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ETH Zürich entwickelt realitätsnahes Labor-Rindfleisch: Neue Methode bringt Durchbruch bei Muskelfasern

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Rindfleisch könnte in Zukunft aus dem Labor kommen.

Forschende der ETH Zürich haben im Labor Rindermuskelfasern gezüchtet, die echtem Fleisch molekular und funktionell stark ähneln. Die Methode basiert auf einem Molekül-Cocktail aus der Muskeltherapie. Bis zur Marktreife sind jedoch weitere Schritte notwendig.

Fleisch aus dem Labor gilt als möglicher Schlüssel für eine tierleidfreie, ressourcenschonende Ernährung. Während bereits erste Produkte aus Hühnerzellen in Singapur erhältlich sind, steckt die Entwicklung von Labor-Rindfleisch noch in einem früheren Stadium.

Ein Team der ETH Zürich um Professor Ori Bar-Nur hat nun einen wichtigen Schritt gemacht: Erstmals gelang es, im Labor dreidimensionales Rindermuskelgewebe mit dicken, funktionellen Fasern zu erzeugen, das dem natürlichen Gewebe deutlich näherkommt als bisherige Ansätze.

Herstellung realistischer Rindermuskelfasern möglich

Die Forschenden nutzten sogenannte Myoblasten – Vorläuferzellen, die aus Rindfleischstücken isoliert wurden. Diese Zellen entwickelten sich dank eines speziellen Molekül-Cocktails zu Muskelfasern, die sich wie echtes Muskelgewebe zusammenziehen. Laut ETH Zürich sind dabei dieselben Gene und Proteine aktiv wie im natürlichen Rindermuskel. Bisherige Laborversuche mit Rindermyoblasten erzeugten lediglich dünne Fasern ohne diese funktionellen Eigenschaften.

Der verwendete Cocktail wurde ursprünglich an der Harvard University entwickelt, um Muskelzellen für die Therapie genetischer Muskelerkrankungen außerhalb des Körpers zu züchten. Nun zeigt sich, dass dieser auch zur Herstellung realistischer Rindermuskelfasern geeignet ist. Die Methode stammt somit aus der Grundlagenforschung zur Muskeldystrophie.

Geschmack und Konsistenz ähneln echtem Fleisch

In der Schweiz ist der menschliche Verzehr von Laborfleisch derzeit noch nicht erlaubt. ETH-Professor Bar-Nur hat selbst noch nicht gekostet, weiß aber von bewilligten Degustationen anderer Forschender, dass Geschmack und Konsistenz dem echten Fleisch ähneln.

Bis aus dem Versuchsmaterial ein marktfähiges Produkt wird, sind jedoch weitere Optimierungsschritte notwendig. So muss etwa das Zellkulturmedium – die nährstoffreiche Flüssigkeit, in der die Zellen wachsen – günstiger und sicherer gemacht werden. Auch die Skalierbarkeit der Produktion stellt eine Herausforderung dar. Aktuell wurden nur wenige Gramm Fleisch im Labor hergestellt.

Aufwendiger Zulassungsprozess erforderlich

Doktorandin Christine Trautmann und Wissenschaftler Adhideb Ghosh, beide Hauptautor:innen der aktuellen Publikation im Fachjournal Advanced Science, betonen, dass noch ein aufwendiger Zulassungsprozess erforderlich ist, bevor das Produkt in Supermärkten landen könnte. Um die Technologie weiterzuentwickeln, erwägt Bar-Nur die Gründung eines Start-ups.

Unterstützt wird die Forschung vom Good Food Institute, dem Verband Swiss Food Research sowie Innosuisse. Ihr gemeinsames Ziel: ein neues Lebensmittel zu schaffen, das Tierleid vermeidet und gleichzeitig sicher, nachhaltig und für Konsument:innen erschwinglich ist.

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