Herzmuskelentzündung: An den Symptomen erkennt man eine Myokarditis

Eine Grippe ist mehr als ein harmloser Infekt. Im schlimmsten Falle kann sie sogar zum Tode führen. Zum Beispiel dann, wenn sie aufs Herz schlägt. Wie kann man einer Herzmuskelentzündung vorbeugen? Und was tun, wenn man doch erkrankt? News.at fragte den Experten.

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Herzmuskelentzündung / Myokarditis © Bild: Elke Mayr

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Mögliche Ursachen der Myokarditis

Eine Herzmuskelentzündung, im Fachjargon Myokarditis genannt, kann verschiedene Ursachen haben, so der Wiener Herzchirurg Prof. Andreas Zuckermann. Beispielsweise können Bakterien, etwa bei einer Tuberkulose, Auslöser sein. Oder aber eine Vergiftung, zum Beispiel durch Alkohol oder Schwermetalle ebenso wie durch Medikamente. Auch Autoimmunprozesse - wenn der Körper die eigenen Organe angreift - können zu einer Herzmuskelentzündung führen. Dass einer der eben genannten Aspekte eine Herzmuskelentzündung bedingt, ist dem Experten zufolge aber relativ selten. Viel häufiger kommt es dagegen vor, dass ein grippaler Infekt Ursache einer Myokarditis ist. In diesem Fall sind Viren maßgeblich an der Entstehung der Herzmuskelentzündung beteiligt.

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Symptome der Herzmuskelentzündung

"Die Patienten haben oft dieselben Symptome wie bei einem grippalen Infekt", erklärt Zuckermann. Nur, dass dieser eben auf das Herz übergreift. "Herzrasen, Herzstolpern oder unregelmäßiger Herzschlag sind mögliche Anzeichen einer Myokarditis." In diesem Fall sollte man sich umgehend einem EKG unterziehen. Auch Atemnot bei körperlicher Belastung, etwa beim Treppensteigen, kann auf eine Erkrankung hindeuten. Abgesehen davon klagen die Betroffenen neben Brustschmerzen oft über allgemeine Schwäche und das Gefühl, nicht ausreichend belastbar zu sein.

»Das Problem ist, dass die meisten keine Ruhe geben, arbeiten gehen«

Was tun bei einer Myokarditis?

Ruhe, körperliche Schonung und eine symptomatische Therapie etwa durch Fiebersenker oder Schmerzblocker stehen bei der Behandlung an erster Stelle. "Bei den meisten Patienten kuriert sich der Infekt dann von selbst aus. Oft auch noch, wenn es beispielsweise schon zu Herzrhythmusstörungen gekommen ist." Dafür müsse man sich aber schonen. "Man muss sich auskurieren, mindestens eine Woche lang. Das Problem ist aber, dass die meisten keine Ruhe geben, arbeiten gehen ... das beeinträchtigt den Genesungsprozess des Patienten." Jede weitere Belastung könne zu einer schweren Herzmuskelentzündung hin bis zum akuten Herztod führen.

Wie werden schwere Fälle behandelt?

Bei schwereren Fällen der Myokarditis muss der Patient stationär aufgenommen und überwacht werden, da die Rhythmusstörungen zu Kammerflimmern und in weiterer Folge zum Sekundenherztod führen können. Der Betroffene leidet zumeist an massiver Atemnot, die durch die plötzliche Einschränkung der Pumpfunktion des Herzens entsteht. In dieser Phase werden bereits herzunterstützende Medikamente verabreicht. Falls es zum kompletten Zusammenbruch der Pumpleistung kommt, wird vorübergehend ein mechanisches Herzunterstützungssystem eingesetzt. Dabei handelt es sich um "spezielle Pumpen, die an den Körper angeschlossen werden."

»Hoffen, dass sich das Herz wieder erholt«

Wann ist eine Herztransplantation notwendig?

Und dann? "Hoffen, dass sich das Herz wieder erholt." Die Herzschwäche also nicht chronisch wird. Anderenfalls muss ein dauerhaftes mechanisches System, ein Kunstherz, eingesetzt werden. Greift keine sämtlicher gesetzter Maßnahmen, stellt die Herztransplantation die letzte aller Möglichkeiten dar. Rund ein Prozent der Patienten, die eine Myokarditis erleiden, erliegen der Krankheit.

Eklatanter Geschlechterunterschied

Interessanterweise werden 60 bis 70 Prozent Herzmuskelentzündungen bei Männern und nur 30 bis 40 Prozent bei Frauen diagnostiziert. Der Grund für diesen eklatanten Geschlechterunterschied ist noch nicht bekannt. Zuckermann zufolge schlägt der virale Infekt bei einem bis fünf Prozent der Patienten, die an einer Grippe erkranken, auf den Herzmuskel. "Zum Glück kommt es nur bei einem kleinen Teil der Betroffenen zu einer Akutphase mit Herzversagen. Und ein noch kleinerer Teil trägt bleibende Schäden davon."

Darum ist die Myokarditis so tückisch

Dennoch: Kommt es erst einmal zu einer Myokarditis, ist man vor den Folgen nicht gefeit. Die Gefahr besteht dabei darin, dass die meist durch Viren ausgelöste Entzündung lange Zeit unbemerkt bleibt. Daher: Übergehen Sie eine Grippe nicht! Nehmen Sie sie ernst. Kurieren Sie sich ordentlich aus. Ein paar Tage Bettruhe stehen in keiner Relation zu einem - möglicherweise - lebenslangen Herzschaden oder - im schlimmsten Fall - dem hohen Preis des eigenen Lebens.

Prof. Dr. Andreas Zuckermann, Herzchirurg, ist Direktor des Herztransplantationsprogrammes der Medizinischen Universitätsklinik Wien. 2007 führte er die österreichweit erste Herztransplantation mit einem schlagenden Herzen durch.

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