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Medien und Journalismus auf der Suche nach Gemeinsamkeit

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Peter Plaikner

©Bild: Matt Observe

Während die BBC sich ins Knie schießt und Der Spiegel ARD/ZDF ins Visier nimmt, wartet der ORF auf seine Reform. Unterdessen beteiligte sich Österreichs Medienpolitik immerhin an einer privat organisierten Klausur zur Abgrenzung und Förderung von Journalismus.

Hier die puren Journalisten, dort die Chefredakteure und Herausgeber, einerseits das Management, zum anderen die Wissenschaft, vorne Politiker, hinten Juristen, links Vertreter der Zivilgesellschaft, rechts der Brancheneinrichtungen: Solch vielfältige Zugänge zu einem Thema adeln sich heute gern als 360-Grad-Perspektive.

Sebastian Loudon und Gabriela Bacher nannten es „Acht Tische für die Vierte Gewalt“, wozu sie im Namen der Datum-Stiftung für Demokratie und Journalismus sowie der Initiative „Ein Versprechen für die Demokratie“ mehr als 60 Experten versammelten. Ziel der Klausur: Die Formulierung kollektiver Ziele für Medienpolitik im Allgemeinen und -förderungen im Besonderen.

Die übergewichteten Kleinen

Klingt wenig, ist aber viel. Denn zwischen ORF und Boulevard, großen Häusern und kleinen Start-ups liegt ein Minenfeld gegensätzlicher Interessen. Es konnte auch durch zweitägige Beratung und intensive Bemühungen um Konsens für die finalen zehn Handlungsempfehlungen nicht entschärft werden. Der Zeitungsverband VÖZ, vertreten durch seinen Generalsekretär Gerald Grünberger, kritisierte schon am Sonntag danach eine Praxisferne der meisten Vorschläge und die mangelnde Ausgewogenheit in der Zusammensetzung der Klausurteilnehmer. Die Unterrepräsentierung der Großen und Übergewichtung der Kleinen war auffallend. Das lag aber auch an Absagen und erschien als ein Ausgleich zum Status quo. Die Macher der Medienbranche agieren sonst oft als exklusiver Klub mit enorm hohen Eintrittshürden.

Dabei geht es meist uneingestanden immer um Geld vom Staat. Nur wer dazugehört, wird gefördert. Jede Vergrößerung des Kreises bewirkt die Verkleinerung einiger Kuchenstücke. Die daraus entstehende Abwehrhaltung ist nachvollziehbar, aber zu kurzfristig orientiert. Auf Dauer kann keine Förderung ein morsches Geschäftsmodell ersetzen. Die unbefangen neue Kurse fahrenden Start-up-Schnellboote könnten schwer manövrierbaren Medien-Tankern Digital-Passagen zum Publikum von morgen weisen.

Die öffentlich-rechtliche Krise

Wie sehr dieses Tempo notwendig ist, zeigt die Nachrichtenlage rund um die Klausur: Der Rücktritt von BBC-Chef Tim Davie unter Druck von US-Präsident Donald Trump ist mehr als ein Insel-Problem. Denn das Rundfunkhaus der Briten gilt ungeachtet aller Krisen als öffentlich-rechtlicher Klassenprimus. Wenn es wankt, steht ein europäisches Vorzeigesystem auf dem Spiel. Prompt titelt Der Spiegel zu ARD und ZDF: „Sind die noch zu retten? Teuer, träge, belehrend: Die Öffentlich-Rechtlichen in der Existenzkrise“.

Diese Wellen sind höher als der Küniglberg. Der ORF war aber bei „Acht Tische für die Vierte Gewalt“ kaum Thema. Er soll erst im Herbst 2026 bei einer Enquete von Medienminister Andreas Babler die Hauptrolle spielen. Aus dieser Perspektive hatte die von Loudon und Bacher privat organisierte Klausur ungeachtet mancher Schwächen geradezu wegweisende Funktion. Es braucht weitere solche Zusammenkünfte, um sich für den Showdown in einem Jahr zu wappnen. Das beste Rüstzeug dafür wäre Medien- und Journalisten-Einigkeit, die über den kleinsten gemeinsamen Nenner hinausgeht.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir: pp@plaikner.at

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 47/2025 erschienen.

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