Wogrollys Couch steht diesmal im LoftCube im Hotel Daniel in Graz. Auf die Couch bittet News-Liebesexpertin Monika Wogrolly den Rechtsanwalt Harald Christandl. Der juristische Allrounder erläutert den Sinn eines Adrenalin erfüllten Lebensstils und worauf es in jeder Beziehung ankommt.
Harald Christandl nimmt sich privat und beruflich kein Blatt vor dem Mund und ist nicht nur beim Boxen schlagkräftig. Dass Emotion aber nicht nur in der Liebe, sondern in jeder Beziehung zählt, dafür setzt er sich mit subtilen, aber auch schlagkräftigen Strategien und ganz bewusst mit einem Lächeln ein.
Hat dieser Boxhandschuh eine besondere Bedeutung?
Er liegt auf meinem Schreibtisch quasi symbolisch, dass ich regelmäßig zum Boxtraining gehe, und andererseits als Zeichen dafür, dass man nie aufgibt und kämpft bis zum Schluss – unter dem Motto: Stand Up and Fight.
Sind Emotionen in der Rechtsprechung störend?
Emotionen sind unheimlich wichtig. Die Menschen sollen sich authentisch geben vor Gericht. Sie sollen sich so geben, wie sie wirklich sind und sich nicht verstellen. Emotionen gehören zum Leben dazu. Emotionslose Personen werden keinen Erfolg haben. Und wenn man die Menschen liebt, muss man sich auch selber lieben und seinen Gefühlen folgen, sonst funktioniert das systemisch nicht. Eine Emotion ist die schönste Regung, die man als Mensch haben kann. Ob das jetzt Glücksgefühle sind, ob das jetzt Traurigkeit ist, alles ist bedeutend und echt.
Ich bin so etwas wie ein praktischer Arzt – nur im Rechtsbereich
Sie sind ein Allrounder in der Rechtsprechung.
Ich bin so etwas wie ein praktischer Arzt – nur im Rechtsbereich. Ich decke an sich alle Bereiche ab und bin allerdings auf Wirtschaftsrecht, Bankenrecht und auf Amtshaftungsrecht spezialisiert.
Ihr Beruf ist auf Vertrauen fokussiert.
Das Vertrauen ist das Um und Auf. Und ich muss immer universal denken, wenn jemand kommt und zu mir sagt, pass auf, Herr Rechtsanwalt, bitte löse mein Problem. Dann muss man ein umfangreiches Denken an den Tag legen, man muss alle Varianten durchspielen. Und auch wenn ein Klient sich etwas anderes erwartet, ist es meine Pflicht, ihm aufzuzeigen, dass andere Wege besser sind. Das Wichtigste dabei ist, dass der Klient dem Anwalt vertraut und das befolgt, was der Anwalt ihm empfiehlt Der Anwalt ist wie ein Regisseur und der Mandant ist der Akteur, der im besten Fall verwirklicht, was man ihm strategisch, taktisch und kreativ vorgibt.
Ihr Leitsatz ist: Mit einem Lächeln durchs Leben. Wie kann man bei so einem Beruf, wo man viel Kritik und Gegnerschaft hat, mit einem Lächeln durchs Leben gehen?
Nun, es ist schlichtweg viel einfacher, wenn man dem Leben aufgelockert, freundlich und auch lächelnd begegnet, als wenn man griesgrämig dreinschaut und den Gegner von vorneherein quasi auffressen will. Man muss zum Beispiel, wenn man zu Gericht geht, vor allem dem Gegner und dem Gegenanwalt freundlich begegnen. Am allerwichtigsten ist jedoch der eigene Mandant; er muss zufrieden sein. Und wenn ich das Ganze lächelnd und freundlich angehe, läuft es viel leichter.
Wogrollys Couch mit Harald Christandl: Das Interview zum Ansehen
Ist der Beruf eines Richters oder Anwaltes ein Machtberuf?
Ja, es ist schon ein Machtberuf. Richter treffen in erster Instanz im Zivilbereich oder im Strafbereich eine Entscheidung, die sich auf ein Beweisverfahren reduziert. Und das Beweisverfahren ist in Österreich kaum bekämpfbar.
Woran scheitern heutzutage Beziehungen?
Soweit das zwischenmenschliche Beziehungen betrifft, Ehen oder auch Geschäftspartnerschaften, ist da meistens auf einer Seite der Wohlstand, wobei die Gier zunimmt, dass immer jeder mehr will, jeder höher, jeder weiter drängt. Der Erwartungs- und Optimierungsdruck nehmen zu, die Bilanz muss immer plus sein. Wenn hier irgendwo dann ein Missverhältnis rauskommt, fühlt sich meist einer übergangen und versucht dann hier irgendwo das Ganze zu bekämpfen.
Eine monogame Beziehung ist heute fast schon die Ausnahme. Und die Ursachen für Scheidungen, die ich miterlebe, sind immer häufiger nicht so sehr das übliche Fremdgeh-Theater, sondern zunehmend Unzufriedenheit und Zeitmangel. Die Leute flüchten sich in ihre Handys, wenn man sie zusammen sieht, wir haben Handyspielchen, das Handy wird nebeneinander benutzt, ohne das Gespräch zu suchen. Ich glaube, dass wir hier mehr und mehr abdriften, dass hier schon die elektronischen Medien so einen großen Einfluss auf das Beziehungsleben haben, neben den üblichen sonstigen Gründen für eine Trennung.
Wie kann man die Liebe haltbar machen?
Durch Verständnis, durch gegenseitigen Respekt. Ich bin mit meiner Frau seit vierunddreißig Jahren verheiratet – und immer noch glücklich verheiratet. Das geht nicht ohne Beziehungsarbeit, indem wir beruflich und privat viel Zeit miteinander bringen. Man schafft sich daneben auch individuelle Freiräume, das gehört dazu, und das Grundvertrauen, dass man gemeinsam bestimmte Ziele verfolgt und erreicht. Dort liegt der Schwerpunkt, den man da zu bearbeiten hat.
Ihre Frau geht aber wahrscheinlich nicht mit in den Boxring, oder?
Nein, das macht sie nicht. Man muss darauf achten, dass man bestimmte Zeiten gemeinsam verbringt und gemeinsam unternimmt. Und das das funktioniert schon, wenn beide wollen.
Wenn ich nach einem langen Tag aus meiner Praxis gehe, dann will ich keine Frage mehr gestellt bekommen. Wie ist das bei Ihnen?
Bei mir ist das ganz anders. Ich bin eigentlich immer erreichbar; ich habe schon im fernsten Ausland Verträge diktiert. Für mich ist es eine Art von Therapie, wenn trotzdem das Telefon läutet. Zwar viel weniger, aber ich bin noch immer online verbunden. Ich brauche, dass ich gebraucht werde. Ich bin ein Workaholic. Das Schlimmste ist für mich, wenn ich einmal nicht gebraucht werde. Also wenn einmal zwei, drei Stunden, auch im Urlaub kein Anruf kommt, kein Mail, wo jemand was haben will, dann werde ich fast beunruhigt. Ich brauche das immer, gebraucht zu werden. Ich liebe das.
Ich suche mir auch gezielt immer Adrenalin-Geschichten. Im Job sind es Herausforderungen, die nahezu lösbar sind, und befriedigend ist, wenn man dann Lösungen möglich macht. Und im Privatleben habe ich mittlerweile fünfzehn Marathons hinter mir und vierzig Halbmarathons. Ich bin in der Südsee gelaufen bei vierzig Grad, lauter verrückte Geschichten. Ich bin mit dem Viererbob durch den Eiskanal gefahren mit Bob-Olympiasieger Harald Winkler. Tauchen, Boxen, ich liebe alles, wo man richtig körperlich und mental gefordert wird.
Die schönste Freiheit, die man haben kann, ist selbstbestimmt zu leben
Gibt es eine Art Innehalten, wenn Sie auf sich selbst zurückgeworfen sind, ohne sich für jemand anderen einzusetzen?
Selten. Der einzige Ort, wo ich wirklich völlig abgeschieden bin von der Außenwelt, ist, wenn ich tauchen gehe. Beim Tauchen hörst du nur das Blubbern der Luft, die beim Atmen ausströmt. Ansonsten kannst du die Unterwasserwelt genießen – ganz ohne Telefon, ohne E-Mails, du hast niemanden, der dich unterbricht. Und dieses herrliche Panorama der Unterwasserwelt zu genießen, da kommt dieser Moment, wo einem dann alles wurscht ist. Man vergisst rundum die Fragen und Probleme, die im Alltag auf einen einprasseln.
Wenn man auf zwanzig Meter geht, verengt sich die Lunge auf ein Drittel des Volumens. Und wenn man auftaucht, muss man schauen, dass man keine körperlichen Schäden davonträgt, indem man mehrere Stopps einlegt, etwa bei fünf Metern einen Drei-Minuten-Dekompressationsstopp macht. Der Stickstoff muss aus dem Körper raus, erst dann kann man auftauchen. Wenn man tiefer ist und länger unter Wasser ist, dann muss auch der Weg zurück in das reale Leben sehr vorsichtig angegangen werden. Meine größte Tauchtiefe waren etwa siebenunddreißig Meter. Das Schöne am Tauchen ist auch, du hast immer einen Tauchpartner, der mit dir runtergeht und der mit dir dann gemeinsam den Tauchgang absolviert. Man hat praktisch immer einen Aufpasser. Und das gibt Sicherheit.
Das Autonomiebewusstsein ist bei Menschen Ihres Berufs ist sehr stark ausgeprägt. Das Gefühl, selbst die Regie zu haben, selbst die Fäden zu ziehen, die Zügel in der Hand zu haben …
Natürlich bin ich als Freiberufler überwiegend selbstbestimmt und nicht fremdgesteuert. Denn freiberuflich zu sein, heißt, dass man sich im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten einfach frei bewegen kann. Wenn ich sage, ich mache das, dann mache ich das. Oder wenn ich sage, das Mandat übernehme ich nicht, übernehme ich es nicht. Und das ist die schönste Freiheit, die man haben kann, selbstbestimmt zu leben. Das ist auch das Schöne an diesem Beruf, der arbeitsintensiv ist und einem viel abverlangt, bei dem man auch gut verdient. Eine Freiheit, die man sich erst konsequent erwerben muss.
Steckbrief
Dr. Harald Christandl
Dr. Harald Christandl ist seit 1988 selbstständiger Rechtsanwalt mit einer Kanzlei in Graz und Wien. Er ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. 20 Jahre Lehrauftrag als Universitätslektor in Graz und Linz, Vorstandstätigkeit in Privatstiftungen, Aufsichtsratsmandate, Senatsmitglied in der österreichischen Fußballbundesliga, Mandate für Persönlichkeiten aus Politik, Sport und Showbusiness
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