Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) hält den Sparkurs zur Budgetsanierung für ausgewogen. News hat genauer nachgefragt.
von
Der Finanzminister hat im News-Interview gesagt, ein gutes Sparpaket muss alle treffen: Trifft es alle?
Ein so großes Sparpaket, wie wir es vorhaben, wirkt natürlich in der Breite. Wir bringen einen Mix an Maßnahmen auf den Weg – zwei Drittel ausgabenseitig, ein Drittel einnahmenseitig. So wollen wir die Budgetkonsolidierung schaffen.
Die Kritik lautet, dass es sehr wohl manche stärker trifft: etwa Familien, weil die Familienleistungen nicht mehr valorisiert werden.
Ein großer Einsparungsposten ist die Abschaffung des Klimabonus. Da sind wir der Meinung, dass er nicht treffsicher genug war. Förderungen müssen effektiv und effizient sein und sollen nicht mit der Gießkanne verteilt werden. Zu den Familien: Ja, da findet in den nächsten zwei Jahren eine Nichtvalorisierung statt. Es gibt also keine Steigerung. Aber man muss dazu sagen, dass Österreich in diesem Bereich im internationalen Vergleich sehr hohe Förderungen hat und es gelungen ist, dieses hohe Niveau auch zu halten.
Die Inflation ist immer noch deutlich zu hoch: Das heißt, es gibt einen realen Kaufkraftverlust für Familien.
Wir gehen davon aus, dass die Inflationsrate weiter sinken wird. Wir lagen im vergangenen Jahr schon unter drei Prozent. Anfang 2025 gab es durch die Energiepreise einen leichten Anstieg. Aber das sollte wieder nach unten gehen.
Die Regierung argumentiert, der Klimabonus sei nicht treffsicher. Nun schüttet sie mit der Gießkanne einen verdreifachten Pendler-Euro aus, mit dem man oft fossile Energien fördert. Ist das zukunftsorientiert?
Dahinter verbergen sich zwei Aspekte: Wir wollen treffsichere Unterstützung geben – in diesem Fall eben bei Pendlerinnen und Pendlern, die durch die CO2-Preise belastet sind. Der zweite Aspekt ist, dass wir damit ganz bewusst eine Entlastung für Leistungsträgerinnen und Leistungsträger setzen. Und wenn man sich die Mobilität ansieht: Diese wird immer differenzierter. Wir sehen eine Entwicklung hin zur Elektromobilität.
Die ÖVP ist Fan des Verbrenners.
Trotzdem wird sich aus meiner Sicht im Pkw-Bereich die Elektromobilität langfristig durchsetzen. Aber natürlich brauchen wir in anderen Bereichen einen Mix aus neuen Technologien, etwa im Schwerverkehr, bei Schiffen und Flugzeugen.
Plakativ formuliert: Bei Pendlern, die vielleicht freiwillig ins Eigenheim im Grünen gezogen sind, federt man die CO2-Bepreisung ab. Bei Mietern mit Gasetagenheizung, die gar keine andere Wahl haben, lässt man die Preise steigen. Ist das fair?
Man muss immer den gesamten Mix an Maßnahmen sehen. Wir haben wirklich versucht, diese ausgewogen zu gestalten. Gerade im Bereich der Mietwohnungen haben wir Dämpfer eingeführt, damit die Kosten nicht nach oben gehen.
Wir haben uns vorgenommen, dass wir in den nächsten Jahren alle Förderungen auf den Prüfstand stellen


Das Wifo hat eine ganze Liste an klimakontraproduktiven Subventionen – etwa das Dienstwagen- und das Dieselprivileg – erstellt. Wann werden diese angegriffen? Wollen es sich ÖVP und SPÖ mit den Autofahrern nicht verscherzen?
Im ländlichen Raum sind viele Menschen auf das Auto angewiesen. Und es gibt ja in vielerlei Bereichen Unterstützung. Zum Beispiel das Klimaticket, das auch stark von der öffentlichen Hand unterstützt wird. Aber wenn Sie mich fragen, ob man die Förderungen genauer durchforsten soll, bekommen Sie von mir ein ganz klares Ja. Wir haben uns vorgenommen, dass wir in den nächsten Jahren alle Förderungen auf den Prüfstand stellen, ob sie richtig eingesetzt sind. Ich bitte um Verständnis, dass wir nicht schon in den ersten Monaten alles auf die Rüttelstrecke gebracht haben.
Das heißt: Wenn Ihre Expertinnen und Experten sagen, Förderungen gehören ökologisiert, dann würden Sie auch die heiligen Kühe der ÖVP und der Flächenbundesländer auf den Schlachthof schicken?
Sie können sich jedenfalls darauf verlassen, und das spricht generell für die Arbeit hier im Finanzministerium, dass wir uns sehr sachlich und faktenorientiert dem Thema nähern. Wir hören sehr genau, was Wirtschaftsforscherinnen und -forscher vorschlagen, und bewerten dann am Ende gemeinsam – und das ist mit drei Parteien nicht einfach –, in welche Richtung es gehen soll.
In der ÖVP hat man die Wirtschaftsforscher kritisiert, sie hätten sich bei den Prognosen verschätzt. In dieser Frage hört man also doch auf sie?
Wir brauchen ihre Grundlagen zu Budgeterstellung. Insgesamt ist die Politik gut beraten, auf Grundlage von Daten und Fakten Entscheidungen zu treffen. Faktum ist, dass sich die Wirtschaftsprognosen seit Herbst 2023, als das Budget erstellt wurde, immer weiter verschlechtert haben. Darauf beruht ein wesentlicher Teil des Defizits, das wir jetzt haben. Wir haben 2023 zudem mit ausgeglichenen Budgets von Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen kalkuliert. Das hat sich leider nicht bewahrheitet. Auch der Konsum ist nicht so angesprungen, wie man gedacht hat. Wären diese Einnahmen gekommen, hätten wir uns leichter getan. Dafür gab es auf der Ausgabenseite sehr großzügige Umweltförderungen.
Großzügige Förderungen gibt es auch in anderen Bereichen.
Ja, das stimmt. Das war nur ein Beispiel.
Die Einnahmen des Bundes sind durch hohe KV-Lohnabschlüsse und die daraus folgenden Steuereinnahmen und SV-Beiträge gestiegen. Ins Rutschen gekommen ist das Budget aber durch Pensionserhöhungen und Beamtenabschlüsse über der Inflationsrate. Thema Pensionen: Reicht die bisher angekündigte Reform?
Die Regierung hat erkannt, dass man bei den Pensionen etwas machen muss. Die Dynamik der Kostenentwicklung war in den letzten Jahren beträchtlich und macht einen wirklich großen Anteil am Staatsbudget aus. Es ist wichtig, dass wir Schritte setzen. Das gesetzliche Frauenpensionsalter steigt sukzessive an. Wir haben zusätzliche Maßnahmen vorgestellt, etwa bei der Korridorpension, und um das Arbeiten im Alter attraktiver zu machen. Hauptziel ist, das faktische Pensionsantrittsalter nach oben zu bringen. Jeder Monat, den wir später in Pension gehen, bringt dem Budget 200 Millionen Euro. Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, führen wir einen Nachhaltigkeitsmechanismus ein. Dass man dann weitere Schritte setzen muss, ist klar.
Ich sehe bei den Senioren die Bereitschaft, im Sinne der nächsten Generation einen Beitrag zu leisten


Zuletzt gab es Pensionserhöhungen über der Inflationsrate. Soll man da in den nächsten Jahren bremsen?
Ich habe den Eindruck, dass es mittlerweile in der breiten Bevölkerung das Bewusstsein gibt, dass wir wirklich sparen müssen. Die ersten KV-Abschlüsse heuer in der Wirtschaft und der Industrie sind sehr moderat ausgefallen. Ich denke daher, dass es in den nächsten Monaten gute Gespräche mit den Seniorinnenvertreterinnen und -vertretern geben muss, wie man sich hier finden kann. Ich orte gerade bei Senioren die Bereitschaft, im Sinne der nächsten Generation einen Beitrag zu leisten.
Die nächste Pensionserhöhung soll sich an den gesetzlichen Rahmen halten oder ihn sogar unterschreiten?
Man ist gut beraten, solche Gespräche nicht vorab in der Öffentlichkeit zu führen. Aber mein Eindruck ist, es ist großes Verständnis da.
In den skandinavischen Ländern wird das Pensionsalter an die steigende Lebenserwartung angepasst. Wäre das auch bei uns fällig?
Man muss Schritt für Schritt vorgehen. Da wir heute von den 65 Jahren noch weit entfernt sind, sehe ich keine akute Notwendigkeit, da schon darüber hinaus zu denken. Aber mittel- bis langfristig muss man sich das überlegen, dafür haben wir ja den Nachhaltigkeitsmechanismus gemacht.
Ein Defizittreiber war auch die Erhöhung der Gehälter im öffentlichen Dienst. Wären Sie dafür, mit der Gewerkschaft nachzuverhandeln? Oder in den folgenden Jahren unter der Inflationsrate zu bleiben?
Das ist ein sensibler Bereich. Denn es gibt ja einen ausverhandelten Abschluss, der noch dazu gesetzlich definiert ist. Es ist also unglaublich schwierig, da noch einmal hineinzugehen. Nichtsdestotrotz denke ich, dass man hier noch einmal Gespräche führen sollte.
Nach der Budgetrede kommt die Staatsreform. Sie waren Landesrätin in der Steiermark – erleichtert es die Angelegenheit, dass Sie die Verhandlungstricks der Länder kennen?
Ein gesamtheitlicher Blick ist immer gut. Ich kenne alle Ebenen, den Gemeinderat, die Landesebene und jetzt die Bundesebene. Wir sitzen alle in einem Boot. Die Budgetkonsolidierung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Es gibt von allen Ebenen das Bekenntnis, dass wir es angehen müssen. Der Kostendruck auf Länder- und Gemeindebene ist sehr groß, vor allem bei Gesundheit, Pflege und Sozialem. Da müssen wir strukturelle Reformen auf den Weg bringen, damit es am Ende auf allen Ebenen eine Entlastung gibt. Wir können im System viel an Effizienzsteigerungen erreichen.
Dazu müssten die Ländern Kompetenzen abgeben. Dazu gab es immer ein großes Nein. Als Beispiel wird oft der Gesundheitsbereich genannt: Es gibt Spitäler in Sichtweite, dazwischen liegt aber eine Landesgrenze. Greift man da jetzt hin?
Aufgrund des Budgetdrucks ist tatsächlich auf allen Ebenen große Bereitschaft da, strukturell etwas zu machen. Man sollte ohne Denkverbote hinschauen, welche Ebene welche Aufgabe am besten erfüllen kann. Dazu braucht sie dann aber auch die budgetären Mittel. Das heißt nicht per se, dass die Länder etwas abgeben müssen. Vielleicht will auch der Bund etwas an die Länder abgeben.
Zum Beispiel?
Es ist natürlich gefährlich, da ein Beispiel herauszugreifen. Aber es liegt auf der Hand – und ich weiß, dass es auch dem zuständigen Minister ein Anliegen ist –, sich den Bildungsbereich anzuschauen. Hier gibt es Mischbehörden, Landeslehrer, Bundeslehrer, Gemeinden als Schulerhalter. Wenn man das vereinfacht, hätten alle etwas davon.
Der Bildungsminister würde die Zuständigkeit für z. B. AHS an die Länder abgeben?
Da gibt es viele Möglichkeiten. Aber der Bildungsbereich insgesamt ist jedenfalls etwas, wo man strukturell genau hinschauen muss.
Und die Neos, die das Bildungsministerium inne haben, rufen ja ohnehin immer laut nach Reformen …
Ich habe bei den Regierungsverhandlungen den Bereich Bildung, Wissenschaft und Forschung verhandelt. Insofern würde ich den Minister da nicht einbremsen.
An welche Prognosen haben Sie sich bei der Budgeterstellung gehalten, nachdem die letzten so oft korrigiert werden mussten?
Wir haben diesmal wirklich sehr sorgsam budgetiert. Wir haben für heuer die Prognose, dass wir leider weiter eine Rezession haben werden. Andererseits gab es leicht positive Zahlen im ersten Quartal. Wenn das so bleibt, würde uns das sehr helfen. Aber so ehrlich muss man sein: Die Konjunktur muss anspringen.
Der frühere Finanzminister Magnus Brunner hat Dinge zugelassen, für die es keine Gegenfinanzierung gab. War er zu nett?
Ich möchte nicht im Nachhinein etwas ausrichten. Man muss schon sagen, dass die Differenz zwischen den Prognosen, mit denen er gearbeitet hat, und dem, was eingetreten ist, sehr groß ist.
War die Abschaffung der kalten Progression zu diesem Zeitpunkt ein Fehler?
Das würde ich nicht so sagen. Das war ja eine langjährige Forderung, weil man gesagt hat, die schleichende Steuererhöhung ist nicht gerecht. Wichtig ist, dass wir jetzt, da wir sehen, es ist knapp mit den Budgets, entsprechend nachjustieren.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 20/25 erschienen.