Paul Krisai, ORF-Journalist und Russland-Korrespondent

Für Paul Krisai ist Journalismus mehr als nur ein Beruf – es ist eine Lebenseinstellung. Der 28-jährige Auslandskorrespondent überzeugt mit seinen professionellen Analysen und Live-Berichterstattungen aus Russland. 2022 wurde er dafür zum „Journalist des Jahres“ gewählt. Trotz seiner Erfolge bleibt der Leiter des ORF-Auslandsbüros in Moskau bescheiden. Ein Portrait.

von ORF-Journalist und Russland-Korrespondent Paul Krisai © Bild: ORF/Günther Pichlkostner

Steckbrief Paul Krisai

  • Name: Paul Krisai
  • Geboren: Am 25. September 1994 in Mödling
  • Beruf: Journalist und ORF-Außenbüroleiter in Moskau
  • Ausbildung: Studium „Journalismus und Public Relations“ an der FH Joanneum in Graz
  • Familienstand: in einer Beziehung
  • Kinder: keine

Paul Krisai: Journalistische Anfänge

Der Journalismus begleitet den gebürtigen Mödlinger schon seit der Jugend. Im Bundesgymnasium Perchtoldsdorf, wo Paul Krisai maturierte, war er Herausgeber einer Schülerzeitung. Schon mit 17 oder 18 Jahren sei klar gewesen, dass er Journalist werden möchte. „Ich habe auch manchmal während des Unterrichts unter der Schulbank Zeitung gelesen“, gesteht Krisai. Nach dem Zivildienst folgte ein Volontariat beim Kurier bevor er für das Studium „Journalismus und Public Relations“ an die FH Joanneum nach Graz ging. Schon während der Studienzeit arbeitete er als freier Redakteur bei der Straßenzeitung Megaphon und beim Red Bulletin.

Paul Krisai, ORF-Journalist und Russland-Korrespondent
© APA/ORF So kennt man Paul Krisai: Als ORF-Korrespondent aus Moskau über Russland berichtend

Paul Krisais Weg nach Russland

An der FH lernte er Russisch und ging für ein Auslandssemesters nach Sankt Petersburg. „Das ist mir damals vorgekommen wie das größte Abenteuer, das ich haben kann“, erinnert sich Krisai. Seine Faszination für Osteuropa und Russland war geweckt. Es folgten Praktika bei der Moskauer Deutschen Zeitung und dem regierungskritischen Sender „TV Rain“. Inzwischen wurde der Sender von den russischen Behörden verboten und sendet aus Amsterdam und Riga weiter. Die Arbeit bei bei TV Rain war für den jungen Journalisten prägend. „Das hat mich extrem fasziniert zu sehen, wie mutige Kolleg:innen in einem Land, in dem es mehr als schlecht steht um die Pressefreiheit, immer noch wahnsinnig tolle Recherchen und Reportagen machen.“ Er habe damals verstanden, „was Pressefreiheit wert ist“.

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Paul Krisai beim ORF

Beruflicher Durchbruch

Zurück in Österreich absolvierte Krisai 2017 ein Praktikum bei der Zeit im Bild und wechselte dann in die Auslandsberichterstattung des ORF Radio. Nach all diesen Stationen bewarb sich Krisai 2019 für eine freie Stelle im ORF-Büro in Moskau. Ein Schritt, der die Karriere des 28-jährigen nachhaltig prägen würde. „Es hat mich einfach unglaublich interessiert, ich fand es spannend. Nicht nur Russland, aber Russland im speziellen: Ein Land, über das wir alle schon viel gehört haben, über das wir aber oftmals viel zu wenig wissen.“

»Menschlich geht einem vieles wahnsinnig nahe«

Krieg in der Ukraine: Arbeiten im Ausnahmezustand

Seit dem 24. Februar 2022 ist Paul Krisais Arbeitsalltag ein anderer. Von einem Tag auf den anderen stand er im Rampenlicht der Auslandsberichterstattung. Fast täglich Live-Schaltungen nach Österreich, Breaking-News im Stundentakt, Arbeiten unter strengen Zensurauflagen. Für den damals 27-Jährigen ist es eine große Herausforderung, er muss jetzt funktionieren. Und er funktioniert. Krisai besticht mit seiner Professionalität: „Ich glaube, es ist wichtig, sich immer bewusst zu machen: es geht hier um die Story und nicht um uns.“ Er versteht sich als Vermittler, als Beobachter, dessen Aufgabe es ist, die Ereignisse vor Ort nach außen zu tragen. „Menschlich geht einem vieles wahnsinnig nahe“, aber „in der Berichterstattung versuchen wir, diese Emotionen rauszunehmen, die Protagonisten, die Leute, mit denen wir reden, für sich stehen zu lassen.“

Was mag Paul Krisai?
Serie: „'Friends' geht immer“
Buch: Hugo Portisch: „Aufregend war es immer“
Musik: Elektronisch, Drum and Bass
Hobbies: Radfahren, Schlagzeug spielen

Die ORF-Journalisten Paul Krisai, Carola Schneider, Miriam Beller und Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Rahmen der Verleihung des "Robert-Hochner-Preis 2022" und "Kurt-Vorhofer-Preis".
© APA/Hochmuth Paul Krisai mit seinem Team in Moskau, Carola Schneider und Miriam Beller sowie mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Rahmen der Verleihung des "Robert-Hochner-Preis 2022" und "Kurt-Vorhofer-Preis".

Paul Krisai bleibt bescheiden

Obwohl sich bei Krisai im vergangenen Jahr eine gewisse Routine eingestellt hat, „ist das Ganze für mich immer noch eine einzige Lernerfahrung.“ Seine journalistischen Erfolge will er nicht für sich allein beanspruchen und auf seine neu gewonnene Prominenz hält er nicht viel. Krisai ist ein Teamplayer. „Fernsehen ist Teamarbeit“, wie er nicht müde wird zu betonen. Das Team des ORF-Büros in Moskau, dessen Leitung Krisai seit 2021 übernommen hat, besteht aus Carola Schneider, Miriam Beller und ihm. Die Romy-Nominierung des gesamten Teams in der Kategorie TV-Journalismus sei „eine schöne Wertschätzung, die wir uns mitnehmen in unseren Motivationsrucksack.“

»Ich würde sogar sagen, dass das fast absurd ist, wie normal der Alltag in Russland und in Moskau weitergeht.«

Alltag in Russland: Im Chaos einen Ausgleich finden

Während der Krieg in der Ukraine weitergeht, ist in Moskau von der Gewalt gegen das Nachbarland kaum etwas zu spüren, berichtet Krisai: „Ich würde sogar sagen, dass das fast absurd ist, wie normal der Alltag in Russland und in Moskau weitergeht.“ Cafés und Restaurants seien gut besucht, die Supermarktregale gefüllt – auch wenn die Preise auf viele Produkte gestiegen seien. Die Normalität trügt jedoch: Ein Blick in die Meldungen der internationalen Nachrichtenagenturen offenbart das Leid und die Zerstörung im Nachbarland – ein Feldzug, der vom Moskauer Machtzentrum aus befehligt wird. „Das ist manchmal gar nicht so einfach, das in den Kopf zu bekommen, diese beiden Paralleluniversen.“

Krisai und sein Team müssen immer abrufbar sein, immer bereit für die nächste Sondersendung. Eine professionelle Distanz zu wahren, gelingt dem jungen Mödlinger allerdings gut. „Mein Ausgleich ist das Radfahren, es ist aber auch gleichzeitig mein Fortbewegungsmittel“. Selbst der russische Winter schreckt ihn nicht ab: „Ich fahre mit Spike-Reifen durch die Gegend.“

ORF-Journalist und Russland-Korrespondent Paul Krisai
© ORF/Günther Pichlkostner Paul Krisai will Privates und Öffentliches trennen. Aber er verrät, dass er eine Freundin hat

Der Mensch Paul Krisai

Es ist schwer, die Person Paul Krisai vom Journalisten zu trennen. „Der Journalismus ist für mich nicht nur ein Beruf, sondern fast schon eine Lebenseinstellung.“ Ein alternativer Karriereweg wäre kaum vorstellbar gewesen. „Man geht mit einer gewissen Grundhaltung durchs Leben, man interessiert sich für Sachen, es ist die Beruf gewordene Neugier.“ Gerade in Zeiten neuer Medienformen und der Omnipräsenz des Internets sieht Krisai den Wert fundierter Recherchen und hochwertiger Berichterstattung. „Für mich ist es der spannendste Beruf der Welt.“

»Gemeinsame Treffen mit der gesamten Familie sind derzeit selten – aber dafür umso schöner.«

Paul Krisai: Privates bleibt privat

Paul Krisai ist seiner Familie sehr verbunden. „Meine Eltern sind in Mödling zu Hause, und es ist immer schön sie zwischendurch besuchen zu können.“ Sie haben ihn bei seinem Werdegang bedingungslos unterstützt: „Sie schauen immer meine Fernsehbeiträge, sind sicher mit die treuesten Zuseher, genauso wie meine Freundin.“ Dass er eine Freundin habe, sei auch kein Geheimnis, so Krisai, aber „ich finde generell die Trennung von Öffentlichem und Privatem wichtig“. Es gibt auch zwei Brüder: Einer ist Filmemacher in Wien und der andere Architekt in den USA. „Gemeinsame Treffen mit der gesamten Familie sind derzeit selten – aber dafür umso schöner.“