In den USA formieren sich kleine, meist ältere Gruppen von Demokraten-Anhängern, die mit einer klaren Devise in den Wahlkampf ziehen: „JFW – Just Fucking Win“. Statt Empörung über Trump setzen sie auf direkten Kontakt zu Wähler:innen, Spendenaktionen und Hausbesuche – mit dem Ziel, bei den Kongresswahlen 2026 die Mehrheit zurückzuerobern und die Machtbalance im Land neu zu ordnen.
Umringt von etwa 15 älteren Herrn saß ich Ende Juli in einem mexikanischen Restaurant in Lincoln Park, nördlich des Zentrums von Chicago. Hier lebt die obere Mittelklasse in modernen Wohnblocks mit Schwimmbad auf dem Dach, einem Doorman, der die Tür aufhält, wenn man mit schweren Einkaufstaschen kommt, älteren Apartment-Buildings, zwar ohne Schwimmbad, jedoch mit großen Wohnungen, die sich über ganze Stockwerke erstrecken, und ein paar Einfamilienhäusern. Einige der besten Restaurants findet man in dieser Gegend, so wie einfache indische, chinesische und mexikanische Lokale.
Wahlen 2026
Jonathan, ein pensionierter Architekt, den ich im Tennis-Klub kennenlernte, erzählte mir von einer Gruppe von Freunden, die sich zusammengeschlossen hatten mit einem einzigen Ziel: Die Wahl des Kongresses im November 2026 für die Demokraten zu gewinnen, und damit die Allmacht Präsident Trumps mit Kontrolle von Kongress und Senat zu beenden.
Ein paar ehemalige Rechtsanwälte, Ärzte, Finanzberater, ein Besitzer einer Baufirma, alle bereits in Pension. Wohnung oder Haus abbezahlt, die Kinder selbstständig, also was tun jetzt? „Wir holen uns den Kongress zurück“ – ist die Devise dieser aufgeregten, heiteren, teils zittrigen alten Männer, manche gestützt auf einen Stock, wenn sie aufstehen und lautstark ihrem Alltag noch Sinn und Zweck geben wollen.
Das Motto der Gruppen, die sich überall in den USA bilden: JFW – Just Fucking Win! Genug des Gejammers und der Empörung, Demokraten müssen wieder lernen, Wahlen zu gewinnen. „It’s enough“, sagte einer der Redner mit grauem, kurz geschnittenem Bart und schütterem Haar, „wir sind mitverantwortlich für den Erfolg der Republikaner, über den Zerfall der Demokratie uns aufzuregen und blöde Witze über Trump zu machen, das reicht einfach nicht.“
Illinois und Wisconsin
Jede dieser Gruppen sucht den Kontakt zu lokalen Abgeordneten, Kandidaten und Kandidatinnen, die bei den letzten Wahlen nur knapp gewonnen oder verloren hatten. Es wird Geld gesammelt, mit Vertretern der Demokraten über Strategien diskutiert, und die noch Beweglichen und Aktiven planen Hausbesuche in den Wahlkreisen. „Wir müssen den persönlichen Kontakt zu Wählern und Wählerinnen finden und sie für uns begeistern“, sagte Fred und stampfte bei jedem Satz mit dem Stock auf den Boden.
Am 3. November 2026 werden die 435 Mitglieder des Kongresses neu gewählt. Derzeit haben Republikaner mit 219 Sitze eine knappe Mehrheit gegenüber den Demokraten mit 212 Abgeordneten. Aus Illinois kommen derzeit 14 Demokraten und drei Republikaner. Vom Nachbarn Wisconsin, wo schon ähnliche Gruppen aktiv sind, sechs Republikaner und zwei Demokraten.
„Mit Illinois und Wisconsin könnten wir das Haus (wie Amerikaner den Kongress bezeichnen) für uns gewinnen“, sagte David, der ehemalige Bank-Manager, aufrecht stehend und erregt, „ich werde die nächsten Monate persönlich 2.000 Hausbesuche machen!“ Jubel setzt ein, von ein paar Hustenanfällen begleitetet, sie heben ihre Gläser und John, ein ehemalige Pilot, schreit: „Trump, deine Zeit läuft ab, du kannst uns die Demokratie nicht einfach abkaufen!“
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 37/2025 erschienen.