Anton setzt Gesten der Aufmerksamkeit fast schon inflationär. Marie nerven die Dutzenden Liebesnachrichten, GIFs und Emojis auf ihrem Smartphone. Ganz anders bei Melanie, die vergeblich auf Antwort wartet. Kann man zu beschäftigt sein für die Liebe?
Erstens sind Textnachrichten kein Ersatz für wahre Liebesgesten. Natürlich mag es schön sein, ab und an ein Flower-GIF statt echter Blumen oder Kuss-Emojis statt echter Küsse zu kriegen. Wenn es aber zweitens dabei bleibt, mag das zunächst zwar kosten- und energieschonend anmuten. Dann leben wir schon eher in einer Apokalypse der Beziehungskultur.
Und es werden Blumenläden insolvent gehen und Personen meiner Berufsgruppe durch Chatbots ersetzt werden, die im Unterschied zu uns „echten Menschen“ jederzeit verfügbar sind und einen auch nachts und frühmorgens mit tröstenden Worten und Ratschlägen versorgen. Zeit aufzuwachen! Hier die Ihren Alltag bereichernden Romantik-Booster für Ihre Partnerschaft.
1. Stärkemittel
Bitte mindestens dreimal täglich etwas – wichtig: ehrlich gemeint – Positives dem Gegenüber mitteilen. Und eben nicht einfach protokollhaft mitteilen und als Textnachricht aufsprechen, sondern direkt und mit Blickkontakt. Mit Fokussierung nur auf das, was jetzt gerade ist.
2. Hautkontakt
Was Ihre Beziehung anfangs boosterte und lebendig hielt, kann das auch jetzt. Daher raus aus der Komfortzone körperlicher Entsagung (unter dem zweifelhaften Vorwand, sich emotional nicht mehr verausgaben zu brauchen) und rein in die Nahkampfzone. Erobern Sie sich mittels Berührungen Ihren früheren Oxytocin-Spiegel zurück. Warum auch länger auf etwas verzichten, was der Weichzeichner jeder Beziehung sein kann?
3. Schweigeverbot
Achtung: Sie sind weder auf einem Schweigeretreat noch in einem Schweigeorden. Daher sprechen Sie bitte wertschätzend alles aus, was Sie in Ihrer Partnerschaft bewegt und hören Ihrem Gegenüber geduldig zu, was vielleicht beliebig klingt, doch wahre Wunder wirken kann.
4. Erinnerungen
Wärmen Sie alte Erinnerungen auf. Und erhitzen Sie daran Ihre jetzt vielleicht abgekühlten Gefühle. Und bitte nicht nebstbei und zwischen Tür und Angel. Es braucht dafür Zeit und den entsprechenden Rahmen.
5. Reframing
Ein weiterer wichtiger Tipp ist, Ihrer Beziehung einen neuen Rahmen zu geben. Sprengen Sie das Alltagssetting und verreisen Sie last minute oder auch geplant. Und seien Sie – ohne Erwartungsdruck – neugierig auf jede Minute der Selbsterfahrung in Gegenwart Ihrer Partnerin oder Ihres Partners und auf Ihre neue Beziehungsdynamik, und dies auch oder gerade wieder nach vielen Jahren.
6. Überraschung
Statt infl ationär Ihre geliebte Person mit Emojis und getexteten Liebeserklärungen zu bombardieren, seien Sie kreativ und überraschen ihn oder sie mit etwas nicht so Erwartungsgemäßem.
Fazit: Geheimzutat Zeit
Das kostbarste Geschenk ist Zeit. Sobald Sie Ihrer Partnerschaft mehr davon einräumen und das zuversichtlich statt misstrauisch, kann die Liebe erblühen. Mario ignoriert Melanies Kontaktversuche, indem er nicht oder verspätet auf Textnachrichten reagiert. Nicht schön, aber schön rücksichtslos. Hier sollte man eine für beide passende Übereinkunft treffen, wie viel Beziehungszeit jeder braucht. Und Mario sollte für sich erkunden, ob ihn die Angst vor Nähe veranlasst, Melanie auf Abstand zu halten.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr.36/2025 erschienen.