Dagegen sollten sich Erwachsene in Österreich impfen lassen

Die Corona-Impfung war in den letzten Jahren das Thema. Eine gute Gelegenheit, um sich in Erinnerung zu rufen, welche Impfungen man sich sonst noch verabreichen lassen sollte. Den meisten dürfte bekannt sein, dass man den Zeckenschutz regelmäßig auffrischen sollte. Der ein oder andere hat vielleicht auch schon einmal erwogen, sich gegen Grippe impfen zu lassen. Damit ist das Wissen rund ums Thema Impfen bei vielen aber auch schon erschöpft.

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Wogegen sich Erwachsene in Österreich impfen lassen sollten © Bild: Elke Mayr

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Wogegen sollten sich Erwachsene in Österreich impfen lassen? Und welcher Gefahr setzt man sich aus, wenn man es nicht tut? Prof. Ursula Wiedermann, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien, klärt auf.

FSME

Im besten Fall hinterlässt die Zecke, nachdem sie zugeschlagen hat, auf der Haut eine kleine gerötete Stelle. Im schlimmsten Fall ist ihr Stich tödlich. Das kann dann der Fall sein, wenn sie das FSME-Virus in sich trägt. Eine Infektion mit der Frühsommer-Meningoenzephalitis kann zu einer Entzündung des Gehirns und der Gehirnhäute und diese wiederum zu schweren bleibenden Schäden wie Lähmungen bis hin zum Tod führen. Ist die Krankheit erst einmal ausgebrochen, können lediglich die Symptome gelindert werden. Ein Heilmittel gibt es nicht.

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Umso wichtiger ist es, sich regelmäßig impfen zu lassen. Regelmäßig heißt in dem Fall alle fünf Jahre. "Studien haben gezeigt, dass der Impfschutz bei Erwachsenen bis zu zehn Jahre hält", erklärt Wiedermann. Um den individuellen Schutz auch tatsächlich gewährleisten zu können, müsse man, wenn man das Intervall auf mehr als fünf Jahre erhöhe, aber jährlich einen Titertest durchführen lassen. Jährlich deshalb, weil besagtes Messinstrument zwar Aufschluss darüber gibt, ob eine Immunität zum Zeitpunkt der Blutabnahme gegeben ist, nicht aber darüber, wie lange sie noch anhalten wird.

Die Empfehlung des Österreichischen Impfplans, den Schutz bis zum 60. Lebensjahr alle fünf Jahre aufzufrischen, macht also durchaus Sinn. Danach sollte das Impfintervall auf drei Jahre verkürzt werden. Der Grund: Im höheren Alter arbeitet das Immunsystem nicht mehr so gut. Geimpft darf übrigens nicht nur im Frühling werden. "Es ist egal, zu welcher Jahreszeit man auffrischt", erklärt Wiedermann. Wichtig sei lediglich, dass der Langzeitschutz gegeben sei, was ab der dritten, im Zuge der Grundimmunisierung durchgeführten Teilimpfung der Fall ist.

Hepatitis A und B

Hepatitis A kommt vor allem in Ländern mit niedrigen hygienischen Standards zum Tragen. Als Reisemitbringsel kann sie aber auch bei uns zum Problem werden. Während die Krankheit bei Kindern oftmals unentdeckt bleibt, kann sie bei Erwachsenen einen durchaus unangenehmen Verlauf nehmen. "Je älter der Patient, desto gefährlicher die Erkrankung", erklärt die Fachärztin. Übertragen wird der Virus durch Schmierinfektionen, so etwa durch Berühren von verschmutzten Gegenständen wie Toilettenspülungen oder Türgriffen.

Auch die Aufnahme kontaminierter Lebensmittel oder Getränke kann zur Erkrankung führen. Nach anfänglichen Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit und Fieber kommt es in weiterer Folge zur Gelbsucht, die bei Personen, deren Leber bereits geschädigt ist, tödlich enden kann. In der Regel heilt Hepatitis A aber völlig aus. Anders als Hepatitis B. Hier kann die Erkrankung einen chronischen Verlauf nehmen.

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"Das heißt, man wird den Erreger nie wieder los", so die Impf-Expertin. Die Leber wird zunehmend geschädigt und das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken, steigt. Übertragen wird Hepatitis B über Körperflüssigkeiten wie Speichel, Blut, Samen- und Scheidenflüssigkeit. Für gewöhnlich erfolgt die Grundimmunisierung bereits im Säuglingsalter. Wer als Kind nicht geimpft wurde, sollte dies spätestens im Erwachsenenalter nachholen. Die Ärztin empfiehlt in dem Fall eine Kombinationsimpfung von Hepatitis A und B.

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Gürtelrose

Gürtelrose wird durch das für die Windpocken verantwortliche Varizella-Zoster-Virus ausgelöst. Rund ein Fünftel der Menschen, die in ihrer Kindheit an Windpocken litten, erkranken später einmal an Gürtelrose. "Die Viren bleiben ein Leben lang im Körper. Sie ziehen sich in die Nervenzellen zurück, und wenn das Immunsystem nicht mehr so gut funktioniert, kriechen sie heraus und verursachen in den Hautarealen, die von jenen Nerven versorgt werden, die meist sehr schmerzenden Bläschen", veranschaulicht die Expertin. Besonders gefährdet sind ältere Personen. Bei rund einem Viertel der über 60-jährigen Patienten stellt sich mindestens eine Folgekomplikation ein.

»Oft hat man monatelang Nervenschmerzen«

So kann es zum Beispiel dort, wo die Gürtelrose aufgetreten ist, zu einer eingeschränkten Sensibilität kommen. Bei Symptomen im Kopf-Hals-Bereich ist eine lebenslange Lähmung von Teilen des Gesichts nicht auszuschließen. Darüber hinaus kann die Gürtelrose auch eine Superinfektion bedingen, sprich es kommt zu einer neuerlichen Infektion durch denselben Erreger. "Gürtelrose ist sehr, sehr schmerzhaft und meist auch sehr langwierig. Oft hat man monatelang Nervenschmerzen", so Wiedermann. "Die Impfung hilft dem Körper dabei, die Viren besser in Schach zu halten."

Keuchhusten

Die Immunisierung gegen Keuchhusten erfolgt für gewöhnlich bereits im ersten Lebensjahr. Und zwar in Form der Sechsfachimpfung, die auch Diphtherie, Tetanus, Polio, Hepatitis B und Haemophilus influenzae Typ b abdeckt. Bevor das Kind in den Kindergarten kommt, spätestens aber vor dem Eintritt in die Schule, sollte die Impfung aufgefrischt werden. Dasselbe gilt für den Schulaustritt. Danach ist der Schutz alle zehn Jahre aufzufrischen. Bis zum 60. Lebensjahr. Ab diesem sollte der zeitliche Abstand auf fünf Jahre zu reduziert werden.

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Keuchhusten ist hochansteckend. Theoretisch könnte man ihn ausrotten. Praktisch nimmt die Zahl an Erkrankungen aber gerade wieder zu. "Nicht nur bei kleinen Kindern, sondern in der gesamten Bevölkerung", mahnt die Medizinerin. Auch Erwachsene seien immer häufiger betroffen. Zwar ist die Erkrankung bei ihnen - anders als bei Kleinkindern - nicht lebensbedrohlich, jedoch "furchtbar belastend, weil man andauernd hustet und sich das über Monate ziehen kann". Zudem schwächt die Krankheit das Immunsystem, wodurch sich wiederum das Risiko für eine Zweitinfektionen erhöht.

Als wäre das noch nicht genug, sind der Behandlung auch noch Grenzen gesetzt. "Hat sich der Husten erst einmal etabliert, dann kann man ihn nicht einmal mehr mit Antibiotika wegbekommen", schildert die Expertin den meist sehr mühsamen Verlauf. Besonders gefährdet sind ältere Menschen und Säuglinge, die noch zu jung für die Impfung sind. Bei Letzteren können die Hustenanfälle zu Krämpfen bis hin zum Erstickungstod führen. Allein schon um das Ansteckungsrisiko zu minimieren, sollten sich Erwachsene gegen Keuchhusten impfen lassen.

HPV

Lange Zeit war die Impfung gegen Humane Papillomviren verrufen. Viele fürchteten Nebenwirkungen. "Anfangs gab es vereinzelt Fälle, bei denen es nach einer Impfung plötzlich zu einer Erkrankung oder zum Tod kam", erklärt die Ärztin. "Man konnte jedoch nie nachweisen, dass die Impfung wirklich die Ursache war." Heute zeigen weltweit erhobene Studien, dass die HPV-Impfung nicht nur sehr wirksam, sondern auch sehr gut verträglich ist. "Es gibt keinerlei Grund zu Bedenken", entwarnt Wiedermann, zumal die Immunisierung eine sehr effektive Krebsvorsorge darstellt.

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Die Viren können bei den infizierten Zellen ein unkontrolliertes tumorartiges Wachstum hervorrufen. In weiterer Folge kann es zu Gebärmutterhalskrebs kommen. Auch Scheiden-, Penis- und Analkarzinome können entstehen. Weil die Viren nicht nur über Samen- und Scheidenflüssigkeit, sondern auch via Hautkontakt übertragen werden können, stellt das Kondom - anders als etwa bei Hepatitis B - keinen sicheren Schutz vor einer Infektion dar. Die Expertin empfiehlt die Impfung - sofern sie nicht bereits im Kindesalter erfolgt ist - daher allen sexuell aktiven Männern und Frauen - vor allem solchen, die sich (noch) nicht in einer festen Partnerschaft befinden.

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Pneumokokken

Pneumokokken können eine Vielzahl von Krankheiten hervorrufen. Darunter Mittelohrentzündung, Lungenentzündung und Gehirnhautentzündung. Letztere führt in bis zu 80 Prozent der Fälle zum Tod. Gelangen die Bakterien in die Blutbahn, so kann es auch zu einer lebensgefährlichen Blutvergiftung kommen. Gefährdet sind neben kleinen Kindern vor allem auch Personen fortgeschrittenen Alters. Wiedermann rät, sich ab dem 50. Lebensjahr gegen Pneumokokken impfen zu lassen. "Studien zeigen, dass die Erkrankungen in höherem Alter deutlich zunehmen."

»Die Erkrankungen nehmen im Alter deutlich zu«

Die Impfung besteht aus zwei Teilen, die jeweils unterschiedliche Stämme abdecken. Auf diese Weise will man einen möglichst breiten Schutz gewährleisten. Konkret richtet sich der Fokus auf jene Pneumokokkentypen, die für einen Großteil der Erkrankungen verantwortlich sind. Idealerweise sollte man sich im Herbst impfen lassen. Der Grund: In der kälteren Jahreszeit treten gehäuft Viruserkrankungen auf, die einer Pneumokokkeninfektion den Weg ebnen können.

Influenza

In jedem Jahr, in dem die Grippe zuschlägt, sterben mehr Personen an ihr als bei Autounfällen. Offiziell empfohlen wird die Influenza-Impfung insbesondere Schwangeren, Kleinkindern, Senioren und Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes, COPD oder Herz-Kreislauferkrankungen. Säuglinge, Kleinkinder und ältere Menschen ab 65 Jahren sind besonders gefährdet, schwere Verläufe zu erleiden. In dieser Altersgruppe kommt es auch zu den meisten grippebedingten Krankenhausaufenthalten und Todesfällen. "Je älter, desto gefährlicher die Erkrankung", unterstreicht die Fachärztin.

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Doch nicht nur Angehörige der oben genannten Risikogruppen sollten sich einer Impfung unterziehen, sondern all jene, die mit diesen Personen in Kontakt kommen. "Man darf nicht vergessen, dass man auch Überträger ist", mahnt Wiedermann. Das betrifft vor allem Mitarbeiter des Gesundheitswesens. "Sie kommen ständig mit kranken Personen zusammen, erkranken schließlich selbst und können dann ganz leicht andere anstecken." Letzteres gilt übrigens auch für Kinder, die in der Regel selbst zwar nicht so schwer erkranken, dafür aber umso besserer als Überträger fungieren.

»Man darf nicht vergessen, dass man auch Überträger ist«

Genau genommen sollte sich jeder gegen Influenza impfen lassen. Und das jedes Jahr. Die Realität sieht jedoch anders aus. Jährlich lassen sich rund acht bis zehn Prozent besagte Impfung verabreichen. Während der Grippewelle 2016/17 waren es gar nur sechs bis sieben Prozent. Geimpft sollte übrigens Anfang November werden. So ist man für die Grippewelle, die meist Anfang Jänner ausbricht, gut geschützt. "Wenn man zu früh impft, kann es sein, dass man bis zum Ende der Saison nicht mehr optimal geschützt ist", erklärt die Medizinerin.

Impfen - ein Leben lang Thema

Impfen ist der Expertin zufolge ein Leben lang Thema. "Die Immunität, die man in der Kindheit aufbaut, muss aufrecht erhalten werden. Die Immunzellen brauchen regelmäßig einen Booster, damit sie sich wieder teilen und möglichst lange überleben können." Vor allem ältere Personen dürfen das Impfen nicht vernachlässigen. Mit zunehmendem Alter wird nämlich das Immunsystem schwächer. Die Infektionsabwehr funktioniert nicht mehr so gut und das Risiko zu erkranken steigt.

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Einige Viruserkrankungen, so etwa Masern, ziehen eine lebenslange Immunität nach sich. "Viele wissen aber nicht, ob sie die Krankheit bereits durchgemacht haben", schildert die Expertin. Andere wiederum haben sich nur einen Teil der für die Immunisierung notwendigen Impfungen verabreichen lassen. Mit der Folge, dass kein dauerhafter Schutz gegeben ist. Daher sei es wichtig kontrollieren zu lassen, ob man auch tatsächlich immun ist. Schließlich ginge es nicht darum zu schauen, welche Impfungen man sich sparen kann, sondern darum, dass man ausreichend geschützt ist.

© Matern/MedUni Wien

Univ. Prof. Dr. Ursula Wiedermann ist Professorin für Vakzinologie, Immunologin und ärztliche Leiterin der Spezialambulanz für Impfungen an der MedUni Wien. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf der Entwicklung neuer Impfstoffe sowie der Erforschung von Ursachen für das Nichtansprechen auf Impfungen (Impfversagen).