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Das passiert in unserem Körper bei Schlafentzug

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Mann liegt mit geöffneten Augen im Bett

©iStockphoto.com
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Wir alle brauchen Schlaf. Die einen mehr, andere weniger. Wird allerdings eine gewisses Mindestmaß unterschritten, wird's problematisch. Und zwar für jeden von uns. Dann funktioniert unser Kontrollzentrum nur noch eingeschränkt, der Stoffwechsel gerät aus dem Lot und unsere Gefühle fahren Achterbahn. Von den Langzeitfolgen ganz zu schweigen. Und dann wäre da noch die quälende Frage: Kann man an Schlafentzug sterben?

Partieller Schlafentzug schlägt sich zunächst auf die geistige Leistungsfähigkeit nieder, erklärt der Wiener Schlafexperte Dr. Michael Saletu gegenüber News.at. Das logische Denken werde eingeschränkt, die Fähigkeit, die eigenen Handlungen und Emotionen zu kontrollieren, vermindert. Die Reizbarkeit steigt und die Entscheidungsfindung fällt zusehends schwerer. Wobei man dann von partiellem Schlafentzug spricht, wenn man über mehrere Tage hinweg nicht mehr als vier Stunden täglich schläft.

Die Kontrollzentren fallen aus. Man ist reizbarer, sagt schneller Dinge, die man sonst nicht sagen würde

Michael SaletuFacharzt für Neurologie

Was die Erinnerungsleistung betrifft, so leidet im Fall von Schlafentzug vor allem das degenerative Gedächtnis und damit das Faktenwissen. "Der Schlaf ist wichtig für die Überführung von Gedächtnisinhalten vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis", erklärt der Experte. Kann der Transfer nicht stattfinden, "vergisst man eher schnelle Informationen, Termine und dergleichen. Man merkt sich einfache Dinge nicht mehr so gut".

Als nächstes werde die körperliche Funktionsfähigkeit in Mitleidenschaft gezogen. "Das Immunsystem leidet unter der Schlafdeprivation. Man wird anfälliger für Infekte, die Wahrscheinlichkeit, einen Schnupfen zu bekommen, ist - und das ist wissenschaftlich bewiesen - viel, viel höher", warnt der Experte. Könnte schlimmer sein, werden Sie sich jetzt vielleicht denken. Ist es auch!

Der Stoffwechsel entgleist

Wer besagtes Mindestmaß an Schlaf unterschreitet, bringt nämlich auch seinen Stoffwechsel zum Entgleisen. Die Folgen werden spätestens dann sichtbar, wenn der Kühlschrank geplündert ist und man ein deutliches Mehr an Kilos auf die Waage bringt. Bei Schlafentzug wird nämlich die Produktion des Hungerhormons Ghrelin angekurbelt. Gleichzeitig läuft die Herstellung des Sättigungshormons Leptin untertourig.

So zeigte sich in einer Studie, dass Personen, die unter partiellem Schlafentzug leiden, pro Mahlzeit rund 300 Kalorien mehr zu sich nehmen. "Die Zellen haben Hunger", erklärt Saletu. Ergo: Schlafentzug mache längerfristig dick. Gleichzeitig stellten die Forscher eine vermehrte Ausschüttung an endogenen Cannabinoiden fest, "so ähnlich, wie wenn man eingeraucht ist", was letztlich auch die Kühlschrankplünderungen erklärt.

Die Gefühle fahren Achterbahn

Dann wäre da noch die Gefühlsebene: "Schlafentzug kann anfangs Euphorie auslösen", erklärt Saletu. Daher werde er mitunter auch für Therapiezwecke, genauer gesagt als Antidepressivum eingesetzt - wenn auch nur kurzfristig. Denn während der fehlende Schlaf bei manchen Menschen im ersten Moment ein Hochgefühl auslöst, führt er längerfristig doch in eine Depression.

Die Krebsabwehr wird reduziert. So kann der Körper Tumorzellen schlechter abwehren

Michael SaletuFacharzt für Neurologie

Womit wir auch schon bei den Langzeitfolgen wären. Mit dem gestörten Stoffwechsel und der gesteigerten Nahrungsaufnahme erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit für Folgeerkrankungen wie Diabetes. Mit der Schwächung des Immunsystems wiederum steigt die Krebsgefahr. "Der Körper kann die Tumorzellen schlechter abwehren", erklärt der Experte. Darüber hinaus kommt es bei chronischem Schlafentzug vermehrt zu Schilddrüsenerkrankungen.

Schließlich stellt sich die Frage: Kann man durch Schlafentzug sterben? Theoretisch ja, sagt der Experte. Denn Schlaf ist eine Notwendigkeit der Natur. Wäre Schlaf nicht lebensnotwendig, wäre er wohl "völlig sinnlos und eine Verschwendung in der Menschheitsgeschichte", verbringen wir doch rund ein Drittel unseres Lebens schlafend. Praktische Belege zum Tod durch Schlafentzug gebe es logischerweise aber keine.

Rekordhalter im Wachbleiben

Übrigens: Randy Gardner wollte es genau wissen. Und stellte im Jahr 1965 kurzerhand einen neuen Rekord auf. Ganze 264 Stunden - also elf Tage am Stück - blieb der damals 17-Jährige wach. Bereits am zweiten Tag gelang es ihm nicht mehr, beim Fernsehen die Augen scharf zu stellen. Er war nicht mehr in der Lage, Objekte allein durch Betasten zu identifizieren, sein Gleichgewichts- und Orientierungssinn gingen langsam, aber sicher flöten und sein Gedächtnis ließ ihn immer öfter im Stich. Bis er schließlich ein Straßenschild für einen Menschen hielt.

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Steckbrief

Michael Saletu

Beruf
Facharzt für Neurologie

Europäisch zertifizierter Schlafmediziner, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Schlafmedizin

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Physische Gesundheit

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