"Ich wollte nie ein Playboy sein"

Wenn man von klein auf alles hat, worauf andere jahrzehntelang hinarbeiten - welchen Sinn hat dann das Leben? Hubertus von Hohenlohe sitzt im mondänen Marbella Beach Club und sinniert über wahren Reichtum

von Jetset - "Ich wollte nie ein Playboy sein" © Bild: Ricardo Herrgott

Herr Hohenlohe, wir sitzen am Pool des Marbella Beach Club, den Ihr Vater Alfonso gegründet und in den Fünfziger- und Sechzigerjahren zu einem der ersten Hotspots des Jetsets ausgebaut hat. Welche Erinnerungen knüpfen Sie an diese frühe Phase Ihrer Kindheit?
Wir hatten alles, und das immer. Der Beach Club, das war ein Schlaraffenland für uns Kinder, ziemlich paradiesisch. Danach war es schwierig, sich auf eine andere Welt einzulassen. Das richtige Leben, als ich mit zehn Jahren ins Internat nach Vorarlberg kam, war ein echter Kulturschock. Marbella war so schön, dass ich danach dafür bezahlt habe. Die Leute sind ja nur hierhergekommen, um zu relaxen und etwas zu erleben, da waren Persönlichkeiten wie Gina Lollobrigida, Sean Connery oder Audrey Hepburn um mich herum. Als Kind habe ich nicht mitbekommen, wie bekannt die waren, aber irgendwie merkte ich schon, dass sie eine coole Crowd gewesen sind. Doch es hat mich ziemlich irritiert, dass ich im Rampenlicht stand, ohne etwas dafür getan zu haben. Vielleicht war das die Antriebsfeder dafür, einmal etwas ganz Eigenes im Leben machen zu wollen, meinen Namen mit einer eigenen Farbe zu besetzen und nicht einfach der Sohn von Alfonso und Ira zu sein - denn das war eine gewisse Bürde. Heute weiß ich: Ich erfuhr hier in Marbella eine Wertschätzung, die keine war - ich war nur der herzige kleine Sohn des Gastgebers.

Wie war Audrey Hepburn?
Sehr, sehr nett. Ihr Sohn Sean ist immer noch ein Freund. Sie war eine supersensible Frau, die uns Kinder liebte. Da wir ja alleine beim Vater aufwuchsen, hat sie für uns Muttergefühle entwickelt. Mir kam vor, sie wollte meinen Bruder und mich beschützen und schauen, dass wir ein bisschen mütterliche Fürsorge bekommen.

© Ricardo Herrgott Hubertus von Hohenlohe mit Partnerin Simona Gandolfi in seinem selbst designten Apartment im Marbella Beach Club

Ihre Mutter Ira von Fürstenberg, die mütterlicherseits vom Fiat-Clan Agnelli abstammt, heiratete bereits mit 15 Jahren Ihren Vater Alfonso zu Hohenlohe-Langenburg, einen Mann mit viel Beziehungserfahrung. Waren die beiden ein wenig wie Charles und Diana?
Nein, sie waren beide sehr Rock ’n’ Roll für ihre Zeit. Meine Mutter heiratete früh, mein Vater gründete seinen Club und hing mit Leuten wie Gunter Sachs und Brigitte Bardot ab. Sie wären ein gutes Paar gewesen, doch meine Mutter war viel zu jung und viel zu hübsch, und alle Männer wollten sie haben. Irgendwann ist sie darauf reingefallen und hat einen anderen genommen. Sie hat einfach einen Blödsinn gemacht, und der war dann nicht mehr zu kitten. Sie hätte einfach nicht weggehen sollen.

Ihr um zwei Jahre älterer Bruder Christoph und Sie wurden als Kleinkinder dem Vater zugesprochen?
Ein Urteilsspruch hat meiner Mutter recht gegeben, einer meinem Vater. Aber ursprünglich war es ja sie, die weggegangen ist und laut damaligen Gesetzen eigentlich nicht das Recht auf die Kinder hatte. Dennoch waren wir anfangs bei ihr. Aber auch mein Vater wollte uns unbedingt haben, da haben sich die beiden irrsinnig gestritten. Dann hat uns mein Vater entführt, wir sind zweieinhalb Jahre herumgefahren. In der Steiermark, am Fuße der Roten Wand, waren wir in einer Hütte bei meiner Tante versteckt, zuvor waren wir in Gibraltar, in Marokko, in England, es ging kreuz und quer durch Europa. Alle Familienmitglieder meines Vaters wurden eingespannt, es war eine richtige Odyssee. Aber die Mitarbeiter meiner Mutter waren ganz knapp dran, uns zu erwischen, irgendwer hatte uns gesehen, es war ja eine Million Dollar für entscheidende Hinweise ausgesetzt.

Glauben Sie, dass Sie diese frühkindlichen Erlebnisse prägten?
Nicht wirklich, ich war ja noch sehr klein. Was mich geprägt hat, ist, dass zwischen Vater und Mutter immer irgendwelche Eifersüchteleien herrschten und sie schlecht übereinander redeten - das zu kompensieren kostet schon Kraft. Wenn du klein bist, willst du nicht hören, dass deine Mutter schlechter ist und dein Vater besser oder umgekehrt.

»Mein ganz großes Glück war, von Marbella wegzukommen«

Danach folgten paradiesische Jahre in Marbella. Wenn man von klein auf alles hat, worauf normale Menschen ihr Leben lang hinarbeiten müssten - welchen Sinn hat dann das Leben?
Es war schwierig, einen Lebenssinn zu finden. Wenn ich hier in Marbella geblieben wäre, hätte ich es wahrscheinlich nicht geschafft. Mein ganz großes Glück war, von hier wegzukommen und einen Schritt in die normale Welt zu machen. Da waren dann plötzlich Dinge wie das Skifahren, die Musik, die Fotografie und später mein TV-Format "Hubertusjagd": Ich hatte die Möglichkeit, meine Talente und Träume auszuleben - und zwar aus dem Komplex heraus, nicht nur "der Sohn von …" sein zu wollen. In Deutschland und Österreich ist "Hubertus" selbst mit etwas besetzt, das ist mein größter Antrieb. Das zu erreichen, war nicht einfach. Dietrich Mateschitz hat zu mir gesagt: "Hubertus, du hast so viel bekommen in deinem Leben, du solltest etwas zurückgeben." Ich dachte: "Was habe ich denn bekommen?" Und: "Muss ich jetzt Steuern nachzahlen?" Er: "Du kennst Leute, du sprichst Sprachen, du kennst die Welt, das musst du sharen." Und er hatte recht. In "Hubertusjagd" kann ich die Menschen in eine Welt eintauchen lassen, zu der ich Zugang habe und sie nicht. Dasselbe gilt für meine Fotos.Im Grunde genommen war ich ein Pionier, einer der Ersten, die Selfies geteilt haben, das war ziemlich Avantgarde.

© Ricardo Herrgott Spielplatz seiner frühen Jugend: Hubertus von Hohenlohe am Strand des Beach-Clubs

Was unterschied Sie von Ihrem Bruder Christoph, der 2006 unter mysteriösen Umständen in einem thailändischen Gefängnis verstarb?
Mein Bruder hatte nicht die Energie, seinen Weg zu finden. Er lebte davon, dass er der Sohn von Ira und Alfonso war. Er hatte nicht den Antrieb, etwas Eigenes zu schaffen und dafür auch die Früchte ernten zu können. Das ist traurig. Man muss den Mut haben, von der vorgesehenen Rolle abzuweichen.

Und für Sie selbst hielt das süße Leben keinerlei Versuchungen bereit?
Sehr viele, aber ich hatte großes Glück. Im entscheidenden Moment, mit sechzehn, hatte ich Gelbsucht und war sechs Wochen im Spital. Professor Harnoncourt, der Bruder des Dirigenten, war mein Arzt, und er sagte mir: "Du wirst nur ein schönes Leben führen können, wenn du nichts trinkst, denn deine Leber ist derzeit zerstört durch die Gelbsucht. Bis 23 darfst du keinen Tropfen trinken." Das war genau die kritische Zeit, und ich überlebte sie, ohne zu trinken. Deswegen bin ich naturally high geblieben.

Nie ein Näschen Koks?
Auch wenn meine Mutter ein bisschen verrückt ist, so ist sie sehr diszipliniert: Das Selbstbeschützungssystem habe ich von ihr. Ich spürte, das würde gefährlich sein, wie ich an vielen meiner Cousins sah.

Nicht den zahlreichen Versuchungen des Jetsets zu erliegen, war das Ihre eigentliche Lebensleistung?
Das kann schon sein. Aber meine größte Lebensleistung war, gegen die Erwartungen der Eltern meine eigenen Träume zu finden und zu erfüllen.

© Ricardo Herrgott Hubertus von Hohenlohe und Simona Gandolfi am Strand von Marbella

Ihr Vater war einer der berüchtigtsten Playboys seiner Zeit. War er Vorbild?
Gunter Sachs und er waren die coolen Playboys schlechthin, aber ich wollte nicht so sein wie sie, denn sie waren nie glücklich. Eine Beziehung aufzubauen ist viel schöner. Ich bin schon seit 22 Jahren mit Simona (Simona Gandolfi, Cousine von Alberto Tomba, Anm.) zusammen, zwischendurch waren wir vier Jahre getrennt. Meine Mutter wurde mit ihren Männern nie glücklich, mein Vater mit seinen Frauen nicht, sie wechselten oft.

»Es widert mich an, wenn einem jemand sein Geld ins Gesicht schmeißt«

Sie sagten einmal in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung", dass es bei den Reichen und Schönen gar nicht so toll sei. Wie meinten Sie das?
Nehmen wir Rolf Sachs, der den Olympiaturm von St. Moritz gekauft und daraus ein superkreatives Haus gebaut hat - das ist toll! Bei den meisten Menschen ist der Reichtum aber uninspiriert, nur protziges Geld. Es widert mich an, wenn einem jemand sein Geld ins Gesicht schmeißt, ohne ein gewisses Flair und ohne eigenen Stil. Wenn ich in ein Hotel gehe und alles ist aus Marmor und mit Gold bestickt, berührt mich das unangenehm. Aber wenn ich sehe, dass jemand seinen eigenen Spirit reinbringt, dann lacht mein Herz; das kann auch ein Hotelzimmer für hundert Euro sein. Geld an sich ist noch nicht der Schlüssel zu einem gewissen Gefühl.

Man muss dem Reichtum erst Wärme einhauchen?
Genau. Dieser Club hier wäre ohne meinen Vater nicht entstanden. Er hat die Bäume praktisch eigenhändig aus Afrika hergeschafft, als Pflänzchen im Plastiksackerl. Du musst alles beseelen, in der Musik, in der Fotografie, und dieses Beseelen hat im Grunde genommen nichts mit Geld zu tun. Du kannst es schöner und besser machen, wenn du Geld hast, aber wenn Seele und Herz fehlen, spürt man das.

© Ricardo Herrgott Hubertus von Hohenlohe in seinem Apartment

Apropos Geld ohne Herz und Seele: Ist denn der heutige Jetset noch mit dem Ihrer Jugend vergleichbar?
Der Jetset hat sich geändert, weil sich heute jeder einen Jet nehmen kann. Früher waren das nur ein paar: Das waren gewisse schicke Leute, die sich zu gewissen Zeiten an gewissen Orten getroffen haben, mal in St. Moritz, mal in Saint-Tropez oder in Gstaad. Heute gibt es Tausende, die das Geld und die Möglichkeit haben, da mitzuspielen. Heute ist alles viel größer und es wird viel mehr geprotzt. Wenn ich nur daran denke, wie cool Gunter Sachs angezogen war, im Grunde genommen hatte er einen simplen Lifestyle. Heute hingegen kommen sie daher mit Versace und protzigen Uhren …

Gibt es abgesehen von den Neureichen noch einen alteingesessenen Kern?
Es gibt schon noch ein paar coole Leute: Rolf Sachs zum Beispiel, die Bismarcks oder die Casiraghis.

Auch Österreicher?
Die Fiona vielleicht, wenn sie nach Capri geht. Die Swarovskis haben den Jetset-Style, aber sonst kenne ich keine.

Gehören jetzt auch die Oligarchen zum Jetset?
Nein. Sie sitzen nur da, partizipieren und geben viel Geld aus. Keiner will mit ihnen reden, sie haben keinen Stil.

Wo muss man sein, um wirklich dazuzugehören?
Ganz ehrlich? Die einzigen Orte, die Simona und ich machen, sind: Cortina d’Ampezzo, das ist sehr vintage und sehr cool, mehr Italoset; manchmal Kitzbühel; manchmal New York, dort wird das Denken groß und weit; manchmal Wien und Berlin. Das war’s. Ich fahre nicht nach Sylt, nicht nach Capri und auch nicht wegen akuter Versäumnisangst nach Monte Carlo oder Saint-Tropez.

© Ricardo Herrgott

Hubertus von Hohenlohe

Hohenlohe, der sich selbst "Szeneprinz" nennt, wurde 1959 in Mexico City geboren, weshalb er die mexikanische Staatsbürgerschaft besitzt und sein Land als einziger Athlet im alpinen Skisport vertritt. Hohenlohe trat bereits sechs Mal bei Olympischen Spielen an. Seine Hauptwohnsitze sind Wien und Marbella; er machte sich auch als Popmusiker und Fotograf einen Namen.

Tipp

Auf Tour mit dem Prinzen

Servus TV zeigt neue Folgen von "Hubertusjagd": In seiner Reisereportage porträtiert Hohenlohe unterschiedliche Metropolen. Die Folgen werden jeweils sonntags ausgestrahlt. Infos: servustv.com

Kommentare

annas

aber er ist ein toller kerl, hut ab. weiter so, liebe seine tv-serie.

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