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Diktatur: Die uneingeschränkte Herrschaft eines Einzelnen

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Diktatur

©Elke Mayr
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Vom Cäsarismus bis zum österreichischen Ständestaat wird heute vieles als "Diktatur" bezeichnet. Doch was bedeutet Diktatur eigentlich und wie entsteht sie?

Was ist eine Diktatur? [Merkmale]

Das Wort Diktaturbezieht sich auf die Art und Weise, wie Herrschaft innerhalb einer Gesellschaft organisiert ist. Typische Merkmale einer Diktatur sind die uneingeschränkte Herrschaft einer einzigen Person oder einer kleinen Gruppe von Personen. Im Unterschied dazu soll in einer Demokratie die Herrschaft möglichst gleich und auf möglichst viele Personen verteilt sein. Diktaturen gehen meistens einher mit Repression, Willkür, Gewalt, Zensur, der Einschränkung der Menschenrechte und freier Meinungsäußerung sowie der Unterdrückung von Minderheiten. Zentral für eine Diktatur ist oft auch eine starke Ideologie, die das politische und private Leben in einem Staat dominiert. Knapp gefasst lässt sich auch sagen: Eine Diktatur ist das Gegenteil einer Demokratie.

Ab wann spricht man von einer Diktatur?

Nicht immer muss ein Staat sämtliche Merkmale einer Diktatur erfüllen, um als solche zu gelten. Ein diktatorischer Staat kann zum Beispiel durchaus noch ein Parlament oder eine Regierung haben oder muss nicht zwangsläufig Minderheiten unterdrücken. Die genaue Bestimmung einer Diktatur ist meist umstritten. Das kommt daher, dass "Diktatur" nie eine Selbstzuschreibung ist, sondern eine Person oder ein Staat immer nur von anderen als "diktatorisch" bezeichnet wird. Selbst ein lupenreines diktatorischer Gewaltregime bezeichnet sich in den allermeisten Fällen immer noch als Demokratie, um zumindest den Anschein von Legitimität wahren zu können.

In Österreich ist bis heute umstritten, ob und inwiefern die Jahre 1933 bis 1938 als Diktatur bezeichnet werden können. So sind unter Expert:innen, in Schulbüchern und in Medien die Begriffe "Austrofaschismus", "Ständestaat", "Kanzlerdiktatur" oder "Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur" geläufig. Jeder der Begriffe rückt einen oder mehrere bestimmte Aspekte dieser Periode stärker in den Fokus und zeichnet damit ein anderes Bild dieser unbestreitbar nicht-demokratischen Epoche.

Welche Formen gibt es?

So etwas wie eine reine Diktatur gibt es nicht. Meist handelt es sich um Mischformen oder Unterarten. Die bekanntesten sind die Militärdiktatur zum Beispiel Spanien von 1939 bis 1975 oder derzeit Myanmar), Parteiendiktaturen (zum Beispiel in der ehem. DDR) oder die personelle Diktatur eines Alleinherrschers.

Historisch wurden auch die Notstandsregierungen der Römischen Republik, der Cäsarismus oder der Bonapartismus als Diktatur bezeichnet. Faschistische, wie etwa der deutsche Nationalsozialismus, totalitäre Regime wie der Stalinismus oder Entwicklungsdiktaturen ehemaliger Kolonialstaaten werden ebenso häufig unter dem Begriff Diktatur gefasst. Das heißt, als Diktaturen werden höchst unterschiedliche Phänomene und Herrschaftsformen zusammengefasst, was dazu führt, dass die Bedeutung des Begriffs teils sehr schwammig ist.

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© iStockphoto.com

Wie unterscheidet sie sich von der Autokratie?

Teils synonym zum Begriff Diktatur wird Autokratie verwendet. Die Unterschiede zwischen Diktatur und Autokratie sind minimal und die Meinungen über die Unterschiede gehen auseinander. Meist geht es eher um persönliche Eigenschaften als um Formen politischer Herrschaft. Grundsätzlich schreibt man einem Diktator mehr Charisma und einen größeren Personenkult zu als einem Autokraten. Üben eine Partei, Gruppe oder das Militär, also mehrere Personen, die alleinige Herrschaft in einem Land aus, spricht man eher von Diktatur. Beschränkt sich die Herrschaft auf eine einzige Person, ist eher von Autokratie die Rede.

Doch wie in einer Diktatur steht an der Spitze einer Autokratie ein Alleinherrscher (der Autokrat). Wie der Diktator muss sich ein Autokrat keinen Wahlen stellen und in ihm sind sämtliche Rechte und die politische Macht vereint. Er wird von keiner Verfassung, dem Justizsystem oder einem Parlament kontrolliert. Umgangssprachlich wird ein Autokrat auch als Tyrann oder Despot bezeichnet.

Wie entsteht eine Diktatur?

Diktatorische Regime entstehen oft durch Gewalt, zum Beispiel durch einen Staatsstreich oder einen Putsch. Historisch betrachtet etablierten sich Diktaturen meist infolge großer gesellschaftlicher Umbrüche oder Krisen, zum Beispiel schwere Wirtschaftskrisen, Kriege oder politische Revolutionen. Auch infolge der Coronapandemie und der enormen sozialen und ökonomischen Verwerfungen ist weltweit seit 2020 wieder ein Anstieg diktatorischer Regierungsformen zu verzeichnen.

Da Diktatoren ohne demokratische Legitimität regieren, berufen sie sich meist auf einen angeblichen "Notstand" bzw. eine staatliche Bedrohung von außen oder von innen. Häufig appellieren Diktatoren an das Volk mit dem Versprechen, wieder "Stabilität", "Sicherheit“, "Normalität" oder "Wohlstand" herzustellen. Zugunsten dieses höheren Zwecks müsste die Demokratie daher hintenanstehen.

Adolf Hitler und die NSDAP

Diktatoren können aber auch demokratisch an die Macht kommen, indem sie Wahlen gewinnen und ihre Machtposition dann dazu benutzen, demokratische Rechte Schritt für Schritt abzubauen. Ein Beispiel dafür ist die Machtübernahme Adolf Hitlers und der NSDAP im Jahr 1933.

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Adolf Hitler ergriff im Jahr 1933 die Macht.

© imago images/Cinema Publishers Collection

Bei den Reichstagswahlen im März 1933 erreicht die Nationalsozialistische Arbeiterpartei (NSDAP) mit 43,9 Prozent eine deutliche Mehrheit und infolgedessen wurde Adolf Hitler vom Reichspräsident Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Dies wird als die "Machtergreifung" Hitlers bezeichnet. Kurz nach der Machtergreifung verabschiedete Hitler am 23. März 1933 das sogenannte Ermächtigungsgesetz. Dieses Gesetz sicherte ihm auf legalem Weg weitreichende Kompetenzen zu und erlaubte ihm, ohne das Parlament zu regieren. In weiterer Folge wurden so nicht nur das Parlament selbst ausgeschaltet, sondern auch Gewerkschaften, Kirchen, Vereine, Jugendorganisationen und Medien verboten oder unter NSDAP-Herrschaft gestellt.

Das nationalsozialistische Hitler-Regime war gekennzeichnet durch eine fanatische rassistische Ideologie bzw. Antisemitismus, einem umfangreichen Gewalt- und Terrorapparat, einem Einparteiensystem und einer nahezu umfassenden Kontrolle des öffentlichen Lebens. Das NS-Regime wird daher auch als totalitäres Herrschafts- und Weltanschauungssystem bezeichnet.

In welchen Ländern herrscht derzeit Diktatur?

Die Bezeichnung Demokratie ist wie gesagt umstritten und oftmals schwierig zu bewerten. Eine anerkannte (wenn auch nicht unumstrittene) Methode ist der Democracy Index des britischen Economist. Demzufolge galten 2021 weltweit 21 Länder als "vollständige Demokratie", Österreich liegt auf Platz 20. Stark verschlechtert hat sich die Lage in Myanmar und nach dem Abzug westlicher Truppen auch in Afghanistan. Sie teilen sich mit Nordkorea die letzten drei Plätze des Rankings. Auch China, Nicaragua, Syrien, Saudi-Arabien, Iran oder Russland zählen laut Economist zu den diktatorischen Regimen. Weltweit leben laut Democracy Index in etwa 37 Prozent der Weltbevölkerung in diktatorischen bzw. autoritären Staaten, deren Anteil in den folgenden Jahren stetig anstieg.

Gibt es auch Diktatorinnen?

Ein ungewohntes Wort ist der Begriff "Diktatorin". Auch wenn die überwiegende Zahl der Diktator:innen männlich war, gibt es einige wenige weibliche Ausnahmen. Das bekannteste Beispiel ist Indira Gandhi (nicht verwandt mit dem berühmten Mahatma Gandhi).

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Indira Ghandi herrschte 17 Jahre über Indien.

© imago images/United Archives International

Sie herrschte zwischen 1960 und 1977 in Indien. Mit der Erklärung des Ausnahmezustands sicherte sie sich 1975 diktatorische Befugnisse, schränkte demokratische Rechte ein und ließ Oppositionelle im Gefängnis verschwinden. 1977 wurde sie abgewählt.

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