Während der ORF die Ergebnisse des jüngsten Radiotests zur umfassenden Eigenwerbung nutzt, geht unter, dass seine Sender erstmals unter 60 Prozent Marktanteil liegen. Auch deshalb gilt der Geschäftsführer von Österreichs größtem Privatsender als möglicher Herausforderer für Roland Weißmann.
Ausgerechnet bezüglich Medien gibt es das von ihnen erfundene Sommerloch nicht. Ihr Hitzeversteck verlängert nahtlos die Ganzjahreszuflucht wichtiger Themen nach dem immer gleichen Rezept: Personen verdecken Probleme.
Das gilt im Großen für die Übernahmeschlacht um ProSiebenSat.1 (P7S1), wo die Erinnerung an Silvio Berlusconi das Ausloten der Europa-Fernsehpläne seines Sohnes hintanhält. Die Diskussion um allfällige Folgen für Österreichs P7S1-Töchter Puls 4 und ATV erstickt unterdessen schon im Ansatz, obwohl ihr Gefühlt-Ewig-Filialleiter Markus Breitenecker längst im im Vorstand des deutschen Konzerns sitzt.
Das betrifft im Kleinen die populärste Medien-Personalie der Woche, dass Ex-ORF-Chefredakteur und -ServusTV-Gesamtredaktionsleiter Matthias Schrom nun Kommunikationschef der Landesholding Burgenland wird. Dass gleich nach dieser Bekanntgabe Landeshauptmann Hans Peter Doskozil seine Wiederkandidatur 2030 verkündet, schürt Fragen nach einer unausgesprochenen Zweitfunktion des Journalisten ohne ausgewiesene PR-Erfahrung. Eine ORF-Karriere qualifiziert für vieles in Österreich.
<b>ORF-Radios fielen unter 60 Prozent </b>
Folgerichtig beginnen öffentlich-verächtliche Kulissenschieber bereits mit dem Intrigenspiel für den nächsten Küniglburgherrn – vorerst ungegendert: Auch wenn Generaldirektor Roland Weißmann der Song Contest (ESC) in den Schoß gefallen ist, wird neben Niederösterreichs Landesdirektor Alexander Hofer auch Kronehit-Chef Philipp König als externer Herausforderer in Stellung gerüchtet. Eine erfolgreiche Austragung des ESC drei Monate vor der ORF-Neuwahl gilt zwar als Fast-Garant der Titelverteidigung, doch vor allem das Name Dropping des Audio-Managers von außen ergibt Sinn.
Der jüngste Radiotest – in allen ORF-Hauptnachrichten zur Eigenwerbung verbrämt – ergab erstmals weniger als 60 Prozent Marktanteil für den öffentlich-rechtlichen Hörfunk. 30 Jahre nach Ende seines Monopols klingt das nach Normalität. Doch es geht finanziell ans Eingemachte. Ö3 ist mit 50 Millionen Euro Werbeeinnahmen immer noch die Cashcow des ORF, wie sein General Gerhard Weis es schon vor drei Dekaden nannte. Trotzdem sollte die Radiodirektion schon vor Bestellung von Ingrid Thurnher in ein zeitgemäßer wirkendes Streaming-Ressort übergehen. Davon ist nun keine Rede mehr.
Dritter bundesweiter Privatsender
Audio hingegen genießt vor allem infolge Podcasts mehr Aufmerksamkeit denn je. Unterdessen setzt Kronehit, das seinen zweiten Geschäftsführer Mario Frühauf soeben an den Privatsender-Vermarkter RMS abgegeben hat, auf digitale Verbreitung via DAB. Der ORF hingegen propagiert dafür seine eigene Plattform Sound. Und während die unter Niki Fellner konsolidierte Mediengruppe um Oe24 einen weiteren Anlauf unternimmt, um eine zweite nationale Ö3-Konkurrenz zu etablieren, startet mit dem Rock- und Popprogramm 88.6 bereits der dritte bundesweite private UKW-Sender.
Es gibt also kein Medien-Sommerloch. Sollte Matthias Schrom diese Hitze-Nische verdecken, sei für weitere Spekulationen erwähnt: Er hat bei einem Privatradio begonnen, als es noch als grenznaher Piratensender vom Ausland nach Österreich funkte. Skurril war Medien-Österreich schon immer.
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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 33+34/2025 erschienen.