Eine Situationship ist weder Fisch noch Fleisch. Das Gute daran ist, im Augenblick zu bleiben und ehrlich nicht zu wissen, wohin es wirklich geht, weiß News-Kolumnistin Monika Wogrolly.
Stellen Sie sich vor, Ihr Ehemann eröffnet Ihnen, mit „dieser anderen Frau“ sei es nichts Ernstes. Nicht mehr als eine Situationship. So geschehen bei Anne, Bastians Frau seit 20 Jahren. Er versteht die Welt nicht mehr – und schon gar nicht seine Frau. Sie sei bestens versorgt, er sei der galanteste Ehemann und der fürsorglichste. Dass es Nina in seinem Leben gebe, liege allein an Annes Verhalten. „Wenn sie mir keine Liebe gibt, muss ich mir das woanders holen.“
Annes erotischer Lockdown führte zu getrennten Betten und seiner Suche nach einem Liebesersatz. Und so kam nach zahlreichen Affären auch Bastians dauerhaftes Situationship aus seiner Sicht logisch ins Spiel. Dass Anne dies zum Anlass nahm, die Scheidung einzureichen, hält Bastian für eine hysterische Überreaktion. Obwohl für ihn nicht ausgeschlossen ist, wenn es mit Anne nichts mehr wird, eines Tages Nina zu heiraten. Was ist eine Situationship und was sind die Vorteile und Nachteile?
Was ist eine Situationship?
Eine Situationship ist eine bewusst unverbindlich geführte zwischenmenschliche Beziehung, wenn man so will, situationselastisch und mysteriös, da man noch nicht einschätzen kann, „was es wird“. Sie ist bewusst gegenwartsbezogen, unklar und offen – mehr als eine „Freundschaft mit Benefits“. Es besteht eine sowohl emotionale als auch körperliche Bindung, doch ohne definierte Ziele und Zukunftspläne.
Best-Case-Szenario
Mit einer Situationship geht im besten Fall einher, die Liebe frisch zu halten, da man sich immer wieder aus freiem Willen dazu bekennt – eben weil es jederzeit zu Ende sein kann.
Eigendynamik vorprogrammiert
In einer Situationship zu leben, kann sich wie ein frischer Start in die Verliebtheit anfühlen, aber auch ohne jede Verliebtheitsphase rein pragmatisch vonstattengehen. Und wird im Verlauf von individuellen Commitments gesteuert.
Die Gefahren der Unberechenbarkeit
Allerdings kann einem die Unberechenbarkeit einer Situationship auch auf den Kopf fallen, auf Dauer quälend und zu wenig sein, wenn Wünsche nach einer gemeinsamen Zukunft wach werden.
Nähe vs. Distanz
Die Regulation von Nähe und Distanz kann sich in Abhängigkeit von den Bedürfnissen der in einer Situationship befindlichen Personen schwierig gestalten, wenn alles ohne jede Verpflichtung und Übernahme von Verantwortung füreinander einhergeht.
Freiheit oder emotionale Verwirrung
Was zunächst nach Freiheit riecht, sorgt häufig nach einiger Zeit für emotionale Verwirrung. Was ist nun echt, sind die Gefühle vorgetäuscht oder ernsthaft und warum ist man offenbar – wie in Ninas Fall – nur Ersatz für Bastians Ehefrau, die sich ihm verweigert? Oder ist alles ganz anders und lohnt es sich zu warten, bis aus einer Situationship die große Liebe wird?
Fazit: Nicht nur Rosinen aus dem Kuchen picken
Eine Situationship ist in der Anfangsphase jeder Liebesbeziehung grundsätzlich gegeben. Denn niemand weiß, was aus den Gefühlen füreinander wird und ob die Liebe tragfähig ist, um ein Haus des Lebens darauf zu bauen. Vorsicht ist geboten, wenn eine Person unter der Tatsache leidet, dass sich die andere Person auf nichts festlegen will. Denn sich nur die Rosinen aus dem Kuchen zu picken, deutet eher auf Egoismus und Narzissmus denn auf Liebe hin.
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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 47/2025 erschienen.




