zu Vertrauensverlust.
Dies wird ein Versuch, zugleich Steine aus dem Glashaus zu werfen und auf dünnem Eis nicht einzubrechen. Es geht um die wirtschaftliche Lage österreichischer Medienhäuser und das journalistische Schönreden bis Verschweigen dieser Situation.
Die einstige „Zeitung für Leser“ (Eigenwerbung) titelte vor zwei Wochen „Klarer Kurs für die Zukunft“ über die Unterzeile „Der Standard adaptiert seine Strukturen und investiert in digitalen Qualitätsjournalismus“. Erst zwei Absätze weiter stand, dass er 25 Stellen abbaut. Das sind fünf Prozent der Mitarbeiter. Im Vergleich zum Aderlass in anderen Branchen wirkt das wenig. Doch aufgrund ihrer demokratiepolitischen Sonderstellung als Informanten der Öffentlichkeit sind Nachrichtenmedien ganz besondere Unternehmen.
Also gelten spezielle Maßstäbe. Marketing-Behübschung statt journalistisch klarer Sprache für eine traurige Mitteilung in eigener Sache ist unangebracht. Wer über andere distanziert informiert und dazu kritisch kommentiert, muss dies mit sich genauso halten. Sonst beschädigt er das größte Gut des Journalismus – die Glaubwürdigkeit. Das gilt umgekehrt auch für Jubel-Hausmitteilungen, die redaktionellen Qualitätskriterien Hohn sprechen.
Falsches Verschleiern und Verbergen
Meine entsprechende Kritik am Standard entpuppt sich aber als unverhältnismäßig. Denn die meisten anderen Medien berichteten schlicht nicht über den Personalabbau des Mitbewerbers – und einige auch nicht über den eigenen. Diese Unterlassung reicht vom Gratisblätterring Regionalmedien Austria bis zum früher „großen“ Horizont (Eigenwerbung) der Presse. Sie müssen wie zuvor schon Krone, Kurier und andere ihre Mitarbeiterzahl reduzieren. Alte Geschäftsmodelle funktionieren immer weniger. Die Finanzierung von digitalem Journalismus ist ungewiss. Er ficht einen Existenzkampf.
Das ist eine ungewohnte Situation für ein jahrzehntelang meist uneingestanden hoch privilegiertes Metier. Redaktionen sind einerseits nicht gewohnt, ausreichend über ihre Arbeit zu informieren. Doch das ist wichtig für die Vertrauensbildung mit ihrem Publikum. Sie haben andererseits aber eine Selbstvermarktung zugelassen, die PR-Grundsätzen statt Journalismus-Prinzipien unterliegt. Spätestens die tiefe, multiple Krise des Berufsstands muss zu einer Rückbesinnung auf seine ureigene Konstitution führen.
Journalismus muss Vorrang behalten
Transparenz ist eine Lebensader von Journalismus. Sie sorgt in Form von Recherche, Investigation, Aufdeckung, Analyse und Kommentierung für eine Gesprächsgrundlage der Demokratie. Wer genau diese Mittel in eigener Sache ruhen lässt, untergräbt das Vertrauen der Journalismus-Konsumenten alias Nachrichtenmedien-Nutzer. Das beschädigt in erster Linie die eigene Marke, in weiterer Folge aber auch die Demokratie.
Die Krisenszenarios auf den jüngsten Branchentreffs wirkten nicht, als wäre dieser Zwang zur Selbstveränderung allgemein bewusst. Die mitunter zu verspürende Endzeitstimmung konzentrierte sich auf Außenfeinde (Big Tech) und -freunde (staatliche Förderung). Ansonsten ein Mittelding zwischen „Der Kongress tanzt“ und „Tanz auf dem Vulkan“. Hausaufgaben blieben im Homeoffice. Eines dieser unerledigten To-dos ist die Transparenz über sich selbst.
Was meinen Sie? Schreiben Sie mir: pp@plaikner.at
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 41/2025 erschienen.