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Wissenschaft vs. Religion: Der Affenprozess

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3 min

John T. Scopes

©Wikipedia

Vor 100 Jahren, 1925, wurde Lehrer John Scopes in Tennessee mit einer 100-Dollar-Strafe belegt, weil er die Evolutionstheorie unterrichtete. Der „Affenprozess“ stellte den Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion ins Zentrum der Öffentlichkeit.

Am 13. März 1925 erließ der US-Bundesstaat Tennessee auf Druck der Fundamentals, einer radikal-christlichen Bewegung, ein Gesetz, das verbot, in Schulen Darwins Evolutionslehre zu unterrichten. Die Schöpfungsgeschichte der Bibel wurde zur einzigen Wahrheit erklärt. Florida und Oklahoma folgten mit ähnlichen Gesetzen.

John Scopes unterrichtete Biologie an der Rhea County High School in Dayton, Tennessee, und sah sich mit einem Dilemma konfrontiert. Das offizielle Lehrbuch von Tennessee „Civic Biology“ erklärte die Menschwerdung auf der Grundlage der Theorie von Darwin. Würde Scopes nach dem Lehrbuch unterrichten, hätte das eine Anzeige zur Folge. Er klagte darüber gegenüber einem Freund, abends beim Bier, der mit Kollegen aus der Geschäftswelt den Widerspruch zu einem Plan entwickelte. Käme es zu einem Prozess, wäre die unbedeutende Stadt Dayton über Nacht das Zentrum des Interesses. Sie überredeten Scopes, aus dem offiziellen Lehrbuch vorzutragen, und würden die Kosten seiner Verteidigung bei einer Anzeige übernehmen.

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Lehrbuch

Und es geschah, was geschehen sollte. Scopes unterrichtete auf Grundlage des Lehrbuchs, der Staatsanwalt zeigte Scopes an, und der Prozess machte die verschlafene Kleinstadt über Nacht berühmt. 120 Journalisten kündigten sich für die Verhandlung an. 100 Prediger verschiedenster Kirchen kamen, um die Schöpfungstheorie zu verteidigen und Menschenrechtsorganisationen entsandten Beobachter. Dayton, mit 1.800 Einwohnern, erwartete etwa 3.000 Gäste.

Unterkünfte bis weit in die Umgebung waren ausgebucht. In der Stadt herrschte Jahrmarktstimmung. Auf eiligst gezimmerten Bühnen wurden – als symbolträchtiger Verweis auf den Affenprozess – dressierte Affen vorgeführt. Die Verteidigung argumentierte, es gehe um den Unterschied zwischen Religion und Wissenschaft und kündigte mehrere bekannte Professoren an, die erklären sollten, dass auch ein gläubiger Wissenschafter die Entwicklung der Forschung respektiere. Der Richter lehnte die Zeugen ab. Es ginge hier einzig und allein um die Verletzung eines Gesetzes von Tennessee.

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Verteidigung

Daraufhin forderte die Verteidigung, der Assistent der Staatsanwaltschaft, der Politiker William Bryan, der besonders aufgeregt gegen Erkenntnisse der Naturwissenschaft polemisierte, sollte über die Wissenschaftlichkeit der Bibel aussagen. Obwohl sowohl der Richter als auch der Staatsanwalt Bryan davon abrieten, in den Zeugenstand zu treten, sah der Populist Bryan eine Chance für seine politische Karriere. Das blamable Kreuzverhör, in dem Bryan versuchte, die Geschichte der Erde mit Bibelzitaten zu erklären, ging als Höhepunkt des Prozesses in die Geschichte der Vereinigten Staaten ein. Am 21. Juli wurde Scopes zu 100 Dollar Strafe verurteilt. Das Urteil jedoch später wegen eines Formfehlers aufgehoben.

Das Theaterstück „Inherit the Wind“  – auf der Grundlage des Prozesses – von Jerome Lawrence und Robert Lee wurde ein Hit in den USA, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Der gleichnamige Film („Wer den Wind sät“) unter der Regie von Stanley Kramer mit Spencer Tracy und Gene Kelly bekam vier Oscar-Nominierungen.

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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 19/2025 erschienen.

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