Salzburg-AG-CEO Michael Baminger
©© Neumayr/Christian LeopoldKlimapolitik dürfe den Wohlstand nicht gefährden, heißt es immer öfter. Kritik an Maßnahmen und Tempo wird laut. Geht es nach dem Chef der Salzburg AG, kann man dem Klimawandel mit verschiedenen Technologien begegnen.
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Bei Wahlen und in Umfragen haben Grünparteien in Europa schon bessere Zeiten gesehen. Zulauf erhalten (rechtspopulistische) Parteien, die den Klimawandel anzweifeln, den Verbrennermotor verteidigen und CO2 nicht „verteufeln“ wollen. Öko-Förderungen werden wegen Budgetkrisen gekürzt. Wie gehen Unternehmen damit um, die im Bereich der Energiewende agieren?
Drei Pole
News hat Michael Baminger, Chef der Salzburg AG, befragt. Klimawandel-Zweifel fällt für ihn unter Meinungspluralität, „aber es ist für mich völlig klar und wissenschaftlich eindeutig bewiesen, dass es einen menschengemachten Klimwandel gibt“. Es sei erlaubt, zu diskutieren, was die besten Maßnahmen dagegen sind.
„Ich glaube nicht, dass die Energietransformation weniger wichtig wird, aber man beginnt, mehr die Maßnahmen zu diskutieren und den Unterschied zwischen Mut und Übermut auszuleuchten“, sagt er. „Ich bin froh, dass man wieder mehr über klassische Energiewirtschaft redet. Wir haben hier drei Pole: Wir müssen es ökologisch gut machen, ökonomisch gut hinkriegen und die technische, physikalische Komponente im Griff haben, also für Versorgungssicherheit sorgen. In den letzten Jahren war ideologiegetrieben das Thema Ökologie übergewichtet, die anderen Bereiche unterbelichtet.
Die Zielkonflikte dieser drei Bereiche zu diskutieren, ist daher keine Absage an die Energiewende.“ Es gehe darum, voranzukommen: „Nach dem Pareto-Prinzip* – wie schaffe ich rasch mit 20 Prozent Aufwand 80 Prozent des Ziels. Sich nicht zuerst mit kleinen, symbolhaften Dingen zu beschäftigen, sondern mit den großen Hebeln.“
Das Pareto-Prinzip
Das Pareto-Prinzip ist nach dem Schweizer Ökonomen Vilfredo Pareto (1848-1923) benannt. Es besagt, dass 80 Prozent der Aufgaben mit einem Aufwand von 20 Prozent erreicht werden. Die verbleibenden 20 Prozent erfordern allerdings 80 Prozent Aufwand.
Was die Politik liefern muss
Wo steckt Ideologie in der Energiepolitik? „Der Satz ,Die Sonne schickt keine Rechnung‘ war sehr zugespitzt, um die dezentrale Energieerzeugung zu fördern, und stimmt einfach nicht. Man hat dabei die entstehenden Strukturkosten – Stichwort: hohe Netzkosten – ausgeblendet. Die Politik sollte den Ausgleich dieser Zielkonflikte im Auge haben, sonst handelt sie ideologiegetrieben.“
Auf die Frage, ob der Einsatz mancher Politiker für den Verbrennermotor nicht auch ideologiegetrieben sei, meint Baminger: „Ich bin kein Experte der Automobilbranche, aber man soll prinzipiell über Technologieoffenheit reden. Man kann dem Klimawandel mit verschiedenen Technologien beikommen und da stellt sich die Frage: Muss man kategorisch einzelne Technologien verbieten oder kann ich mit technologischem Fortschritt an allen Ecken und Enden CO2-Emissionen vermeiden?“ Was die Politik liefern müsse, sei Planbarkeit und Berechenbarkeit.
Die normative Kraft des Faktischen
Ein Vorbeimogeln an den Klimazielen sehen manche im Bau neuer Gaskraftwerke in Deutschland, die mittels Carbon Capture Storing, also dem Abscheiden und Bunkern von CO2, klimafit gemacht werden sollen. Diese Gaskraftwerke sollen dazu dienen, die Versorgung sicherzustellen und das Netz zu stabilisieren, wenn die Erneuerbaren Energien Wind und Sonne nicht ausreichend zur Verfügung stehen, so Baminger: „Eine Übergangslösung, bis man mit Wasserstoff soweit ist und diese Kraftwerke auf H2 umrüsten kann. Dann kann man dekarbonisierte Energie herstellen, indem man mit erneuerbarer Energie Wasserstoff produziert und diesen dann in den früheren Gaskraftwerken einsetzt.“
Wäre die Energiewende zu bremsen, wenn politische Kräfte ans Ruder kämen, die am menschengemachten Klimawandel zweifeln? Baminger: „Es gibt so etwas wie die normative Kraft des Faktischen. Man kann die Wissenschaft anzweifeln und in Sonntagsreden zur Debatte stellen. Aber es geht ja mittlerweile nicht nur um das Vermeiden von CO2-Ausstoß, sondern Österreich hat in der Energiekrise gelernt, dass es um Resilienz und Unabhängigkeit geht. Wir brauchen Unabhängigkeit von internationalen Lieferverfügbarkeiten. Das bedeutet auch mehr Preissicherheit. Das alles zusammen gesehen gibt es keine Alternative zur Transformation des Energiesystems.“
Mahnung an die Politik
Eine Mahnung an die Politik hat der Salzburg-AG-Chef allerdings mit Blick über die laufenden Verhandlungen zu den im Parlament liegenden Energiegesetzen parat. „Es gibt derzeit wahnsinnig viele Ideen für die Verwendung des Geldes der Landesenergieversorger. Aber man kann den Euro nur einmal ausgeben. Ich kann nicht gleichzeitig Strompreise senken, einen Krisenbeitrag ans Budget leisten, Dividenden ausschütten, in die Erneuerbaren Energien investieren und das Netz ausbauen.“


Werbung, die Schadstoffe frisst
Neue Technik. Noch bis 31. Oktober hängt in der Stadt Salzburg nahe der Staatsbrücke ein 70 Quadratmeter großes, schadstoffminderndes Plakat der Salzburg AG. Dieses ist mit einer Beschichtung versehen, die Lichtenergie nutzt, um schädliche Stickstoffe (NO2) aus der Luft zu holen und chemisch zu zersetzen. Die fotokatalytische Nanobeschichtung wird durch Sonnenlicht aktiviert, bleibt dauerhaft aktiv und verbraucht sich nicht.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 43/2025 erschienen.







