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Sebastian Kurz und René Benko: Das geheime Immobiliengeschäft des Ex-Kanzlers

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Sebastian Kurz

©Trend / Sebastian Reich

Der frühere Politiker ist längst Unternehmer – und als solcher äußerst aktiv. Zwischen Wien, Tel Aviv und Dubai baut Sebastian Kurz weiter an einem weitverzweigten Netzwerk aus Firmen und Beteiligungen. Einiges davon geschieht öffentlich, anderes im Verborgenen. Eine News-Recherche fördert nun Brisantes zutage.

Freundlicher Austausch

Nach seinem Rückzug aus der Politik tauchte Sebastian Kurz nicht etwa ab – sondern ein: in die Welt exklusiver Netzwerke, internationaler Deals und milliardenschwerer Unternehmungen. Er jettet durch die Welt. Eine Schlüsselrolle dabei spielte René Benko.

Was als freundschaftlicher Austausch begann, entwickelte sich rasch zu einer wirtschaftlich engen Zusammenarbeit zwischen dem Ex-Kanzler und dem einst gefeierten Immobilienmogul. Gemeinsame Auftritte, Beratertätigkeiten und stille Deals werfen nun Fragen auf: Welche Interessen verbanden die beiden – und wer profitierte am meisten, bevor Benkos Imperium in sich zusammenbrach.

Türöffner

Insbesondere die Rolle von Sebastian Kurz bei der Anbahnung von Investorenkontakten in die Golfregion wirft dabei Fragen auf. Bereits kurz nach seinem Wechsel in die Privatwirtschaft nutzte er seine während der aktiven Zeit als Politiker aufgebauten engen Beziehungen zu Entscheidungsträgern in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien, um Kapital für europäische Projekte einzuwerben – nicht zuletzt für Benkos Signa-Gruppe.

Laut vorliegenden internen Mails und Reiseunterlagen soll Kurz mehrfach zwischen Wien, Abu Dhabi und Riad vermittelt haben, teilweise in Begleitung von Signa-­Vertretern. Für die Golfstaaten attraktiv: Prestige-Investments in europäischen Metropolen. Für Benko damals notwendig: frisches Kapital. Und für Kurz? Ein diskreter Machtfaktor in einem Spiel jenseits der Öffentlichkeit.

Geheime Geschäfte

Recherchen von News und Krone zeigen nun erstmals, dass der intensive Austausch zwischen Altkanzler Sebas­tian Kurz und dem vormaligen Netzwerk des René Benko mit dem Crash der wesentlichen Signa-Gesellschaften nicht beendet war. Im Gegenteil. Sebastian Kurz machte weiter, mit Lukas Glatz, der dem Signa-Gründer in den letzten Jahren als Büroleiter, in der ­Signa-Welt „chief of staff“, gedient hatte. Über den Schreibtisch von Glatz lief nahezu alles, was für den 47-jährigen Milliardenjongleur relevant war. Glatz wich selten von Benkos Seite. Präsentationen, Zahlenwerke, diskrete Terminvereinbarungen. Dafür wurde der heute ­28-jährige Glatz fürstlich honoriert: mit rund einer halben Million Euro im Jahr.

Ende 2023 schlitterten nach der Signa Holding auch die Signa Prime Selection AG sowie die Signa Development Selection AG in die Pleite. Benko-Vertrauensmann Glatz war fortan für Spezialprojekte der Signa Development verantwortlich. Er nannte sich offiziell: Managing Director Special Situations & Investments. Dabei sollte es um die Verwertung wesentlicher Immobilien aus dem Insolvenzfall Signa gehen.

Parallel dazu baute Glatz weiter an seinem privaten Immobilien-Unternehmen. Er gründete Gesellschaften mit Sitz in der Wiener Innenstadt. Was bis heute der Öffentlichkeit vorenthalten blieb – und auch nicht im Firmenbuch ersichtlich ist: Finanzieller Treibstoff für diese Aktivitäten des einstigen Benko-Vertrauten Glatz kam von niemand Geringerem als Sebastian Kurz.

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Kurz-Investment. Über einen Darlehensvertrag stellte eine Firma des früheren Bundeskanzlers seinem Geschäftspartner Kapital zur Verfügung

Verborgenes Investment

Der junge Altkanzler, der seit 2022 als Berater auf der Payroll des mittler­weile tief gefallenen Immobilienspekulanten stand, ließ über seine damals noch in Gründung befindliche SK Beteiligungs GmbH 100.000 Euro in eine Firma mit dem vielsagenden Namen Calvus Brevis Capital FlexKapG fließen. Der lateinische Firmenname ist eher kein Zufall – er steht für Glatz(e) und Kurz.

Im Hintergrund wurden im Zeitraum Jänner bis März 2024 die verdeckten Verträge ausgearbeitet. Als Begleiter stets auch mit an Bord: René Benkos langjährige Haus- und Hof­juristen der Rechtsanwaltskanzlei Arnold. Ein erstes Treffen zwischen Lukas Glatz und Sebastian Kurz dazu fand offenbar am 5. Februar 2024 im Büro des Altkanzlers statt – Betreff: „Verträge“. Nur wenige Wochen später, am 11. März, tauschten sich die Juristen beider Seiten bereits konkret über eine Gesellschaf­ter­vereinbarung aus. Die Agenda: Gesellschaftsvertrag, Kooperations- und Op­tionsvereinbarung, Darlehensvertrag sowie ein Entwurf für ein partiarisches Darlehen. Am 14. März wurde ein Notartermin für den 19. März fixiert.

In den öffentlich zugänglichen Urkunden im Firmenbuch fehlt jeder Hinweis auf die Rolle von Sebastian Kurz in diesem neuen Firmengeflecht – aufgebaut mit dem ehemaligen Büroleiter von René Benko. Faktisch bedeutet das: Kurz investierte unmittelbar nach dem milliardenschweren Kollaps der Signa-Gruppe in ein neues Immobilienprojekt, das offiziell von einem engen Benko-Vertrauten gehalten wird. Die Frage, die sich natürlich stellt: Warum hält sich der Unternehmer Kurz – anders als bei seinen sonstigen Beteiligungen – hier auffallend im Hintergrund und tritt nicht offiziell an der Seite von Glatz in Erscheinung?

Ein Sprecher von Sebastian Kurz sagt dazu nur: „Sebastian Kurz hat bisher in knapp zehn Immobilienprojekte investiert, bei denen es um Studenten- oder Wohnimmobilien geht.“ Das alles habe nichts mit René Benko zu tun.

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Benko-Berater. Ex-Kanzler Sebastian Kurz war mit dem Tiroler Immobilien-Jongleur nach seinem Ausstieg aus der aktiven Politik auf Investorensuche für die Signa im arabischen Raum unterwegs.

 © Andreas Tischler / picturedesk.com

Signa-Tangente

Interessant ist der Umstand, dass die von Sebastian Kurz mitfinanzierte Gesellschaft des früheren Benko-Vertrauten Lukas Glatz im Herbst 2024 ein weiteres bemerkenswertes Projekt initiierte: Die Firma von Glatz gründete eine neue Gesellschaft, an der auch die deutsche Unternehmerfamilie Schoeller – über eine ihrer Beteiligungen – zu einem Drittel beteiligt ist. Christoph Schoeller hatte bereits im Sommer 2023, nur wenige Monate vor dem Zusammenbruch der Signa-Gruppe, einen 200-Millionen-Euro-Kredit über eine Schoeller-Firma zur Verfügung gestellt – und sich dafür umfassende Sicherheiten einräumen lassen. Im anschließenden Verwertungsprozess ging daher ohne Schoellers Zustimmung wenig bis gar nichts.

Im Frühjahr 2024, nach den Insolvenzen der wesentlichen Konzerngesellschaften, wurde bekannt, dass sich die Industriellen-Familie Schoeller wichtige Immobilienprojekte der Signa, wie das Südtiroler Projekt „Walther Park“ in Bozen, sichern und diese erwerben konnte.

Signa-intern war auch nach der Insolvenz ein Manager in die Abwicklung dieser Projekte involviert: Lukas Glatz, der auf Signa-Seite ab 2024 den Verkaufsprozess an Schoeller mitbetreut hat, und Ende 2024 eine Firma mit Kurz-Investment unter Beteiligung von Schoeller gründete.

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Kurz-Reise. Mit dem Signa-Privatjet flogen noch im April 2023 der derzeit in U-Haft befindliche René Benko und sein damaliger Berater Sebastian Kurz nach Tel Aviv.

Im Benko-Jet unterwegs

Lukas Glatz und Sebastian Kurz kennen einander aus gemeinsamer Reisetätigkeit im Signa-Privatjet des René Benko. Man flog gemeinsam zu Investorengesprächen, am 23. Mai 2023 etwa nach Dubai. Dort traf man sich mit einem späteren Signa-­Geldgeber. Danach ging es laut einem News und Krone vorliegenden „Flight Briefing“ weiter nach Nizza. Offenbar, um von dort zum Formel-1-Grand-Prix nach Monaco zu reisen. Kapitän der Privatmaschine war übrigens Christof Jauschnegg, der mittlerweile als Vorstand in der Laura-­Privatstiftung der Benkos fungiert und im Schattenreich wesentliche Geschäftsführungs-Funktionen nunmehr übernommen hat.

Nur wenige Wochen zuvor, am 13. ­April 2023, war Kurz mit Benko im Signa-­Jet nach Tel Aviv geflogen. Im Kalender von René Benko war für diesen Nachmittag ein Termin mit Shalev Hulio angesetzt. Betreff: Dream Security. Mit Shalev Hulio hatte Sebastian Kurz im Herbst 2022 das Cyber-Security-­Start-up Dream Security gegründet. Im Februar 2025 vermeldete man eine Bewertung von 1,1 Milliarden US-Dollar. Ende April wurde im Wiener Kurz-Büro ein neuer Standort eröffnet.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 19/25 erschienen.

Causa René Benko

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