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Mochi: Im Namen des Reisteig-Knöderls

Aktualisiert
Lesezeit
8 min
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Mochi im 2. Bezirk

©Julian Martin

Die Mochi-Leute eröffnen schon wieder ein Lokal, heuer bereits das zweite, das achte insgesamt. Was ist das Erfolgsgeheimnis der vier Freunde und Ausnahme-Gastronomen?

Es ist 20:30 Uhr, der ganz große Ansturm des ersten Tages ist vorüber und – das „Chicken Karate“ ist leer gegessen. Eine halbe Stunde vor Küchenschluss ist einfach nichts mehr da, keine knusprigen Chicken-Tenders, kein Chicken Teriyaki-Sando, kein Chicken Nanban-Burger im flaumigen Brioche-Bun. „Das kann ich mir jetzt auch nicht ganz erklären“, zeigt sich Tobi Müller, einer der vier Macher der Mochi-Lokale, sichtlich verwundert.

Denn Erfolg ist den Mochis an und für sich nicht fremd. In ihrem ersten Lokal, dem kleinen Designer-Lokal „Mochi“ war es während des ersten Jahres nicht möglich, ohne mehrwöchige Reservierung einen der kleinen, eng gestellten Tische zu bekommen; in der coolen Mochi Ramen Bar am Vorgartenmarkt machten sie es daher gleich so wie auch in japanischen Ramen-Bars – keine Buchung möglich. Weshalb sich die Menschen halt in Schlangen anstellten und es bis heute tun; und im vorigen Jahr eröffneten Cucina Itameshi, dem eleganten Restaurant im Dogenhof mit japanisch-italienischer Fusionsküche, rangiert die Chance auf einen Tisch zur Stoßzeit aktuell bei „minimal“. Aber es gibt immerhin Wartelisten, vielleicht kommt ja eine Grippewelle …

Warum wollen alle zu den Mochis? Der Versuch einer Analyse ihres Erfolgs.

Intuition und Vorsprung

Da sind zum einen die guten Ideen und die Gabe, aktuelle Gastro-Trends punktgenau abzuholen. Das machen die Mochis eher intuitiv beziehungsweise kommt ihnen natürlich zugute, dass Österreich in Sachen gastronomischer Geschehnisse gern das eine oder andere Jahr hinterherhinkt. So etwa war das japanische Nationalgericht Ramen schon in den 90er-Jahren ein großes Thema in Berlin und London, in Wien bis vor zehn Jahren eher Nischenprogramm. Auch das international längst erfolgreiche Takeaway-Prinzip des o.m.k erschien dem Wiener Publikum 2014 noch exotisch, spätestens nach den Lockdowns nicht mehr.

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 © MOCHI

Fleiß und Recherche

Dazu kommt, dass die Mochis wirklich hart am Erfolg arbeiten. Das ist in der Gastronomie doch selbstverständlich, sollte man meinen. Eh, aber Mochi-Mastermind Eddi Dimant nimmt seinen Job schon wirklich besonders ernst. So werden die Nudeln in der Ramen-Bar nicht nur selbst hergestellt, Dimant reiste zur Recherche für den perfekten Knochensud sogar nach Japan, um dort eine Ramen-Schule zu besuchen und Praktika in gefeierten Ramen-Lokalen zu machen. So einen Aufwand tun sich nur wenige an.

Teamgeist und Familie

Ein ganz wesentlicher Punkt der Mochi-Lokale ist der Teamgeist. Die Leute sowohl in der Küche als auch im Service scheinen gut drauf zu sein und ihren Job gerne zu machen. Das zu erreichen, ist tatsächlich nicht leicht.

Und es liegt hier sicher nicht nur an der Bezahlung der mittlerweile 160 Angestellten, sondern daran, dass Mitarbeiter hier ernst genommen werden, sich einbringen und weiterentwickeln können. Teambuilding ist längst keine Raketenwissenschaft mehr und in Handbüchern tausendfach dokumentiert, in der heimischen Restaurantszene aber eher ein Fremdwort. Die Mochi-Teams verbringen Zeit miteinander, unternehmen Reisen und Lokalbesuche, die Atmosphäre ist familiär, die Chefs arbeiten genauso hart wie alle anderen.

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Eddi Dimant

 © Nina Keinrath

Spannung und Abwechslung

Klar wäre es einfach und auch lukrativer gewesen, den großen Erfolg des Ur-Mochi zu multiplizieren. Die kalifornischen Maki-Rolls, der Crispy Prawns mit Yuzu-Trüffel und Chili-Mayo oder die am Robata-Grill geflämmte Teriyaki-Lachsforelle in Wien, Salzburg, München anzubieten – Haya Molchos Neni beweist, dass das funktionieren kann.

Das war für Eddi und Nicole Dimant, Sandra Jedliczka und Tobi Müller aber nie das Thema, es scheint, spannend und abwechslungsreich soll es nicht nur fürs Publikum, sondern auch für die Mochi-Macher bleiben. Systemgastronomie? Nein, danke.

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o.m.k. Hoher Markt

 © MOCHI

Geschmack

Na ja, und letztendlich strömen die Menschen in die Mochi-Lokale, weil man dort so gut essen kann. Weil Knuspriges noch ein bisschen knuspriger ist als sonst, weil die verwendeten Zutaten erstklassig sind, aber auch, weil die Mochis bei der Kreation ihrer Gerichte vermeintliche Dogmen ignorieren. Puristen mögen den Kopf schütteln, wenn Tortellini in Dashi-Brühe gesetzt werden, wie in der Cucina Itameshi der Fall. Kulinarische Lordsiegel-Bewahrer kritisieren den Einsatz von Yuzu-Trüffel-Marinade als unedel und populär, und ja, auch zum Glutamat haben die Mochis ein lockeres Verhältnis: „Viele der asiatischen Saucen, die wir verwenden, haben MSG drin“, so Müller, „allein die japanische QPie-Mayonnaise, die wir seit Tag 1 verwenden, ist voll davon. Wir sind nicht stolz drauf, sehen es aber entspannt“.

Crispy & Crunchy: Knuspriges aus Japan. Karaage, Tempura, Kushikatsu und Co. mit und ohne Fritteuse zubereiten

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Brandsttter Verlag

Das zweite Kochbuch der Mochis ist nicht nur sehr gut fotografiert und liefert Anleitung zur Zubereitung knusprig frittierter Nippon-Spezialitäten, es enthält sogar ein Manga-Abenteuer.

Crispy & Crunchy
Brandstätter Verlag 2023, 208 Seiten

EUR 35,00
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Izakaya: Japanisch-europäische Rezepte – Sake, Ramen, Tapas, Sashimi – Japan meets California: Umami auf jedem Teller

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Brandsttter Verlag

In diesem Kochbuch präsentiert das Mochi-Team die besten Rezepte der sogenannten Izakaya-Küche, der legendären Afterwork-Beisln Japans.

Izakaya
Brandstätter Verlag 2018, 208 Seiten

EUR 35,00
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Mochi

 © MOCHI

Der Mochi-Kult

Hätte man sich im Mehlspeisen-Paradies Österreich jemals gedacht, dass Apfelstrudel, Sachertorte, Kardinalschnitte & Co einmal Konkurrenz durch ein Knöderl aus klebrig-fadem Reisteig, gefüllt mit – ausgerechnet – roter Bohnenpaste bekommen? Wohl kaum. Die Trends, auch die kulinarischen, werden heute aber nun mal durch Social Media geprägt.

Und nachdem die Jungen aktuell auf alles ansprechen, was aus Korea, Japan, Taiwan oder China kommt, erlebt das in Japan ursprünglich vor allem zum Jahreswechsel genossene Knöderl gerade einen regelrechten Hype: In den nach koreanischem Vorbild auch hier aus den Boden schießenden Instantsuppen-Läden gibt es sie in allen möglichen Pastellfarben und mit Füllungen aus Früchten, Schokolade, Frischkäsecreme, Nüssen, Eis und natürlich Matcha sowie sämtlichen Kombinationen daraus. Eines der rund 40 g schweren Knöderln hat übrigens zwischen 70 und 130 kcal.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 46/2025 erschienen.

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