Boris Johnson: Ein Politiker, der polarisiert

Vom Triumph über Party-Skandale bis hin zum Rücktritt: Boris Johnson hat während seiner Zeit als Premierminister von Großbritannien einige Höhen und Tiefen durchlebt. Der wegen seiner exzentrischen Art von Kritikern oft verspottete Politiker ist und bleibt eine polarisierende Figur.

von Boris Johnson 2022 © Bild: Dan Kitwood/Getty Images

Steckbrief Boris Johnson

Mit dem Brexit zum Erfolg

2019 hatte der Mann mit dem strohblonden Haarschopf mit der Parole "Get Brexit Done" (Vollzieht den Brexit, also den Ausstieg aus der EU) den Wahlkampf bestritten. Auch blieb er seiner ungestümen und undiplomatischen Art treu. Verschleierte muslimische Frauen erinnern ihn an "Briefkästen", einfache Arbeiter und alleinerziehende Mütter kommen ihm "nutzlos" vor. Seine Anhänger:innen mögen solche Aussprüche, für sie ist es "einfach Boris". Das lange und erfolglose Lavieren seiner Vorgängerin Theresa May in der Brexit-Frage hatte Boris Johnson im Sommer 2019 den Durchmarsch an die Partei- und Regierungsspitze ermöglicht.

Boris Johnson und der Rücktritt

Rund 3 Jahre später tritt Boris Johnson von seinem Amt als Tory-Parteichef zurück - damit ist er letztendlich auch das Amt des Premierministers los. Was ist passiert? Obwohl der Brexit in Großbritannien - die Briten haben als erstes EU-Land die Europäische Union verlassen - teils umstritten war, hat Johnson die Proteste im Zuge des Austritts gut überstanden. Auch dass das britische Parlament im Februar 2022 in einem Bericht feststellte, die einzigen Auswirkungen des Brexits auf britische Unternehmen seien "höhere Kosten, mehr Bürokratie und Verzögerungen an den Grenzen” gewesen, konnte die Stellung von Johnson nicht erschüttern.

Was das Fass zum Überlaufen brachte, waren die vielen Skandale, die im Zuge der Corona-Pandemie ans Licht gekommen sind:

  • 28. April 2021: Rund um die Finanzierung der Renovierung von Johnsons Wohnung der Downing Street ermittelte die britische Wahlkommission in Bezug auf Verdacht einer Straftat. Eine Spende soll nicht ordnungsgemäß angegeben worden sein. Die Konservative Partei wurde am Ende von der Wahlaufsicht zur Zahlung einer Strafe von 17.800 Pfund (rund 20.800 Euro) verpflichtet.
  • Oktober bis Novemeber 2021: Der konservative Abgeordnete Owen Paterson stand wegen bezahlter Lobby-Arbeit unter Kritik und trat letztendlich zurück. Die Regierung unter Johnson propagierte währenddessen die Aufweichung der Regeln des Parlaments im Kampf gegen die Korruption. Dafür wurde Johnson stark kritisiert.
  • 30. November 2021: Über einen Bericht der britischen Zeitung "The Mirror" kam ans Licht, dass Boris Johnson trotz Lockdown im Dezember 2020 eine Weihnachtsfeier in seinem Amtssitz in der Downing Street veranstaltet haben soll.
  • 14. Dezember 2021: Boris Johnson erfuhr starken Widerstand aus den eigenen Reihen: Fast 100 Tory-Abgeordnete stimmten gegen die von ihm geforderten neuen Corona-Maßnahmen. Nur wenige Tage später trat der Chefermittlers zur Weihnachtsfeier-Affäre zurück, da er zu Weihnachten 2020 selbst Partys gegeben haben soll.
  • 18. und 19. Dezember 2021: Am 18. Dezember 2021 trat der britische Brexit-Minister David Frost zurück. Er war gegen den Kurs der Regierung vor allem in Hinblick auf die Corona-Regelungen. Einen Tag später veröffentlichte die britische Zeitung "The Guardian" ein Foto von Johnson und weiteren Personen beim Weintrinken im Garten der Downing Street - das Bild soll während des Lockdowns am 15. Mai 2020 entstanden sein.
  • Jänner 2022: Der Sender "ITV" machte ein E-Mail von Johnsons Privatsekretär publik, in dem er für den 20. Mai 2020 über 100 Mitarbeiter zu einer Gartenparty in die Downing Street einlud. Boris Johnson entschuldigte sich zwei Tage später und gibt zu, an der Party teilgenommen zu haben. Er sei aber im Glauben gewesen, es habe sich um eine "Arbeitsbesprechung" gehandel.
  • Juli 2022: Konservative suspendieren den Abgeordneten Christopher Pincher, da ihm sexuelles Fehlverhalten vorgeworfen wird. Wieder einmal entschuldigt sich Boris Johnson für seinen Umgang mit dem Fall. Dem Premier wurde vorgeworfen von dem Vorfall, entgegen anderer Äußerungen, sehr wohl gewusst zu haben. Am 5. Juli 2022 begann schließlich eine Rücktrittswelle in der britischen Regierung. Finanzminister Rishi Sunak und Gesundheitsminister Sajid Javid traten aufgrund ihrer Unzufriedenheit mit Johnson zurück. Er sei nicht fähig, eine Verwaltung zu führen, die sich an Standards hält. Mehrere Staatssekretäre verkündeten ebenfalls ihren Rücktritt. Am 6. und 7. Juli folgten weitere Rücktritte. Insgesamt traten aus Protest gegen Johnson rund 50 Mitarbeiter:innen der Regierung zurück.

Seine journalistischen Anfänge

Johnson kam 1964 in New York als Alexander Boris de Pfeffel Johnson zur Welt. Schon als Kind habe er den Wunsch geäußert, einmal "König der Welt" zu werden, verriet seine Schwester Rachel dem Biografen Andrew Gimson. Ihr Bruder erhielt als Schüler ein Stipendium für die Eliteschule Eton und ging später auf die Universität Oxford.

Nach dem Studium wurde Johnson Journalist. Die "Times" feuerte ihn allerdings nach einem Jahr, weil er Zitate gefälscht hatte. Von 1989 bis 1994 machte er sich als Brüsseler Korrespondent des "Daily Telegraph" über die EU lustig.

Zwischenstation als Bürgermeister Londons

Seine politische Karriere begann Johnson 2001 als Abgeordneter. Seine politische Strahlkraft bewies er 2008 und 2012 durch die zweimalige Wahl zum Bürgermeister von London - einer normalerweise eher links wählenden Stadt. International gewann er durch die Organisation der Olympischen Spiele in der Hauptstadt 2012 an Profil.

Boris Johnson 2019
© imago images / Sammy Minkoff Boris Johnson

Ein Jahr vor dem Ende seiner Amtszeit als Bürgermeister kehrte Johnson 2015 als Abgeordneter ins Unterhaus zurück. Seine Entscheidung, die Brexit-Kampagne zu unterstützen, gilt als Wendepunkt in den Austrittsbestrebungen des Vereinigten Königreichs.

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Boris Johnson - ein Sprücheklopfer

Schon damals galt Johnson als Favorit für den Posten des Premierministers. Doch grätschte ihm sein bis dahin engster Unterstützer Michael Gove dazwischen, der selbst seine Kandidatur verkündete. 2016 ernannte Theresa May Johnson dann zum Außenminister. Das Institut Chatham House bezeichnete ihn später im Rückblick als den "erfolglosesten" britischen Außenminister seit dem Zweiten Weltkrieg: Wo Ernsthaftigkeit und Detailgenauigkeit erforderlich gewesen wären, habe Johnson nur Sprüche geklopft.

Boris Johnson und sein privates Glück

Boris Johnson hat sein privates Glück mittlerweile mit der Politikberaterin Carrie Johnson (* 17. März 1988) - geborene Carrie Symonds - gefunden. Die Beziehung des Paares wurde 2019 bekannt, nur ein Jahr später wurde der gemeinsame Sohn geboren. Am 29. Mai 2021 heirateten Boris Johnson und seine Carrie in der Westminster Cathedral. Das zweite gemeinsame Kind, ein Mädchen, erblickte im Dezember 2021 das Licht der Welt.

Johnson war davor bereits zwei Mal verheiratet und zwar mit Allegra Mostyn-Owen (von 1987 bis 1993) und mit der Anwältin Marina Wheeler (bis 2018). Aus der Ehe mit Wheeler gingen zwei Söhne und zwei Töchter hervor. 2019 wurde publik, dass Johnson eine Liebschaft hatte, aus der 2009 eine Tochter hervorgegangen ist.