Georg Zanger
©Matt ObserveDer Wiener Anwalt Georg Zanger setzt für einen chinesischen Künstler Ansprüche auf geistiges Eigentum im Westen durch – und findet sich plötzlich an der Seite einer der größten Anwaltskanzleien Chinas wieder.
In unzähligen Möbelhäusern stand sie am Eingang, freundlich lächelnd, leicht nach vorne gebeugt: eine glänzende, rote, überdimensionale Figur – „Welcome Guests“. Für die deutsche Möbelkette Kare war sie visuelles Markenzeichen, Bestseller, Fotomotiv. Dass die Skulptur aber nicht von Kare stammt, sondern vom chinesischen Künstler Xiaowu Gao, wussten die wenigsten. Seine Originale aus der Serie „Standard Era“ kosten 130.000 Euro – die Kare-XXL-Version rund 1.400. Das Handelsgericht Wien erkannte die Ähnlichkeit als Plagiat. Einstweilige Verfügungen gegen die deutsche Mutter und die österreichische Tochter folgten, in zweiter Instanz bestätigt. Kare verliert, Gao gewinnt.
Losgetreten wurde der Streit von einem Wiener Anwalt, der sich selbst nicht nur als klassischer Rechtsvertreter sieht. „Ich bin vor allem sozial engagierter Anwalt und bilde Netzwerke, und zwar immer wieder neue Netzwerke, weil ich sehr neugierig bin“, sagt Georg Zanger. Medienrecht, Urheberrecht, Wettbewerbs- und Kartellrecht – Zangers Karriere ist eine Abfolge von Spezialgebieten. Und dann gibt es noch diese besondere Verbindung zu China, an dessen Anfang eine Einladung 2006 steht.
Zanger reist hin – und bleibt hängen. Aus gelegentlichen Reisen werden vier China-Aufenthalte pro Jahr, aus losen Kontakten ein dichtes Netzwerk aus Unternehmern, Politikern und Juristen. „Und dann habe ich die Austrian Chinese Business Association gegründet. Die gibt es jetzt seit 15 Jahren.“ Zanger empfängt Delegationen aus China, bringt sie mit österreichischen Firmen zusammen, organisiert Gegenbesuche in Provinzen, von denen hierzulande kaum jemand den Namen kennt.


Willkommen im Rechtsstreit
Eine glänzende, rote, überdimensionale Figur namens „Welcome Guests“ (hier die kleine Variante für den Schreibtisch) war für die deutsche Kette Kare ein visuelles Markenzeichen und Verkaufsschlager. Verkauft in der XXL-Variante um 1.400 Euro. Tatsächlich stammt das Motiv jedoch vom chinesischen Künstler Xiaowu Gao, dessen Originale aus der Serie „Standard Era“ rund 130.000 Euro kosten.
Geklaut – geklagt
Mitten in dieses Netzwerk hinein platzt die Geschichte von Xiaowu Gao. Der Künstler, der in China gut vernetzt ist und international ausstellt, sieht seine gebeugten Figuren plötzlich in europäischen Möbelhäusern stehen – ohne seinen Namen, ohne Lizenz. Gao ist irritiert, versucht den klassischen Weg: Er spricht Anwälte an, holt Einschätzungen ein – und hört vor allem eines: schwierig, geringe Erfolgschancen, anderes Rechtssystem. Zanger hingegen zieht in Österreich gegen die deutsche Mutter und die österreichische Tochter zu Felde. Erfolgreich. „Ich habe nicht gewusst, dass ich der allererste Anwalt bin, der für geistiges Eigentum im Westen erfolgreiche Ansprüche durchsetzt.“
Der Jurist mit der markanten roten Brille verweist auf einen früheren Rechtsstreit um Fotos des „Sofitel-Himmels“, jener bunten Deckeninstallation im Rooftop-Restaurant des Luxushotels am Schwedenplatz. Damals bekam der Fotograf, dessen Foto auf unzähligen Kanälen auftauchte, knapp eine Million Euro zugesprochen. Bedeutet das, dass auch für die Möbelkette Kare ein Sofitel-Moment möglich wäre – ein dekoratives Plagiat, das plötzlich teuer wird? Zanger hält sich bedeckt. „Ja, das könnte sein.“ Die Figur wird bereits nicht mehr verkauft, weitere Verfahren laufen.
Vor einem Jahr stehen schließlich fünf Anwälte der chinesischen Großkanzlei Lantai & Partners vor seiner Tür am Neuen Markt in Wien. Sie wollen mit ihm zusammenarbeiten. Was wie ein höflicher Austausch beginnt, wird rasch konkret. Die chinesische Seite legt Verträge vor, Zanger verweist auf österreichische Rechtslage, Standesregeln, die Tatsache, dass chinesische Anwälte in Österreich nicht auftreten dürfen. Am Ende findet man eine Lösung.


Partnerschaft
Anwalt Georg Zanger gewann einen Plagiatsstreit für einen chinesischen Künstler – und schmiedete kurz darauf eine Kooperation mit einer der größten Anwaltskanzleien Chinas
1.200 Anwälte
Am 11. November wird die Partnerschaft unter der Marke Zanger Lantai & Partners gefeiert. Man tritt gemeinsam nach außen auf. Vor österreichischen Behörden und Gerichten bleiben weiterhin heimische Anwälte zuständig – im Hintergrund aber steht nun ein Netzwerk von über 1.200 Juristinnen und Juristen an 29 Standorten in China, spezialisiert auf M&A, Kapitalmarkt, Bank-, Wettbewerbs- und Immobilienrecht. Eine der größten Kanzleien des Landes. Den Bereich Urheber- und Markenrecht deckt Zanger ab.
„Wir haben ein Potenzial, das man sonst so nicht haben kann“, sagt er beim Interview in seiner Kanzlei – und gesteht: „Ich bin ängstlich. Ich bin ein bisschen aufgeregt. Aber es reizt mich einfach.“ Dass am Ende vielleicht die chinesische Seite stärker profitiert, hält er für möglich. „Wir hatten aber auch österreichische Klienten, die Marken oder Patente anmelden wollten – das ist blitzschnell gegangen. Umgekehrt haben sie für ihre Klienten Niederlassungen in Österreich begleitet.“ Und wie reagiert die Branche darauf, dass er sich mit einer chinesischen Großkanzlei zusammentut? „Bisher gar nicht“, sagt Zanger. „Ich bin gespannt.“
Werte und Wirklichkeit
Bleibt die Frage, wie er Vertrauen, Rechtsstaat und politische Werte mit Blick auf China austariert. „Für mich ist das österreichische Recht maßgebend. Ich betreibe keinen Lobbyismus“, betont der 78-Jährige. „Gesetze in China sind heute beim Urheber-, Marken- und Patentschutz mit unseren vergleichbar. Aber ja, wir sind Pioniere. Egal, in welcher Stadt, egal, welches Problem – ich habe jemanden vor Ort, der sich darum kümmert.“
Dass sein China-Bild deutlich wohlwollender ausfällt als der europäische Mainstream, bestreitet Zanger nicht. Auf die Frage, ob er ein China-Fan sei, antwortet er: „China-Fan? Ich bin beeindruckt. Ich bin wirklich beeindruckt und daher vielleicht auch nicht ganz objektiv.“
Fotos der Inauguration ZangerLantaiPartner
Am 11. November 2025 fand in Wien die Inauguration ZangerLantaiPartner statt. Fotos der Veranstaltung finden Sie hier:
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 47/2025 erschienen.








