Die Leiterin Saatgut-Politik der Arche Noah über den Kampf von Züchtern und Sortenschützern gegen die Patentierung von Saatgut in Europa.
Die Arche Noah kämpft seit Jahren vehement gegen die Möglichkeit der Patentierung von Saatgut. Warum?
Bauern und die meisten Saatguthersteller sagen, dass sie bei patentiertem Saatgut keinen Zugang zu den Eigenschaften der jeweiligen Pflanze zur Weiterzucht hätten. Beim jetzt gültigen Sortenschutz hat der jeweilige Saatguthersteller zwar das Recht auf einzelne Saatgutsorten, aber nicht auf ihre Nutzung zur Entwicklung neuer Sorten.
Damit können Züchter ausgehend von diesen Pflanzen weiterzüchten und neue, verbesserte Sorten auf den Markt bringen – davon profitieren wir alle. Das wäre bei einem Patent unmöglich. Hier müssten die Saatguthersteller Lizenzen bei den Patentinhabern kaufen.
Was wäre so schlimm an Lizenzen?
Das können sich die wenigsten dieser meist kleinen Unternehmen und schon gar kein einzelner Bauer leisten. Sie würden mit Weiterzüchtungen nicht genügend verdienen, um die Gebühren bezahlen zu können. Auch im Vorfeld von Neuzüchtungen ist es kompliziert, denn es gibt eine große Rechtsunsicherheit. Es könnten immer Patente auf Basispflanzen vorhanden sein, was für die kleineren Züchter ohne große Rechtsabteilungen nur sehr schwer feststellbar ist.
Das EU-Parlament hat sich gegen Patente ausgesprochen, warum gibt es trotzdem ein Patentproblem?
Seit den 1990er-Jahren gibt es die EU-Biopatentrichtlinie. Laut der gelten Patente nur für genetisch manipulierte Pflanzen. Doch in der Praxis nutzen Konzerne und ihre Patentanwälte zunehmend juristische Schlupflöcher, um sich auch herkömmlich gezüchtete Pflanzen patentieren zu lassen. Wir fordern eine Verschärfung des Patentrechts, um solche Monopolisierungen zu verhindern. Doch die EU-Kommission und der Rat wollen keine Änderung der Patentrichtlinie.
Es gibt vehementen Widerstand seitens der Pharma- und chemischen Industrie
Woran scheitert es?
Es gibt vehementen Widerstand seitens der Pharma- und chemischen Industrie. Diese befürchten, dass ein Patentverbot bei Pflanzen auch auf ihre gentechnisch erzeugten Produkte übergreifen würde. In diesen Branchen wird im mikrobiologischen Bereich sehr viel patentiert.
Auch die Patentanwälte sind dagegen, weil sie einen Teil ihres Geschäfts verlieren würden. Ein großes Problem ist auch, dass Juristen und Ökonomen über das Patentrecht in Europa entscheiden. Sie haben in der Regel wenig Wissen darüber, warum Patente für Züchter und Bauern besonders gefährlich sind.
Was bedeutet das für die Braugerste?
Die Arche Noah hat gemeinsam mit kleinen Brauereien Einspruch gegen die Patentierung beim Europäischen Patentamt eingelegt. Das hat die Entscheidung wieder in die Zulassungsinstanz zurückverwiesen. Dort wird in ein bis zwei Jahren endgültig darüber entschieden.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 50/2025 erschienen.






