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Zohran Mamdani ist Bürgermeister von New York – und was jetzt?

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Zohran Mamdani

©IMAGO / MediaPunch

Zohran Mamdani ist der neue Bürgermeister von New York City – und Symbol einer Zäsur für die Demokratische Partei. US-Experte Christian Lammert erklärt, warum die Partei von Mamdanis Wahlkampf lernen muss, welche Wähler sie zu verlieren droht – und weshalb ein zu abrupter Generationenwechsel gefährlich wäre.

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Zohran Mamdani ist Bürgermeister von New York City. Der 34-jährige Sozialdemokrat hat sich am Dienstag gegen Andrew Cuomo, der als Unabhängiger antrat und den Republikaner Curtis Sliwa durchgesetzt.

Von seinem Wahlkampf kann die "zutiefst gespaltene" Demokratische Partei, wie Christian Lammert von der Freien Universität Berlin sie beschreibt, lernen. Sie muss Kandidaten und vor allem Themen finden, "die junge Wähler aktivieren", sagt er.

Schwieriger Spagat

Allerdings: "Ohne die Älteren zu verlieren", so der US-Experte. "Der Spagat ist schwierig." Mamdani ist populär bei den jungen New Yorkern und New Yorkerinnen. Laut aktuellen CNN-Exit Polls hat er 78 Prozent der Stimmen von Wählern zwischen 18 und 29 Jahren erhalten. Gegen den älteren Wählerblock landesweit hätte er, sagt Lammert, aber "kaum Chancen". "Die Partei muss also realistisch kalkulieren – und begreifen, dass Mobilisierungskampagnen regional und demografisch angepasst sein müssen."

Lammert führt aus: "Wahrscheinlich braucht es bei den nächsten Präsidentschaftswahlen noch einmal eine Übergangsfigur, bevor eine neue Generation übernehmen kann. Der Wandel darf nicht zu abrupt erfolgen." Heißt: Eine moderatere Figur, die die politische Mitte zurückgewinnt. Ohne aber die Ränder zu verlieren. Und das "in einer Zeit, in der Polarisierung auch innerhalb der Parteien zunimmt", erklärt er.

Nicht mehr Vertreter der Arbeiterklasse

Traditionell waren junge Menschen, städtische Milieus und Einwanderungsgruppen Wähler der Demokraten. Die Partei galt auch lange als Vertreterin der Arbeiterklasse. "Doch dieses Profil hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten deutlich verschoben", erklärt Lammert.

Dass die Demokraten bei klassischen sozialökonomischen Fragen – den sogenannten "bread-and-butter issues" – den Anschluss verloren haben, hätte Präsident Donald Trump früh erkannt, erklärt Lammert. "Davon profitieren die Republikaner. Die Arbeiterklasse ist den Demokraten davongelaufen." Denn der Partei gelingt es nicht, eine klare Botschaft zu formulieren. Oder das politische Personal aufzubauen, das diese vermitteln könnte.

In der Forschung werde dieses Phänomen schon seit Jahren diskutiert, sagt der USA-Experte. "Der Wahlsieg von Joe Biden 2020 hat das nur zeitweise überdeckt. Nach der Niederlage 2024 zeigte sich wieder deutlich ein Vakuum in der Partei." Trump und seiner Regierung gelingt es "deutlich besser", diesen Spagat, zwischen verschiedenen Wählergruppen zu balancieren, so Lammert weiter. "Er versteht es, seine Wählerkoalition anzusprechen und ein klares, häufig religiös aufgeladenes Bild der amerikanischen Gesellschaft zu entwerfen."

Es überrascht daher nicht, dass die Demokratische Partei in Umfragen nur auf rund 30 Prozent Zustimmung kommt. "Auffällig ist eher, dass selbst Trump mit etwa 37 Prozent besser abschneidet", sagt Lammer. Früher hätten die Demokraten von seiner Unbeliebtheit profitiert. Doch dieser Mechanismus funktioniere heute nicht mehr.

Wählern fehlt positives Thema

"Viele Wähler empfinden die Demokraten als reine Gegenpartei zu Trump", erklärt der US-Experte. "Lange Zeit lautete die Botschaft der Demokraten: 'Wenn ihr uns nicht wählt, kommt Trump – und gefährdet die Demokratie'." Das hat 2020 noch funktioniert. Viele Wähler wurden durch Trump sogar mehr als durch Biden selbst mobilisiert. "Doch solche Warnstrategien greifen nicht unbegrenzt. Es fehlt ein positives Thema."

Zudem wird in der zersplitterten Wählerkoalition deutlich, dass bestimmte Positionen für manche Gruppen zum "Ausschlusskriterium" geworden sind, sagt Lammert. Etwa zu Israel oder Palästina. "Der frühere Pragmatismus bei Wahlentscheidungen scheint verloren."

Heftig kritisiert wird auch das politische Personal der Demokraten. Die Partei "leidet unter Überalterung", sagt Lammert. Aber, ein Generationswechsel wird durch Parteieliten blockiert: "Viele altgediente Politiker glauben, nur sie könnten Wahlen gewinnen, weil sie Erfahrung und Bekanntheit besitzen." Aus diesem Grund hielt auch Biden letztes Jahr trotz wachsender Unzufriedenheit zu lange an seiner Kandidatur fest.

Kompromisskandidat droht erneut

Bei den kommenden Vorwahlen wird eine Vielzahl von Kandidaten antreten, ist Lammert sicher. "Entscheidend wird sein, ob und hinter welchem Programm sich die Partei frühzeitig einigen kann - sonst droht erneut ein Kompromisskandidat und der Verlust zentraler Wählergruppen." Denn: "Wenn junge Wähler nicht ausreichend angesprochen werden, gehen sie schlicht nicht wählen – was die Demokraten unmittelbar schwächt", sagt Lammert. Und Republikanern traditionell nutzt. "Zumal Trump seine Anhänger äußerst effektiv mobilisiert. Die MAGA-Bewegung bleibt energiegeladen und wahlaktiv."

Aktuell macht die Demokratische Partei den Fehler, "zu stark auf Charisma und Profil einzelner Kandidaten zu setzen", meint Lammert. "Glaubwürdigkeit entsteht erst, wenn Programme und Personen zusammenpassen." Diskutiert werden muss daher vor allem, welche Themen im Vordergrund stehen sollen. "Regierungsreform, Effizienz und Wohnungspolitik könnten den Demokraten neue politische Impulse geben", so der US-Experte. Dabei ginge es nicht um mehr oder weniger Staat, sondern um einen Staat, der besser funktioniert.

Er führt aus: "Zentral wird auch das Thema Umwelt und Klima bleiben – aber so formuliert, dass ökonomische Chancen betont werden: Klimapolitik als Jobmotor und Zukunftsstrategie." Und: Demokraten müssen die Migrations- und Grenzpolitik "stärker besetzen", sagt Lammert. "Nicht durch Nachahmung konservativer Positionen, sondern durch eigene Reformvorschläge für ein modernes Einwanderungssystem." "Wenn sie das schaffen, können die Demokraten Wahlen auch wieder gewinnen."

Das Interview führte Rosa Schmitz/APA

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